Faunenverfälschung Schmetterlinge freilassen

  • Lieber Armin,


    da ich nur ein Hauptschüler bin in frühen Jahren so habe ich manchmal das Handycap das ich nicht immer alle verständlich aus Paper bringe. Vielleicht auch eine Themenverfehlung stattfindet - ich lasse es so stehen und hoffe das es jetzt eher verständlich wurde durch die voherige Antwort. Ab und zu kommt manchmal eine Unsicherheit heraus die mit einer Legasthenie zusammen hängt die in Kindheitstagen auftrat und mit der ich jetzt besser zurecht komme - wobei ich früher auch stotterte, was jetzt weg ist.


    Grüße Michi

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    Ich wage zu behaupten daß es solche Leute nicht gibt. Es ist immer ein Hasardspiel eine Wiederansiedelung zu versuchen.

    Gut, deine Meinung. Ich sehe das anders, wenn es richtig gemacht wird, sprich die Bedürfnisse der Art genau Untersucht wurden, Tiere aus möglichst nahen und ökologisch ähnlichen Population genommen und sinnvolle Maßnahmen zur Wiederansiedlungen unternommen werden, sodass eine dauerhafte Ansiedelung wahrscheinlich ist, dann finde ich das eine gute Sache. Ich habe direkt bei mir um die Ecke ein schönes Beispiel mit Polyommatus bellargus, das ist jetzt eine seit über 6 Jahren stabile Population mit teilweise über hundert gezählen Individuen.

    Dann möchte ich jetzt mal den Buchsbaumzünsler in den Raum werfen. Gibt es schon Nachweise, dass durch seine Verbreitung andere Schmetterlinge bzw Insekten "verdrängt" bzw in ihrer Population eingeschränkt werden? Mal abgesehen davon, dass Buchsbäume heftig darunter zu leiden haben, nimmt der Zünsler ja theoretisch auch die Nahrung anderer Falter weg, oder? Wie seht ihr das?

    Tatsächlich hat der Buchsbaumzünsler wohl keinen Einfluss auf die hiesigen Schmetterlingspopulationen. Wie ich oben schon erwähnt habe ist das bei tropischen bzw. in dem Fall eine ostasiatische Art deren Futterpflanze hier normalerweise auch nicht wächst, nicht so schlimm wie bei Arten die hier ebenfalls vorkommen oder sehr nahe Verwandt sind.

    tropische Arten kommen hier gar nicht vor, sie können sich folglich nicht mit Artgenossen kreuzen (es sei denn man setzt sehr viele aus) und haben auch meistens nicht die richtigen Futterpflanzen zur verfügung, spätestens der Winter wird den meisten tropischen Arten den garaus machen.

    In diesem Fall war man so schlau erst die Futterpflanze zu importieren und dann den dazugehörigen Zünsler. Das mit dem Winter funktioniert hier leider auch nicht, da der Zünsler ja wie gesagt nicht aus den Tropen sondern Ostasien kommt, wo er das durchaus gewohnt ist. Hätte man keine Buchsbäume hier, wäre der Zünsler auch nicht weit gekommen. So verbreitet er sich natürlich in Gärten, aber auch nirgendwo anders und macht keinem die Futterpflanzen streitig, weil die Futterpflanze ja ebenfalls eingeschleppt ist. Ganz so toll ist das trozdem nicht und müsste finde ich nicht sein.


    Ich würde sagen je weniger ähnlich die ausgesetzte Population der heimischen ist, desto schlimmer, aber nur wenn die Population nicht verschieden genug ist um eine eigene Art zu sein. An dieser Grenze liegt finde ich das Gefahrenmaximum. Wenn die beiden Populationen wieder so verschieden sind wie etwa im Falle von Arten deren Futterpflanze hier gar nicht vorkommt ist es wieder etwas harmloser, aber auch das kann manchmal schiefgehen.


    Gruß Dennis

  • Antheraea yamamai und Samia cynthia sind Beispiele ausgesetzter Tiere. Zwar nicht absichtlich, sondern aus der Seidenzucht ausgebüchst, aber eben nicht europäisch.
    Beide haben stabile Populationen und nehmen keiner heimischen Art den Platz, bzw. das Futter weg.


    Wohlgemerkt sind die beiden Arten nicht hier in Deutschland. Aber in Österreich und Italien.


