Was ist das für ein Insekt?

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  • Hallo Heike,
    die Vorbestimmung der Kollegen war schon recht genau. Diese typische Erscheinung erleichtert die Bestimmung, auch bei etwas schlechtem Bild ohne Größenangaben. Dieses Jahr sind sie wieder etwas häufiger. Meist in der Nähe von Kläranlagen oder Klärgruben, oder kaputten Abwasserleitungen, auf deren Innenoberfläche die Larven leben, zu finden - die Klo- oder Abortfliege. Klärwärtern ist sie gut bekannt. Aus (m)einem Merkblatt für Klärwärtern stammen folgende Informationen:


    "... Die Abortfliegen (Psychoda alternata) sind Schmetterlingsmücken (Psychodidae) aus der Familie der Zweiflügler (Diptera) und gehören zu den Mücken (Nematocera). Weltweit leben etwa 1500 Arten dieser Tiergruppe, etwa 110 Arten sind aus Deutschland bekannt. Es handelt sich dabei um sehr kleine Mücken mit Körperlängen zwischen zwei und vier Millimeter. Der Körper und die Flügel der Schmetterlingsmücken sind meistens stark behaart. Die relativ großen Flügel werden in der Ruheposition leicht angehoben und dachförmig auf den Rücken gelegt, wodurch sie an winzige Schmetterlinge erinnern. Besonders die Männchen besitzen außerdem meist sehr kontrastreiche Färbungen der Behaarung, die Weibchen sind unauffällig gezeichnet. Schmetterlingsmücken sind keine sehr guten Flieger. Sie werden oft durch den Wind verfrachtet, können jedoch sehr gut steuern und zielsicher auch über längere Strecken ihr Ziel erreichen oder Hindernissen ausweichen. Die Männchen tragen an der Brust häufig auffällige Anhänge, in denen sie Sexuallockstoffe produzieren. Unmittelbar nach der Kopulation wirken die Männchen auch auf andere Männchen anlockend. Die Eier werden meist einzeln oder in kleinen Gelegen abgelegt, häufig in der Nähe von Wasser. Die als Abortfliegen bekannte Art Psychoda alternata (auch Tropfkörperfliege, Kanalfliege) sowie einige andere Arten werden durch den Geruch von Kot und Harn angelockt und legen die Eier in der Nähe der Quelle dieser Gerüche ab. Die Larven der Schmetterlingsmücken sind maximal vier Millimeter lang und schlank. Man findet die Larven vor allem in flachen Gewässerbereichen, auf überrieselten Felsen und in kleinen Wasseransammlungen. Teilweise bevorzugen sie stark verschmutzte Gewässer wie Jauchegruben, Ausgüsse oder Kläranlagen. Die Puppen liegen meist frei und haben nur selten Hörnchen. Ein nasser Klärschlamm oder ein Biofilm in Kanalrohren ermöglicht den Schmetterlingsmücken eine gute Vermehrung. Da die Entwicklung vom Ei bis zum Vollinsekt nur weniger Wochen bedarf, kann es in kurzer Zeit zur Massenentwicklung kommen. Dann werden die Tiere lästig. Da sie weder stechen noch beißen und auch nicht bekannt ist, dass sie Krankheiten übertragen, werden die Abortfliegen als ungefährlich eingestuft. ..."


    Hoffentlich hat es geholfen. Ich frage nicht, wo Du wohnst, weil die Tierchen aus jedem Kanalschacht der Schmutzwasserkanalisation oder Waschbeckenausguss krabbeln können. Einen anderen Sachverhalt möchte ich mir auch nicht vorstellen ...


    Gruss Gödi

  • Vielen Dank, Denis, und Andy, für diese spannende, ausführliche Bestimmung, und Heidi, für den Beitrag!
    Diese Tierchen waren mir seit jeher ein Rätsel; zum ersten Mal wahrgenommen habe ich sie als Erstklässler 78 in Piran (nördliche Adriaküste), als sie dort - auf einmal - in riesigen Massen auftraten, in allen Küstenstädten der Region. Zuvor waren sie mir nicht aufgefallen, aber zwei Jahre lang waren dann sämtliche unteren Hauswände innen und außen dicht von ihnen bedeckt, so vollbesät, daß alles schwarz war, im Sommer und - in den Häusern - auch im Winter. Es sah nach einer Invasion aus - man führte die Erscheinung auf den nahegelegenen internationalen Hafen zurück; manche Leute haben versucht, sie mit großen Mengen Spray zu beseitigen, aber ohne jeden Erfolg. Sie wurden für eine Fliegenart gehalten - mir schienen sie nach einer Weile kleine Nachtfalter zu sein. Im dritten Jahr wurden sie dann deutlich seltener, und erschienen später nur noch einzeln; allmählich hat sich das dann eingependelt - ich sah sie in der Gegend zwar noch ab und zu, aber nur einzeln und eher selten - bis in die heutige Zeit. In Deutschland habe ich sie, wohl rein zufällig, noch niemals zu Gesicht bekommen... Aber bei einem kurzen Aufenthalt in Florianopolis (Südbrasilien) fielen mir dort plötzlich ebendiese Tierchen auf (zumindest konnte ich keinen wesentlichen Unterschied erkennen, hielt sie für dieselbe Art und zog teilweise falsche Schlüsse draus... Wobei dann, falls es denn dieselbe Art ist, wohl eher an europäische Herkunft zu denken wäre).


