Hallo,
diese ganze Diskussion wird teils zu recht, teils eben auch sehr heuchlerisch und pharisäerhaft geführt. nach dem Motto: guck mal was der da macht(aber ich bin natürlich darüber erhaben). Wir haben doch alle unsere Leichen im Keller.
Definitiv: die Bundesartenschutzverodnung nennt eine Reihe (sinnvoller und unsinniger) Arten, deren Fang, Tötung, Sammlung usw. einer Genehmigung bedarf.
Wenn ich in einem anderen Land diese Arten legal (!) der Natur entnehmen darf, so brauche ich für die Einfuhr nach Deutschland eine Genehmigung. Eine Weitervermerktung ist dann bei besonders geschützten Arten möglich, aber nicht bei streng geschützten.
FFH hat damit nichts zu tun, die dort genannten Arten sind in nationalen Schutz zu übernehmen - was in Deutschland ja auch getan wurde.
Hinweis: auch Tausch ist Handel!
Sicher ist in Frankfurt auch Material angeboten worden, was hätte nicht angeboten werden dürfen. Die Fachbehörde hat kontrolliert (maßvoll, Gottseidank!!!) und beanstandet. Was wollt Ihr mehr?
Bei strikter Anwendung des Rechtes hieße das:
Wie kommt man legal in den Besitz von Zygaena carniolica kappadokiae aus der Türkei? In der Türkei ist der Fang von Insekten und wer weiß was noch alles grundsätzlich verboten. Die wahre Frage ist also nicht, ob ich diese Art in Deutschland legal verkaufen kann, sondern zunächst: woher habe ich diese Art überhaupt bekommen? Schaut doch einfach mal bei actias durch, was da angeboten wird! Viecher aus China, der Türkei, Russland, Brasilien, Mexico und vielen vielen anderen Staaten können (fast) gar nicht legal hierher gelangt sein. Wer hat legales Zuchtmaterial, hat es legal eingeführt, führt ein Zuchtbuch und kann es folglich mit Genehmigung legal verkaufen? Es gibt tatsächlich sowas und wer dies tut, darf auch mit gutem Recht auf andere zeigen. Dann geht in den "Keller" und schaut nach Euren eigenen Leichen, ob da alles koscher ist. Wer dann noch einen Heiligenschein im Spiegel wahrnimmt hat zwar das Recht sich über andere auf zu regen. Doch er sollte auch die Folgen einer solch breit geführten Diskussion bedenken. Es hat schon mal vor vielen Jahren einen Fall gegeben, da wurde in Deutschland eine Insektenbörse zu Beginn geschlossen und alle Anwesenden kontrolliert und die Aussteller über Stunden festgehalten und alles geprüft. Bei der gleichen Rechtsgrundlage wie heute!
All die Angebote von actias sind noch lange später oder sogar von Anfang an einsehbar. Der Kollege in Italien darf zwar legal den Segelfalter anbieten (warum auch nicht, ist er doch dort ein Kulturfolger und sogar Schädling), aber ich darf ihn nicht ungenehmigt nach Deutschland einführen! Auch die Schweizer und Österreicher haben zwar bessere Artenschutzbestimmungen, aber sicher auch dort Leichen im Keller (wobei man natürlich sowas dort nicht aufbewahren sollte).
Wollt ihr es wie in den USA? Dort wurde ein Anbieter von Vogelspinnen aus Mexico, die er in den USA angeboten hat und in Mexico für 1 US $ per Stück eingekauft hatte und im Besitz von 120 lebenden Vogelspinnen war, von einem Undercoveragenten geködert und dann für 2 Jahre in den Knast geschickt (steht im web, die waren sogar stolz darauf). Auf der Frankfurter Böre hat man mir erzählt, dass einer der bekanntesten japanischen Sammler in den USA mit immerhin einem Paar der höchst geschützten Arten (Ornithoptera alexandre) erwischt wurde und man ihn vor die Wahl stellte, alle seine amerikanischen Verbindungen zu benennen und 14 Jahre Bau zu akzeptieren oder alternativ zu schweigen und 40 Jahre einzurücken (keine Garantie, dass dies so stimmt). Dies in einem Land, wo man legal schwere Maschinengewehre samt Zubehör kaufen und besitzen kann!
Ok, ein schwerer Verstoß gegen den Artenschutz, sei die Strafe angemessen oder nicht. Aber wie geht es weiter? Die Kontakte werden aufgesucht und alles beschlagnahmt, was nicht legal ist (z.B. alles aus China, Mexico, Brasilien ...) und alle Adressen, die gefunden werden bekommen als Folge auch Besuch. Dort das gleiche Spiel. Da spielt es keine Rolle, ob man mit Sumatranashörnern handelt (oder besitzt!) oder mit Zygaena aus der Türkei.
