Verbringung von Arten aus unterschiedlichen Klimazonen am Beispiel Papilio machaon

  • Hallo,


    ich möchte gerne machaon Eier legal erwerben, aufziehen und die Schmetterlinge dann freilassen. Ich wohne in absoluter Stadtrandlage, habe also berechtichtes Interesse, daß die Falter auch in der Natur überleben könnten. Auch würde ich in meinem kleinen Garten ein paar Futterpflanzen säen /pflanzen, um eventuell auch eine natürliche Vermehrung zu ermöglichen.
    Soweit ich den Beitrag verstanden habe, ist es also doch noch möglich, legal Eier zu erwerben, und zwar, wenn der Zuchtstamm von legal aufgesammelten Tieren im Ausland abstammt.


    Eine für mich wichtige Frage: sind die Tiere aus dem Ausland wirklich die gleiche Art? Oder würden diese dann beim Freilassen doch eher Invasoren sein und die letzten der einheimischen Art verdrängen bzw. die Art durch Einkreuzung auslöschen?

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    • Offizieller Beitrag

    Hallo Richard,


    das ist ein garnichtmal so abwegiger Gedanke, den du da hast.
    Klar, wenn du dir Papilio machaon aus Österreich zukommen lässt, handelt es sich um die gleiche Art wie der Papilio machaon aus Deutschland. Die Art ist nicht das Problem. Allerdings -und ich denke, das ist auch das, worauf du hinaus möchtest- können innerartliche Anpassungen und genetische Abweichungen durchaus relevant -und auch problematisch beim Aussetzen an anderen Orten- werden...
    @Erwin Rennwald, ich glaube, du kannst dazu sicherlich 1/ 2 sinnvolle und evtl fundiertere Worte sagen. Ich bin mir nicht sicher, ob es zu diesem Thema (und besonders über mögliche Grenzwerte in Sachen Entfernung und anderer Gebiets-/Habitatrelevanter Grundlagen) schon aussagekräftige Studien gibt -aber sofern dir ein paar Quellen hierzu einfallen würden wäre es sicherlich eine Bereicherung für uns alle!


    Allerdings -und das ist vllt. eine Bemerkung an die Mods- geht diese Diskussion nun eher an dem ursprünglichen Thema vorbei und es sollte evtl ein neues Thema zum Aussetzen gebietsfremder Tiere eröffnet werden.


    Beste Grüße,
    Toni

  • Hallo Toni,


    unterschiedliche "Art" war wohl wirklich nicht der richtige Begriff. Aber die Art kann sich ja wirklich unterschiedlich entwickeln. Deutschland (Bayern) / Österreich unterscheidet sich geographisch wahrscheinlich nicht, aber ich habe gelesen, daß Falter aus Skandinavien auch legal sind. Dort herscht ja schon ein deutlich anderes Klima und ist über weite Strecken durch die Ostsee getrennt, was zu genetischen Anpassungen führen könnte

  • Hier wird einiges durcheinander gebracht. Was ist denn mit genetischen Anpassungen gemeint, wenn ein und die selbe Art in Skandinavien und Bayern fliegt? Genetisch ist eine Anpassung dann, wenn sie vererbt wird. Es geht hier mehr um Akklimatisation. Ein Schwalbenschwanz aus Südeuropa und einer aus Skandinavien sind eine Art, was noch lange nicht heißt, dass beide wechselseitig in den anderen Biotopen klar kommen würden. Würde man Puppen aus dem Süden im hohen Norden aussetzen, wäre ich mir sicher, dass sie nicht überleben würden. Und genau deshalb, gefährdet man mit solchen Aktionen die Individuen einer Art an einem Ort, wenn sie sich mit Individuen aus völlig anderen klimatischen Verhältnissen vermischen.

    • Offizieller Beitrag

    Nein, hier geht es nicht um Akklimatisation. Demnach müssten sich die Exemplare aus dem Süden im hohen Norden ja durchaus anpassen können, da sie sich eben akklimatisieren würden. Natürlich gibt es genetische Anpassungen z.B. an kältere Regionen auch innerhalb einer Art, die auch vererbt werden. Die Frage ist hier, wie gut ist die Durchmischung der Populationen und wie unterschiedlich sind die Lebensbedingungen der einzelnen Populationen und damit ihre Anpassung auf diese. Da der Schwalbenschwanz ein guter Flieger ist und auch sehr viel umherwandert, dürfte die Durchmischung sehr gut sein. Zuchtmaterial aus ähnlichen klimatischen Verhältnissen auszusetzen ist deswegen vermutlich kein allzu großes Problem. Mit Material aus dem Süden (Mittelmeerraum) oder aus nördlicheren Regionen (Skandinavien/Großbritannien) wäre ich vorsichtiger. Das Problem ist gerade nicht, das die Individiuen hier sofort zugrunde gehen, denn dann wäre es für die hiesigen Populationen kein Problem. Das Problem ist, dass die an andere klimatische Bedingungen angepassten Individuen sich mit den an die heimischen Bedingungen angepassten kreuzen und damit die Anpassung verschlechtern. Aber die Debatte hatten wir an anderer Stelle schonmal. Generell würde ich davon abraten Zuchtmaterial aus dem Ausland hier freizusetzen. Auf jeden Fall ist es immer ratsam, wenn es denn sein muss, welches von so nah und klimatisch ähnlich wie möglich zu nehmen.


    Gruß Dennis

  • Servus,


    Mal abgesehen von den beim Schwalbenschwanz zahlreichen Lokalrassen mit durchaus vererbbaren Unterschieden und der damit einhergehenden Problematik beim Auswildern und Durchmischen...


    Es mag ja legal sein die Tiere unter bestimmten Bedingungen zu züchten -das Auswildern ist deswegen aber noch lange nicht legal. Oder seh ich das falsch?


