Neues aus der "In"-Zucht

    Moin moin.

    Ich bin seit 2011 dabei ein paar Inzuchtversuche durch zu führen, heißt es doch immer wieder "vermeidet unbedingt Geschwisterpaarungen, sonst sterben die Tiere ganz schnell an Inzucht"....

    Die Probanten sind die braune Form vom Lindenschwärmer (Mimas tiliae f. brunnea) und Oleanderschwärmer ( Daphnis nerii).
    Die Wahl auf diese beiden Arten viel leicht:

    1) Mimas tiliae als wohl eine der variationsreichsten Sphingiden-Arten im Mitteleuropäischen Raum, deren Formen und Farbschläge gut beschrieben sind. Wohl eher zu viele, als zu wenige. Inzucht dürfte hier eventuell zu interessanten Variationen führen. Und das noch dazu in der braunen Form f. brunnea schien mir besonders attraktiv.
    Der Zuchtstamm ist mittlerweile in der F6 angekommen, aber außer dass der Prozentsatz an braunen Tiere gegenüber der grünen Nominatform angestiegen ist und vereinzelt mal interessante Muster der Vorderflügelzeichnung auftreten, ist noch nicht viel passiert.
    Auffällig ist jedoch, dass die konsequente Inzucht mit der Verwendung der Ablage von max. 2 brunnea-Weibchen bisher noch keinen Einfluß auf die Befruchtungsrate hatte.
    ABER die Eier sind extrem empfindlich gegenüber dem Postversand geworden.
    Auch die Mortalität der Raupen ist gering. Nur die üblichen Nachzügler, wie sie bei fast jeder Massenzucht auftreten, sind zu beklagen. Aber selbst solche Tiere kommen manchmal noch zur Verpuppung und ergeben die Minitiere, die man als Züchter eben auch kennt.

    Aber in erster Linie soll es hier jetzt um meine andere gewählte Art gehen.
    2) Daphnis nerii, ein optimales Gegenstück zu M. tiliae.
    Als Wanderfalter weitgehend frei von Variationen oder regionalen Formen. Eine Art, die in Deutschland genauso aussieht, wie in Slovenien, Griechenland oder Ägypten.
    Für meine Zwecke perfekt geeignet, da man in verhältnismäßig kurzer Zeit viele Generationen ziehen kann. Futter gibt es ganzjährig und die Nachzucht ist auch kein Geheimnis.
    Und es ist ein schönes Tier noch dazu. :winking_face:

    Als ich vergangenen Herbst in Kloten die Elterntiere als Geschenk von Uwe Kauz überreicht bekam, war ich gar nicht so begeistert drüber, wollte ich doch eigentlich in die wohlverdiente Züchter-Diapause wechseln und nun diese 3 Paare. Wie ärgerlich....im Nachhinein kann ich nur sagen: Danke, Uwe! Im Auto, auf dem Weg nach Hause, reifte der Plan diese nerii mal so lange wie möglich zu ziehen, als Gegenpol zur brunnea.
    Zwei der Weibchen hatten sich verpaart und bescherten mir über mehrer Tage hinweg viele Hundert Eier je Tier. Befruchtungsrate gut 99,9%

    Mittlerweile, ein Jahr später, bin ich bei F6 angekommen und die erste Paarung zur F7 fand gestern Nacht statt.

    Bis jetzt hat es noch keinerlei Nachlassen der Vitalität des Zuchtstammes gegeben, obwohl ich auch hier die konsequente 2 Paar-Methode ab F3 anwandte.
    Nur die Eiablage von 2 Weibchen wird zur Weiterzucht verwendet. Die Nachkommen der restlichen Tiere werden abgegeben.
    Nun haben sich aber überraschender Weise gerade bei dieser Art, wo ich eigentlich keine Änderungen in der Morphologie erwartete, dieses Jahr schon zwei interessante Falter ergeben, deren Grün der Vorderflügel stark ins Braune umgewandelt sind.
    Zwei Tiere von bisher 8 geschlüpften.
    Diese Tiere sind einwandfrei ausgeschlüpft und haben nichts gemein mit solchen Imagos, die es grade noch aus der Puppenhülle schaffen und dann, mit Mekonium verschmiert, versabbert und braun im Schlupfkasten hängen. Das kenne ich von manchen nerii-Zuchten nur zu gut.

    Es sind interessante Tiere, weil etwas ungewöhnlich, aber die grünen "Normalos" gefallen mir persönlich eigentlich besser.
    Aber es ist schon fantastisch, in welcher Form man sich immer wieder bei solchen Zuchten überraschen lassen kann.
    Grad da, wo man es eigentlich nicht vermutet hätte, kommt plötzlich was "aus der Torte gehüpft".

