Rezept für Kunstfutter zur Sphingidenzucht

  • Liebe Zuchtbegeisterte.


    Das unten aufgeführte Kufu wird von den angegebenen Arten in den aufgeführten Raupenstadiem angenommen:




    • Hippotion celerio - Grosser Weinschwärmer - ab L1 unwillig, ab L3 problemlos



    • Acherontia atropos - Totenkopf - ab L3 problemlos



    • Hyles tithymali tithymali - Kanarischer Wolfsmilchschwärmer -ab L1 mit hohen Ausfällen, ab L3 unwillig mit Ausfällen, ab L4 meist problemlos



    • Herse convolvuli - Windenschwärmer - ab L3 ohne Ausfälle. Die Raupen brauchen 1-2 Hungertage, bis sie das Futter annehmen. Danach entwickeln sich die Tiere normal weiter. Ein Umfüttern erst in L5 verursacht oft Probleme.



    • Hyles livornica - Linienschwärmer - ab L4 ohne Ausfälle. Die Raupen brauchen 1-2 Hungertage, bis sie das Futter annehmen. Danach entwickeln sich die Tiere normal weiter. Ein Umfüttern erst in L5 verursacht unter Umständen Probleme.



    • Marumba quercus - Eichenschwärmer - Kufu wird von L3 bis L5 nicht angenommen. Vielleicht gelingt die Zucht auf Kufu, wenn schon die L2 mit der Diät ernährt werden.



    • Darapsa choerilus - Kanadischer Schneeballschwärmer - Kufu wird von L3 bis L4 nicht angenommen. Tiere verweigern die Annahme der Diät bis zum Tod.
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  • Liebe Zuchtbegeisterte.


    Auf der Suche nach einem Kunstfutter (im weiteren Text „Kufu“ genannt) für Sphingidenzuchten, bin ich in einer alten Ausgabe der Entomologischen Zeitschrift fündig geworden.
    In dieser Ausgabe hatte Herr Heimo Harbich ein Rezept für ein Kufu veröffentlicht, mit dem er bis jetzt gute Ergebnisse mit folgenden Arten erzielte: Hyles euphorbiae, Hyles thitymali, Hyles lineata, Hyles livornica, Acherontia atropos, Manduca sexta und Agrius convolvuli.
    Die Bestandteile sind schnell und kostengünstig zu besorgen; die Herstellung des Kufu recht einfach und unkompliziert.
    Aufgrund der positiven Zuchterfolge und der einfachen Handhabe, hatte ich mit Hr. Harbich Kontakt aufgenommen und darum gebeten, sein Rezept hier auf der ACTIAS für alle Interessierten veröffentlichen zu dürfen.


    Hr. Harbichs Zusage erhielt ich umgehend mit den Worten: „Sollten Sie noch weitere Fragen haben, so schreiben Sie mir ruhig wieder, Erfahrungen sollten wirklich weitergegeben werden.“ Ein herzliches „Danke schön“ hierfür. Es ist nicht immer selbstverständlich, dass solche Tips + Tricks so vorbehaltlos weitergegeben werden.


    Des Weiteren möchte ich mich auch beim Verlag Eugen Ulmer – Stuttgart bedanken, Herausgeber der Entomologischen Zeitschrift, der gegen eine Veröffentlichung des Rezeptes nichts einzuwenden hatte.


    Hier nun das Rezept für ca. 230g Kufu:


    - 200ml Wasser
    - 5g Blattpulver
    - 5g Agar-Agar
    - 15g Weizenkeime
    - 3g Bierhefe
    - 0,8g Ascorbinsäure (Vitamin C)


    auf Schimmelhemmer wird bewusst verzichtet, da sich das Futter im Kühlschrank gut eine Woche hält.
    Das Blattpulver sollte möglichst aus gesunden Pflanzenteilen während der Hauptvegetationsperiode gewonnen werden. Dazu werden die Pflanzenteile im Backofen oder an der Luft getrocknet, pulverisiert und portionsweise eingefroren, wodurch es jahrelang nutzbar bleibt.


    Herstellungsvorgang des Kufu:


    1. Wasser zum Kochen bringen
    2. Agar und Blattpulver mit einem Schneebesen langsam und intensiv einrühren, dabei 2-3 Minuten weiterkochen lassen, die Mischung kann dabei Aufschäumen, also Topf nicht zu klein wählen
    3. Nach dem Abkühlen auf ca. 35°C die Weizenkeime, die Bierhefe und die Ascorbinsäure einrühren.
    4. Das noch warme, flüssige Kufu in ein keimfreies Marmeladenglas/ Tupperware füllen.
    5. Vor dem Festwerden des Gemisches, dieses noch mal schütteln, damit alle Bestandteile gut verteilt sind. Besonders die Weizenkeime setzen sich sonst am Boden ab.
    6. Nach gut einer Stunde ist das Futter ausgeliert und schon verfütterbar.