    Viele Grüße Chris

  • ich bitte mal um einen Beweis für die genetischen Anpassungen bei Papilio machaon bezogen auf die klimatischen Verhältnisse und deren Vererbbarkeit und Nennung literarischer Quellen. Insbesondere intessiert mich der taxonomische Zusammenhang und Status von Rassen und deren genetische Unterschiede. Woher habt Ihr diese Erkenntnisse?


    Hallo, dies habe ich eben zu dem Thema gefunden:
    Quelle/Link: Bestimmungshilfe des Lepiforums: Papilio Machaon

  • Moin.


    für mich wäre es als erstes wichtig, eine solche Diskussion jeweils an einer Specis fest zu machen.
    Nicht dass hier der Eindruck entsteht, das Geschriebene ist übertragbar auf jede andere Art.


    Beispiel: Ein Distelfalter mit seiner Verbreitung ist anders zu beurteilen, wie ein Schwalbenschwanz oder gar ein Scheckenfalter....dies zu Beginn als Anmerkung für alle Laien, die irgendwann mal auf diese Diskussion stoßen werden.


    ok...hier sind wir also bei Papilio machaon und es sind schon allerhand Ansichten dargelegt worden.
    Eben auch die Sache mit den schwedischen Tieren und der Quelle aus dem Lepiforum zu den Nordskandinavischen Tieren...
    Oder auch die Äußerungen/Meinung zur Verfrachtung von Tieren aus dem Mittelmeerraum auf die Alpennordseite oder von Großbrittannien in den Süden....


    Pauschal auszusagen, dass in den jeweiligen Ländern ein anderes Klima herrscht, als in dem anderen Land mag auf den ersten Blick passen, aber so simpel ist die Sache nicht, denn dann würde machaon an jeder Verkehrsinsel, im Dunkelwald, am Strand der Ostseeküste und in den Hochmooren Schottlands genauso vorkommen, wie überall sonst in Europa.
    Wenn man aber genau hinschaut, sieht man, dass die Art mikroklimatisch begünstigte Biotope als Lebensraum bevorzugt und nicht jedes Fußballfeld.
    Also sucht sich die Art über ganz Europa verteilt, die Stellen zur Eiablage und Aufwuchs der Raupen aus, die eben passen.
    Und komischerweise, ähneln sich dann diese Bedingungen von Skandinavien, bis ins Mittelmeergebiet ziemlich stark.
    Wer mal den Sommer in Schweden verbracht hat, wo im August die machaon fliegen, weiß dass dort ein beständigeres hochsommerliches Wetter mit 20-25°C im Schatten vorherrscht, als es in Deutschland jemals der Fall ist. Gut...im Mittelmeerraum ist es noch beständiger, aber dort ist machaon auch noch weiter verbreitet.
    Und dann haben wir im Sommer die Populationen in den Bergen, auf bis zu 1500 Meter oder höher....glaubt ihr wirklich, diese Tiere fliegen nie ins Tal und die vom Tal nicht auf oder über die Berge?


    Was ich sagen möchte ist, dass man mit der pauschalen Nennung von Ländern als Verbreitungsgebiet und der damit verbundenen Argumentation der möglichen Faunenverfälschung etwas vorsichtiger entgegentreten sollte. Gerade auch bei Arten, die sehr flugstark sind und ein unglaublich großes Verbreitungsgebiet innehaben.


    Wie gesagt, ich rede hier ausschließlich von machaon. Nicht dass mir jetzt jemand vorwerfen möchte, ich unterstütze das ungehemmte Aussetzen von gezüchteten Tieren. Wenn das jemand für sein Seelenheil machen möchte, sollte er sich das trotzdem gut überlegen. Wenn es für pädagogische Zwecke sein soll, sollte man sich gut überlegen und auch vllt beraten lassen, mit welchen Arten und unter welchen Voraussetzungen das tragbar ist.
    Und grundsätzlich finde ich es ehrlich gesagt als den größten Quatsch, den man machen kann, denn ausser etwaiger Gefahren für die heimische Fauna und Flora ist mit einer unüberlegten Freilassung von Zuchttieren nichts gewonnen.
    Aber grundsätzlich zu sagen, ein skandinavischer machaon könne die bayerische machaon-Population sicherlich gefährden, finde ich genauso Quatsch, wie das Aussetzen an sich :winking_face:
    Denn erstens....wo aus Skandinavien kommt er denn her? Aus Malmö im Süden, oder dem 2200 km weiter nördlich liegenden Tromsö?
    Und wo hatte man die Raupen den zB gefunden? Im sonnendurchflutenden Straßengraben über Granitschotter in Tromsö, wo es im August locker unter Tags auf über 30°C ansteigen kann, oder doch im Alpenvorland von Bayern, wo es unter Umständen kälter sein kann, als im über 3000 km weiter nördlich liegenden Tromsö?
    Beinflusse ich dann mit Tieren aus Tromsö die "Winterhärte" von bayerischen machaon ungünstig, sollte ich wirklich das Verlangen haben, jene hier auszusetzen?


    Ich verlinke nochmal den Text von René Ressler und Jürgen Hensle und lösche ihn gleichzeitig aus dem Beitrag von Richard aufgrund von Copyright-Rechten der Autoren.
    Bestimmungshilfe des Lepiforums: Papilio Machaon
    Bitte ganz runter scrollen....wobei ich auch bei dem Text von Ressler/Hensle nur die Aussagen als solche finden kann und keinerlei Belege, welche die getroffenen Aussagen untermauern würden....


