Hallo in die Runde,
ich möchte mal ein paar Sachen in die Diskussion werfen:
1. Es ist völlig klar wie hier schon manche geschrieben haben, dass es keine gesicherten Befunde (damit meine ich Beiträge in Fachzeitschriften, die begutachtet werden und nicht in Atalanta, irgendwelchen Büchern oder gar Internetbeiträgen) für Rückwanderungen gibt, also sollte man dies als eine mögliche Hypothese ansehen. Die Gegenhypothese "Ausbreitungsversuche nach Norden mit ungewissem Ausgang" hat daher mindestens gleiche Berechtigung.
2. Der Distelfalter ist ein gutes Beispiel für ungerichtete Ausbreitung, daher ist die Art fast weltweit verbreitet und hat es sogar bis nach Australien geschafft (und das liegt nicht nördlich des Mittelmeergebiets). Im Übrigen sind die Wanderbewegungen auf anderen Kontinenten oft anders ausgerichtet (wenn sie überhaupt gerichtet sind). So fliegen verschiedene Arten aus den tropischen Regionen Afrikas und Arabiens in die syrische Wüste ein (z. B. Junonia orythia).
3. Eigentlich wird nur beim Admiral wegen der vielfältigen Beobachtungen eine Rückwanderung hartnäckig postuliert. Bei anderen Arten wie Wandergelbling, Distelfalter und einigen Schwärmern ist das nicht der Fall. Hier findet man sich damit ab, dass sie den Winter in der Regel nicht überstehen. Der Admiral ist mittlerweile klar bodenständig (wenn er es nicht schon sehr lange Zeit war). Es gibt auch Hinweise darauf, dass der Admiral weniger aus dem Mittelmeergebiet als vielmehr aus den Auengebieten Osteuropas zu uns kommt (Wer hat im Mittelmeergebiet schon so viele Brennnesseln gesehen und so besonders häufig ist der Admiral dort auch nicht).
4. Nochmal zum Admiral. Die Beobachtungen der vermeintlichen Rückwanderung nach Süden kann man auch anders interpretieren, wie hier auch zum Teil schon geschehen. Es bleibt eben unklar wie weit die Tiere wirklich ziehen und wer mal das Lepiforum durchforstet, der wird etliche Berichte finden, in denen gerade auch West-Ost Wanderungen entlang der Alpennordseite beobachtet wurden. Der Mensch will zum Teil auch sehen, was er sehen will (wie mit dem Loch Ness-Monster). Daher halte ich den Admiral eher für einen Binnenwanderer, der sich zum Winter eben mancherorts in wärmere Lagen zurückzieht (z.B. vom Schwarzwald in den Kaiserstuhl etc.). Ganz so blöd sind die Viecher vielleicht doch nicht. Obwohl es auch Beschreibungen von Admirälen gibt, die sich im Oktober noch an der holländischen Nordseeküste tummeln, aber da ist es im Winter ja auch eher mild.
Also abschließend bleiben natürlich viele Unklarheiten und so ist es letztlich eine Glaubensfrage, aber bitte nennt die Rückwanderung nur eine Hypothese und seht es nicht als die Wahrheit an. Der Grund warum ich persönlich nicht an die Rückwanderung glaube ist ganz einfach der, dass es in der Natur viel häufiger vorkommt, dass Dinge "ausprobiert" werden als dass sie primär zielgerichtet stattfinden - das ist eben Evolution. Und so ist für mich erstmal der "Ausbreitungsversuch nach Norden mit ungewissem Ausgang" die logischste Annahme, bevor ich so ein komplexes Verhalten wie eine zielgerichtete Rückwanderung ohne stichhaltige Beweise in Erwägung ziehen würde.
Schöne Grüße,
Matthias