Richtig bestimmen - nach wessen Erkenntnisse

  • Hallo Kollegen und Kolleginnen,


    ich habe hier einmal eine grundsätzliche Frage.
    Welche Bestimmungsliteratur und welche Fachnamen benutzt ihr.
    Grund der Frage: Ich habe kürzlich Eier von Saturnia pavoniella erhalten. Nun wollte ich mich ausführlich über die Art informieren, um bei der Zucht keine Fehler zu machen. Da kam das große Problem auf, dass gerade diese Art offensichtlich nirgendwo richtig, oder besser gesagt einheitlich beschrieben wird.
    de Freina & Witt führen die Art als Saturnia pavonia ligurica, im Lepiforum wird die Art unter Saturnia pavoniella geführt - die Erklärung dafür ist aber auch äußerst fraglich. Bei Koch wird weder S. Pavionella noch S. ligurica erwähnt und S.pavonia wird als Eudia pavonia geführt.
    Alles etwas verwirrend um eine wissenschaftliche Sammlung mit den "richtigen" Taxonomnamen zu erstellen.
    Dies ist jetzt nur das Bsp. einer Art, aber wir könnten das hier noch vielfach weiterführen.


    Also, ich bitte wirklich dringend um die Unterstützung der Profis hier. Nach was soll man sich denn nun richten? :nixweiss::wut::hilfe:


    Mit den besten Grüßen


    Rainer :falter:

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  • Servus Rainer,


    (Vorweg: Eine Ausführung über die Mängel diverser Artkonzepte erspare ich mir hier, das ginge an der Frage vorbei.)


    Du hast da natürlich genau eine kritische Art erwischt... Allerdings lässt sich die von Dir angesprochene Problematik daran eigentlich ganz gut erklären. Verinfacht gesagt könnte man fast sagen, dass alle erst einmal recht haben - jeweils eben zu der Zeit, als das jeweilige Werk verfasst wurde.
    Denn ständig Arten werden abgetrennt, zusammengeführt, entdeckt. Dabei gibt es dann für die Benennung als Hauptkriterium sozusagen das "Recht des Älteren", soll heißen, normalerweise wird dann der jeweils älteste auffindbare Name für die "neue" Art verwendet. Das ganze gilt letztlich auch für andere Ebenen, wie Gattungsnamen.
    Ein weiteres Kriterium, das mir sehr zusagt, aber von der ICZN leider nachrangig behandelt wird, ist die Stabilität. (Beispiel: Unsere Ameisenbläulinge heißen nicht mehr Maculinea sondern Phengaris, einfach weil der Name der ältere ist. Stabilität - und Logik - spielte bei der Entscheidung keinerlei Rolle...)


    Also zu Deinem Beispiel. S. pavonia wurde 2003 in zwei Arten aufgespalten, eine behielt den Namen, die andere hat einen neuen gebraucht und da schon einer - bzw. sogar mehrere - verfügbar waren, wurde hier der älteste gewählt, nämlich pavoniella. Allein mit der Jahreszahl dürfte schon klar werden, warum keines Deiner Werke richtig ist. Das bessere Wort wäre allerdings aktuell.
    Der Name ligurica ist (vielleicht nur bis zur nächsten Aufspaltung) nur ein Synonym zu pavoniella und lange Zeit auf der Ebene einer Unterart verwendet worden. Eudia ist der alte Gattungsname (oder auch Untergattung, da bin ich gerade nicht ganz genau im Bilde).


    Und damit kommen wir zum springenden Punkt, Deiner Kernfrage. Die vermeintlich einfache Antwort: Am besten richtet man sich immer nach dem aktuellsten Werk. Das ist aber dann in der Praxis doch nicht ganz so leicht. Einerseits ist in der heutigen Zeit jedes Werk bei Drucklegung bereits veraltet und es ist zudem manchmal schwierig, auch die Artikel zur jeweiligen Art zur Hand zu haben oder überhaupt von deren Existenz zu wissen. Man muss da also eigentlich bis zu einem gewissen Grad immer den wissenschaftlichen Diskurs verfolgen, der beste Tipp aus meiner subjektiven Sicht ist, was Aktualität und gleichzeitg Verfügbarkeit und Überblick/Übersichtlichkeit betrifft tatsächlich das lepiforum und ggf. noch Fauna Europaea. Hier mag aber gerne jemand anders weiteres ergänzen und für ein anderes Faunengebiet als Deutschland bzw. Mitteleuropa mag ich überhaupt keine Aussage treffen.