    Es erscheint mir komisch, wenn ich einerseits solch auf jährlich unterschiedliche Umstände anpassungsfähige Populationen einer Art vor mir habe und zugleich die Warnung ausgesprochen sehe, ja nicht Tiere unterschiedlicher Populationen zu vermischen, da man damit die speziellen Anpassungen an die Biotope vor Ort aufweichen könnte....bei einem extrem flugstarken Tier wohl gemerkt...
    Wandern nicht sogar jährlich Tiere südlich der Alpen nach Norden ein? Wie können "unsere" Populationen mit einer solchen "Blutverdünnung" nur überleben? :loudly_crying_face:


    Ok...ich werde wieder ernst.
    Wie gesagt, grundsätzlich ist die Freilassung von Zuchttieren auf Sinnhaftigkeit zu hinterfragen.
    Eine Stärkung von natürlichen Populationen, oder gar die Reansiedlung von Arten ist so nicht oder nur schwerlich und ohne hohe fachliche Kompetenz gar nicht umsetzbar, bzw. nicht zu empfehlen und damit kategorisch abzulehnen.


    Aber pauschal Horrorszenarien über die Freilassung von gebietsfremden Populationen zu erstellen, ist nicht weniger abwegig und macht die Diskussion in meinen Augen unglaubwürdig.


    Und noch was zur Gesetzeslage....der Begriff Faunenverfälschung, auch wenn er hier noch nicht gefallen ist, aber unterschwellig "mitbebt", betrifft die Verbringung einer nichtheimischen Art an eine Stelle, wo sie zuvor noch nicht vorkam.
    Die Verbringung von machaon aus nördlichen Populationen in südliche Biotope ist keine Faunenverfälschung, da es sich um ein und dieselbe Art handelt.
    Ist eigentlich Quatsch und geht an der Realität vorbei, ist aber so. Es lebe unser Naturschutzgesetz! Nachzulesen in den Vollzugshinweisen zum Artenschutzrecht.


    In diesem Sinne noch einen schönen Abend.


    Und...ach ja, ich verschiebe dieses Thema nun in das Forum "Artenschutz" um das Erstthema weiterhin übersichtlich zu halten.


    Rudi

  • Hallo Rudi,
    ich gebe Dir vollkommen Recht. Zum Naturschutzrecht möchte ich auch sagen, dass die Gesetze wohl auf Neozoen abzielen und in keinster Weise den Anforderungen der modernen Wissenschaft entsprechen. Es wird mit der Faunenverfälschung lediglich die Einführung fremder Arten angesprochen, die Genetik bezgl. geographischer Rassen wird außen vor gelassen. Gerade bei Arten wie P. machaon, der ja ein kräftiger Flieger ist und durchaus zu großflächigen Biotopwechseln in der Lage ist, wird es wohl unmöglich sein, exakt genetisch definierte Populationen/Rassen festzulegen.
    Trotzdem würde ich nur ungern "fremde" P. machaon aussetzen.
    In der Archaeologie verfährt man nach der Einstellung, dass man eine Grabung lieber unterläßt und auf perfektere Grabungsbedingungen/Erkenntnisse wartet, als eventuell Befunde zu zerstören, bevor man sie erkennt oder davon weiß.
    Soll heißen: Bevor ich mit dem Aussetzen von ortsfremden Tieren einen "Schaden" anrichte, der mir aufgrund der wissenschaftlichen Erkenntnisse noch unbekannt ist, lass ich es lieber.
    Wobei meines Erachtens das Aussetzen von Arten durchaus auch befürwortet und forciert werden sollte.
    Zumal wir doch wirklich noch andere Probleme haben, als eine hypothetische genetische Reinheit/Verfälschung bei P. machaon...
    Gruß
    Arnd

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  • Wobei meines Erachtens das Aussetzen von Arten durchaus auch befürwortet und forciert werden sollte.
    Zumal wir doch wirklich noch andere Probleme haben, als eine hypothetische genetische Reinheit/Verfälschung bei P. machaon...

    Da ich keinen großen "Gewinn" für die bestehenden Populationen erkennen kann, sehr wohl aber die möglichen Gefahren, gehen hier in diesem Detail unsere Meinungen auseinander, Arnd. :winking_face:
    Aber, wie so oft, kann zumindest bisher niemand belegen, ob es tatsächlich eine Gefahr für einen Naturbestand darstellt. Aber eben aufgrund der Unsicherheit, so wie du es schon oben in Sachen Archäologie beschrieben hast, dass doch etwas schief gehen könnte, vertrete ich die Meinung, dass man es grundsätzlich unterlassen sollte.


    Servus
    Rudi

  • Hallo Rudi,


    dem von Dir geschriebenen, kann ich vollumfänglich zustimmen. Meine Meinung ist, dass die Anpassungsfähigkeit an sich verändernde klimatische Verhältnisse auch bei Insekten größer ist, als wir annehmen. Auch bei Papilio machaon. Und da stellt sich mir eine Frage. Ist es wirklich so, dass die Anpassung an vorherrschende Klimabedingungen bei machaon einher geht mit einer genetischen Anpassung, wie hier behauptet wird, die dann vererbt wird? Warum sollte das bei einer Art vererbt werden, die auch wandert? Wie wurde das festgestellt? Führt eine Verbringung von südlichen Machaon in den hohen Norden wirklich zu einer Gefährdung der Nordspecies, die dann in den Folgenerationen Probleme in den Generationsfolgen hätten? Meine These ist, dass das nicht der Fall wäre, denn es handelt sich um die gleiche Art, die unter unterschiedlichen Klimabedingungen schon überlebensfähig ist. Da das Klima in Norwegen nun mal so ist, wie es ist, würden sich die Spezies auch diesen Bedingungen anpassen. Sehr gut erforscht ist das bei Apis mellifera der Honigbiene. Die ursprünglich heimische Biene, die Nordbiene oder schwarze Biene hat ein anderes Brutverhalten als die Carnica, die in der Imkerei heute im Norden 90% der Bienen stellt und Apis mellifera mellifera weitgehend verdrängt hat. Honigbienen sind ein Beispiel dafür, wie extrem anpassungsfähig Insekten sein können. In der Bestäubungsimkerei in den USA legen Bienen heute in einem Jahr Zehntausende Kilometer zurück von Florida bis Kanada. Auch wenn das mit machaon nicht vergleichbar ist, der Urtrieb einer Art ist die Erhaltung der Art. Je flexibler und anpassungsfähiger eine Art ist, desto erfolgreicher ist sie. Wieso sollte eine Art wie machaon sich also durch genetische Anpassungen und deren Vererbung an ganz bestimmte Klimaverhältnisse selbst beschränken? Noch dazu und da hast Du recht, wenn sich diese klimatischen Bedingungen unwesentlich unterscheiden. Das ist alles sehr interessant und spannend. Und machaon ist polyphag, da wo Futterpflanzen wachsen, daran ist die Art gebunden. Deshalb ist die Zerstörung von Biotopen der größere Killer , als der Klimawandel.

