Zuchtbericht Ornithoptera priamus euphorion
Ornithoptera priamus euphorion male
Ornithoptera priamus euphorion male
Vorwort:
Schon lange hatte ich die Zucht dieser prächtigen Falter geplant, bislang war das Vorhaben am Mangel an geigneten Futterpflanzen in ausreichender Menge gescheitert (daß auch A. clematitis als Raupenfutter geeignet ist, war mir zu dieser Zeit leider noch nicht bekannt) . „Fertige“ Pflanzen konnte ich nigendwo herbekommen, deshalb blieb mir nichts anderes übrig, als sie aus Samen zu ziehen. Dies wurde in mehreren Anläufen mit mehreren Aristolochia-Arten versucht, nur mit A. tagala hatte es dann im 3. Anlauf endlich geklappt. Der Knackpunkt scheint wirklich das Alter der Samen zu sein, wenn sie älter als 3 Monate sind, keimen sie schlecht bis überhaupt nicht mehr. Ansonsten braucht man auch Geduld, trotz Wärme und ausreichender Feuchtigkeit sah ich die ersten Keimlinge erst nach 8 Wochen, die letzten Samen keimten nach etwa 4 Monaten. Insgesamt kam ich aber dann auf eine Keimquote von ca. 80%, so das ich letzlich, als sie groß genug waren, sogar Pflanzen an andere Züchter abgeben konnte.
Gedanken hatte ich mir auch darüber gemacht, ob ich trotz vorliegender Cites Papiere überhaupt züchten darf und welche Papiere ich brauchte, um evtl. überschüssiges Zuchtmaterial an andere Züchter legal abgeben zu dürfen. Darüber wollte ich dann doch Klarheit haben und bin dann nach einigen Irrwegen schließlich bei der unteren Naturschutzbehörde Abtl. Artenschutz in der Landeshauptstadt als zuständige Stelle gelandet. Dort bekam ich Erstaunliches zu hören. Nur für Wirbeltiere gibt es eine Meldepflicht. Man reicht eine Kopie des Kaufvertrages sowie der CITES Papiere dort ein und bekommt dann eine Anmeldebestätigung. Das ist alles! Für Insekten braucht man die Anmeldebestätigung nicht, für den Nachweis des legalen Besitzes genügen die Kopien der vorgenannten Papiere! Dann ist man im Besitz eines legalen Zuchtstocks!!!
Für legale Nachzuchten (um diese Auskunft zu bekommen, mußte ich beim Bundesamt für Naturschutz in Bonn anfragen) ist das Ausfüllen eines Zuchtbelegs erforderlich. Gibt es z. B. als PDF-Datei unter www.nlwkn.niedersachsen.de, Bereich Naturschutz, Kontrollaufgaben im Artenschutz, Zuchtbeleg (Muster). Dieser muß bei einer Insektenzucht jedoch entsprechend angepaßt werden, weil er sich an der Zucht von Wirbeltieren orientiert. Es empfiehlt sich jedoch sehr, zusätzlich einen eigenen ausführlichen Zuchtbericht zu schreiben und Fotos von der Zucht zu machen. So kann man jederzeit nachweisen, daß tatsächlich eine Zucht durchgeführt wurde. Wenn man Zuchtmaterial an andere Züchter abgibt, muß man Kopien des entsprechend ausgefüllten Vordrucks „Zuchtbeleg“ dem Zuchtmaterial beilegen. Diese können damit den legalen Besitz der geschützen Art nachweisen. Bei Insekten ist es nicht erforderlich, eine erfolgreiche Nachzucht bei der Behörde zu melden! Hatte ich mir alles viel komplizierter vorgestellt.
Einen Hinweis zum besseren Verständnis des nachfolgenden Textes möchte ich noch geben: alles was ich in meinem seit längerem veröffentlichten Zuchtbericht über Iphiclides podalirius aleramica bereits geschildert habe (z. B. Schlupfkasten, Fütterung, Aufbewahrung der Falter, Flugkäfig zur Eiablage etc.) erkläre ich hier kein zweites Mal und verweise auf vorherige Lektüre jenes Zuchtberichtes, der jederzeit bei Actias aufgerufen werden kann.
Auch der vorliegende Zuchtbericht wendet sich übrigens an den Anfänger und den gering Fortgeschrittenen. Für erfahrene Züchter enthält er nichts Neues.
Vorab entschuldigen möchte ich mich erneut für die mäßige Qualität der meisten Fotos. Liegt an meinem relativ einfachen Fotoaparat und mitunter auch an Zeitmangel, der mich übrigens die ganze Zucht über begleitet hat.