    Letztlich muss man aber auch noch sagen, dass alles im Fluss ist. Es wird sich immer wieder was ändern und jeder Entomologe schimpft irgendwann mal, dass sich die Namen schon wieder ändern :winking_face:


    Schöne Grüße,
    moe


    PS. Danke dir ganz herzlich :thumbs_up: bin noch dazu gekommen zu schreiben!

  • Servus Moe,


    ja zuerst mal herzliches Dankeschön an Deine wirklich ausführlichen Erklärungen - so versteht man das Ganze wenigstens - und was das Schreiben betrifft: Sehr gerne, hauptsache es ist alles gut bei Dir angekommen und Du kannst es gebrauchen.


    Tja vielleicht hat ja noch jemand eine andere Idee, wie man das Bestimmungsproblem in den Griff bekommt, bzw. angehen kann, so dass nicht zig Synonyme rumgeistern. Ich persönlich stehe sehr auf die Literatur von de Freina & Witt, aber hier ist das Problem eben, dass die Tagfalter in den 4 Bänden nicht bearbeitet werden. ich sammle zwar hauptsächlich Arctiden und anders Nachtgetier, aber eben auch Lycaeniden, Nymphaliden usw.


    Leute gebt doch mal ein paar Tipps welche Literatur Ihr hier zu Rate zieht.


    Mit entomologischen Grüßen


    Rainer :falter:


    P.S. Ich finde den Kollegen von entoserv übrigens sehr geschäftstüchtig :winking_face:

    • Offizieller Beitrag

    Wie moe schon schrieb lässt es sich nicht ganz vermeiden, die akuellen Veröffentlichungen zur Taxonomie im Auge zu behalten, wenn man immer ganz aktuell sein will. Auch wenn ich soetwas begrüßen würde, gibt es von der ICZN keine Datenbank wo der jeweils gültige Artname mit Synonymen aufgeführt wird? Oder hab ich was verpasst? Schließlich entscheiden die ja im Zweifel darüber.
    Ansonsten gleicht man am besten verschiedene möglichst aktuelle Literaturquellen miteinander ab und nimmt was am häufigsten gebraucht wird. In den meisten Fällen ist das der aktuellste Name. Das Lepiforum wurde ja schon erwähnt. Da dort viele Leute dran arbeiten ist das in der Regel immer ziemlich gut auf dem neuesten Stand. Es gibt da auch noch verschiedene Datenbanken wie zum Beispiel den Catalogue of Life, für die gesamtheitliche Taxonomie sind die ganz gut, aber so oft werden die für alle Taxons auch nicht upgedated, schon gar nicht für eher wenig erforschte. Viele Namen sind eben auch Gegenstand teils heftiger Debatten und werden daher so und so benutzt, je nachdem welcher "Meinung" der Verwender anhängt, bis eine mehr oder weniger gesicherte und endgültige Entscheidung gefällt wird. Die Namen fluktuieren aber auch generell. Selbst Namen von denen man dachte die betreffende Art wäre ziemlich eindeutig einer Gattung zugeordnet und der Name daher praktisch in Stein gemeißelt ändern sich gelegentlich. Ein Name der heute noch brandaktuell und vermeintlich sicher festgelegt ist kann morgen schon überholt sein. So ist das mit der Taxonomie nunmal. Kann man sich drüber ärgern oder es als sich entwickelndes Wissen hinnehmen, jedenfalls gibt es "den" richtigen Namen nicht.


    Gruß Dennis

  • Lieber Rainer,


    was bei deiner Anfrage noch nicht berücksichtigt ist die DNA der Tiere. Im BOLD SYSTEMS der DNA Datenbank in Kanada sind bisher über 5 Millionen Proben eingereicht worden von Pflanzen und Tieren – um 5 vor 12 noch alle Arten zu erfassen. Das Projekt läuft seit fast 20 Jahren. Es gibt Klarheit in der Systematik wie die Arten untereinander zu bewerten sind. Meistens können nur Tiere untersucht werden die nicht älter als 10 Jahre sind, um zu einen Ergebnis zu kommen – in der DNA.


    Dort ist dann klar ob eine SSP berechtigt ist oder nicht. Nicht jedes Tier was eingereicht wird kann untersucht werden. So ist zu nasses Aufweichen schädlich für die DNA. Das Töten mit Chloroform ist ebenfalls schädlich um zu einen Ergebnis zu kommen. Zu deinen Tieren kann ich keine Meinung abgeben da ich mich nicht damit auseinander setze.