  • aus Wikipedia: Genetische Variation – Wikipedia


    "..
    Geografische Variation
    Darwin wies auf die geografische Variabilität von Merkmalen hin. Jedoch erst in späterer Zeit wurden Individuen geografisch getrennter Populationen mit dem Ziel verglichen, festzustellen ob ihre Unterschiede vererbt oder umweltbedingt waren. Solche Studien wurden erstmals von Richard Goldschmidt 1918 mit Schwammspinnern (Lymantria dispar) durchgeführt, einem Falter, der in weltweit verschiedenen Arten unter klimatisch unterschiedlichen Bedingungen auftritt. Auch eine Studie geografisch getrennter Populationen der Springmaus in Kalifornien von 1918 deutete auf die Vererbbarkeit von Merkmalen. Individuen lokaler Wildpopulationen wurden in fremde Regionen umgesetzt. Dabei behielten sie ihre Merkmale bei, was für deren Vererbung sprach. Dem russischen Evolutionsforscher Theodosius Dobzhansky gelang es schließlich zusammen mit Alfred Sturtevant 1936, bei Taufliegen (Drosophila melanogaster) geografisch getrennter Verbreitungsgebiete deren stammesgeschichtliche (phylogenetische) Verwandtschaft nachzuweisen, indem er die geographische Verbreitung von Merkmalen kartierte.[4] Die Überzeugungskraft dieser Studien festigte die Theorie Darwins und legte wesentliche Grundlagen für die spätere Synthese der Vorstellungen von Variation und Mutation in der Evolutionstheorie...."


    solche Untersuchungen gibt es also schon, sogar bei Faltern.
    Bei P. machaon mag das aufgrund seiner Wanderfreudigkeit möglicherweise keine Rolle zu spielen, andere Arten haben eventuell eine höhere Variation

  • Hallo alle,


    denke speziell bei machaon sollte sich diese Frage erst gar nicht stellen!
    Wie schon in den Beiträgen erwähnt ist die Art recht Wanderfreudig und relativ polyphag.
    Soll heißen, wo der Lebensraum passt ist auch der Schwalbenschwanz nicht weit und wo er fehlt sollte
    einfach die Lebensgrundlage verbessert werden, dann kommt er auch dahin.
    Alles andere lege irgendwo zwischen Quatsch und Unberechenbarkeit!


    Gruß
    Walter

    • Offizieller Beitrag

    dass die Anpassung an vorherrschende Klimabedingungen bei machaon einher geht mit einer genetischen Anpassung, wie hier behauptet wird, die dann vererbt wird? Warum sollte das bei einer Art vererbt werden, die auch wandert?

    Wenn von Anpassung die Rede ist, dann ist das immer eine genetische vererbare Anpassung es sei denn man redet von Akklimatisation, was wir nicht tun, wie oben schon geschrieben. Akklimatisation beschreibt nur die physiologische Anpassung an bestimmte Umweltfaktoren. Beim Beispiel der veränderten Generationenfolge von oben, zum Beispiel handelt es sich um eine Anpassung die auch vererbt wird.

    Führt eine Verbringung von südlichen Machaon in den hohen Norden wirklich zu einer Gefährdung der Nordspecies, die dann in den Folgenerationen Probleme in den Generationsfolgen hätten?

    Vermutlich nicht, aber die Argumentation so herum zu führen, weil wir nicht wissen das es schadet, schadet es auch nicht, ist heutzutage irgendwie verbreitet.

    Wieso sollte eine Art wie machaon sich also durch genetische Anpassungen und deren Vererbung an ganz bestimmte Klimaverhältnisse selbst beschränken?

    Dieser Satz ist mir vollkommen unverständlich. Eine Art macht sich keine Gedanken darüber wie sie sich anpasst. Anpassungen entstehen als Folge des Zussammenspiels aus genetischer Variation und natürlicher Selektion sowie Gendrift. Wenn eine Art sich an bestimmte Klimaverhältnisse anpasst geschieht das nicht, weil die Art der Meinung war, dass dies jetzt ganz praktisch wäre. Arten die sehr spezielle Anpassungen entwickelt haben, sind natürlich dadurch auch in gewisser Hinsicht beschränkt, andererseits haben sie dadurch auch Vorteile, sonst würden sie ja damit nicht überleben.


    Offensichtlich ist P. machaon keine solche Art, die sich an sehr spezielle Verhältnisse angepasst hat. Die Art ist relativ wanderfreudig und die genetische Durchmischung ist dadurch wohl sehr gut. Allerdings muss man hier vorsichtig sein. P. machaon ist kein Windenschwärmer oder ähnliches, die Art ist zwar sehr wanderfreudig, dennoch glaube ich nicht, dass öfters Exemplare aus dem Mittelmeerraum in den hohen Norden vordringen (korrigiert mich wenn ich hier falsch liege). Zu behaupten die genetische Variation wäre deswegen praktisch nicht vorhanden und alle Individuen einer Art wären mehr oder weniger gleich, ist deswegen aber trotzdem falsch. Gerade bei Arten mit großem Verbreitungsgebiet ist alleine durch die großen Entfernungen, die von den meisten Arten nicht ganz ohne weiteres überwunden werden können, der Genfluss beschränkt.


