Wiener Nachtpfauenauge


  • Daher mein Tipp für diejenigen, die es versuchen wollen: Vergesst die Wohnung, vergesst den Balkon oder das Fensterbrett - sucht euch ein verstecktes Plätzchen im Unterholz und hängt die Box dort an einem Futterbaum (vermutlich irrelevant, aber das einzige, was ich verifizieren kann) auf. Deprimierend, was für Umstände diese Art macht, aber so ist's nun einmal.

    Ein Plätzchen im Unterholz ist sicher eine gute Alternative. Entscheidend bei vielen Arten ist aber die Kopula im Freien mit etwas Wind. Balkon und Fensterbrett ist nicht von vornherein abzulehnen. Ein Actias-Mitglied hat mitten in Wien in den oberen Stockwerken eines Wohnblockes Freilandmännchen von Pyri mit einem Zuchtweibchen angelockt.


    Werner

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  • Danke für die Ergänzung! Sollte ich noch ein frisches Pärchen zusammenbekommen, mache ich den Versuch gerne nochmal (Fensterbrett). Es klingt ja auch plausibel, da nicht wirklich klar ist, was im Unterholz so anders sein soll als auf einem Fensterbrett. Ein leichter Windzug ist ja auch da vorhanden.


    Es sind gerade 2 frisch geschlüpfte Damen da; falls noch ein Männchen kommt, wage ich es gerne zu Testzwecken nochmal. Die vorhandenen Männchen sind schon 2-3 Tage alt, sodass ich bei denen nur noch anwenden möchte, was wenigstens einmal funktionierte. Allerdings bereitet mir der Regen gerade etwas Kummer.

  • Das mit dem Regen ist gut zu wissen. Werde ein Pappdach auf den Boxen fixieren, aber sie dann rausbringen.


    Und gerade deswegen, also weil etwas ältere Männchen am besten funktionieren, will ich sie für die älteren Damen verwenden. Die Tiere, die heute geschlüpft sind, haben noch 1-2 Nächte mehr. Mir geht's darum, noch zu versuchen, die älteren Damen zu verpaaren. Taktisch vielleicht nicht das Klügste, mag aber trotzdem versuchen, auch dort noch 1-2 an den Mann zu bringen.


    Nochmal danke für die Hinweise!


    Gruß
    Stefan

  • Ich gebe hier mal das vorletzte Update, bevor ich dann vereinzelt prüfe, ob die Eier befruchtet sind:


    Vom Gefühl her würde ich sagen, dass es bei einer einzigen Paarung geblieben ist. Es gibt noch einen 'Eventuell-Fall', aber der Rest lockte auch die zwei folgenden Nächte und zusätzlich noch heute. Das heißt erst einmal: Auch die Methode, sie draußen zu verstecken, geht nicht mit einem befriedigenden Erfolg einher. Die Frage ist nun, woran das liegt. Brauchen die Puppen Frost, damit die Kerle 'funktionieren' (siehe als Quelle für diese Theorie Seite 1)? Ist die Box zu klein bzw. sitzen die Tiere zu nah beieinander?


    Ich bin nun erstmal etwas ratlos und hoffe, dass wenigstens das unzweifelhaft verpaarte Weibchen befruchtete Eier legt. Wäre nicht die erste vergebliche Paarung in diesem Jahr.


    Nachtrag: Das Wichtigste vergessen! Wer sich trotz dieser niederschmetternden Erfahrungen an der Zucht versuchen will und keine Möglichkeit hat, wilde Männchen anzulocken: Es ist ja durchaus üblich, dass die Männchen etwas früher schlüpfen und die Zucht zur Zitterpartie werden lassen, aber hier ist es besonders ausgeprägt. Da die Männchen dieser Art auffällig kurzlebig sind und sie obendrein 3-7 Tage vor den Weibchen schlüpfen, stehe ich nun hier mit 6 frischen Weibchen ohne Männchen. Die Wahrscheinlichkeit, dass noch eins schlüpft, dürfte gering sein. Daher mein dringender Rat: Falls ihr wie ich auf die Überwinterung im Kühlschrank angewiesen seid, holt die Weibchen geschlossen 3-4 Tage vorher raus! Ihr steht sonst, noch auffälliger als bei vielen anderen Arten, hilflos mit Weibchen da. Ich werde die restlichen Puppen im nächsten Winter mit leichtem Frost konfrontieren und dann schauen, ob sich das auswirkt.


    Mehr Infos kann ich leider für zukünftig Ratsuchende erst einmal nicht liefern. Stellt euch zur Sicherheit auf jeden Fall auf eine Menge Frust ein.

  • So, ich hatte nun insgesamt 2 natürliche Paarungen, was schon mies genug ist, aber BEIDE Paarungen waren ein Fehlschlag. Jeweils deutlich über 10 Stunden und erst abends wieder gelöst.