Natürlich waren in Frankfurt auch illegale Stücke auf dem Tisch, Papilio chikae wurde offensichtlich von den Fachbehörden übersehen, Papilio esperanza soll auch angeoten gewesen sein. Die Fachbehörde kann dies alles nicht kontrollieren ohne die Hilfe von Experten. Wenn Ihr das also ändern wollt, dann unterstützt die Fachbehörde und gebt Hinweise. Aber nein, wir sind doch keine Informanten, sowas macht man doch nicht (Kollegen anschwärzen!), nur aufregen, das dürfen wir uns. Ich schließe mich wohlgemerkt nicht in dieser Kritik aus, ich bin froh dort nur privater Besucher sein zu dürfen. Aber auch ich habe keinen Heiligenschein und ärgere mich über manches. Nur bedenkt die Konsequenzen. Wer krakelt, wird irgendwann gehört. Dann wird eine Lawine losgetreten, deren Schaden keiner erkennen kann. Zieht Eure Grenzen, was vertretbar ist und was nicht mit Eurem Gewissen und seit dann auch konsequent und macht was, wenn es zu weit geht. Auch die Veranstalter in Frankfurt sorgen dafür, dass nicht alles geht, was die Behörden übersehen. Maßvoll und sicher nicht allwissend und allsehend.
Und noch was, es ist wie mit der Prostitution, wenn ich mir den unpassenden Vergleich erlauben darf. Wer ist der Schlimmere, der Anbieter oder der Käufer? Nicht der Verkäufer rottet Arten aus, wenn überhaupt dann der Käufer durch seine Nachfrage!
Ich jedenfalls will die Börse Frankfurt nicht missen, vor lauter Gesprächen bin ich abends heiser. Menschen zu treffen, Persönlichkeiten kennen zu lernen und Kontakte zu knüpfen ist dort eine einmalige Gelegenheit. Gefährdet dies nicht durch Euer scheinheiliges oder heiliges (für die mit Heiligenschein) Getue, was ihr alles dort gesehen hat. Fasst Euch selbst an die Nase, an Euer eigenes Gewissen und messt dann die anderen.
Ein Hinweis an die "Nurzüchter". Schmetterlinge der Natur zu entnehmen und hinterher alle oder einen Teil wieder frei zu lassen ist kein Naturschutz, sonder nein scheinheiliges Alibi oder bestenfalls nur Naivität mangels besseren Wissens. Die Natur braucht in der Regel solche Hilfe nicht und wenn (in Ausnahmefällen), dann mit hoher Kompetenz. Bestenfalls hilft es nicht, schlimmstenfalls schadet es gewaltig. Zugegeben, so einen Blödsinn habe ich früher auch mal gemacht und mcih dabei toll gefühlt. Legal ist es sowieso nicht und der Weiterverkauf, der Tausch und allein der Besitz verstößt gegen die Artenschutzverordnung. Nun gut, ich kann mir dann sagen, ist ja nicht Ornithoptera alexandrae, nur Arctia caja. Anders formuliert: Ich habe ja keine Bank überfallen, nur einen alten Golf vorm Friedhof geklaut und der Besitzer ist bestimmt schon verstorben!
Mein Vorschlag, reduziert die Diskussion auf den wirklich wichtigen Teil: was ist erlaubt und was nicht und welche Konsequenzen kann es haben, wenn ich etwas mache und nicht mache. Aber bitte sachlich und nicht polemisch, das hilft keinem weiter. Sorgt dafür , dass in actias nicht über die Strenge geschlagen wird, damit diese Seite uns lange erhalten wird (nicht als Umschlagplatz, sondern als kompetentes Forum) und akzeptiert, dass die Naturschutzbehörden maßvoll und eigenverantwortlich handeln. Würden sie so gesetzestreu vorgehen wie manche Beiträge es bemängeln und wie sie es eigentlich müßten, würde Zeit für wichtigeres im Naturschutz fehlen und ob es dann noch Insektenbörsen und actias gäbe? Der Natur wäre dann aber bestimmt nicht mehr gedient als jetzt.
Übrigens, eine Frage an die Schweizer Kollegen. Was ist denn mit Eurer Baseler Börse geworden? Die war doch mal einer der wichtigsten Veranstaltungsorte in Europa und wurde vor lauter Moral oder Gesetzesfurcht oder -treue eingestellt. Wir in Frankfurt haben noch immer ein Börse und ich finde sie im großen und ganzen doch recht akzeptabel. Natürlich kann man Dinge immer verbessern, aber muss sich der Veranstalter desshalb öffentlich rechtfertigen? Ich finde es in Ordnung, dass dort von den Fachbehörden kontrolliert wird und ich finde es in Ordnung, wenn solche Verstöße geahndet werden. Wenn ein paar Herren mit dabei waren, so ist es nicht die Kripo, sondern der Zoll. Wenn Händler aus dem Ausland kommen und illegal Geld verdienen, hat auch der Zoll dort seine Berechtigung. Auch in der Schweiz war das früher schon zu üblich, die solle in Basel sogar gleich die Steuern kassiert haben.
So, nun reicht es, mir und vielen Lesern bestimmt auch
Ernst Brockmann
(nicht authorisiertes) Mitglied des Vereins Apollo in Frankfurt, hier mit einer ganz privaten menschlichen Meinungsäußerung