Laienfrage zu Kohlweißlingraupe

  • Liebe Community,

    ich gestehe gleich zu Anfang, dass meine Bewunderung für Schmetterlinge groß, meine Kenntnisse über sie hingegen sehr dürftig sind.


    Nun hat Anfang September offenbar ein Großer Kohlweißling meine Kapuzinerkresse als idealen Ort für die Eiablage erkoren. Für mich nicht weiter schlimm, weshalb ich den Dingen einfach ihren Lauf gelassen habe. Allerdings habe ich die Entwicklung der Raupen fotografisch dokumentiert. Nur so fiel mir in der Vergrößerung der Bilder auf, dass einige Raupen extrem entwicklungsverzögert waren und mit dem Wachstum nicht hinterherkamen. Drei sind letztlich verkümmert, eine der Kleinen zeigt sich jedoch immer noch äußerst hartnäckig. Ich habe sie zum Vergleich mal neben einem Geschwistertier fotografiert.


    Was meint ihr, hat sie eine Chance, als Puppe den Winter zu überstehen und im Frühjahr zu einem winzigen Schmetterling zu werden?


    Lieben Dank im Voraus für euer Feedback.
    Annegret


  • ANZEIGE
  • Vielen Dank Brimstone und Woodstock für euer Feedback.

    Ich bin mir absolut sicher, dass es sich um Tiere der gleichen Eiablage handelt. Es gab überhaupt nur ein Gelege an meiner Kapuzinerkresse, und sie war ja auch nicht die Einzige, die im Wachstum zurückblieb. Drei weitere Mini-Raupen verendeten nach zwei Tagen.

    Da viele ihre Geschwister sich inzwischen auf die Suche nach einem geeigneten Platz für die Verpuppung gemacht haben, habe ich die Kleine mittlerweile ins Haus geholt. Sie frisst winzige Mengen, setzt aber fleissig Kot ab.

    Ich bin davon ausgegangen, dass solche Fehlentwicklungen gar nicht so selten sind, uns aber in freie Natur nicht auffallen, wohl aber bei der Zucht. Vielleicht hatte ja doch schon mal jemand eine solch winzige Raupe.

    Liebe Grüße

    Annegret

  • Hallo,

    nun will ich auch noch meinen Senf dazugeben.

    Ich habe im Laufe meiner entomol. Karriere schon hunderte Schmetterlingszuchten ab ovo durchgeführt und kann sagen, daß es in der Tat immer einige Schwächlinge gibt, die im Wachstum zurückbleiben und letztendlich eingehen. So ist eben die Natur - wir können uns Vieles nicht erklären, aber es findet eben statt. Gerade bei Faltern, die oft hunderte von Eiern produzieren, ist es nachvollziehbar, daß nicht bei allen die Entwicklung programmgemäß abläuft und die Kümmerlinge eliminiert werden. Darwin läßt grüßen! :winken:

    VG,

  • Hallo Hans,

    stimmt alles. Aus meiner Erfahrung kann es interessant sein, diese "Schwächlinge" versuchen durchzufüttern.

    Hatte mal rund 100 Raupen von R.orizaba. Dabei ein "Schwächlinge", er hat es -wider Erwarten- geschafft ganz normal zu verpuppen und zu schlüpfen

    Der Falter war deutlich kleiner als der Rest und die Färbung (nicht die Musterung) war wie "ausgeblichen". Hatte diese Phänomen schon bei verschiedensten Zuchten incl. Aufzucht von Schwalbenschwanzraupen (in den 70iger Jahren) aus Freilandsammlungen auf Möhren- / Fencheläckern im Herbst (Nach Überwinterung fliegen lassen).

  • Hallo,

    ich gebe bei Schwächlingen grundsätzlich erst auf, wenn sie tot sind. Hatte mal eine kleine S. pyri, die ewig hinten dran war. Sie hat sich dann gemütlich entwickelt und sogar ein fünftes Mal gehäutet (L5 sah aus wie L4, also lila Warzen). Sie wurde schließlich größer als alle anderen (die schon lang verpuppt waren) und ergab im darauffolgenden Jahr ein schönes Weibchen. Leider keine Nachkommen wg. Männchenmangels. Der Falter hat mehrere Wochen lang gelebt, also um einiges länger als normal.

  • ANZEIGE
  • Ganz lieben Dank für all eure Antworten, die mir auch das Gefühl nehmen, mich mit meinen arg laienhaften Fragen zu blamieren. Dass es "Schwächlinge" gibt, die der natürlichen Selektion anheim fallen, war klar, dass die Entwicklung von Tieren trotz eindeutig defizitärer genetischer Ausstattung dennoch so weit fortschreitet, erstaunt mich. Ihre Geschwister wird die Kleine ganz sicher nicht mehr einholen, aber sie wächst in der Tat immer noch weiter. Sollte sie es bis zur Puppe schaffen, werde ich noch einmal ein Foto online stellen. Egal wie es ausgeht, eines haben die Raupen bereits bei mir bewirkt – mein Interesse an der Entomologie ist geweckt. Kann jemand ein gutes Einsteigerbuch empfehlen, dass nicht allzu wissenschaftlich ist, aber über reine Fragen der Bestimmung hinausgeht? Vielleicht kann mir ja jetzt schon jemand von euch erklären, was genau den Ausschlag gibt, ob und wann eine Puppe in die Metamorphose zum Falter übergeht oder mehrere Wintermonate überdauert, bevor dieser Verwandlungsprozess einsetzt. Sollte vornehmlich die Temperatur den Ausschlag geben, dann müssten doch viele Raupen durch milde Herbsttage in die Irre geführt werden, oder?