    Grüße Michi

  • Lieber Michi,


    das Zitat hat mich etwas verwirrt:

    Es gibt Klarheit in der Systematik wie die Arten untereinander zu bewerten sind.

    Meines Wissens ist es auch mit DNA-Analyse nicht so ohne weiteres möglich Arten untereinander abzugrenzen, wie es dieser Beitrag suggeriert. So hat zum Beispiel Parnassius mnemosyne eine intraspezifische gentische Variabilität, die in anderen Gruppen bereits für relativ weit entfernte Arten bzw. sogar schon verschiedene Gattungen (ein sowieso rein künstlisches Konstrukt, während Arten zumindest auf eine gewisse Weise "natürliche" Kategorien sind.) spricht. Soll heißen, auch die DNA ist nur einer von vielen Bausteinen für die Beschreibung und Abgrenzung von Arten. Aber das führt jetzt auch ein wenig von der Frage weg, da sich die eher auf die Nomenklatur denn auf die Taxonomie bezog (auch wenn man natürlich erstere kaum ohne gewisse Kenntnis letzterer erklären lann).


    Bitte korrigiere mich gern, wenn ich einfach etwas falsch verstanden habe!


    Schöne Grüße,
    moe

  • Lieber Benjamin - Moe,


    vielleicht habe ich mich ungenau ausgedrückt. Es gibt natürlich Arten die ein Großes ?????? Frageezeichen aufweisen im BOLD. Das musste ich erst selber vor kurzen feststellen bei meinen Sphingidae. Wo selbst der Spezialist Jan im NHM in London Probleme hatte in de rBestimmung.Der BOLD ist bestimmt nur ein weiteres Bindeglied zur BEstimmung von Arten und Grenzt oftmals Arten aus besonders ssp wo ich mich nicht immer anschließe in der Bestimmung und kennzeichne die Art als Form auch wenn das heute nicht richtig ist.


    Dann gibt es Arten die im BOLD erst entdeckt wurden wie der Sphingidae DAphnis kitchingi aus Madagaskar. Ich habe über diese Art einen Artikel letztes Jahr verfasst mit Ulf Eitschberger in der Atalanta, wo ich große Zweifel zum Artstatus habe zu dieser neuen Art. Da 1884 von dem Deutschen Forscher Saalmüller eine braune Form von der Insel Nossi BE aus Madagaskar beschrieben wurde als Daphnis nerii form infernelutea. Ich habe in München Berlin, Frankfurt und London für diesen Artikel recherchiert in den verschiedenen Sammlungen und konnte nicht das Tier von Saalmüller von dieser Insel Nossi Be finden und nur ein Tier aus Besilio aus dem Südlichen Hochland von Madagaskar das Saalmüller bestimmte in Berlin.Der Unterschied von Daphnis nerii und Daphnis kitchingi ist nur einen kleine Linie im Vorderflügel sonst sind beide Arten absolut identisch. Ich hatte 1988 in Madagaskar einen Paratypus von Daphnis kitchingi gesammelt bei meiner dritten Madagaskarreise und dieser Typus ist in London in meiner ersten Sammlung. Grüße Rainer und Moe von Michi