    Fakt ist doch, man verbringt Individuuen die sonst vermutlich nicht in Kontakt kommen würden in ein vollkommen anderes Gebiet. Das ist ein Eingriff in das Ökosystem. Ob das jetzt schadet oder nicht ist die Frage, aber man sollte sich diese Frage vorher stellen. Wenn man sich nicht sicher ist, was man damit auslöst sollte man es lieber lassen. Ich glaube das Thema wird von vielen eher mit einem Schulterzucken abgetan und man denkt sich was soll schon groß passieren. Und in den meisten Fällen wird wohl auch nicht viel passieren, so wie in diesem Fall vermutlich auch. Trotzdem ist das ein heikles Thema, dessen man sich bewusst sein sollte und es nicht unterschätzen sollte.


    Gruß Dennis

  • Ich habe mir nicht alles durchgelesen, aber die Diskussion ist ab ovo für die Katz. Aus folgendem Grund:


    Ich habe ein Biotop. Die dort vorkommenden Population der Art xyz schwankt naturgemäß in gewissen Grenzen. Im Jahr eins kann ich 10 Individuen nachweisen, im Jahr zwei 15, im Jahr drei 20, im Jahr vier 25 und aufgrund der Häufigkeit in Jahr vier, haben sich Parasitoide und Prädatoren verstärkt Individuen meiner Art xyz geangelt und im Jahr fünf auf 5 reduziert. 10 + 15 + 20 + 25 + 5 = 65. 65 : 5 = 13, also Durchschnittsmenge 13 Individuen im Jahr.


    Jetzt kommt Seppel Oberschlau, züchtet die Art xyz und wildert seine "Zuvieltiere" aus, jedes Jahr 20 Stück. Das heißt, ich erhöhe die Menge der Population künstlich auf durchschnittlich 33 Tiere, die künstliche Erhöhung hat aber keinerlei positiven Effekt auf die Population, da das mehr an Individuen nur aufgrund der Auswilderung durch Seppel Oberschlau existiert. Vorhandene Nahrungsressourcen lassen dieses mehr nicht zu. Das mehr an gelegten Eiern wird durch eine höhere Mortalität der Larven erkauft und die alte Populationsdichte von durchschnittlich 13 Individuen wird wieder erlangt, sofern Seppel Oberschlau nicht weiterhin jedes Jahr 20 Tiere frei lässt.


    Durch die ständige Freisetzung erlangen aber Prädatoren und Parasitoide eine ungewöhnlich hohe Individuendichte, durch das ungewöhnlich hohe Mehrangebot. Das bedeutet, dass viele von ihnen vorhanden sind und viele der zusätzlichen Larven zur Fortpflanzung nutzen werden. Die größere Individuenzahl der Population ist nur zu halten, in dem weiterhin jedes Jahr eine bestimmte Zahl Tiere ausgesetzt wird. In dem Moment, wo die Aussetzung aufhört, kann der Spaß das Ende der Population bedeuten, weil aufgrund der erhöhten Menge Prädatoren und Parasitoide der Druck auf die Art xyz in nie gekanntem Maße hoch ist. Diese finden dann auch noch das letzte Individuum und *peng* ist die Art xyz aus dem Biotop verschwunden.


    Es gab schon immer unterschiedlichste Computermodelle, anhand derer man versuchen kann für die Menge x einer Art die Bedingungen zu verbessern, um deren Leben zu verbessern, zu sichern, Krankheiten auszumerzen und allgemein den "Wohlstand" zu mehren. Jedes der Modelle endet in einem Desaster für die Art.


    Lasst es einfach bleiben irgendwo Tiere aussetzen zu wollen, egal ob mit oder ohne Hintergrundwissen. Um eine Art neu anzusiedeln, also eine verschollene Art wieder zu bringen, bedarf es extrem viel Knowhow, extrem viel Basisarbeit und Entwicklung der Biotope, damit die Nummer nicht nach hinten los geht. Und selbst Fachgruppen, besetzt mit renommierten Fachleuten scheitern immer wieder an irgendwelchen Dingen, die unerwartet auftreten oder die bis dahin keiner wusste. Die Nummer geht immer nach hinten los. Lasst es einfach bleiben. Der Gedanke ist gut gemeint und klingt oberflächlich betrachtet immer total geil, aber das Gegenteil ist der Fall. Von der Veränderung eines Genpools zu sprechen ist schon weit über das Ziel hinaus geschossen, weil es unter den üblichen Bedingungen zu keiner nennenswerten Veränderung kommen wird, da einfach kein Genpool mehr vorhanden ist.


    Wer Interesse an Auswilderungsprojekten hat, der sollte sich in einer Fachgruppe organisieren, zusehen, dass alles mit behördlicher Genehmigung läuft, Grundlagenforschung an der Art betreiben, die Biotope entwickeln und dann, wenn vielleicht eines Tages alles stimmt, die Wiederansiedlung versuchen. Alles andere ist eine Never Ending Story, bei der bis in alle Ewigkeit Tiere ausgesetzt werden müssen, um das gewünschte Mehr an Individuen zu halten. An wen wird das Projekt im Falle des Todes dann weiter gegeben???


    Viele Grüße
    Klaas

  • Hallo Klaas,


    hier eine Antwort von "Seppel Oberschlau" :winking_face:
    nichts für ungut, Deine Einwände sind nicht von der Hand zu weisen!


    Du hast ja irgendwie recht; wenn man eine stabile Population künstlich vergrößert, dann schlägt die Natur mit Sicherheit irgendwie zurück.
    Jeder Eingriff in die Natur hat irgendwelche Folgen.