    Dies vielleicht mal als Anregung dafür, nicht immer die unterschiedlichsten Herkünfte einzelner Arten kreuzen, um ja die soooooo oft besagte Inzucht zu vermeiden.
    Sondern auch mal das Wagnis einzugehen, was auszutesten und vom herkömmlichen Weg abzuweichen.
    Es muss nicht unbedingt scheitern oder sich zum Schlechten entwickeln.
    Und das konsequente Vermeiden hoher Zahlen hinter dem F in den Herkunftsangaben von Zuchtmaterial, nur um die Käufer nicht zu vergraulen, ist in meinen Augen nicht weniger unsinnig. :winking_face:

    In diesem Sinne noch ein schönes Wochenende.
    Rudi

  • AD

    Mich würde vorallem interessieren, bei den Raupenmassen, die Du da ja zu züchten scheinst, wieviel Oleander Du im Garten stehen hast? Ich stelle mir grade so 'nen Oleanderwald vor... :grinning_squinting_face:

    Abgesehen davon: geiles Experiment. Hast Du schon mal auf die Größe der Tiere geachtet, ob sie anfangen kleiner zu werden???

    Viele Grüße
    Klaas

    Moin zusammen.

    Mit Oleander als Futter gehen solche Mengen an Raupen in unseren Breiten nicht.
    Nein, auf Ligustrum ovalifolium halte ich meine Tiere. Ich habe ovalifolium auch in klimatisch günstigeren Ecken unseres Gartens gepflanzt, so dass ich fast ganzjährig versorgt bin.
    So musst du dir mehr einen Ligusterwald, als denn einen Oleanderwald vorstellen, Klaas.
    Und in der schwierigen Zeit von Ende Januar bis April züchte ich nur ganz wenige Tiere und lege möglichst die Puppenruhe von 2 Generationen rein. So komme ich über die Runden, bis der Liguster im Frühjahr wieder austreibt.
    Wenn man den Zuchtstamm mal auf diesen Rhythmus eingestellt hat, geht es einigermaßen.
    Und dieses Jahr wird eventuell nochmal ein Versuch mit Kufu gestartet.

    An die Temperatur hatte ich auch schon gedacht, Dietrich. Aber das greift dieses Mal nicht.
    Die Zucht verläuft komplett im Raum. Temperaturen für die Raupen von ca. 18-25°C. Gerade am Ende der Entwicklung standen sie viel wärmer, so um 30°C.
    Und die Puppen dieser Generation, aus denen nun auch die zwei verbraunten Tiere geschlüpft sind, waren nie unter 23°C, meist wärmer, gestanden.
    Die Größe der Imagos ist normal, es ist alles dran, was dran sein sollte und der Rüssel einwandfrei.


    Servus
    Rudi

    Servus und Moin zusammen,

    ich glaube das mit der Braunfärbung hatten wir schon mal:

    Daphnis nerii braune Variante!

    Meines Wissens tauchen überall mal mehr oder weniger braun gefärbte
    Falter in der Natur auf - warum sollte das bei einer Zucht anders sein?

    Scheint also nichts mit Inzucht, Temperatur oder Futter zu tun zu haben.

    Moin Frank.

    Danke für den Link; ich kenne dieses Thema von Andreas. Für einen Schwärmerfreak wie mich ein Muss. :face_with_rolling_eyes:

    Der Unterschied zwischen meinen und seinem Tier ist, dass seines komplett braun gefärbt ist.
    Meine dagegen nur partiell, aber symmetrisch.

    Inwieweit dies einen "echten" Unterschied darstellt, wird sich in den nächsten Generationen zeigen.
    Nur wenn ich bedenke, wieviele Imagos von nerii ich schon gezogen habe, ohne jegliche Variation in deren Morphologie zu erhalten und nun in der F6 gleich zwei ungewöhnliche Tiere, scheint mir das nicht ganz gewöhnlich zu sein. :smiling_face:
    Wir werden sehen, was sich in den nächsten Generationen ergibt, sollte die Weiterzucht klappen.