    Weiteres Beispiel, die schweizer Population von Actias isabellae, auch hier ausgesetzt und etabliert. Auch kein Nachteil für die ursprüngliche schweizer Fauna.


    Ich will damit nicht sagen, daß ich es befürworte, Arten auszusetzen und zu verwildern, ganz im Gegenteil, ich finde das auch nicht prickelnd. Ich will damit nur Beispiele nennen, daß eine Bedrohung für die heimische Fauna so leicht nicht da ist.


    Anders wäre es, wenn Prädatoren ausgesetzt werden, die selbst keine natürlichen Feinde im Gebiet haben. Aber Falter, die Falter fressen gibts ja ned. ggg


    NG Heiko

  • Antheraea yamamai und Samia cynthia sind Beispiele ausgesetzter Tiere. Zwar nicht absichtlich, sondern aus der Seidenzucht ausgebüchst, aber eben nicht europäisch.
    Beide haben stabile Populationen und nehmen keiner heimischen Art den Platz, bzw. das Futter weg.


    Wohlgemerkt sind die beiden Arten nicht hier in Deutschland. Aber in Österreich und Italien.


    Weiteres Beispiel, die schweizer Population von Actias isabellae, auch hier ausgesetzt und etabliert. Auch kein Nachteil für die ursprüngliche schweizer Fauna.

    Ich denke das lässt sich nicht mit Sicherheit sagen. Wer kann schon die Auswirkungen vermuten die es mitsich zieht oder gezogen hat das die Tiere hier ausgebüchst sind. Für mich persönlich hatte es bestimmt Auswirkungen. Um mal den Butterfly Effekt zu nennen: Ein Ereignis (Flügelschlag eines Schmetterlings) kann irgendwo anders einen Tornado auslösen.. Vll übertrieben aber wer kann diese Aufeinandereihung von Ereignissen und Auswirkung den erahnen? Niemand..


    Also meiner Meinung nach lassen sich die Auswirkungen nur sehr Oberflächlich und grob abschätzen. Selbst der klügste Kopf kann nichts 100% sagen das es jetzt nicht noch in 100 Jahren keine Auswirkung hat, eine neue Art anzusiedeln, auszusetzen etc.


    :winking_face:

    • Offizieller Beitrag

    Ich würde sagen es hat mit Sicherheit nicht keine Auswirkungen, ich meine z.B. Antheraea yamamai und Samia cynthia fressen sehr wohl das Futter von anderen einheimischen Arten, das ist zwar so wenig, dass es vermutlich nicht großartig ins Gewicht fällt, aber ich würde behaupten das ist zum Glück so. Das könnte durchaus auch anders aussehen, wie etliche andere Neozoen beweisen. Wie schon mehrfach geschrieben, bei vielen Arten wird das vermutlich gut gehen und "nur" zu kleineren Populationen führen die sich irgendwo etablieren, aber es reicht die eine Art bei der es furchtbar schiefgeht.


    Ich denke aber das was es so gefährlich macht ist die weniger offensichtliche Verfälschung des Genpools. Darüber würde ich mir auch Gedanken machen bevor ich zum Beispiel ein Segelfalter aus Kroatien oder einen Schwarzen Bär aus Süditalien hier freilasse. Es spielen sehr, sehr viele Faktoren hinein, sodass man nur sehr schwer sagen kann bei welcher Art welche Auswirkungen zu erwarten sind, selbst wenn man eine gute Studie dazu hätte wäre sie nicht für alle Arten repräsentativ. Im Prinzip müsste man das für jede Art neu untersuchen.


    Gruß Dennis

  • Die 3 von mir genannten Beispiele sind seit Jahrzehnten stabile Populationen. Bisher hat sich an den anderen Populationen nichts geändert.


    Nun, daß yamamai und cynthia Futter der heimischen Arten fressen is mir schon klar. Ich schrieb aber oben, daß sie das Futter nicht wegfressen und das tun sie wahrlich nicht.


    Die 3 Arten haben sich etabliert ohne Schaden anzurichten. Is nu mal so. Wenn man es auch nicht so haben will, kann man doch nix dran ändern. :winking_face:

    • Offizieller Beitrag

    Die 3 Arten haben sich etabliert ohne Schaden anzurichten. Is nu mal so.