    • Offizieller Beitrag

    Ich denke das BOLD System ist sicher auch eine gute Quelle und wird mit der Zeit denke ich auch vollständiger. Ich weiß halt nicht wie oft dann irgendwann neue Daten reinkommen, das dauert bei der Menge sicher auch eine Weile. Das molekulargenetische Untersuchungen allerdings der Schlüssel zur klaren Taxonomie sind, ist meiner Meinung nach ein Irrglaube. In vielen Fällen liefert das ein zusätzliches Indiz oder kann auch alleinige Klarheit schaffen. Letztlich sind aber alle Methoden, welche es auch sein mögen kein Allheilmittel. Ich würde so weit gehen zu sagen, dass der Artbegriff fast genauso künstlich ist wie der von Gattungen, Familien etc. Die Grenzen zwischen all dem sind fließend und genau das sollte man auch erwarten. Wenn die Einteilung von Arten keine Schwierigkeiten machen würde, mit klaren Grenzen dazwischen, wäre das komisch.
    Die Genetik stößt in vielen Fällen auch an ihre Grenzen, die Ergebnisse sind immer abhängig von der gewählten Methodik vor allem von der Auswahl der Markergene. Man ist schließlich noch nicht so weit ganze Genome zur Verfügung zu haben. Dann ist immer noch die Frage, wie viel Unterschied zweier untersuchter Individuengruppen macht eine Art und wie viel nicht? Von daher wie schon gesagt, die eindeutig richtige Taxonomie gibt es nicht. All das ist nur ein Versuch ein wenig Ordnung in natürlich gewachsene Systeme zu bringen, was zwangsläufig nur eine Approximation ist. Um damit auf die Frage zurückzukommen. Es gibt keinen Namen der in Stein gemeißelt ist. Der aktuellste Name ist nach derzeitigem Kenntnisstand der "richtigste". Ob nun mit molekulargenetischen oder morphologischen Methoden festgelegt. Die Frage war auch nach Quellen wo man die aktuellsten Namen bekommen kann und es wurden ja einige genannt. Die Frage ist dabei auch wie wichtig es einem ist, die "richtigsten" Namen zu verwenden. Denn in diesem Fall wird einem das auswerten verschiedener Quellen und vor allem Veröffentlichungen nicht erspart bleiben. Das ist so ziemlich die Methode mit der auch alle wissenschaftlich Arbeitenden herausfinden, welche Namen zum Beispiel in ihren Artikeln zu gebrauchen sind.


    Gruß Dennis

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  • ...jeder Entomologe schimpft irgendwann mal, dass sich die Namen schon wieder ändern ...


    Zumindest als "Privatmann" bist Du ja nicht gezwungen, jeden taxonomischen Unfug mitzumachen. Man sollte schließlich bedenken: Die Nomenklaturregeln stammen nicht von einem allmächtigen Überwesen, sondern sind nur von popeligen Menschen gemacht und damit ebenfalls änderbar. Bei mir steht Stabilität und Verständlichkeit an oberster Stelle, der Rest ist etwas für "Schreibtischtäter", die fälschlicherweise glauben sich so einen Namen machen zu können.
    Die Namensgeber sind meist schon seit Ewigkeiten tot und werden sich kaum beklagen wenn im Namen der Stabilität auch mal Prioritätsregeln zurückgestellt werden WÜRDEN, was eindeutig im Sinne der Feldentomologie wäre!
    Aber die o.g. "Schreibtischtäter" sitzen uns warscheinlich auch noch in 100 Jahren wie Läuse im Pelz und machen unverdrossen und meist unsinnigerweise weiter.
    Bei Gattungsnamen könnte ich noch problemlos mitgehen, da sich das Verständnis der Verwandschaftsbeziehungen laufend ändert.Aber fest etablierte und bereits länger genutzte ARTnamen sollten dagegen absolut tabu sein!


    Wenn z.b. nach gefühlt tausend Umbenennungen der Name des "Ringfleckspanners" C.pendularia auf den Tisch kommt und Dein Gegenüber fragt als Erstes: "Der von Weide oder der von Birke???"...
    Tut mir leid, da hört bei mir das Verständnis ganz einfach auf.
    Und welcher Volltrottel musste unbedingt die Bären bei den Eulen eingruppieren???
    Es wird hoffentlich nicht erwartet das ich meine Kästen ständig umsortiere???
    Dafür gibt es bei mir eindeutig "nen Stinkefinger"!
    Und wie schon erwähnt,noch drohen "Umbenennungsverweigerern" keinerlei Sanktionen!


  • Und welcher Volltrottel musste unbedingt die Bären bei den Eulen eingruppieren???
    Es wird hoffentlich nicht erwartet das ich meine Kästen ständig umsortiere???
    Dafür gibt es bei mir eindeutig "nen Stinkefinger"!
    Und wie schon erwähnt, noch drohen "Umbenennungsverweigerern" keinerlei Sanktionen!

    Meine Meinung als "Privatmann" ist daß einige Fachleute einen Nachweis ihrer Existenzberechtigung brauchen. Anders ist diese Inflation der Gattungs- und Artnamen zu erklären.


    Werner

  • Meine Meinung als "Privatmann" ist daß einige Fachleute einen Nachweis ihrer Existenzberechtigung brauchen. Anders ist diese Inflation der Gattungs- und Artnamen zu erklären.

