Mutantenspinne

  • Hallo liebe Spinnenfreunde,


    zunächst: ich habs mit diesen Tierchen so ganz und gar nicht, deswegen hätte mich heute Abend beim Fernsehen fast der Schlag getroffen, als diese Mutantenspinne bei uns im Wohnzimmer über den Fußboden geflitzt ist.


    Ich war schon in ganz Europa entomologisch unterwegs, mich interessieren und ich beschäftige mich intensiv mit Insekten, wenngleich in erster Linie mit Schmetterlingen und z. T. Käfer, ich geh also würde ich sagen schon mit offenen Augen und vielleicht geschultem Blick durchs Gelände, aber so eine riesige Spinne ist mir in unseren Breiten noch nie untergekommen.


    Fundort: heute, Oberösterreich / Pfaffstätt, in unserem Wohnzimmer. Misst laut Angabe auf dem Bild satte 14cm!!!


    Ich hab schon große Wolfsspinnen gefunden, aber da war keine auch nur annähernd so groß wie dieses Exemplar. Auch beachtliche Winkelspinnen hab ich - vor allem in unserem Haus in Rumänien - schon zu Gesicht bekommen, aber nichts was annähernd die Größe dieser Spinne hatte.


    Weiß jemand, was das für eine Spinne ist?


    LG Thomas

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  • 1. für jemanden, der sich schon lange mit Invertebraten beschäftigt und mit offenen Augen durch 's Leben geht, ist der Begriff "Mutantenspinne" doch recht fragwürdig. :winking_face:
    2. Spinnenkörper werden nicht von Bein zu Bein gemessen, sondern von der Vorderspitze des Cephalothorax bis zur Hinterspitze des Abdomens. Da bleibt da etwa 1 cm übrig und schon revidiert sich das ganze in die Normalität.


    Soviel zum Einstieg, wo erst mal "geschimpft" werden muss. :grinning_squinting_face:


    Zu den Fakten: ich weiß leider nicht, wie das heute ist, aber früher gehörten die alle zur Gattung Tegenaria (wie z. B. Tegenaria domestica, die Hausspinne), die für unsere Breiten ungewöhnlich große Arten hervorbringt. Die größte Art Tegenaria atrica, bzw. heute scheinbar Eratigena atrica (was für 'n Schwachsinniger Name, da hat der Autor wohl Spaß an der Sprache gehabt und die Buchstaben der Tegenaria einfach anders zusammen gesetzt (ich wusste auch mal, wie man das nennt)) dürfte noch etwas größer werden als Dein Tierchen, dass aber nicht dieser Art zugehörig sein kann, weil völlig zeichnungslos. Es ist ein Männchen, wie man an den gefüllten Pedipalpen (das vorderste, sehr kurze "Beinpaar" mit der blasenförmigen Verdickung) erkennen kann, was wiederum bedeutet, dass wir Herbst haben und die Jungs auf der Suche nach einer Braut sind. Ab da vagabundieren die nämlich nur noch rum, bis sie die Dame ihres Herzens gefunden haben. Sie kann zwar theoretisch beißen, was das im Schmerz in etwa mit dem Stich einer Biene oder Wespe vergleichbar ist, aber sie sind ausgesprochen beißunlustig. Soll heißen, dass man sie mit der Hand einsammeln kann (hohle Faust machen) und dann in den Garten zurück bringt (oder irgendwie nach draußen), weil sie von genau da kommen dürfte.


    Also, alles in Butter, kein Ergebnis eines Atomversuchs oder gar eine Bewohnerin von Tschernobyl oder ähnliches. Und wenn Du im Süden unterwegs bist, würde Dich eine gezielte Suche nach Taranteln davon überzeugen, dass es tatsächlich größer geht, auch wenn die Beine der Taranteln kürzer sind als die der Hausspinnen (oder Winkelspinnen), so ist ihr Körper mindestens doppelt so lang und sehr viel wuchtiger. In Spanien gibt es dann auch noch eine Art der Orthognatha (also Vogelspinnenartige), die etwa auf 3 cm kommt.


    Viele Grüße
    Klaas


    Edit: Zu Deiner Beruhigung. Die hatte mehr Angst vor Dir, als Du vor ihr. :winking_face:

  • Hallo Klaas,


    zu 1) Der Begriff Mutantenspinne war ja durchaus nicht ernst gemeint, sondern sollte zum Ausdruck bringen, dass ich mehr als erstaunt war über die Größe der Spinne, und da ich - wie ich ja ausführlich beschrieben habe - mich eigentlich nur mit Schmetterlingen und nur gaaaaaaaanz am Rande mit Käferchen (natürlich in keinster Weise mit Deiner Käferkunde vergleichbar) beschäftige, zuckt man schon ein wenig, wenn eine vermeintlich handtellergroße Spinne im Wohnzimmer umherflitzt (die war nämlich auch echt schnell).


    zu 2) ich weiss, dass Spinnen nach Körper und nicht nach Beinlänge gemessen werden, :tschuldigung: ich dachte jedoch, dass a) man sich durch die Bemaßung auf dem Foto die Länge Cephalothorax-Abdomenspitze selbst zumindest ungefähr ableiten kann und b) sollte diese Maßangabe die Gesamtgröße und das Erscheinungsbild verdeutlichen. Im übrigen bleibt da nicht nur ca. 1cm übrig, ich hab das Bild nochmal durch mein Grafikprogramm gejagt, Körperlänge Abdomenspitze-Cephalothorax sind auch stattliche 2,69cm, siehe Anhang!