    Herr Harbich hat mir zusätzlich noch folgende Hinweise gegeben:


    1. Die Eiraupen haben oftmals Schwierigkeiten mit dem Kunstfutter; daher ziehe ich die Raupen bis L3 auf der lebenden Pflanze. Bei Taxa des HECs (Hyles euphorbiae Complex) ist hierfür besonders Euphorbia segetalis geeignet, da diese Pflanze in unseren geographischen Breiten "fast" winterfest ist und sich auch sehr gut in Blumentöpfen kultivieren lässt und von allen "Wolfsmilchschwärmern" wirklich sehr gut angenommen wird. In der Häutungsruhe versetze ich die Raupen dann mitsamt dem Pflanzenstängel in Einzelbehälter.


    2. In das Zuchtgefäß (Plastikbox mit Lüftungslöchern) lege ich dann ein Stückchen Küchenrollenpapier, damit sich die Raupe festhalten kann; darüber hinaus reguliert dieser Zellstoff den Feuchtigkeitshaushalt, insbesondere bei den großen Raupen. Und dann natürlich ein Stückchen vom Kunstfutter, welches anfangs unbedingt in trockenem Blattpulver "paniert" werden sollte (feuchtet schnell gut durch). Dies erleichtert den Raupen den Übergang auf das Kunstfutter.


    3. Manche Raupen brauchen eine längere Zeit um wirklich mit der Futteraufnahme zu beginnen; da heißt es Nerven zu behalten und abwarten - mehr als 90% der Tiere ist nach rund 12 Stunden am Futter.


    4. Aus hygienischen Gründen wechsle ich das Futter zweimal täglich (morgens und abends), unabhängig davon wie viel die Raupen gefressen haben; bei den kleineren Raupen ist dies vielleicht übertrieben - aber erfolgreich!
    In L5 fressen die Raupen in der Endphase wirklich große Mengen; manchmal sollte man dann nachfüttern.


    5. Wichtig ist die rechtzeitige Ernte der Pflanzen für das Blattpulver im Sommer oder Herbst; nicht gut geeignet sind solche Pflanzenteile, die man bei nassem Spätherbstwetter einsammelt, da diese meist schon abgebaut haben, vielfach angeschimmelt oder angefault sind. Pflanzen dann gut trocknen, in einem "Mixer" zu Pulver verarbeiten und das Pulver in der Gefriertruhe aufbewahren - dort hält es sich dann lange Zeit (jahrelang) und man ist stets vorbereitet


    6. Agar Agar (ist als Geliermittel weiterhin optimal) mit dem Blattpulver drei Minuten kochen, danach Weizenkeime und Bierhefe einrühren und dann abfüllen und abkühlen lassen. Das Glas mit dem Kunstfutter beim Abkühlen einige Male leicht durchschütteln; damit verhindert man das Absetzen der schwereren Bestandteile und bekommt eine gute Konsistenz und nicht nur Suppe im oberen Teil.


    7. Als Gefäße haben sich bei nicht zu großen Tieren z.B. rechteckige Plastikschälchen (12x8x3cm) von Naturquark oder runde Schälchen (Durchmesser 9cm, Höhe 5cm) von Kräutercreme sehr gut bewährt; die Seitenwände sind dabei halbtransparent, die Deckel sind durchsichtig. In diese bohre ich 5 bis 6 ca. 1,5 mm dicke Löcher. Das reicht normalerweise für die nötige Luftzirkulation


    Ich hoffe, dass wir alle mit diesem Rezept ähnliche Erfolge wie Herr Harbich erzielen werden. Es stellt zumindest eine gute Möglichkeit dar, interessante und seltene Zuchten über den Winter zu bringen, wo dies sonst aus Futtermangel ein aussichtsloses Unterfangen wäre.
    Auch wenn Eiraupen ev. Probleme bei der Futterannahme machen werden, wenn denn gar kein Frischfutter zur Verfügung steht, so hat ein Züchter vielleicht trotzdem die Chance, einige Tiere mit ein bisschen Glück bis zur Verpuppung zu bringen.


    Viel Glück bei euren Zuchten wünscht


    Rudi



    Keywords: Sphingidae, Kunstfutter, Kombinationsfutter, Kufu, Kofu, Zucht,

  • Hallo zusammen,


    auf der Website des Forstzoologischen Instituts der Albert-Ludwigs Universität Freiburg ist auch ein Rezept für Kunstfutter speziell für Nachtfalter hinterlegt.