  • Die Entwicklung hängst stark von Sonnenlicht und -Dauer und Temperatur ab.

    Es ist "vorprogrammiert" was es für Puppen werden. Subitanpuppen oder Latenzpuppen, die einen setzen die Generation ohne Überwinterung fort, die anderen mit. Zucht kann das nur beeinflussen, wenn die Raupen früh genug reingeholt wurden und auch dann nicht immer. Raupen von draußen sollten jetzt normalerweise überwinternde Puppen geben. Ausnahmen gibt es natürlich immer. Die Puppen kann man zb draußen geschützt überwintern und dann um den April rum schlüpfen lassen.


    VG Jonas

  • Liebe Community,


    ich wollte nur kurz den aktuellen Stand in Sachen der entwicklungsverzögerten Raupe mitteilen. Fünf Wochen nachdem sie aus dem Ei geschlüpft ist und anderthalb Wochen nachdem sich ihre Geschwister verpuppt haben, hat die Kleine sich heute morgen zum vierten Mal gehäutet. Das beigefügte Foto zeigt sie wenige Minuten nach dem für sie offenbar furchtbar anstrengenden Akt. Da sie jetzt wider Erwarten so weit gekommen ist, schließe ich auch eine Verpuppung nicht mehr aus. Hat jemand einen Ratschlag, was ich beachten sollte, falls es tatsächlich so weit kommt? Soll ich sie nach draußen stellen, um sie der Kälte auszusetzen, oder besser im Zimmer lassen, obwohl das ggf. einen Winterschlupf bedeuten würde?

    Vielen Dank im Voraus für euer Feedback.

    Annegret


  • Hallo Annegret,


    die Raupe auf keinen Fall raus stellen, das ist je nach Witterung / Außentemperaturen wahrscheinlich ihr Todesurteil.


    Die heimischen Pieris-Arten überwintern allesamt als Puppe, also am besten noch zuwarten, bis sich die Raupe verpuppt hat, und dann die Puppe raus stellen, dann erfolgt eine "normale" Entwicklung und der Falter schlüpft "planmäßig" im nächsten Frühling. Die Puppe also dann nicht im Zimmer lassen, so vermeidet man den "Winterschlupf".


    LG Thomas

  • Hallo Johanna und Thomas 1 + 2,


    lieben Dank für eure schnellen Rückmeldungen.

    Die Miniraupe hatte kurz nach der Häutung tatsächlich rotgoldene Flecken und einen sehr hellen Kopf. Beides ist inzwischen nachgedunkelt und sieht nun ungefähr genauso aus wie bei ihren Geschwistern vor einigen Wochen.

    Ich hatte vergessen zu erwähnen, dass sie zwar an Umfang, aber nicht an Länge zugelegt hat und wohl knapp zwei Zentimeter misst. Würde eine Puppe, die aus so einem Winzling entsteht, tatsächlich Frost überstehen, und wovon würde sie sich nach dem Schlüpfen ernähren? Der Saugrüssel wäre doch so extrem klein, dass damit keine Nahrungsaufnahme an einer gewöhnlich großen Blüte möglich sein dürfte, oder?


    Liebe Grüße

    Annegret

  • Hallo Thomas,

    das beruhigt mich, nur an ein weiteres Wachstum glaube ich nicht mehr so recht. Würde sie Größe und Gewicht ihrer properen Geschwister noch erreichen wollen, müsste sie, vorausgesetzt die Entwicklung ginge im gleichen Tempo weiter, noch einmal sechs, sieben Wochen futtern. Dachte auch, dass nach der vierten Häutung Schluss wäre. Wirklich größer wird sie also vermutlich nicht, deshalb auch meine Sorge, dass ein Miniaturfalter mit winzigem Rüssel verhungern muss.


    LG

    Annegret

  • ANZEIGE
  • Hallo Annegret,


    ich schließe mich da meinem Vorredner, auch Thomas, an. Schließlich vollzieht sich im letzten Raupenstadium das verhältnismäßig größte Wachstum. Kein Vergleich zu den verherigen Stadien. Und selbst ein trotzdem zu klein geratener Falter verhungert sicherlich nicht. Ein Bläuling findet ja auch Blüten, an denen er saugen kann :winking_face:

    Allerdings lässt das so sehr verlangsamte Wachstum die Befürchtung aufkommen, dass es die Raupe doch nicht zur Verpuppung schafft. Ich hatte einen Nachzügler bei Hyles euphorbiae, der es zwar bis L5 geschafft hat, dann aber so langsam gefressen hat, dass er nicht mehr wuchs. Nach quälend langer Zeit ist die Raupe dann leider gestorben.

    Jedenfalls wünsche ich Euch mit Eurem Zögling mehr Glück!


    LG

    Thomas

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!