Naturzerstörung

  • Hallo verehrte ACTIAS-Gemeinschaft,


    es gab kürzlich Beiträge über den unsensiblen Umgang mit der Natur:


    http://www.actias.de/p70116-ein-schwarzer-tag-für-mich-und-für-die-wespen.html#post70116


    http://www.actias.de/p70148-ein-schwarzer-tag-für-mich-und-für-die-wespen.html#post70148


    (in einem Thema, wo sie eigentlich nicht hineinpassen, deshalb habe ich für den folgenden Beitrag ein neues Thema erstellt).


    Leider gibt es immer wieder Beispiele für die völlig überflüssige Zerstörung von Biotopen und Lebensraum, obwohl offiziell stets betont wird, daß man sich für den Erhalt der Natur einsetzt.


    Eines dieser Beispiele gab es kürzlich wieder bei uns in Garching: Einerseits werden Baumpflanzugen zu einem Großereignis gemacht, bei dem es sich unsere neue Bürgermeisterin nicht nehmen läßt, samt der lokalen Presse aufzutreten, damit alles publikumswirksam nochmal in der Zeitung erscheint. Es ist zwar sehr lobenswert, wenn neue Bäume gepflanzt und andere nicht abgesägt sondern umgestzt werden, aber was nützt es, wenn andererseits große Baumbestände einfach niedergemetzelt werden, wie auf den folgenden Bildern zu sehen ist?






    Fotos aufgenommen am 10. 3. 2011

    Dies ist übrigens kein Einzelfall. Hierbei handelte es sich um Weidenbestände an einem Bachlauf. Weiden sind bekanntlich Lebensraum und "Kinderstube" Nummer 1 von vielen Schmetterlingsarten und anderen Insekten. So jedoch nicht mehr...


    TOX 2001

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  • TOX, ich hab das bewusst dort reingestellt. Da hat mich Dein Kommentar jetzt schon ein bisschen geärgert, wenn ich ehrlich bin. Du stellst eben mehr die sinnlose Zerstörung von Natur dar, ich mehr das Versiegen einer sehr praktischen Futterquelle oder vielmehr den Ärger darüber. Marc hat ja auch ähnliches geschrieben:


    Der Ortsgärtner hat in mühevoller Kleinarbeit den Waldrand schön gerade geschnitten - eine wahre Pracht! Ohne störende Brennnesseln natürlich.
    Ich bin sauer [...].


    Aber zu dem was Du da schreibst, das ist ja schon heftig!! Mir fallen auch zwei Beipiele ein, erstens diese umgesäbelten Weiden, da kann man sagen, die waren halt von "Schädlingen" befallen und es gab vielleicht irgendeinen Sinn. Im anderen Fall wurden unter einer Stromleitung, die nahe an einem naturbelassenen Weiher vorbeigeht, rigoros ausgeholzt. Was mich in beiden Fällen erschreckt hat, ist mit welcher Gründlichkeit die Bäume und Sträucher (ich muss Deine Ausdrucksweise leihen, da passt nix anderes) niedergemetzelt wurden. Als Steigerung bliebe höchstens noch betonieren und grün anstreichen!


    Ja jetzt fällt mir noch ein drittes ein, da gibt es ein so genanntes Landschaftsschutzgebiet bei mir ums Eck. Da gibt es eine wirklich prachtvolle Wiese, die immer brav gemäht wird, wenn sie gerade am schönsten ist. Was wird denn da bitte geschützt? Die Landschaft in der Tat, die sieht dann jedes Jahr gleich aus, aber die Tiere, die versuchen darin zu leben sicher nicht. Jede größere Raupe muss doch nach der Mahd zwangsläufig verhungern...


    Grüne Grüße von der Wiese,
    der moe

  • Hallo,


    jetzt muss ich auch einmal meinen Senf dazu geben...


    Natürlich sind die aufgeführten Beispiele kein Musterbeispiel für Naturschutz, aber ich habe die Erfahrung gemacht, dass gerade an den neuen frischen Weidentrieben der beschnittenen Bäume im Frühjahr/Sommer mehr Raupen zu finden sind als an alten höhergelegenen Ästen. In den sogenannten Landschaftschutzgebieten häufiger solche "Pflegemaßnahme" durchgeführt. Bei mir in Hochheim ist so ein Gebiet am Mainufer, die Mainwiesen. Hier findet man riesige Wiesenflächen die zwar jedes Jahr mehrmals gemäht werden, aber gleichzeitig werden in der Regel an den Wiesenrändern keine Mähmaßnahmen durchgeführt. Selbst 2 große Brennesselflächen werden bei den Mäharbeiten großzügig umfahren und bis zum Spätherbst stehengelassen. In diesem Gebiet habe ich sogar als "Beifang" an einer beschnittenen Pappel eine Raupe von Gastropacha populifolia gefunden. Ich denke hier konnte ich auch einmal ein etwas positiveres Beispiel aufführen.