    Zu den Fakten: nun hab ich dank Deiner ausführlichen Beschreibung mal ein wenig gegoogelt, basierend auf Deiner Einordnung zur Gattung Tegenaria habe ich aber keine Art gefunden, die nur annähernd die Maße meines Exemplars erreicht. Da es sich ja um ein Männchen handelt, wäre die größte Art nach meinen Recherchen Tegenaria parietina, deren Männchen Körperlängen bis 17mm erreichen, nicht aber 26mm. Nur Weibchen erreichen bis 20mm, aber auch keine 26mm.


    Mir ist auch klar, dass das Tierchen aus meinem Garten kam, und auch wenn ich mit Spinnen nicht viel am Hut habe, habe ich sie vorsichtig mit einem Einmachglas eingefangen (wollte sie ja nicht Ihrer fragil wirkenden Beine berauben) - und nach einem kurzfristigen Zwangsaufenthalt im Kühlschrank zwecks Fotoshooting habe ich sie in genau diesen zurück gebracht.


    Also ganz so in Butter scheint mir das - bei allem Respekt für Dein umfassendes Wissen - noch nicht. Aber ja - Tschernobyl, Du sagst es, das ist gar nicht so weit von Oberösterreich weg, das ist die Erklärung!!! :ironie:


    Natürlich hast Du recht, auch ich bin schon Taranteln und Wolfsspinnen - v.a. im Süden - und einmal in Bulgarien einer Walzenspinne begegnet, die haben einen größeren und wuchtigeren Körper, aber eben keine so langen Beine und dadurch erscheinen sie - zumindest mir - nicht so groß.


    Edit: Angst hatte die vor mir genau so wenig, wie ich vor Ihr :stolz: , nach der Kühlschrank-Zwangsinhaftierung war sie richtig umgänglich, hätte sie fast schon adoptieren wollen :grinning_squinting_face:


    Fazit: Ich denke auch, dass diese Spinne wohl irgendwo in die Richtung Tegenaria gehört, wenngleich meines Erachtens keine Art so richtig passt, v.a. im Hinblick auf die doch recht ansehnliche Körpergröße für ein Männchen.


    In jedem Fall ein ganz herzliches Dankeschön für Deine ausführliche Erläuterung. :blume:


    LG Thomas

  • Wie hast Du denn die 14 cm ermittelt? Es liegt kein Lineal oder sonst ein Maß an. Es gibt nichts, anhand dessen man auf dem Bild in irgendeiner Form die Körperlänge oder den Abstand zwischen den Beinen ermitteln könnte. Sei mir nicht böse, aber bei 26,9 mm glaube ich erst mal eher, dass Du bei der Ermittlung der Maße einen Fehler gemacht hast. Selbst Tegenaria atrica, die schon sehr groß wird für eine Tegenaria ist, ist bei 18 mm Sense. Ich weiß natürlich nicht, wie es da jenseits Mitteleuropas aussieht und welche Möglichkeiten der Verschleppung einer Art es gibt und wie wahrscheinlich es ist, dass diese bei Dir im Garten, respektive im haus erscheint.


    Viele Grüße
    Klaas

  • Hallo Klaas,


    ich hab die 14cm zum einen zuerst mit einem Lineal gemessen (nur ist das doofe Vieh fürs Foto leider nicht daneben sitzen geblieben), weiters verfügt mein Adobe über ein Raster, wo Du Messmarken setzen kannst (ich hab mal in der Grafik gearbeitet), Adobe kennt die Masse des Gesamtfotos, also zum Beispiel 300x200mm, dann machst Messmarken und dann sagt Dir das Programm auf 8 Stellen hinter dem Komma den ermittelten Wert - funktioniert tadellos, schon hundertfach auch mit Schmetterlingen praktiziert.


    Und da kommen bei beiden Messungen (Lineal UND Computer) deckungsgleich!!! die 14cm Beinspanne raus, wie auch die 26,9mm Körperlänge. Fehler ausgeschlossen.


    Und eben genau deswegen Mutantenspinne, weil auch mir bewusst ist, dass selbst für Winkelspinnen diese Größe nicht normal ist.


    Verschleppung - nun das halte ich nicht für wahrscheinlich, ich wohne mitten in der Prärie, hab nur einen Nachbarn, das ist auch ein Wohnhaus, und rund 500m weiter ist ein Bauernhof. Ende Gelände. Industrie, Fabriken, Supermärkte, etc., die hier Importe tätigen, und eventuell was einschleppen könnten, gibt es im Umkreis von 5-6km definitiv nicht. Und Du hast recht, wie wahrscheinlich wäre es selbst dann, dass das Tierchen bis in mein Haus vordringt.


    Also: Doch Tschernobyl :grinning_squinting_face:


    LG Thomas

  • Hallo Klaas,


    vielleicht meldet sich ja noch ein Antiarachnophobe - mal sehen.


    Einwanderung schon eher - Stichwort Klimaerwärmung - bei Schmetterlingen beobachte ich sehr wohl, dass früher nicht vorhandene, weil wärmeliebende Arten, auf einmal auftauchen.


    Ein sehr gutes Beispiel: vor 2 Jahren hatten wir eine fast 2 Meter lange Vierstreifennatter im Garten, auch eine Art, die bislang soweit nördlich nicht nachgewiesen wurde, in den letzten Jahren aber immer mehr Funde in Österreich bekannt werden.


    Wobei ein Individuum, das sich partout nicht an die Literatur halten will, auch eine für mich akzeptable Erklärung ist und die mir gefällt :), siehst mal, wenn täglich die Lichtfang-Anlage läuft am Haus, was das für gut genährte Spinneriche hervorbringt :smiling_face:


    LG Thomas

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