    Servus
    Rudi

    Lieber Rudi, auch Karola, Dietrich und Klaas,

    Ich möchte mich dieser Diskusion anschließen.
    Diese braune Form trifft man häufig in Madagaskar an wo diese braune Form als Daphnis infernelutea beschrieben wurde von Saalmüller 1884. Bei meiner dritten Madagaskarreise im Jahr 1988 habe ich zwei ganz braune VAriationen dieser Form gesammelt in Ranomafana (District Ifanadiana) heute National Park. Im Buch von Fritz Taschner Band 1 "mit dem Schmetterlingsnetz um die Welt" ist ein Exemplalr dieser Form als D. infernelutea abgebildet. Was angesprochen wurde ist die Themaeratur. Fritz Taschner sammelte in der Trockenzeit (August)dem Winter bei seiner REise und ich im MAdagsischen Sommer in der Regenzeit im Januar - daher schieße ich eine Themperaturschwankung aus.

    Liebe Grüße Michi

    einen hab ich noch: :thumbs_up:

    Flickr Search: Daphnis nerii

    da kannst du die ganze "braune" Variationsbreite aus aller Welt sehen. :grinning_squinting_face:

    PS: Wie du ja weisst, habe ich auch M tiliae f. brunnea aus Mezedonien in Zucht.
    Was mir aufgefallen ist, da ich ja dieses Jahr eine Zweite Generation hatte, dass
    alle geschlüpfte Falter durchweg heller braun gefärbt waren. (siehe meine Galerie)

    So, heute Morgen waren die nächsten zwei Weibchen geschlüpft.
    Ein grünes und ein braunes Tier.
    Das braune Tier ist vom Grad der Braunfärbung her ziemlich identisch mit den zwei anderen Tieren.
    Die nächsten Tage kommen noch mehr Tiere zum Schlupf und ich bin wirklich gespannt, wie sich die dann präsentieren werden.

    Ich habe mir auch mal die Bilder auf der Flick-Seite angesehen. Danke für den Link, Frank. :thumbs_up:
    So eine große Variabilität kann ich da bei nerii nicht feststellen.
    Es sind grad mal zwei Fotos von braunen Tieren dabei: einmal als Fundort "Reunion", gleich neben Madagaskar, was sich mit der Info von Michi deckt.
    Und ein Tier mit Fundort "Taiwan". Auch wenn es von einem anderen User auf Flick als hypothous angesehen wird, denke ich doch dass es ein nerii ist.

    Das Tier von Reunion komplett braun. Das von Taiwan mit leichten grünen Einschlägen. Kommt aufgrund des ausgelösten Blitzes nicht gut zur Geltung.

    Danke auf alle Fälle für eure Reaktionen und Meinungen.
    Mal schauen, wie es weiter geht. :winking_face:

    Gruß
    Rudi

    Habe im August 5 Puppen von nerii von Guus geschickt bekommen, dieser hatte sie e.l. von Santorin.
    Aus diesen fünfen schlüpften vor 2 Wochen die Imagos, 4 grüne, ein brauner..., alle letztendlich nebeneinander im Kasten gelegen, Schlupf über drei Tage.
    Wenn sie vom Brett sind, stelle ich ein Foto ein!

    Grüße
    Ulf

  • AD

    Moin.

    Heute ist der letzte nerii der F6-Inzuchtgeneration geschlüpft, ein ganz normal grünes Tier.
    Zwei Puppen liegen noch, aber ich denke, die werden nicht mehr schlüpfen, sondern sind abgestorben.

    Es sind seit meinem letzten Beitrag nochmal 3 braune Tiere geschlüpft, aber auch weitere gut 20 ganz normal grün gefärbte Tiere.
    Die Eibablage zur F7 ist seit 6 Tagen im vollen Gange und heute sind die ersten 20 L1-Raupen geschlüpft. Es nimmt seinen gewohnten Gang, wobei sich die Tiere zum ersten Mal etwas zierten in Kopula zu gehen. Sie waren 6 Nächte alt, als die nächste Kopula statt fand. Eine zweite und dritte Kopula eine Nacht später. So spät hatte ich das bei nerii noch nie.
    Obwohl die Weibchen schon zuvor jede Nacht lockten und die Männchen gut flogen.

    Als kleines Abschlussstück dieses Themas anbei noch zwei Fotos von einem der drei weiteren teilweise braun gefärbten Tiere.
    Ein Weibchen, dessen Thorax auch zumindest teilweise die braune Färbung zeigt.
    Das eine Foto mit Blitzlicht, das andere bei normalem Tageslicht aufgenommen, zeigen beide Fotos das gleiche Tier.