    Und wenn ich an meine Anfangszeit der Schmetterlingzucht in den 80iger Jahre denke: überall gemähte Straßenränder, gemähte Feldwege und jede Menge Flurbereinigungen in den Feldern rund um Mainz und Wiesbaden :frowning_face:


    Das hat sich zumindestens hier im Rhein-Maingebiet extrem geändert...bei vielen Straßenrändern(Landstraße, Autobahn) wird bis auf 1 m an der Straße das Gras stehengelassen, Autobahnböschungen sehen schön verwildert aus(einige recht große Baumweisslingvorkommen), durchwachsene Streuobstwiesen: einige inzwischen als Naturschutzgebiet ausgewiesen-, verwilderte Waldflächen(zum Beispiel:totes Holz im Wald belassen)..tja es ist wie es ist, hier im Rhein-Maingebiet habe ich überwiegend positive Veränderungen wargenommen...aber vielleicht sehe ich auch einiges durch eine rosa-rote Brille?


    Wäre interessant ob auch andere Actias-Mitglieder aus dem Rhein-Maingebiet(Mainz,Wiesbaden,Frankfurt,Darmstadt) meine Erfahrungen bestätigen können.




    Gruß Klaus

  • Hallo Kemi,


    es freut mich zu hören, daß man im Rhein-Main-Gebiet offenbar aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt hat. Was Du geschrieben hast ist jedenfalls vielversprechend. Leider ist das nicht überall so. In Gegenden, wo es eine Vielzahl von Faltern gab, gibt es diverse Falter heute nicht mehr. Was ich hiermit anspreche ist zum Beispiel die "Landschaftspflege" in den ehemals sozialistischen Ländern des Ostblocks, in denen jetzt dieselben Fehler gemacht werden wie bei uns in den 70er und 80er Jahren. Früher beschränkte sich dort die Landschaftspflege nur auf das Wesentliche - nämlich die landwitrschaftlich genutzten Flächen. Daneben war Schluß und die Natur blieb sich selbst überlassen. Auch die Straßen waren am Straßenrand zu Ende, daneben gab es diverse Biotope so weit man sehen konnte. Ich kenne das von früheren Reisen nach Jugoslawien und ich befürchte, daß es anderswo genauso ist. Heute - speziell in den reicheren Ex-YU-Staaten wie Slowenien - wird vielmehr in die Landschaftspflege investiert, alles muß "schön" sein wie in einem Schloßgarten, Wildwuchs ist unerwünscht, das kurzgehaltene "Straßenbegleitgrün" endet erst an der nächsten landwirtschaftlichen Nutzfläche oder am Waldrand. An den Siedlungsrändern, wo früher Unkraut wuchs, gibt es nur noch sterile Rasenflächen. Ein Freund, den ich früher im Urlaub kennenlernte, bestätigte mir, daß die Artenvielfalt stark abgenommen hat.


    Ich finde es toll, daß bei Euch auch wieder etwas an der Straße wachsen darf. Bei uns werden nach wie vor die Straßen großräumig freigehalten auf Grund der Verkehrssicherungspflicht (sogar die Radwege):



    Rodungsmaßnahmen am Straßenrand. Auch der Radweg (letztes Jahr gab es hier noch Bestände von
    hauptsächlich Schlehen und Weißdorn) wird großzügig freigehalten.


    Zu den Weiden: Man kann nicht jede beliebige Weide (oder Pappel) einfach abschneiden. Wenn man Jungaustrieb erzielen will - wie etwa bei den sogenannten Kopfweiden - muß man wissen, daß dies nur bei wenigen Arten funktioniert und auch nur mit einer bestimmten (Schnitt-) Technik. Die meisten Bäume treiben zwar wieder aus, viele Triebe sterben aber nach einer gewissen Zeit wieder ab oder kümmern vor sich hin bis der Baum ganz tot ist. Die Bäume, die die Prozedur überleben, werden nie wieder so vital wie vorher. Diesen Fehler hat man bei uns vor ein paar Jahren schon einmal gemacht (siehe folgende Bilder).



    Neuaustrieb nach zwei Monaten (Foto vom 11. 5. 2011).



    Reste von Weiden, die vor ca. 8 Jahren "beschnitten" wurden.


    @ moe: Sorry, aber Dein Beitrag liest sich eher wie ein Bericht über den Frust bezüglich der "Pflegemaßnahmen" in Deiner Umgebung, als über die Trauer um den Verlust einer Futterquelle.