    Das kannst du so pauschal überhaupt nicht sagen. Sicher liegt der Schaden wenn dann in einem Bereich der wohl kaum erkennbar ist.
    Wie ich schon 2 oder 3 mal geschrieben habe ist es aber eben nicht die einzige Art von Faunenverfälschung, Arten von weit her hier anzusiedeln (absichtlich oder unabsichtlich). Es gibt ja immer noch die, meines Erachtens gefährlichere Verfälschung des Genpools der heimischen Populationen.


    Gruß Dennis

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  • Trotz Erwartung eines enormen Shitstorms werde ich mich hier jetzt einfach mal outen (obwohl ich glaube, dass so mancher, der das hier liest, schon den selben Frevel begangen hat). Ich habe an einem Juliabend zwei kopulierende Pärchen von Samia ricini an eine Hainbuche in meinem Garten gesetzt. Die Nachsuche am nächsten Morgen ergab folgendes:
    Die Männchen waren fort.
    Beide Weibchen lagen tot am Boden. Eins war bereits übel zugerichtet, die Täterin flog gerade mit einem fetten Fleischbrocken davon. Eine ganz normale Wespe. Von dem zweiten Tier waren bisher Kopf und Thorax-Inhalt entfernt worden.
    An einem Blatt der Hainbuche befand sich ein Spiegel von ca. 70 Eiern. Dieser hielt sich immerhin zwei Tage, dann war auch er weg (vermutlich Meisen).
    Ähnlich wird es wohl den meisten in die Freiheit entlassenen tropischen Exoten ergehen. Und wer die Fressfeinde überlebt, wird spätestens vom ersten Frost dahingerafft, in welchem Stadium auch immer. Bei frosttoleranten Arten sollte man das natürlich nicht machen. Obwohl: Von Antheraea yamamai und Samia cynthia ist mir von verursachten Schäden absolut nichts bekannt. Sie sind einfach nur da. Und wunderschön.
    Thomas

    • Offizieller Beitrag

    Ich denke es ist größtenteils gesagt worden was es dazu zu sagen gibt. Ich bin der Meinung man sollte soetwas nicht tun. Natürlich glaube ich nicht das es eine riesige Katastrophe gibt wenn man ein paar Samia's hier freilässt oder die sich hier sogar etablieren, aber in Wahrheit weiß man nicht genau welche Auswirkungen es hat und man kann zumindest nicht ausschließen das es früher oder später mal Probleme geben kann. Die Frage ist: Will man das ausprobieren bis es soweit ist ? Fakt ist, es ist ein Eingriff in das hiesige Ökosystem, der auf jeden Fall Folgen hat, wie groß diese auch sein mögen. Man kann jedenfalls nicht sagen es verändert sich nichts wenn man hier eine neue Art einbürgert. Man kann auch an anderen invasiven Arten erkennen das es in bestimmten Konstellationen sehr große Probleme geben kann, die auch nur extrem schwer bis gar nicht rückgängig zu machen sind. Ich glaube bevor man nicht ausschließen kann das bei Schmetterlingen ähnliche Probleme auftauchen, sollte man sehr vorsichtig damit sein.

    Ähnlich wird es wohl den meisten in die Freiheit entlassenen tropischen Exoten ergehen. Und wer die Fressfeinde überlebt, wird spätestens vom ersten Frost dahingerafft

    Hoffen wir's, würde ich trozdem lieber lassen. Gerade Arten aus Ostasien sind an Lebensräume und klimatische Bedingungen angepasst die unseren nicht unähnlich sind , wie man an den Antheraea gut sehen kann. Deswegen ist gerade hier vorsicht geboten. Ein befruchtetes Weibchen das überlebt kann ausreichen... Übrigens unsere hiesigen Schmetterlinge sind auch schön, ich finde da braucht es keine Samia's oder sonstige außereuropäische Arten, wer die sehen will kann gerne dorthin fahren.


    Es bleibt auch noch mantraartig zu wiederholen, dass die Verfälschung des Genpools auch noch eine Gefahr darstellt...


    Gruß Dennis

  • Der asiatische Laubbockkäfer ist übrigens auch wunderschön. Find ich zumindest.


    Und diese hübschen Falter die auf Mallorca die hässlichen Palmen zernagen. Prima Sache


    Und wie war das noch mit dem Eschensterben? Hat da nicht irgend ein Pilz Probleme gemacht? Pilze sind ja nicht vergleichbar weil keine Insekten. Ok dann halt der japanische Prachtkäfer. Soll für die Eschen auch nicht sooo gut sein.
    Naja. Schmetterlinge sind hübsch und flauschig. Die können keine Krankheiten einschleppen oder sonstwie schaden. Und solang wir nix sehen ist eh alles gut. Die Welt verändert sich eh, Ökosysteme sind immer in Bewegung, Arten kommen und gehen, und wenn ein paar Arten aussterben geht die Sonne Morgen trotzdem auf...