    ABER:
    wir greifen doch schon längst ein; und zwar täglich. Erst gestern war es in den Nachrichten, daß das Insektensterben inzwischen fast "amtlich" ist. Die Gesamtmasse der Insekten ging in Deutschland in den letzten 30 Jahren um 75% zurück.
    Jetzt kann man natürlich jahrelang darüber streiten, ob die Zählmethode wissenschaftlich fundiert ist. Dann kann man noch jahrzehntelang forschen, was die Ursache ist. Es wird immer Leugner geben und Lobbyisten, die andere Interessen haben (siehe Klimawandel).


    Ich kann nur für mich selbst sprechen und meine eigenen Erfahrungen wiedergeben.
    Ich habe ein Haus am Stadtrand von Nürnberg mit einem kleinen Garten. Die Gegend ist nicht sehr dicht bebaut, überwiegend EFH und DHH, jeweils mit Garten, angrenzend an landwirtschaftliche Nutzfläche.
    Ich arbeite meistens im Homeoffice, so daß ich fast jeden Tag ein bisschen Zeit auf der Terasse verbringen kann. Meine persönliche Beobachtung dieses Jahr: ein paar kleine Kohlweißlinge, ein paar wenige Tagpfauenaugen, ein einziger Schwalbenschwanz im Überflug. Blütensträucher (auch Schmetterlingsmagnete) sind kaum besucht.


    ich habe also nicht den Eindruck, daß es hier noch eine nennenswerte Population von Schmetterlingen gibt! Wenn ich jetzt einheimische Arten nachzüchten und freilassen, würden dann die von Dir beschriebenen Effekte einer Überpopulation eintreten?


    Eine weitere Betrachtung: Es ist in vielen Gärten Usus, das im Winter Vögel gefüttert werden. Die Gesamtzahl der Vögel im Frühjahr ist dann eventuell viel zu hoch, was dazu führen könnte, das die wenigen noch vorhandenen Insekten von den Vögeln weiter dezimiert werden.
    Nach Deiner Logik kann die Schlußfolgerung nur sein: Keine Vögel füttern, damit Vögel und Insekten im Gleichgewicht bleiben.


    Und im Endeffekt: Gar nichts tun, um den natürlichen Verlauf nicht zu beeinflussen! Das ist eigentlich eine sehr bequeme Lösung für uns Alle!


    Ich für meinen Teil möchte aber etwas tun:


    - Schmetterlinge nachzüchten, damit die Population in meiner Gegend nicht vollständig zusammenbricht. Dies zumindest so lange, bis sich durch "globale" Maßnahmen die Situation verbessert (z.B. Verbot von bestimmten Pestiziden)


    In meinem Einflußbereich die Bedingungen verbessern:


    - Ich habe dieses Jahr schon angefangen, Sträucher und Stauden zu pflanzen mit Rücksicht auf Nektarangebot (keine gefüllten Blüten) und Blütezeit, damit möglichst ganzjährig Nektarpflanzen blühen.


    - Nächstes Jahr möchte ich meine Garage begrünen


    - Es gibt bei uns eine Lärmschutzwand zum gegenüberliegenden Fußballplatz (Gemeinschaftseigentum mit Nachbarn), die möchte ich auch mit unterschiedlich blühenden Kletterpfanzen begrünen


    - Schmetterlinge sehe ich als "Leuchtturm"- Projekt.
    Damit kann man auch Nachbarskinder einbeziehen (z.B. Event oranisieren beim Freilassen) und möglicherweise auch die Nachbar-Eltern etwas sensibilisieren, damit sie auch in Ihrem eigenen Garten etwas mehr für die Insekten tun.


    Tatsächlich bin ich Laie! Deswegen will ich nicht einfach so mal völlig unseriös irgendwelche Schmetterlinge freilassen. Ich habe bereits mit Fachleuten diskutiert und bin außerdem mit der Naturschutzbehörde in Kontakt, um eine amtliche Genehmigung für die Zucht und Freisetzung zu erhalten. Dort zuständig ist eine Biologin, die dann auch als Ansprechpartner zur Verfügung stehen würde.


    Ich bin überzeugt davon, daß in Zukunft eher die städtischen Bereiche für den Arterhalt sorgen. Die umliegenden landwirtschaftlichen Bereiche sind eher unbelebt (siehe China). In den Städten wird hingegen schon einiges getan für Ausgleichsflächen, Renaturierung, Kleinstbiotope. Außerdem werden innerstädtisch und in den privaten Gärten keine oder nur wenige Pestizide verwendet.


    Vielleicht ist das blauäugig, weil es im Endeffekt nichts hilft, aber ich glaube nicht, das es irgendwie schadet.

    • Offizieller Beitrag

    Es ging hier auch eigentlich mehr um die Verbringung von Individuen völlig verschiedener Populationen, es wird wohl kaum einen Schaden anrichten, wenn du bei dir gesammelte Arten auch bei dir wieder frei lässt.

    Jetzt kommt Seppel Oberschlau, züchtet die Art xyz und wildert seine "Zuvieltiere" aus, jedes Jahr 20 Stück. Das heißt, ich erhöhe die Menge der Population künstlich auf durchschnittlich 33 Tiere, die künstliche Erhöhung hat aber keinerlei positiven Effekt auf die Population, da das mehr an Individuen nur aufgrund der Auswilderung durch Seppel Oberschlau existiert. Vorhandene Nahrungsressourcen lassen dieses mehr nicht zu. Das mehr an gelegten Eiern wird durch eine höhere Mortalität der Larven erkauft und die alte Populationsdichte von durchschnittlich 13 Individuen wird wieder erlangt, sofern Seppel Oberschlau nicht weiterhin jedes Jahr 20 Tiere frei lässt.

