Hallo zusammen,
es gibt immer wieder Anfragen an mich oder wahrscheinlich auch an andere im Actias Forum, wo Hilfe zur Zucht oder Zuchtproblemen erwünscht ist.
wie zum Beispiel diese:
ZitatGuten Abend,
soeben bin ich bei ACTIAS auf Ihre Adresse gestossen.Nun erlaube ich mir Sie bei meinem Problem anzufragen. Folgendes: ich habe u.a. Schwalbenschwanzraupen, vor 1 WO hatte ich zuwenig -Fenchel /Dill im eigenen Garten. Danach besorgte ich BIO Kraut. Wie sich herausstellte heisst BIO nicht BIO für Raupen, 12 Stk. sind gestorben. Sofort habe ich das Kraut entfernt, also haben Sie "nur" ein Tag davon gefressen. Aber jetzt meine Frage - kann es sein, dass jetzt 6 Tage später immer noch Raupen deswegen eingehen, weil heute ist wieder eine mit den gleichen Symptomen (wie eingeknickt, dann verfärben sie sich schwarz und innen sind sie wie hohl) ist das wirklich noch von dem Futter oder was sonst ???? Ich bin ratlos, weil seither habe ich wieder 100% ungespritztes Kraut
Mit freundlichen Grüssen
Ich habe darauf geantwortet:
ZitatAlles anzeigenHallo,
ich glaube das andere Futter war eventuell der Auslöser, aber nicht wirklich die Ursache.
Die Symtome sehen mir aus wie eine Infektion, die natürlich auch schnell um sich greifen
kann, wenn die Raupen zusammen gehalten werden. Wenn es eine bakterielle Infektion ist,
kann man durch Gabe von Antibiotike, versuchen die Tiere zu retten. Leider haben
Antibiotika den Nachteil, dass sie auch nützliche Bakterien abtöten und somit die
natürliche Abwehr schwächen. Die zu verabreichnden Mengen sind so gering, das ein Rest
eines in die Apotheke zurückgebrachten nicht ganz aufgebrauchten Antibiotikas ausreichen.
1 Million Immunisierungs-Einheiten IE (Auf der Verpackung sollte daruf stehen, vielviel
IE in einem ml sind) auf 20-30 ml Wasser und gut geschüttelt auf das Futter auftragen und
trocknen lassen. Auch die Raupen kann man leicht einsprühen.
Viel Erfolg und viele Grüße
Franz Ladda
Doch es kommt folgende Nachricht:
ZitatAlles anzeigenGuten Tag,
danke für Ihre Antwort. Das mit dem Antibiotika lasse ich lieber sein. Im gleichen Kasten
sind jetzt noch 4 Raupen, die kurz vor der Verpuppung sind, ich hoffe die schaffen es
auch so noch.....
Aber trotzdem noch eine Frage (wenn ich darf) woher kann die Infektion kommen, wenn das
Kraut nur der Auslöser nicht die Ursache war?
ein schönes Wochenende
und ich habe mir dummerweise angewöhnt, immer zu antworten.
ZitatAlles anzeigenHallo Herr XXXX,
alle Organismen unserer Welt tragen, Bakterien und viele andere Organismen mit sich mit.
Bei uns Menschen sind es natürlicherweise Haarbalg- und Tränendrüsenmilben, diverse
Bakterien wie zum Beispiel Escherischia coli oder auch diverse Hefepilze an und in uns.
Kommt es nun zu einem, von auch unserem Körper ungewohnten Wechsel der Ernährung, oder
auch nur einem Standortwechsel, meißt verbunden mit einer Nahrungsumstellung, mit
Begünstigung einer dieser Arten, haben wir als Menschen zum Beispiel unter
Verdauungsstörungen, wie zum Beispiel Durchfall zu leiden. Es gibt aber noch viel
schlimmere Symptome.
Warum sollte es anderen Organismen nicht auch so ergehen, und dass passiert immer wieder.
Besteller von Lebendware aus dem Ausland schimpfen immer wieder darüber, das Ihnen
Material kaputt gegangen ist. Wir Menschen und auch viele andere Wirbeltiere, sowie auch
viele Mollusken überstehen diese Standort- oder Ernährungswechsel meist ohne tötlichem
Ausgang. Viele Fische, Amphibien, Insekten ... gehen jedes Jahr bei dieser Prozedur
(Export etc.) leider verloren.
Ich selber hatte mal eine Zucht von Amorpha populi, die an einer solchen Erkrankung fast
komplett vernichtet wurde. Die Nachfolgegeneration ist fast ausnahmslos, dank, der
Antibiotika Gabe, an einer Pilzinfektion eingegangen.
Es ist nicht einfach Wildtiere in Gefangenschaft gesund zu halten. Der Biofenchel
hat wahrscheinlich sein Mindesthaltbarkeitsdatum für P. machaon überschritten, für den
Menschen wäre der Fenchel wahrscheinlich noch bis zu drei Wochen ess- und geniessbar
gewesen. Für die Raupen hat der Fenchel wohl schon zuviel Fraßgifte produziert, so das die
Infektion um sich greifen konnte.
Ich wünschte mir mal, daß einer meiner Kollegen, so ein Thema wie Zucht von
Schmetterlingen und die Bekämpfung von Krankheiten bei solch einer Zucht als Diplom oder
Doktorarbeit aufgreifen würde.
Dieses ist jedoch mehr als unwahrscheinlich, da die Zucht keinen wirtschaftlichen
Erfordernissen folgt. Würde es um den Erhalt von Honigbienen oder des Seidenspinners
gehen, werden da auch Geldmittel freigeschaufelt (Varroa Milbe bei den heimischen
Honigbienen als Beispiel).
In der freien Natur überlebt von einem Päarchen in die Welt gesetzten Nachkommen, auch
nur immer ein Päarchen. Biologisch im Gleichgewicht. Dies ist zwar von Jahr zu Jahr (oder
von Generation zu Generation) sehr schwankend und auch nicht vorhersagbar.
Wir Züchter erwarten aber immer, und da muss sich jeder einzelne an die Nase fassen, das
unsere Zuchterfolge bei ausnahmslos 80% oder gar mehr liegen. Das ist und bleibt
unrealistisch.
Die Trennung von den natürlichen Feinden, und auch das Wissen und die Behandlungsweise
von Krankheiten ermöglicht es uns, einen durchaus bessere Statistik für das Überleben von
Individuen zu liefern, als es die Natur vorgesehen hat. Ich denke, wir müssen in
Einzelfällen einfach damit leben, das auch bei einer behüteten Zucht schon mal etwas
schief gehen kann.
Ich begrüße deshalb auch Ihre Entscheidung, nicht mit Antibiotika, noch tiefer in diese
natürlichen Vorgänge eingreifen zu wollen.
Ich denke ich da Ihnen ein paar Ansätze, meines Umganges mit der Natur und der
Komplexität der Umwelt erklären zu können.
Solche Anfragen habe ich immer wieder, und ich beantworte diese Fragen auch immer gern und bereitwillig. Was mich nur etwas irritiert, das diese Personen, sich scheuen sich bei Actias anzumelden, da hätten sie alle diese Informationen erhalten können.
Was wird da falsch gemacht?
Viele liebe Grüße
Franz