Nagoya Protokoll - kurze Erläuterung und weiterführende Links

  • Liebe Insektenfreunde.


    Manche haben schon von Nagoya-Protokoll gehört, manche nicht. Daher möchte ich ganz kurz dieses Thema anschneiden und "unter die Leute bringen".


    Am 12. Oktober 2014 trat nun das Nagoya-Protokoll in Kraft (EU 511/2014).


    Das heißt, dass alle genetischen Resourcen, d.h. DNA- und RNA-fähiges Material, sowie biochemische Derivate dieser Organismen, nach den Richtlinien des Nagoya-Protokolls gesammelt und eingeführt werden müssen.
    Ausnahmen liegen zB bei pflanzlichen und tierischen Nahrungsmitteln....es ist einfach schwierig für jede ausgeführte Banane eine Genehmigung auszustellen....
    Das Protokoll unterbindet damit die Aus- und Einfuhr aller Materialien mit genetischer Basis, wenn der Exporteur/Importeur keine offizielle Genehmigung des Ursprungslandes nachweisen kann.
    Natürlich nur von Ländern, die das Protokoll unterschrieben haben und ratifizieren werden.


    Für Deutschland soll das Bundesamt für Naturschutz als Kontrollgremium und Ansprechpartner dienen.
    Weiterhin ist in Deutschland noch keine nationale Gesetzgebung umgesetzt worden, wird aber für spätestens Februar 2016 erwartet.
    Das EU-Gesetz ist allerdings schon in Kraft.


    Hiermit haben wir eine neuerliche Einschränkung, die mehr oder minder unbemerkt und selbst von den gängigen Museen unterschätzt, die Arbeit von allen Personen, die sich mit genetischen Ressourcen beschäftigen extrem einschränken kann.


    Allerdings haben die Länder auch die Möglichkeit, grundsätzlich die Ausfuhr genetischen Materials zu erlauben. So soll das im Augenblick für Deutschland in Bezug auf die EU gelten.
    Was bedeutet, dass man in Deutschland (angeblich, hab nur ne mündliche Aussage) weiterhin alle nicht geschützten Tiere und Pflanzen nach geltendem Recht aufsammeln und innerhalb der EU ausführen darf. Vielleicht wird das auch noch auf die ganze Welt ausgeweitet...


    So kann sich jedes Land mal wieder seine eigenen Vorgaben zusammen stellen. Was der Übersichtlichkeit der Sache auch mal wieder nicht zu Gute kommt.
    Ich zumindest habe bis jetzt keine Zusammenfassung der Ausnahmen finden können. :nixweiss:



    Welche Länder bisher das Protokoll unterzeichnet haben und wann sie es ratifiziert haben oder werden, ist auf dieser Seite abrufbar (keine Gewähr auf Vollständigkeit!):


    Vertragsparteien des Nagoya-Protokolls


    Dies alles nur mal so zur Info.
    Sollte ich mich in welcher Form auch immer geirrt haben, bitte ich um Richtigstellung.
    Sollte jemand weitere Information zum Thema haben, bitte unbedingt posten.



    Besten Gruß
    Rudi

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    • Offizieller Beitrag

    Hallo zusammen,


    ergänzend zu Rudis Ausführungen möchte ich noch folgenden Link beisteuern:
    Eine sehr umfassende, gut verständliche Informationsplatform des BfN mit vielen weiterführenden Informationen, Links und Updates.


    Eine kleine Bemerkung bezüglich Rudis Zusammenfassung muss ich jedoch noch anbringen - das Nagoya-Protokoll ist nicht zwingend ein Verbot der "

    Zitat

    Aus- und Einfuhr aller Materialien mit genetischer Basis wenn der Exporteur/Importeur keine offizielle Genehmigung des Ursprungslandes nachweisen kann

    " - auch wenn dies eine Möglichkeit der Auslegung wäre...


    Vielmehr soll das neue Verfahren den nachhaltigen Zugang zu den weltweiten genetischen Resourcen (wobei dies mit Absicht ein sehr weit gefasster Begriff ist) und vor allem deren gerechte Aufteilung regeln sowie steuern, mit dem Ziel die heute stark verbreitete Biopiraterie großer Konzerne und Industrieländer zu kontrollieren. Daher auch der eigentliche Name: "Access and Benefit-Sharing"-Protocol. (Nagoya ist nur der Trivialname)


    Ich bin schon durch Studium und Arbeit vor einer ganzen Weile über besagtes Nagoya-Protokoll oder auch "Access and Benefit-Sharing" gestolpert, als es noch den wenigsten ein Begriff war und noch weniger wussten, was drin stehen wird. Diese Zeiten sind nun vorbei; das Ganze steht zumindest offiziell bereits vor der Haustür, auch wenn an praktischen Umsetzungen noch gearbeitet wird. Ich kann nur jedem raten, sich gut damit auseinander zu setzen und mit dem Weitergang dieses globalen Projekts zu beschäftigen, insbesondere wenn man auch nur im geringsten wissenschaftlich arbeitet oder selbiges mit einer bestehenden/ zukünftigen Sammlung vorhat. Aber auch "Just-for-Fun" Züchter sollten die weiteren Entwicklungen im Auge behalten.


    Ciao,
    Lucas

  • Definiere "genetisches Material"!?


    Viele Grüße
    Klaas


    Moin Klaas.
    Als Antwort:" ....alle genetischen Resourcen, d.h. DNA- und RNA-fähiges Material, sowie biochemische Derivate dieser Organismen...."


    Servus Lucas.
    Danke dir für die Ergänzungen. :thumbs_up:
    Der Grundgedanke, der hinter dem Produkt "Nagoya-Protokoll" steht, ich bleib jetzt mal bei dem Namen, weil das Konstrukt auch unter diesem Namen bei den Entomologen kursiert, wie gesagt der Grundgedanke ist ein guter und völlig nachvollziehbar. Du hast das auch sehr gut rüber gebracht.


    Jetzt kommt aber, wie so oft, das große ABER.
    Was nicht bei der Erarbeitung bedacht wurde, dass es auch die Arbeit der Museen, Aufsammler etc. sehr erschwert oder einschränkt. Private Sammler ohne Kontakte zu Museen dürften kaum noch die Chance haben, an neues Material zu kommen.
    Du schreibst, dass das Nagoya-Protokoll ist nicht zwingend ein Verbot darstellt, sondern nur eine Möglichkeit der Auslegung darstellt.
    Dann fangt mal über die Auslegung der abgefassten Vorschriften/Vorgaben am Zoll zu diskutieren an, wenn dir in Südamerika die Koffer kontrolliert werden.


    Eine einfache Frage:
    Du bist auf Exkursion in einem Land, welches das Nagoya-Protokoll unterzeichnet und ratifiziert hat und möchtest einen, bisher nach den nationalen Gesetzen des Ursprungslandes und Deutschlands nicht geschützten Schmetterling mit nach Deutschland bringen und in deine Sammlung einverleiben, oder hier deinem örtlichen Museum zu wissenschaftlichen Arbeiten überlassen. Du bist natürlich als Privatmann unterwegs und hast keine Kontakte zu wissenschaftlichen Einrichtungen in deinem Urlaubsland und entsprechend auch keine offizielle Genehmigung, im Rahmen des Nagoya-Protokolls zu sammeln.


    Ist das zulässig, nach dem derzeitigem Stand der Gesetzeslage? Dürfte das Museum das Präparat annehmen? Darfst du es überhaupt sammeln?


    Wir sehen uns morgen! :winken:


    Rudi

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