Töten von Insekten zu Bestimmungsszwecken?

  • Hallo liebe Entomologen, Hobbyentomologen, Insektenfreunde u.s.w.,


    es ist mir ein starkes Bedürfnis, Euch einen lieben Freund und Kollegen vorzustellen.


    Werner David


    sein Hauptinteresse gilt den Wildbienen. Auf seinem Balkon hat er den kleinen Rackern ein wundervolles Refugium errichtet. Hier ein Link auf seine Seite: Klick!


    Im BR-Fernsehen gab es auch einen kleinen Beitrag über ihn, der mir sehr gut gefallen hat. Klick!


    Außerdem möchte ich euch noch sein letztes Buch ans Herz legen.


    Fertig zum Einzug: Nisthilfen für Wildbienen


    ein PDF zum Reinschnuppern ist im Link hinterlegt. Ich hab es mir gekauft und ich bin begeistert.


    Die Kundenrezensionen auf Amazon sind auch lesenswert. Würde ich alles sofort unterschreiben.


    Mir geht es hier allerdings nicht darum, für die Bücher von Werner zu werben. Es soll nur dazu dienen, dass man sich ein Bild von ihm machen kann, wer ihn noch nicht kennt.
    Es geht mir viel mehr um einen Beitrag bei Facebook, der von Werner wirklich sehr schön geschrieben wurde. Auch in meiner Gruppe auf Facebook ( Insektenfreunde) finden sich immer mehr Leute die Fliegen aus der Regentonne fischen und um jedes tote Insekt weinen. Ich kann es mir nicht erlauben, in meiner eigenen Gruppe, ein präpariertes Tier zu zeigen. Die Empörung wäre sicher groß. Wie bringt man nun solche Leute dazu uns Insektenmörder zu verstehen. Ich weiß, dass ist ein alter Hut und ein Kampf gegen Windmühlen. Ich finde aber Werner hat das sehr gut gemacht:



    Töten von Insekten zu Bestimmungsszwecken?

    Wenn Biologen ein Gutachten mit der Bestandsaufnahme aller Arten in einem Gebiet erstellen, müssen unweigerlich etliche Insekten getötet werden, weil eine sichere Artbestimmung nicht anders möglich ist. In der Bevölkerung löst diese Vorgehensweise oft stark emotionale Reaktionen aus, die häufig in unsachliche und sehr polemisch geführte Diskussionen ausarten, die völlig an der Problematik vorbeigehen.
    Ich möchte daher im folgenden eine Lanze brechen für die Naturwissenschaftler “an der Front“:


    Für Biologen reicht es nicht einen Blick in ein buntes Bestimmungsbuch zu werfen und dann Pi mal Auge irgendeinen Artnamen aus dem Ärmel zu schütteln der vieleicht sogar richtig ist. Jede Art muss zweifelsfrei bestimmt und auch dokumentiert werden.
    Leider orientiert sich der Naturschutz primär an seltenen Arten, obwohl selbstverständlich die Gesamtgruppe der Insekten schützenswert sein sollte.
    Ohne den hieb- und stichfesten Nachweis seltener Arten ist es extrem schwierig Biotopen ein Schutzstatus zuzuweisen. Auch für die Entwicklung maßgeschneiderter Schutzkonzepte ist die genaue Kenntnis der Arten unabdingbar.
    Auch wenn ein Biologe hier notgedrungen einzelne Individuen töten muss, heißt das absolut nicht, dass er keine Ehrfurcht vor dem Leben hat, ganz im Gegenteil. Diese wenigen Individuen sind der unvermeidliche Preis für den Naturschutz und sollen künftige Massensterben verhindern. Die Zahl der Biologen, die auf dem systematischen Sektor kompetent sind und somit an vorderster Front bei der Erstellung von Gutachten stehen, nimmt kontinuierlich ab, aber der Schutz unserer verbliebenen Lebensräume ist ihnen ein innerstes Anliegen. Das Sammeln von Belegexemplaren ist ein unverzichtbarer und sinnvoller Bestandteil ihrer Arbeit.
    Um die Sinnlosigkeit der ausgelösten Empörung zu veranschaulichen reicht es meiner Ansicht nach völlig, einen Blick auf die Größenrelationen zu werfen, um die es hier geht.


    Untersuchungen aus dem Jahr 2000 zeigen, dass in Deutschland in einer einzigen Sommernacht an einer Straßenlaterne durchschnittlich 150 Insekten zugrunde gehen. Rechnet man das auf die ca. 6,8 Millionen Straßenlaternen auf deutschen Straßen hoch, sind dies jede Nacht über eine Milliarde (!!!) Insekten. (Quelle: Empfehlungen zur Vermeidung von Lichtemissionen, Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft (BUWAL), Bern, 2005).


    Seltsamerweise kräht hier kein Hahn danach, oder doch erschreckend wenig.


    Beim Einsatz von Insektiziden in der Landwirtschaft dürften sich die Zahlen in ähnlichen Größen bewegen. Ihr Einsatz ist völlig legitim und im Einklang mit der Gesetzgebung, zumindest finden sich ausreichend Lücken im Gesetz um den Einsatz zu rechtfertigen.
    Auch hier reagieren sehr viele Menschen weitgehend unbeteiligt, wobei die Betroffenheit über dieses Thema glücklicherweise zusehends wächst.
    Jeder von uns bringt bei einer einzigen Autofahrt vermutlich mehr Insekten um, als für jede Studie erforderlich sind.
    Im Vergleich dazu sind die von Entomologen gesammelten Proben geradezu lächerlich winzig und dürften sich im ppm-Bereich (parts per million) bewegen. Da es hier aber um den Tod einzelner, weniger Exemplare geht, rücken diese plötzlich in das öffentliche Interesse. Millionen von Insekten sterben jeden Tag sang- und klanglos, aber wenn es um Willi, Maya und Rüdiger geht, schlägt plötzlich das tierschützerische Gewissen. Das ist völlig naiv und absurd!


    Es nützt doch überhaupt nichts, wenn Willi, Maja, und Rüdiger glücklich in Ihrer Hängematte schlummern bis ans Ende ihrer Tage, aber dann im Anschluss das komplette Biotop mit allen dort lebenden Arten komplett zerstört wird.


    Industrie und Pharmazie haben nahezu freie Bahn, wogegen dem Biologen, der gegen dieses erdrückende Monopol ankämpfen muss, auch noch zusätzlich Steine in den Weg gelegt werden. Hier wird von den ursächlichen Problemen abgelenkt, etwas Besseres kann der Industrie eigentlich gar nicht passieren.
    Forschern ihren Kampf gegen das immer rascher voranschreiten Insektensterben auch noch zusätzlich zu erschweren, lässt bei den Herstellern der Insektizide vermutlich die Sektkorken knallen.


    Das Sammeln und Töten von Insekten um des reinen Showeffekts wegen, ohne jede wissenschaftliche Auswertung dieser Daten, ist natürlich sinnlos. Wenn sich jemand aus Spaß an der Freude mit diesem Thema auseinandersetzt, ist es in der Regel auch völlig egal, ob sich eine Bestimmung bis auf die Ebene der Art durchführen lässt. Auch völlig unbestimmte Wildbienen im eigenen Garten sind ja durchaus ein Anlass zur Freude

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