    Kann es sein, dass die Puppen wirklich Frost brauchen, damit es klappt? Es kann doch nicht normal sein, dass zwei Paarungen taube Eier hervorbringen. Für mich ist das Kapitel Saturnia pyri auf jeden Fall zumindest für dieses Jahr geschlossen; ob ich mir das nochmal antue, weiß ich nicht.

  • Hallo Stefan,


    ob nur der fehlende Frost für die unbefruchteten Eier die Ursache war kann man nur vermuten. Tatsache ist daß in der Natur die Puppen Kälte und auch Frost abbekommen. Bei südlichen Populationen kommt eher eine Überwinterung mit Temperaturen um den Gefrierpunkt hin. In Österreich und den angrenzenden Ländern ist aber auch stärkerer Frost nicht selten.
    Man macht auf jeden Fall nichts falsch wenn man die Puppen im Freien überwintert.


    Werner

  • Habe viele Jahre S.pyri erfolgreich gezüchtet und kann sagen, dass ich ganz selten unbefruchtete Gelege trotz "natürlicher" Paarung hatte (bei Hand-Paarung und/oder Paarung von Geschwistertieren etc. sieht das natürlich anders aus).
    Hin und wieder trat eine Blei-Gelege auf, wenn in den Nächten der Paarung die Temperaturen niedrig (nahe des Gefrierpunktes) war.
    Gerade bei einer etwas "wärmeren" Überwinterung der Kokons, kann es sein, dass die Falter ein paar Wochen früher schlüpfen als in der freien Natur, wenn man dann die Falter für eine schöne Luftzirkulation und Pheromonverwehung in einen Flugkäfig setzt der im Freien steht, dann kann es Nachts überraschend kühl für die Tiere werden und zum Kälteschock führen auch wenn eine Paarung eingegangen wird findet keine Befruchtung statt.


    Die Puppen sind übrigens nach eigenen Erfahrungen nicht ganz "winterhart" - bei tiefen Temperaturen im Winter in Mitteldeutschland sind mir auch schon Puppen definitiv erfroren dich im Schuppen überwintern wollte. Überwintern würde ich bei ca. 0°C.


    Nur um noch auf die vorherige Diskussion der Vollständigkeit halber einzugehen - Geschwister paaren sich meist nicht freiwillig, Weibchen locken meist nur 2 Nächte wirklich intensiv, danach wird das Locken bereits immer öfter mit Eiablagen unterbrochen was eine Paarung erschwert oder verhindert - Weibchen die älter als 4 Tage sind, sind nur noch sehr bedingt befruchtungsfähig - hin und wieder paaren sich Männchen noch mit "alten" Weibchen, aber die Eier sind dann auch zu einem deutlich höheren Teil unbefruchtet - ich nehme an die Eier sind zu diesem Zeitpunkt bereits ablagebereit und nicht mehr befruchtungsfähig. Ein Männchen kann auch tatsächlich nur 1 Weibchen komplett befruchten - Folgepaarungen sind möglich, führen aber auch zu deutlich geringeren Befruchtungsraten bis hin zu totalen Bleigelegen.


    Gerade weil das Timing beim Alter der Weibchen bei dieser Art wichtig ist - würde ich stets ein Set von min 20 Kokons als Ausgang von mindestens 3 versch. Eltern fokussieren um wiederum min 3 Paarungen zu erhalten - so kann man viel Folgegenerationen züchten.
    Wenn man dann noch hin und wieder ein paar Kokons mit anderen Züchtern tauscht um das Blut zu erneuern steht einer "ewigen" Zucht nichts im Wege.
    20 Tiere als Saison-Endpopulation scheint erstmal viel aber das Timing für die sichere Paarung ist eben entscheiden - im Vergleich zu anderen Arten wie z.B Citheronia ist der Schlupf bei S.pyri doch noch recht koordiniert und synchron insofern man die Puppen lange genug unter gleichen Bedingungen hält ist eine Schlupfperiode von ca. 2 Wochen normal - was bei 20 Kokons einem eine hohe Wahrscheinlichkeit der möglichen Paarungsübereinstimmung gibt. Hin und wieder ist auch eine doppelte Überwinterung möglich aber eher selten - den Auslöser dafür ist mir aber noch nicht so ganz klar.