    Im Gegensatz zu voriger Information wird jedoch empfohlen schon den Eiraupen Kunstfutter anzubieten. Bei späterem Wechsel könnte das Kunstfutter u.U. nicht angenommen werden.


    http://www.fzi.uni-freiburg.de/de/51.php

  • Hallo Tim.


    Danke dir für die Kritik und die zusätzliche Info, die du mit dran hängst.


    Aufgrund der Möglichkeiten von google dachte ich, jeder würde selber erst mal nachsehen, wo er/sie denn das Gesuchte finden könnte, was sich ja immer mal wieder ändern kann.
    Über copy and paste ist das ne Sache von Sekunden.
    Bei mir führt zB sehr wohl ein Supermarkt mit angehängter Drogerie-/Reformabteilung die Bestandteile. :winking_face:


    Aus gleichem Grunde fügte ich auch keine Preisangaben mit bei, da auch die sich natürlich ändern werden, im Laufe der Zeit.


    Aber wie auch immer, danke dir für den Hinweis.


    Besten Gruß
    Rudi

  • funktioniert übrigens echt gut!


    Das freut mich, Tim.
    Ich habe selbst grad wieder ein paar von diesen "dicken Brummerm" am Futter sitzen und sie tun es gut!


    Und das mit dem "rum mosern" geht schon ok. :winking_face:
    Ist nicht unbedingt grad das schönste Wetter draußen, um sich auf die Suche nach Bierhefe und Weizenkeimlinge zu begeben. :grinning_squinting_face:


    Tschau und viel Erfolg bei der Zucht.


    Rudi

  • Hallo Tim.


    Nur reines Agar-Agar.
    Mit Mischsubstanzen hatte ich bei Hyles-Arten schon Probleme bekommen.
    Das Kufu wird zwar gefressen, aber zu L5 hin kam es zu unerwartet hohen Ausfällen. Ob dies in direktem Zusammenhang mit dem "billigeren" Agar war, ließ sich nicht nachweisen, da Parallelzuchten fehlten. Aber ein ungutes Gefühl blieb.


    Könnte man mal mit atropos testen, die um einiges robuster als Hyles sind.

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  • Da ich auf meiner Heizung nicht sehr viel Platz habe und die Blätter da bei jedem Windzug auch wieder runterfallen, habe ich versucht die Ligusterblätter im Ofen zu trocknen. Ich hatte ihn erst auf 80 Grad und Umluft eingestellt, nach ein paar Minuten die Temperatur aber auf 50 Grad reduziert und die Blätter bei dieser Temperatur noch 2 Stunden im Ofen gelassen. Die Blätter sind dabei ganz braun geworden (siehe Bild). Kann ich die noch verwenden um daraus Blattpulver herzustellen? Wenn nicht wie stelle ich unter den gegebenen Umständen am schnellsten und besten Blattpulver her? Wie viel Blätter brauche ich denn ungefähr, wenn ich ca. 30 Raupen auf Kunstfutter umstellen möchte?

    • Offizieller Beitrag

    Moin,


    diese Blätter kannst du getrost entsorgen. Der Gehalt ist auch nicht höher als wenn du trockenes Herbstlaub vom Boden aufsammelst...


    Bei der Trocknung von Pflanzenteilen ist es zwingend notwendig dies so schonend wie möglich zu machen, insbesondere was die Kombination Hitze + Feuchtigkeit angeht.
    Die allermeisten essentiellen Inhaltsstoffe, welche das spätere Blattpulver von einem Stück Cellulose-Taschentuch unterscheidbar machen, sind sehr leicht zu zerstören. Die meisten Vitamine verlieren ihre Funktionalität bei ca. 40 bis 50°C, gleiches gilt auch für Farbstoffe wie Chlorophyll (daher die braune Verfärbung) usw...
    Wenn du die frischen, saftigen Blätter sofort auf 80°C erhitzt (oder auch 50°C) werden zudem noch durch die feuchte Hitze jede Menge der "geschmacksgebenden" Inhaltsstoffe vernichtet oder zumindest verflüchtigt, seien es nun Säuren, ätherische Öle etc.
    Selbstverständlich denaturieren bei diesen Temperaturen auch die Proteine, das sollte ja bekannt sein.


    Übrig bleibt letztendlich also nur ein Gebilde aus zum größten Teil Polysacchariden (hauptsächlich Cellulose), einigen unempfindlichen Mineralstoffen und den Resten von dem was du eigentlich benötigst, um die Raupen an dein Kufu zu bekommen. Das Kufu nach dem obigen, recht simplen Rezept ist ohne gutes Blattpulver ein ziemliches Mangelfutter, ich würde dir also raten einen neuen Versuch zu starten.