    Nun ist das Rätsel endlich geklärt, schönen Dank und viele Grüße,
    Bostjan

  • Schmetterlingsmücken können in wärmeren Ländern auch Krankheiten übertragen! Das oben ausgeführte gilt nur für die P. alternata in Deutschland bzw. unter mitteleuropäischen Klima. Die jahresweisen Schwankungen kann ich nicht erklären, aber 2003 traten sie auch lokal (allerdings unabhängig voneinander an verschiedenen Stellen) in Massen auf. Sie sind dann sehr lästig. Ich musste im Schilfsaum arbeiten und habe folglich die in der Vegetation sitzenden Massen aufgescheucht und zwangsläufig eingeatmet bzw. ehr gefressen. Ich weiß nicht, was Frösche an dem Zeug finden ... Jedenfalls: Trotz reichhaltigen Genusses bin ich nicht krank geworden! Sie stechen, beißen, treten oder würgen auch nicht.
    Nach 2003 war dann wieder jahreslang wenig zu sehen (zwar da, aber keine vergleichbaren Mengen). Dieses Jahr sind sie zwar nicht massenhaft, aber dennoch deutlich wahrnehmbar gewesen. Es sind aber fast ausschließlich immer lokale Erscheinungen.


    Kulinarische Grüsse
    Gödi

  • Ich erlaube mir anzumerken, dass bei den Psychodiden eine Art- und selbst eine Genusbestimmung nach einem Foto -und dazu noch bei einem so undeutlichen- fast unmöglich ist. Im Fachforum für Dipteren sind von den mehr als 100 in Deutschland vorkommenden Psychodiden-Arten gerade mal sieben bis zur Art bestimmt! Darunter auch die hier genannte P. alternata. Und die sieht dort etwas anders aus, sie hat helle Flügel und am Rande charakteristische Punkte (nur deshalb konnte das Tier dort bis zur Art bestimmt werden).
    Ich beobachte in vielen in- und ausländischen Foren -ich bin in mehreren Mitglied- dass oft sehr leichtfertig Tiere bis zur Art bestimmt werden, wo man eigentlich nicht einmal die Gattung erkennen kann. Ich habe mir mal erlaubt, aus den verschiedenen Foren ein paar Bilder von bis zur Art bestimmten Insekten (Käfer, Schmetterlinge, Fliegen, Libellen) an Spezialisten zu senden und um Bestimmung gebeten. Oft war die Antwort: "Bestimmung selbst des Genus an Hand dieses Fotos unmöglich" oder "Möglicherrweise diese oder jene Art, aber sicher ist das nicht". In nur ca. 50 Fällen stimmte die Bestimmung auch...
    Daher wäre ich sehr sehr vorsichtig, zu sagen, um welche Dipterenart es sich hier handelt. ich glaube, mehr als "Schmetterlingsmücke" bzw. "Psychodidae" ist nicht möglich...Selbst wenn eine Psychodide als Insekt physisch vor einem liegt, ist die Bestimmung wohl in den meisten Fällen ausschließlich einem Spezialisten möglich, nämlich an Hand mikroskopisch kleiner Merkmale wie Genital, Borsten etc..


    Erwin

  • Das ist vollkommen richtig. Mit der schlechten Qualität des Fotos und ohne Vergrößerung gehts sowieso nicht. Also die Psychodidae lassen wir dann lieber als unbestimmt. Das ist die korrekte Lösung.
    P. alternata ist nur eine wahrscheinliche Lösung, weil sie regelmäßig in und in der Nähe menschlicher Behausungen vorkommt. Die Auskunft dürfte aber Heike vermutlich genügen.
    Gruss
    Gödi

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