    Viele Grüße - TOX

  • Hallo Tox,


    ich denke das gerade in den Ländern des ehemaligen Ostblocks eine automatische Regulierung mit der "Landschaftspflege" geben wird, nähmlich durch das liebe Geld. Bedingt durch die anhaltene Wirtschaftskrise gerade in diesen Staaten wird das Geld der Gemeinden anders verwendet werden. Hier in Mainz kenne ich einen Mitarbeiter vom Grünamt der Stadt. Durch die leere Stadtkasse werden nur noch die wichtigsten Grünfläschen "gepflegt". Hier beschränkt man sich überwiegend auf die Parkpflege, Baumschnitt, Straßenrandflächen und Sportplatzpflege. Wiesenflächen die vor wenigen Jahren 2 bis 5 mal im Jahr gemäht wurden werden max.1 mal pro Jahr gemäht(wenn überhaupt)


    Auch bei mir in Hochheim haben wir direkt am Ort angrenzend jede Menge verwilderter Flächen, angenzend an die Weinberge oder Ortseinfahrtsstraßen:


    Gruß Klaus

  • Hallo Tox,


    ohne viele Worte, Du sprichst mir aus der Seele.


    Bei uns hier (Südpfalz) ist es zwar auch so wie bei Klaus, daß wohl auf Grund der leeren Kassen immer öfter Flächen sich mehr oder weniger selbst überlassen bleiben (vielleicht gibt es ja wirklich Grund zur Hoffnung?) aber solche Bilder gehören wohl hierzulande durch "unseren" ausgeprägten Ordnungssinn oder besser gesagt Fimmel der Vergangenheit an:


    Mud-puddling butterflies on Vimeo


    Wildlife Experience (part 1) on Vimeo, Wildlife Experience (part 2) on Vimeo, Wildlife Experience (part 2) on Vimeo


    Kids and butterflies on Vimeo, Wildlife in the gardens on Vimeo


    gabor: ja Gabor, warum nicht! Natürlich geht das nicht überall - aber alte Bäume die so wachsen durften wie es ihrem Charakter entspricht muß man auch in der freien Flur suchen. Solche Bäume finde ich einfach traumhaft schön! Wenn sie beschnitten werden wie auf den Fotos von Tox sehen sie so wahnsinnig traurig (irgenwie verstümmelt) aus - und wozu? Mal ehrlich, die Weiden auf Toxs' Bildern sind doch - so gesund wie sie aussehen - weit davon entfernt umzufallen.



    Liebe Grüße, Sascha

  • @ Kemi:
    Hallo Klaus,
    schöne Bilder von den Biotopen. Sowas läßt das Entomologenherz höher schlagen.


    @ saischel:
    Hallo Sascha,
    diese Filmchen auf Vimeo sind schlichtweg beeindruckend. Toll, daß es das noch gibt. ACTIAS-Mitglieder, unbedingt anschauen!!!


    @ gabor:
    So alt waren die Weiden noch gar nicht. Das hätte noch ewig gedauert bis sie von allein umgefallen wären. Diese "Pflegemaßnahme" war wohl ziehmlich überflüssig.


    Viele Grüße - TOX

  • Fürs Totpflegen haben die ärmsten Gemeinden immer noch Geld. Da gibt´s nichts zu beschönigen, es ist ein Irrsinn und Frevel, was da läuft, und es darf einen m.E. getrost mit Wut erfüllen.


    Ein Freund von mir, zeitweise Hartz IV-Empfänger, musste als € 1,50-Kraft trotz Remonstration in einer Neuköllner Schule das "Unkraut" unter Sträuchern ausjäten - u.a. Lerchensporn, Tripmadam, Buschwindröschen, allerlei Kreuz- und Korbblütler, Schöllkraut, Brennnesseln sowieso. Das Lehrerkollegium freute sich über die "Ordnung" in den Grünanlagen - gebildete Menschen, die den Migrantenkindern etwas Umweltbewusstsein beibringen sollten.
    Na ja, er wurde krank.


    Das Beschneiden von Weiden kann im Einzelfall naturschützerisch sinnvoll sein.
    Dann aber sollten nicht alle, wie auf dem Foto gesehen, beschnitten und somit die dort lebenden präimaginalen Insekten beseitigt werden.
    Es sollten einzelne beschnitten werden, damit die Arten am Standort erhalten bleiben und ausweichen können. Die anderen Weiden kann man ein paar Jahre später beschneiden.
    Die blühende Wiese muss man ja auch mähen, damit sie nicht von Stauden überwuchert wird oder verbuscht. Auch das sollte nicht auf der ganzen Fläche gleichzeitig und auf einmal geschehen.


    Eine Weide kippt auch nicht einfach so tot um. Nach Jahrzehnten brechen manche in sich zusammen. Abseits von Wegen stört das nicht. Aus dem Mulch und den Überbleibseln wachsen neue Triebe hervor.


    Vor rottendem Stammwerk einer solchen alten Weide stand ich nahe Frankfurt/Oder, Mund und Nase bedeckt, wegen der vielen friedlichen Hornissen, die zunächst neugierig um mich flogen. Sie nisteten in dem morschen Holz.

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