    Das trifft sicher nicht auf alle zu, aber das Gefühl habe schon auch manchmal. Vielleicht heißt die entsprechende Krankheit "Beschreiberitis" oder so... :grinning_squinting_face:


    Zumindest als "Privatmann" bist Du ja nicht gezwungen, jeden taxonomischen Unfug mitzumachen.

    :thumbs_up:


    Leider ist es nur so, dass sich die "neuen" Namen ja doch etablieren, weil wir Feld-, Wald- und Wiesenentomologen sozusagen als "Endverbraucher" da leider keinen großen Einfluss auf den "taxonomischen Unfug" haben (Sinn hin oder her, das habt ihr ja schon ausführlich beleuchtet...). Soweit auch noch kein größeres Problem, verwenden wir weiter in der Praxis schon lange etablierte Namen. Im Sinne der Stabilität würde ich das sofort unterschreiben.
    Nur eines erscheint mir dann doch bedenkenswert: Nehmen wir jetzt aber mal einen Jungentomologen (der Begriff sei altersunabhängig verstanden :winking_face: ), der sich gerade einarbeitet und einliest, und sich - völlig zu Recht - das neueste Werk gekauft hat. Derjenige lernt dann die neuen Namen und weiß überhaupt nicht, wovon wir alten sprechen.
    Ich erinnere mich gut, dass ich am Anfang auch ganz schön verwirrt war, wenn mal wieder jemand mit irgendwelchen alten Namen daherkam. Ich mutmaße, dass ich da nicht der einzige bin, was ja Rainers Frage schon zeigt. Nur wo ist dann die Grenze? Die zieht am Ende jeder woanders, und es gibt ein ganz schönes Durcheinander.
    Pragmatisch betrachtet wird die Mehrheit der Entomologen früher oder später immer den "neuen" Namen verwenden und mein wichtigster Wunsch oder wichtigstes Ziel ist dann am Ende doch ganz banal die funktionierende Kommunikation. Damit landen wir dann doch da, dass wir am besten fahren, wenn alle die jeweils aktuellen Namen zu verwenden, idealerweise mit dem Wissen der vorherigen im Hinterkopf.
    Auch wenn mir persönlich beispielweise die letzten Umbenennungen von Gattungsnamen bei den Bläulingen total widerstreben, weil ich - wie Andreas auch ganz treffend schreibt - die Stabilität tausend mal vorziehen würde. Aber mich hat die ICZN leider noch nicht nach meiner Meinung gefragt :face_with_tongue:


    moe

    • Offizieller Beitrag

    Ich weiß nicht, ich würde da mal wieder auf den Teppich kommen. Letztlich ändern sich die Namen bei den Schmetterlingen jetzt auch nicht jeden Tag. Mag sein, dass das immer mal wieder passiert, aber der Artnamen ändert sich ja extrem selten. Ich finde es ist schon ein nicht ganz verkehrte Entwicklung die ganzen alten Gattungen mal aufzuräumen. Damals wurde wahrscheinlich aus Prestigegründen und aufgrund von morphologischen Unterschieden fast jede Art in ihre eigene Gattung gesteckt. Macht es das nicht auch einfacher wenn man weniger Gattungen zu verwenden hat?
    Der Gattungsnamen ist aber eben auch nicht einfach irgendein Name, so wie die Trivialnamen, sondern gibt Verwandschaftsverhältnisse mit an. Das heißt wenn ein anderes Verwandschaftsverhältnis als angenommen festgestellt wird, muss sich der Name demenstprechend ändern. Klar ist dann die Frage, warum zum Beispiel bei den Maculinea Arten nicht auch der viel häufiger gebrauchte Name Maculinea behalten und Phengaris abgeschafft wurde. Aber dafür gibt es klare und eindeutige Regeln, die auch nicht umgangen werden können. Das mag engstirnig scheinen, aber hat eben auch seine Vorteile. Wenn sich die Regeln ständig ändern würden oder aufgeweicht werden würden, gäbe es möglicherweise Streit, wessen Name jetzt behalten werden darf und welcher nicht (unwahrscheinlich aber wer weiß). Das Chaos wäre in vielen Fällen glaube ich noch größer, weil nicht klar wäre welcher Name denn nun mehr Berechtigung hat. Ich meine so einfach ist es auch nicht festzustellen welcher Name mehr verwendet wird, so ist das wenigstens klar. Es interessiert sicher nicht wirklich jemanden, welchen Namen ein "Privatmann" denn nun benutzt, aber letztlich transportiert man damit ja schon eine Information. Es ist auf jeden Fall ein Unterschied ob der Gattungsname suggeriert zu den Bärenspinnern oder zu den Widderchen zu gehören oder? (Extrembeispiel!). Am Ende könnte man auch gleich in Frage stellen, warum überhaupt der Aufwand Arten zu trennen? Aber was würden wir machen, wenn es gar keine eingeteilten Arten gäbe, sondern nur ein ineinaderfließenden Brei aus Tieren, die wir einfach "das Tier da" nennen? Das würde wahrscheinlich mehr der Realität entsprechen als die künstliche Trennung, aber wäre eben zu deterministischen Zwecken irgendwie unpraktisch.