    Ich weiß worauf du hinauswillst, aber bei Insekten müsste man schon extreme Mengen auswildern um das überhaupt zu merken. Das wegen ein paar hundert Individuen mehr oder weniger die Mortalität steigt oder Prädatoren zunehmen ist unwahrscheinlich.


    Nur so nebenbei, das führt übrigens nicht dazu, dass nur die freigesetzten Tiere einer höheren Mortalität unterliegen würden, weswegen nicht einfach nur diese wegsterben und dann ist gut. Im schlimmsten Fall erhöhen diese die Mortalität der gesamten Population und Idividuen beider Populationen vermischen sich mit wer weiß was für Konsequenzen. Es setzt im Endeffekt auch die Vitalität der heimsichen Population herab. Wie gesagt dafür bräuchte man aber schon sehr große Mengen.


    Ich bin da im Prinzip auf Klaas Seite. Lasst es einfach bleiben den Held spielen zu wollen und selbst irgendwelche Wiederansiedlungen, Auswilderungen etc. zu starten!


    Zitat von NBGer

    Die Gesamtzahl der Vögel im Frühjahr ist dann eventuell viel zu hoch, was dazu führen könnte, das die wenigen noch vorhandenen Insekten von den Vögeln weiter dezimiert werden.

    Das ist übrigens auch der Fall. In Gegenden wo viele Meisenkästen hängen, scheinen wesentlich weniger Schillerfalterraupen zu überleben. Zumindest finde ich dort sehr viel mehr leere Sitzpolster. Könnten natürlich auch andere Prädatoren sein, halte ich aber für unwahrscheinlich. Ich konnte schon öfters Meisen, die Salweiden absuchen sehen und Weidemann behauptet in seinen Büchern sogar schon Meisen gesehen zu haben, wie sie Schillerfalterraupen fraßen.

    Vielleicht ist das blauäugig, weil es im Endeffekt nichts hilft, aber ich glaube nicht, das es irgendwie schadet.

    Eben es hilft in der Regel nichts, weil das was wir als einzelne Freilassen können, eh nur eine lächerlich geringe Menge ist. Für eine Insektenpopulation ist das als würde man ein Glas Wasser ins Meer kippen, in der Hoffnung das der Meerespiegel steigt. Wie schon in der Diskussion gesagt, ob es schadet weiß man letztlich nicht. Die Gefahr ist groß und in vielen Fällen schadet es vielleicht nicht, aber verschiedenste Fälle von Aussetzungsaktionen gebietsfremder Arten sind nicht gerade ermutigend. Wenn es nur um Tiere heimischer oder nahe verwandter Populationen geht ist es kein Problem, aber wie gesagt, wir sprachen auch von Wiederansiedlung und oder das ausbringen gebietsfremder Populationen.
    Habitate aufzuwerten oder Futterpflanzen anzupflanzen ist eine wesentlich erfolgsversprechendere Methode zu helfen.


    Gruß Dennis

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  • Moin Seppel Oberschlau (wenn man sich den Schuh anzieht... :winking_face: ),


    ich habe mal die Teile Deiner antwort durchnummeriert, auf die sich meine jeweilige Ausführung bezieht.


    1 Das Argument, dass wir täglich in die Natur eingreifen, funktioniert nicht. Es ist ein Unterschied, ob man 10% oder 15% oder mehr oder weniger eingreift. Ein Bauer, der sein Kohlfeld zu 10% gegen Pieris brassicae spritzt kann nicht einfach sagen "Hey, ich habe 10% gespritzt und für mich ist erkennbar nichts passiert, dann kann ich ja 20% ausprobieren!". Oder ein sehr plastisches Beispiel: wenn Peter dem Walter eine in die Fresse haut, haust Du Walter doch nicht auch eine in die Fresse mit dem Argument "Peter hat schon zugeschlagen, da macht es keinen Unterschied, ob ich auch mal drauf haue". Oder? Wir merken den Einfluss, den unser Handeln in der Natur hat, extrem oft nicht. Das fängt doch schon bei Kleinigkeiten an. Du drehst einen Stein um, um zu schauen, ob unter dem Stein vielleicht eine verpuppungsreife Raupe oder eine Schmetterlingspuppe liegt, die Du auszüchten kannst. Naturfreund, der Du bist, drehst Du den Stein danach zurück, denn Du möchtest ja nichts kaputt machen. Oder? Was ist aber das Ergebnis dieses einmaligen Umdrehens? Das wirkliche Ergebnis stellst Du nur fest, wenn Du Dir gemerkt hast, was alles unter dem Stein war und morgen nochmal hingehst und den Stein nochmal umdrehst und nachschaust, ob sich was verändert hat. Jetzt fragst Du berechtigterweise


    "Was sollte ich da feststellen? Ok, vielleicht sind ein paar Asseln weniger da! Aber die wären in der Nacht möglicherweise auch so abgewandert!"