    Mal sehen, ob und wie die F7 laufen wird und vor allem, was sie hervorbringen wird!?
    Wahrscheinlich sind dann alle Imagos wieder komplett grün und ganz normal gezeichnet. :grinning_squinting_face:

    Und ein großes Danke an dich Ulf, für die Info, dass auch bei dir ein braunes Tier geschlüpft ist.
    Es ist sehr sicher, dass es sich bei deinen Tieren um meinen Zuchtstamm handelt, wenn sie auch von Santorin stammten. Und wenn auch bei dir ein braunes Tier schlüpfte, ist das eine sehr interessante Parallele.

    Tschau
    Rudi

    Hallo Rudi,

    Dein hochinteressanter Bericht über die Inzuchten bei tiliae und nerii veranlassen mich zu einer Ergänzung Deiner Fakten.

    Bei ligustri als auch pinastri, also heimische Schwärmer, beobachte ich dass bereits F1 ein kaum zu lösendes Problem darstellt. Ligustri kommen nicht einmal dazu
    die Flügel nach dem Schlupf komplett auszubreiten, bei pinastri hat heuer der Anflug geklappt ( inzüchtiges Weibchen), allerdings wurden wiederholt kein einziges Ei
    abgelegt.

    Interessantes auch von euphorbiae. Bei einer ganzen Menge Freilandraupen erfolgte diesen Sommer nach dem Falterschlupf keine einzige Kopula. Die hat ansonsten
    immer geklappt und die Damen legten bereits nach der 1. Nacht die Zypressenwolfsmilch voll. Heuer indes nicht. Ein Weibchen im Anflugkasten, das in der
    1. Nacht angeflogen wurde hat hingegen sofort Eier in Fülle abgelegt.

    Die Frage ist ob Du als alter Schwärmerspezialist bei diesen Arten schon ähnliche Erfahrungen gemacht hast ?


    Beste Grüsse und weiterhin guten Zuchterfolg

    R. Bahmann

    Moin Reinhold.

    Mit euphorbiae hatte ich früher nie Probleme, habe aber die Art schon länger nicht mehr gezüchtet.
    Und die pinastri und ligustri habe ich meistens anfliegen lassen. Aber auch Zuchten bis F3 waren kein Problem. Aber weiter hatte ich nie gezüchtet, da ich dann schon mehr als genug Tiere hatte.
    Ligustri soll zwar zwischendurch Probleme machen, laut FRIEDRICH, aber der schreibt so einiges was sich als nicht richtig heraus gestellt hat.

    Aber dieses Jahr war insgesamt ein ziemlich eigenartiges, was die Zuchten anging.

    Ich hatte dieses Jahr viele für mich unerklärliche Ausfälle zu verzeichnen.
    Auf den Börsen in Weiden und Kloten angesprochen, erklärten mir unsere Kollegen, dass auch sie dieses Jahr damit zu kämpfen hatten.
    Aufzuchten von Raupen, die eigentlich seit Jahren Selbstläufer waren, sind dieses Jahr in L2 oder L3 abgeschmiert.

    Wenn ich heute eine Runde im Garten drehe, kann ich auf vielen Pflanzen, die sonst niemals einen Pilzbefall zeigen, Pilzwuchs entdecken.
    Ich glaube dass so machen in die Hosen gegangene Zucht auf das kühle und feuchte Wetter zurück zu führen ist.
    Ob es auch Einfluß auf die Paarungswilligkeit von Schmetterlingen, wie euphorbiae, hat, werden wir nur spekulieren können, aber warum nicht?

    Servus
    Rudi

    Stimmt, in L3 - 4 hatte ich auch relativ viele "Schmierer" zu verzeichnen,
    betraf A. atropos, dort sind letztendlich von 30 Ovo nur 7 schöne Imagos geblieben...

    Unter gleichen Bedingungen (v. selben Züchter erhalten) gehaltene S. ocellata hatten von Ovo bis Pupa nur einen Verlust,
    dieser evtl. beim Saubermachen verschwunden?

    Zweimal M. tiliae gezogen, die erste Runde lief super, nur 2 Verluste von O-P, die zweite Runde wollte nicht so ans Futter und ca. 75% Ausfall, sind richtig kleine Puppen im Verhätnis zu Runde 1... - wenn diese Schlüpfen, sehen die bestimmt interessent aus.

    S. ligustri ovo`s von Silvan erhalten, hier allerdings die Schlupfrate sehr mäßig, knapp die Hälfte mit Auge zudrücken :winking_face: , Futter Flieder, keine Ausfälle nach Schlupf.
    Jetzt zur Ergänzung 8 Puppae geordert aus Sachsen (Danke, Mario) - im Verhältnis zu meinen sind diese gut 1/3 kleiner...

    Jaja, die Natur...

    Grüße

    Ulf

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