Wie seit 40 Jahren regelmäßig fahre ich mit einem guten Freund zum Fossilien-, Insekten- und Weinsuchen nach Südfrankreich, in die Procence, die Ardeche, das Roussillon. Wir genießen die unberührte Natur, die zahllosen für uns exotischen Pflanzen und Tieren. So auch dieses Jahr, zur Zeit der Orchideenblüte Ende Mai/Anfang Juni.
Ideales Wetter, angenehme Temperaturen, wie immer empfing uns Südfrankreich mit sehr angenehmen Reisebedingungen. Viele Touristen an den Sehenswürdigkeiten, die wir links liegen ließen, weg von den Hauptrouten.
Als erste Besonderheit fiel uns eine stark erhöhte Anzahl des Baumweißlings Aporia crategi auf. Überall flogen sie herum, diese Mengen waren mir noch nie vorher aufgefallen. Ich nehme an, es entsteht gerade eine Kalamität der Art im Mittelmeergebiet. Eine Gelegesuche ergab zahlreiche Gelege an Mandelbäumen und wilder Birne sowie anderen Laubbäumen. So ist für 2020 mit einem Massenauftreten zu rechnen.
Die zweite Beobachtung, die wir machen konnten, betrifft den Buxbaumzünsler. Während in den städtisch/dörflichen Grünanlagen die formbeschnittenen Buxbaumskulpturen mit Giften geschützt werden, vollzieht sich in der yGarrigue ein Drama. Mit bis zu drei Generationen im Jahr macht sich der Zünsler, eine invasive Art, über die Buchsbäume her. Trotz Neuaustrieb haben die Pflanzen keine Chance, auch dieser wird abgefressen. Laut Schilderung von Einheimischen, mit denen ich mich unterhielt, mußten seit dem letzten Jahr schon und auch in diesem Jahr die Leute abends ihre Fenster geschlossen halten, um zu verhindern, daß Massen an Faltern in die beleuchteten Wohnungen flogen. Unter Straßenlampen bildeten sich Teppiche aus abertausenden Faltern. Diese invasive Art ist gerade dabei, die gesamten Buchsbaumbestände im Süden nachhaltig zu dezimieren, für die Buxusphagetumwälder des französischen Jura sehe ich ebenfalls Schwarz.
Da der Buchsbaum an vielen Stellen 25-50% des Bewuchses ausmacht, kann sich jeder vorstellen, wie die Garrigue gerade aussieht! Braun und voller Buchsbaumgerippe. Das wird sich erst ändern, wenn der Buchs so selten geworden ist, daß die Falter keine Ablagemöglichkeit mehr finden.
Die dritte Beobachtung ist die schlimmste...
Auch hier, in der scheinbar unberührten Natur, gibt es im Vergleich zu früheren Jahren erschreckend wenige Schmetterlinge, Spinnen und Käfer. Bei unseren Exkursionen sahen wir keine einzige Schlange, nur wenige einzelne Eidechsen. War bisher die Suche nach Raupen immer noch erfolgreich, so fanden wir an uns bekannten Fundstellen trotz intensiver Suche entweder gar nichts oder wenige Individuen. Empusa pennata oder andere Gottesanbeterinnen wie Iris oratoria negativ, nur einzelne Falterbeobachtungen neben dem überall häufigen Baumweißling, selten Käfer.
Zwar kann ich aufgrund der kurzen Zeit, die uns zur Verfügung stand und weil etliche auffällige Arten wie Gonepteryx cleopatra wohl erst noch kommen, keine echte Analyse abgeben, aber wenn ich die Beobachtungen von Kollegen lese und mit meinen jetzigen Beobachtungen zusammenschmeiße, so sieht es auch in vermeintlich intakten Biotopen düster aus.
Wo soll das noch hinführen?
Südfrankreich jedenfalls ist schon jetzt nicht mehr was es war. Im August werde ich wieder im Süden von Frankreich sein. Dann werde ich erneut vergleichen können...