    Im Prinzip hättest Du erst mal Recht, weil der Beleg, dass die Veränderung zumindest in Teilen davon auf Dein handeln zurück zu führen ist, nicht oder nur schwer möglich ist. Es fehlen fünf Asseln. Sind die alle weg, weil ich den Stein umgedreht habe, oder nur ein Teil von ihnen, oder hat sich mein Handeln möglicherweise gar nicht ausgewirkt und sie sind alle fünf aus ganz anderen Gründen nicht da? Das Dein Handeln Konsequenzen hat, wirst Du das erste mal erleben, wenn Du einen Stein umdrehst, unter dem ein Nest der Ameisengattung Myrmica liegt. Nicht alle, aber Myrmica rubra beherbergt zu einer bestimmten Zeit im Jahr eine bestimmte Art der Familie Staphylinidae (in der restlichen Zeit findet man den Staphy dort nicht, weil er auf Ameisen der Gattung Formica oder Lasius wechselt (welche von beiden habe ich nicht mehr sicher im Kopf, ich meine Formica, kann aber falsch sein)). Nun gehe ich raus, drehe einen Stein um, darunter sitzt Myrmica und zwei Staphys. Die Staphys sammle ich ein, den Stein drehe ich wieder zurück, einerseits um die Ameisen nicht weiter zu stören und andererseits, um morgen zu schauen, ob vielleicht noch mehr von den Käfern dort zu finden sind. Der nächste Tag wird extrem ernüchternd, denn wenn ich den Stein umdrehe, sind keine Ameisen mehr da. Schon das einmalige Wenden des Steins ist in seiner Störung so massiv, dass die Ameisen abwandern. Das tun sie einerseits wegen der Störung an sich und andererseits, weil das Wenden eine Veränderung im Feuchtigkeitshaushalt unter dem Stein erzeugt. Entsprechend kannst Du davon ausgehen, das wenigstens ein Teil der Asseln, die Du unter Deinem Stein nicht mehr finden konntest, wegen Deiner Tätigkeit abgewandert sind. Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche.


    Du siehst, dass die Erkenntnis, dass Dein Handeln Konsequenzen hat, für Dich nur erkennbar ist, wenn Du die Konsequenzen kennst und weißt, dass es keine andere Begründung dafür gibt. "Wir greifen täglich ein, also spielt es keine Rolle, ob ich auch eingreife" ist der Anfang allen Übels.


    2 Die vorhandene Population mag nicht nennenswert sein, aber es gibt sie. Du schreibst ja selbst, dass Du einen Schwalbenschwanz gesehen hast? In der Konsequenz würde dein Eingreifen durch Aussetzung von Schwalbenschwänzen in dieser kleinen Population einen viel größeren Schaden anrichten, da sich die andere Geninformation in viel stärkerem Maße viel schneller auswirkt. Um das plausibel zu machen einfach mal mit ganz kleinen, unnatürlichen Zahlen gerechnet: besteht die Population bei Dir nur aus einem Tier, erlangt die Population eine massive Veränderung des Genpools zu 100% in dem Moment, wo sich das eine Tier mit dem von Dir frei gesetzten paart. Besteht die Population aus zwei Individuen, wird ein zusätzlicher Falter rein rechnerisch (wenn es nur ein Weibchen gibt) entweder zu 50% oder zu 100% zu einer massiven Veränderung des Genpools führen. Ich denke, dass Du verstehst, was ich meine!?


    3 Es ist in vielen Gärten Usus, richtig. Und seit Jahren ist es auch Usus, dass die Umweltverbände dazu mahnen, dass diese Fütterung richtig angewendet wird. Gott und die Welt werden irgendwo im November das Vogelhäuschen raus stellen und anfangen Futter zu verteilen. Die Verbände sagen aber jedes Jahr, dass man den Unfug bleiben lassen soll und tatsächlich nur zu füttern soll, wenn der Boden gefroren ist und/oder Schnee liegt. Im Endeffekt ist aber auch das völliger Mumpitz. Jäger dürfen heutzutage offiziell nicht oder nur in sehr engen Grenzen zufüttern. Eben weil diese Zufütterung die Kette der natürlichen Auslese unterbricht. Schwache Vögel sterben nicht mehr an Kälte und Hunger, weil wir es ihnen leicht machen. Der Jäger will eigentlich nur mehr und stärkere Wildschweine, Rotwild etc., damit er auch in der nächsten Jagdsaison ein schönes, kapitales Tier vor die Flinte kriegt. Du siehst, wir sind uns einig. Die Zufütterung ist völlig bescheuert und ebenfalls eine Sache, die unter bestimmten Umständen den Genpool und damit die Fitness der Population beeinträchtigt.


    4 Ich freue mich wirklich sehr, dass Du etwas tun möchtest, denn ohne unser Tun werden wir unsere Natur zugrunde richten. Wir müssen für die vielen Fehler die wir machen, einen Ausgleich schaffen. Aber warum besteht ihr immer alle darauf das falsche zu tun? Warum willst Du Falter züchten und aussetzen, in dem vollen Wissen, dass Du genau so gut den Bodensee mit einer Gabel versuchen könntest zu leeren? Du bist derzeit in deinem Denken wie ein großer Teil der Mitglieder von NABU, BUND und wie die Verbände nicht alle heißen. Die haben eine unglaublich große Menpower und unglaublich tolle Absichten, verzapfen aber in unglaublich vielen Fällen einfach nur Scheiße, weil sie über ihr Handeln einfach nicht nachdenken. So bekam der NABU vor etwa 15 Jahren zur Renaturierung von Rheinabschnitten Gelder zur Verfügung gestellt. Was haben die Jungs gemacht? Sie haben gnadenlos renaturiert. Es ist keiner von ihnen darauf gekommen vorher mal zu schauen, was denn überhaupt an Arten vorhanden ist und ob man durch die Renaturierungsmaßnahmen nicht möglicherweise wertvolle Biotope zerstört. Die Methode unserer Wahl lautet immer "Einfach machen!", ohne Hirn und ohne Verstand, Hauptsache gemacht und das eigene Ego befriedigt, so wie das eigene schlechte Gewissen beruhigt.


    Warum bemühst Du Dich nicht lieber darum Deine Energie sinnvoll einzusetzen und daran zu arbeiten, dass die Bedingungen für den Schwalbenschwanz in der Umgebung verbessert werden? Fang damit an ein Möhren- und Dillbeet anzulegen, behandle die Pflanzen NICHT und halte den Boden frei von Unkraut. Das Ergebnis wäre zwar nicht optimal, aber alle male nachhaltiger, als Dein, entschuldige für die sehr direkten Worte, blödsinniger Gedanke zu züchten und frei zu setzen.


    Viele Grüße
    Klaas

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