    Mein Tipp: Zweige/ Äste erstmal einfach 48h ausgebreitet an einem trockenen, zimmerwarmen Ort liegen lassen (nicht auf der Heizung! Da hast du auch schnell sehr hohe Temperaturen) und vortrocknen, manchmal reicht das schon. Die Restfeuchte kannst du dann tatsächlich im Ofen oder auf der Heizung austreiben, nur nicht zu heiß werden lassen (Ofen: Umluft, Temperatur so niedrig wie möglich, nicht über 50°C und am besten die Ofentür einen Spalt offen stehen lassen sowie mit der Hand ab und zu die Real-Temperatur fühlen/ Heizung: nur Handwarm aufdrehen, Zweige ab und zu wenden)
    Sobald das Material beim Befühlen Knistert und Zerfällt über einer großen Schüssel, Backblech etc. die Blätter von den Zweigen abstreifen und entweder zwischen den Handflächen fein zerreiben oder in der Küchenmaschine klein häckseln. Das Blattpulver dann am besten nochmals für einige wenige Stunden gut ausgebreitet (Backblech...) stehen lassen (Heizung), dann luftdicht abfüllen und einfrieren. Das ganze dauert also nichtmal 3 Tage, schneller gehts eigentlich nur im Sommer oder wenn du einen professionellen Dörrapparat für Obst usw. besitzt.


    Über die benötigte Menge kann ich dir nichts sagen, das hängt natürlich davon ab wieviel du im Kufu verwendest, wie sparsam du damit umgehst, wie oft du fütterst, etc.
    Prinzipiell geht beim Trocknen auf ein Gewichtsanteil von 90-95% verloren, wenn du also ein Päckchen mit 100g herstellen willst (weniger würde ich nicht machen), solltest du wenigstens 1kg frische Blattmasse einsammeln (ohne das Gewicht der Zweige/ Äste natürlich...)


    Aber speziell bei Liguster - bleibt der Ligustrum ovalifolium im Winter bei dir nicht grün? Suche am besten welchen in geschützten, schattigen Stellen und verwende diesen frisch zum verfüttern! Auch wenn diese Herstellungsmethode sehr schonend ist - für Blattpulver ist es eigentlich schon viel zu spät... Von den wintergrünen Futterpflanzen ist die Verfütterung frischer Blätter immer besser


    MfG,
    Lucas

  • Hi Lucas,


    Vielen Dank für Deine ausführliche Antwort.


    Der Liguster bleibt bei uns auch grün, zumindest ein Teil davon.
    Bei uns in der Nähe steht auch eine sehr große Ligusterhecke. Ich hatte die Besitzer auch gebeten, die Hecke jetzt nicht im Herbst zurückzuscheiden und sie hatten mir das auch versprochen. Allerdings haben sie dann doch ca. 90 % der Hecke zurückgeschnitten, wohl in der Meinung der Rest würde locker für meine Raupen reichen. :crying: Aber bei so Fressmaschinen wie den Totenkopffalterraupen wird das jetzt ganz schön knapp mit dem Liguster. Es gibt auch keine nennenswerten anderen Ligusterhecken bei uns der Nähe. Die anderen sind deutlich weiter weg und viel kleiner und so gut wie alle auch zurückgeschnitten.

  • Moin moin.


    Da muss ich doch noch meinen Senf dazu geben :grinning_squinting_face:


    Das Kufu nach dem obigen, recht simplen Rezept ist ohne gutes Blattpulver ein ziemliches Mangelfutter, ich würde dir also raten einen neuen Versuch zu starten.


    Lucas, ob´s ein Mangelfutter ist, kann ich nicht ausschließen oder bewerten. Aber die aufgeführten Arten entwickeln sich in der Regel prächtig bei der Verfütterung desselben.
    Vor allem atropos, celerio und tithymali nehmen das Futter wenn sie denn mal dran fressen, auch gänzlich ohne Blattpulveranteil und wachsen weiterhin sehr gut heran.
    Grad bei atropos geht das bestens.
    Aber natürlich kann man das Blattpulver auch immer dazu geben. Auch in größeren Mengen, als im obigen Rezept angegeben.


    wenn du also ein Päckchen mit 100g herstellen willst (weniger würde ich nicht machen),


    Mit dieser Menge züchte ich dir locker ein paar 100 Raupen groß, wenn du sie schon ab L2 aufs Kufu setzt. :winking_face: und die Tiere ab L3 oder L4 nur noch mit reinem Kufu ziehst.


    Von den wintergrünen Futterpflanzen ist die Verfütterung frischer Blätter immer besser


    Einspruch!
    Das kann man so pauschal nicht sagen. :winking_face:


    Servus
    Rudi

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