    Michael

  • Moin.
    Ich finde die Beiträge hier sehr interessant da ich diesem überhaupt nicht zustimmen kann. Natürlich macht jeder seine eigenen Erfahrungen. Wir haben die Wiener Nachtpfauenaugen über Jahre total ingezüchtet gezüchtet. Bestimmt ca. 10 Jahre lang. Wir bekamen damals Raupen von einem guten Freund und diesen Stamm haben wir super ca. 10 Jahre ohne Beimischung von Fremdblut gezüchtet. Damals kannten wir ja die Seite hier nicht und wussten nicht wie wir an neue Tiere kämen und da wir ja im kalten nassen Norden Deutschlands leben ist der Weg bis zum natürlichen Verbreitungsgebiet doch ein ganzen Stück . Wir haben jedes Jahr super gezogen. Nachher ging uns am Ende der Stamm ein wohl durch zu viel Inzucht und auch nur weil die Raupen plötzlich kümmerten und starben. Wir hatten die Puppen in den Kokons einfach über den Winter in einem Gazeschlauch in unserem ungeheiztem Gewächshaus und im Frühjahr/Sommer nach Draussen gehangen. Selbst Tiere mit verkrüppelten Flügeln haben sich super gepaart und gelegt. Wir hatten jedes Jahr um die 400 Eier und nachher sogar so viele Raupen das wir sie Draussen auf unsere Schlehen setzen konnten. Dort unten an den Stämmen haben sie sich auch verpupp aber der Winter war wohl doch zu viel und die Puppen sind abgestorben. Das wundert mich total das die hier als fast schwer zu züchtende Art eingestuft wird. Wir hatten zum Teil 30-40 Falter in den Jahren. Ich könnte mir denken das wir sie damals zu sehr vielen Tieren in einem recht kleinen Gazeschlauch gehalten haben wo sie sich fast gar nicht aus dem Weg gehen hätten können. Evl. ist das einfach der Trick. Wir haben jetzt noch Schläuche wo einiges an alten Eihüllen dran klebt. Nachher haben wir uns auf andere Arten konzentriert da die uns zu einfach war.Aber anscheinend ist das nicht so. Wir haben auch noch ein Exemplar in in unserem Schauglaßkasten. Uns sind auch mal 1-2 Raupen im Haus abgehauen die sich hinter einem Schrank verpuppten. Eines Abends bin ich total hochgeschreckt als der Falter plötzlich über der Badezimmer Tür saß. :grinning_squinting_face: Also wir haben ganz andere Erfahrungen gemacht.


    Mfg Lukas

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  • Würde Lukas auch zustimmen, dass die Art eher einfach zu züchten ist und wie gesagt, unbefruchtete Gelege sind sicherlich die Seltenheit - mein langer Post zuvor sollte nur mögliche mir bekannte Gründe für ein unbefruchtetes Gelege zusammenfassen. Bei mir hatten sich Geschwister-Tiere nur selten freiwillig gepaart und wenn doch, war aus meiner Erfahrung die Befruchtungsrate geringer bis hin zum thematisierten Bleigelege - zu Inzucht bedingten Generationsausfällen habe ich es nie kommen lassen.
    Etwas tricky ist nach wie vor (wie bei fast allen Saturniiden) die Zeitspanne von wenigen Tagen in denen die Weibchen sich paaren können, das kann bei einer Zucht von wenigen Tieren schon zu Problemen führen wenn das Timing nicht stimmt.
    In der Mitte Deutschlands ist das Klima insgesamt etwas milder - aber der maritime Einfluss des Nordens fehlt daher gibt es im Winter hin und wieder Tiefspitzen und die töten Arten wie S.pyri, die ja doch eher etwas südlicher ihre Ursprünge haben. Grüße.

  • Ich danke Euch für die umfassenden Kommentare. Ist wirklich interessant, wie unterschiedlich die Erfahrungen sind bzw. wie extrem die Meinungen auseinandergehen.


    Michael, Inzucht kann ich als Ursache ausschließen, da es Tiere verschiedener Herkunft waren. (Und viele, siehe Lukas' Beitrag, bestreiten ja, dass das in F1 überhaupt relevant ist.). Und es waren ca. 40 Falter in 3 Wochen. Über 20 Weibchen, die Männchen zur Verfügung gehabt hätten.


    Insofern bleibt wirklich nur pure Ratlosigkeit, sodass für mich die Frostfrage der letzte Strohhalm wäre. Habe aber Zweifel daran, ob ich es 2018 nochmal mit neuen Raupen versuche. Der Frust sitzt dieses Mal tiefer als sonst, viel, viel tiefer.

  • Nimm es dir nicht so zu Herzen und versuch es in ein zwei Jahren nochmal wenn der Frust etwas verflogen ist - hatte selbst mal ähnlichen Frust vor 4 Jahren als ich eine Citheronia regalis-Zucht starten wollte - extra Eier von versch. Leuten gekauft - hatte bei den Raupen wenig Ausfälle und viele Puppen aber im Folgejahr keine Paarung hinbekommen, da die Falter ganz vereinzelt mit zeitlichem Abstand von einer Woche schlüpften - wenn mal zwei gleichzeitig schlüpften, waren es zwei Weibchen oder zwei Männchen (obwohl sich die Raupen ziemlich zeitgleich verpuppten und unter gleichen Bedingungen überwinterten) - ich kann dir sagen, da war ich auch verärgert...

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