    Gruß Dennis

  • Jo, da hab ich mal ne Diskussion vom Zaun gebrochen :grinning_squinting_face:
    Also erst mal herzlichen Dank für die rege Beteiligung, mir wurde nun auch schon das Eine oder Andere klar.Trotzdem möchte ich mal auf einen Punkt von Dennis antworten:

    Es interessiert sicher nicht wirklich jemanden, welchen Namen ein "Privatmann" denn nun benutzt, aber letztlich transportiert man damit ja schon eine Information.

    Da magst Du sicherlich Recht haben mit Deiner Meinung, aaaaaber - ich persönlich (und ich denke jeder ernsthafte Hobbyentomologe hier auch) erhebt ja schon den Anspruch darauf, seine Sammlung nach wissenschaftlichen Kriterien aufzubauen und möglichst genau zu sein. Eventuell wird die Sammlung ja auch mal für jemanden, der sich beruflich mit der Entomologie wissenschaftlich betätigt, von Interesse sein. Weshalb sollte man sonst die Tierchen töten. Nur so sehe ich das. Und da ist es eben nicht von großem Vorteil, wenn permanent die ARTnamen geändert werden. Hingegen die Gattungsnamen - okay, das sehe ich genauso pragmatisch wie Andreas. Bsp. Phalaena plantaginis, Parasemia plantaginis - jetzt Arctia plantaginis. Da ist wenigstens alles soweit klar. Der ARTname wurde nicht verändert, der Gattungsname findet eine klare Zuordnung - für mich persönlich ein logisches und sinnvolles Vorgehen. Änderungen wie oben von mir genannt bei S. pavionella - ehrlich nicht nachzuvollziehen, genauso wie die Änderung von Saturnia zu Eudia - was soll das, außer Verwirrung zu stiften.
    Nun gut, ich werde das hier nicht klären können, trotzdem habe ich aus der Diskussion jetzt wirklich einiges gelernt. Aber vielleicht möchte ja noch jemand seine Meinung dazu äußern, deshalb lasse ich den Threat noch etwas offen.
    Auf alle Fälle nochmals vielen herzlichen Dank Euch allen !


    LG Rainer :falter:

    • Offizieller Beitrag

    Eventuell wird die Sammlung ja auch mal für jemanden, der sich beruflich mit der Entomologie wissenschaftlich betätigt, von Interesse sein

    Derjenige wird deine Falter auch zuordnen können, wenn du Eudia pavonia statt Saturnia pavonia schreibst. Die Synonyme sind nicht aus der Welt, werden nur nicht mehr benutzt und es müsste irgendwo aufgeführt werden, welche Synonyme für eine Art gebräuchlich waren, sowie wichtiger der Name bei der Erstbeschreibung. Wenn deine Sammlung wissenschaftlich interessant sein soll sind die Falter sicher auch so konserviert, dass eine DNA Probe jederzeit entnommen werden kann, sodass eine Zuordnung selbst ohne Namensschild immer möglich bleibt. So gesehen wird ein nicht ganz aktueller Name den wissenschaftlichen Wert deiner Sammlung nicht schmälern. Trotzdem ist es natürlich eine gute Idee die aktuellen Namen zu verwenden. Das wollte ich damit nicht in Frage stellen. Mal abgesehen davon, war es eigentlich eine Argumentation gegen das hier:

    Zumindest als "Privatmann" bist Du ja nicht gezwungen, jeden taxonomischen Unfug mitzumachen.

    von großem Vorteil, wenn permanent die ARTnamen geändert werden. Hingegen die Gattungsnamen - okay

    Es geht dabei auch nicht darum ob es Spaß macht die Namen zu ändern und wem das alles zum Nachteil gereicht, sondern diese dem neuesten wissenschaftlichen Stand der Forschung anzupassen. Es kann dabei eben auch mal zu Unstimmigkeiten kommen, bei denen es ein hin und her zwischen der Zuteilung geben kann. Das ist dann leider manchmal in der Tat nervig.