    • Offizieller Beitrag

    Ich bin mir nicht sicher ob ich deinen Beitrag richtig interpretiere, er ist anscheinend randvoll mit Ironie.
    Natürlich sind schon immer Arten ausgestorben (um genau zu sein sind vermutlich 99% aller Arten die je gelebt haben auch wieder ausgestorben) und es werden auch immer welche aussterben. Das passiert aber normalerweise nicht plötzlich (lassen wir mal Massensterben wegen Meteoriteneinschlägen etc. beiseite). Eine Art A wandert z.B. in das Gebiet von Art B ein und B hat in der Regel die Möglichkeit sich an der Kontaktfläche mit A irgendwie in eine Richtung zu evolvieren das sie keinen Schaden von Art B davonträgt. Ist das nicht der Fall weil Art A sich schlecht anpassen kann stirbt sie eben aus, soweit so gut. Nun ist es aber so das natürlicherweise Arten selten über extrem weite Strecken wandern, also nicht Art A aus Mitteleuropa stammt und Art B aus Japan, sondern vielleicht stammt Art B aus Osteuropa oder Nordafrika. Nun kommen Arten in Mitteleuropa sowieso mit denen aus Nordafrika und Osteuropa etwas in Kontakt und sind damit zumindest ein bisschen vertraut. Bei Arten die sehr nahe verwand sind kann man meistens auch beobachten, dass sie sich an den Kontaktflächen weiter auseinander entwickelt haben, als in den am weitesten voneinander entfernten Gebieten. Das passiert eben weil Hybride in beiden Gebieten nicht sonderlich gut angepasst sind und somit die Hybridisierung meistens einen Nachteil mit sich bringt. So, wenn man jetzt aber eine Art B inmitten des Verbeitungsgebiets einer Art A aussetzt (was sonst eigentlich nicht passiert) hat Art A möglicherweise keine Zeit sich anzupassen bevor Art B sie verdrängt oder mit ihr Hybridisiert und außerdem hat Art A überhaupt keine Schutzmechanismen gegen mögliche Krankheiten, Prädatoren etc. weil sie nie damit in Kontakt gekommen ist (wie auch). Umgekehrt haben engeschleppte Arten häufig hier keine Prädatoren mehr die sie in Schach halten könnten.


    Diese Art von aussterben unterschiedet sich also wesentlich von der des "normalen" aussterbens. Wenn es Leute gibt die meinen unsere heimische Fauna und Flora (bzw. generell Lebewesen) kann gerne aussterben und ist nicht schützenswert, ok aber ich halte das für sehr Ignorant. Deswegen, die Sonne mag dann noch aufgehen, die Frage ist nur was sie dann noch beleuchtet...


    Gruß Dennis

  • Diese "panta rhei"-Argumentation kennt man ja. Alles verändert sich, die Natur steht nicht still usw.
    Dabei wird ignoriert, dass es einen unterschied gibt zwischen dem, was natürlich geschieht und dem, was "anthropogen" ist, was also der Mensch verursacht.
    Als angeblich einziges Verstandestier, das seine Umwelt selbst formt, ist er dafür dann aber auch verantwortlich und kann sich nicht mit dem selbstberuhigendem Argument "ist doch alles Natur" zurücklehnen, wenn er alle Wiesen durch Futterwiesen mit drei Hochleistungsgrassorten oder Englischen Rassen verwandelt hat und deshalb statt tausender Arten nur noch ein paar Dutzend von der Morgensonne beleuchtet werden.
    Die Vielfalt der Natur hat der Mensch ebenso wenig erschaffen wie die Vielfalt seiner Erscheinungsformen. Daher hat er m.E. nicht das Recht, sie zu beseitigen.
    Er ist für die australische Kaninchenplage verantwortlich, für den Birkenschädling Trauermantel in Kanada und für den Austausch unserer Eichhörnchen durch die grauen, amerikanischen. Das ist eben nicht Natur, sondern menschliche Willkür oder menschlicher Unverstand. Dagegen müsste er also etwas tun oder so etwas von vornherein vermeiden.
    Ausnahmen wie die oben genannten Falter bestätigen die Regel.

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