    Änderungen wie oben von mir genannt bei S. pavionella - ehrlich nicht nachzuvollziehen, genauso wie die Änderung von Saturnia zu Eudia - was soll das, außer Verwirrung zu stiften

    Die Änderung kommt dadurch Zustande, dass nach den Ergebnissen der bearbeitenden Entomolgen die Differenzen zwischen den Populationen von ehemals Saturnia pavonia eingeschlossen Unterarten wie S.p. ligurica groß genug schienen (übrigens auch morphologisch zu erkennen) um eine Aufspaltung in zwei Arten zu rechtfertigen. Daher entstammt dann S. pavoniella. Soetwas ist aber relativ selten, dass in Europa noch neue Arten beschrieben/aufgespalten werden oder auch zwei Arten in eine vereint. Der von dir nicht nachzuvollziehende Fall, dass ein Artnamen geändert wird ist hier somit sehr selten. Bei den Gattungsnamen passiert das eher mal. Aber ich verstehe deinen Unmut nicht. Du schreibst oben, dass du es bei Gattungsnamen noch verstehen kannst, dann aber wieder, dass Eudia zu Saturnia auch Verwirrung stiftet.
    Ja, das kann manchmal Verwirrung stiften, aber ich kann versichern, dass in den meisten Fällen (ich kann natürlich nicht für die Verantwortlichen sprechen, aber ich sage das jetzt mal so) keiner Namen ändert, um andere zu ärgern oder zu verwirren.


    Gruß Dennis

    • Offizieller Beitrag

    Und welcher Volltrottel musste unbedingt die Bären bei den Eulen eingruppieren???

    Ach ja, dafür kannst du dich übrigens bei J. Donald Lafontaine und Michael Fibiger bedanken. Schade, dass Herr Fibiger nicht mehr lebt, sonst hättest du dich mit ihm persönlich darüber auseinandersetzen und ihn einen "Volltrottel" nennen können. Vieleicht klappt's ja noch bei Herr Lafontaine. Und ich sage dazu, dass ich diese Einteilung ebenfalls für sehr fragwürdig halte. Aber du hättest wenigstens die Veröffentlichung dazu lesen können, bevor du urteilst (ich nehme einfach mal an, dass du es nicht getan hast).


    Gruß Dennis

  • Liebes Forum,
    das hin und her von Namen und der Artzugehörigkeit ist nicht so tragisch. Ich selber stehe mit bestimmten Familien auf Kriegsfuß. Das gebe ich offen zu und das ist auch kein tragisches Unglück.
    Wichtiger ist 5 vor 12 beim Artensterben das die Sammlungen erhalten bleiben für die Nachwelt. Dabei sollte das Geld nicht im Vordergrund stehen sondern der Wunsch das die Sammlung in Ehren gehalten wird. So verkaufte ich meine erste Sammlung im alter von 40 Jahren 2004 an Jean Marie Cadiou nach Italien aus mehrern Gründen. Selbst Cadiou der damals vermutlich der größte Spezialist war hatte es nicht notwendig gefunden was aus seiner Sammlung wird da er 2007 verstarb. DA er die umfangreichste Sphingidae Sammlung mit 95% aller Arten zusammengetragen hatte wie er mir erzählte so ist es für die zwei Museums eine Ehre diese Sammlung zu verwalten. Die Sammlung war auf zwei Wohnsitze verteilt und kam so in zwei Museums – London und Tschechei. Da ich will das beide Sammlungen von mir in ein Museum kommen so entschloss ich mich für eine Schenkung nach London mit meiner zweiten Sammlung mit der ich 2005 begann. Die Cadiou Sammlung der Teil aus Italien wurde über 5 Jahre in London ins Hauptmagazin einsortiert und dort ist meine erste Sammlung enthalten mit über 400 Arten und 4 Neuzugänge an Arten für die Cadiou Sammlung wie sich nach und nach herausstellen sollte.


    Beendet das hin und her wer recht hat und macht euch lieber Gedanken was aus der Sammlung werden soll. Ich musste es leider mehrmals erleben das Freunde wie mein Trauzeuge kein Testament machten oder eine Regelung hinterlegten was aus der Sammlung werden soll.


    Grüße Michi

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