Die Puppen:
Bei der englischen „Stratford-upon-Avon Schmetterlingsfarm“ hatte ich am 10. Oktober 2010 ein Dutzend Puppen von Ornithoptera priamus bestellt und bereits am 11. Oktober wurden sie von TNT geliefert. CITES Papiere waren keine dabei, weshalb ich dort deswegen anfragte und schließlich einige Tage später per Mail eine Kopie ihrer Papiere erhielt, ausgestellt von einer Behörde in Canberra. Die Puppen stammten also von einer australischen Zuchtfarm und wurden legal importiert. Wie alt sie waren wußte ich nicht, rechnete daher mit einem baldigen Schlupf der Imagines und gab sie deswegen umgehend in einen frisch desinfizierten, mit Küchenrollenpapier ausgelegten Schlupfkasten. 3 bis 4 Tage später färbten sich 2 der Puppen schwarz, entließen aber keine Falter und mußten schließlich entsorgt werden. Bei den verbliebenen zehn tat sich lange Zeit nichts, ich sah jeden Tag zwei mal nach ihnen und besprühte sie bei dieser Gelegenheit reichlich mit lauwarmen Wasser. Hin und wieder bewegten sie sich, sie waren also noch lebendig. Die Raumtemperatur betrug tagsüber 21 Grad und sank nachts bis auf 18 Grad ab. Eine höhere Temperatur hätte den Schlupf garantiert beschleunigt.
Ornithoptera priamus euphorion Puppe
Die Falter:
Erst einen ganzen Monat später nach Erhalt begannen aus den verbliebenen Puppen Imagines zu schlüpfen und zwar wie folgt:
10.11.: W
11.11.: W
12.11.: 2 x W
13.11.: W
17.11.: M
18.11.: 1 x M u. 1 x W
19.11.: M
20.11.: M
Alle Falter waren einwandfrei entwickelt und wurden nach dem Aushärten der Flügel jeweils einzeln in Kartons überführt, auf deren Deckel Geschlecht und Schlupfdatum vermerkt waren. Bis zur Paarung blieben die Falter dort und wurden 1 x mal am Tag mit ca. 7%iger Honigwasserlösung von Hand gefüttert. Die Raumtemperatur betrug unverändert tagsüber 21 Grad.
Die Paarung:
Ornithoptera priamus euphorion Kopula
Bedingt durch die Jahreszeit konnte ich keine Falter in meinem Gewächshaus fliegen lassen, um eine freiwillige Paarung abzuwarten. Deshalb mußten die Falter von Hand verpaart werden. Unglücklicherweise waren 5 W geschlüpft, bevor sich das erste M. aus der Puppenhülle „heraus traute“. Mit frischen M zu paaren ist so eine Sache, wann immer ich es versuchte, hatte ich keinen Erfolg damit und schlimmer noch, M, die erfolglose frühe Paarungsversuche hinter sich hatten, waren mitunter auch später zu nichts mehr zu gebrauchen. Deshalb habe ich es mir zur Regel gemacht, M prinzipiell erst dann zu verpaaren, wenn sie mindestens 4 Tage alt sind (wie es im Übrigen auch Weidemann empfiehlt).
Das zuerst geschlüpfte M (17.11.) tat mir auch den Gefallen, seine Paarungsbereitschaft zu demonstrieren. Als ich es am 21. 11. aus dem Karton nahm, um es zu füttern, klappte es ganz aufgeregt die Valven auf und zu. Kurzerhand nahm ich das jüngste Weibchen (3 Tage zuvor geschlüpft) hinzu, um die Paarung (ohne ein vorheriges Aufwärmen des M) durchzuführen. Das M. mußte ich nur ganz kurz zwischen den Valven stimulieren, um eine maximale Spreizung derselben zu erreichen. Die Falter gingen jedoch die Paarung nur zögerlich ein und trennten sich rasch wieder, sowie ich sie abgesetzt hatte. Keinesfalls erfolgte die Vereinigung schnell und heftig und die Valven des M „klappten“ auch nicht wie eine Falle zu. Für den 2. Versuch nahm ich mir mehr Zeit. Das die Kopulation in Gang kommt sieht man deutlich an den leichten Kontraktionen des männlichen Hinterleibs. Dennoch müssen die Falter für mindestens 5 Minuten weiterhin gehalten werden, bis das Abdomen des W deutlich durch die Valven des M zusammengedrückt wird. Erst dann sollte man das Paar absetzen. Falls das W dann noch herumwandern möchte, sind beide Partner (zusammen und in Kopula) an den Flügeln solange festzuhalten bis Ruhe einkehrt. Dann ist die Verbindung aber sehr sehr fest und man kann das Paar problemlos in einen Flugkäfig geben und sich im Zimmer beliebig bewegen. Die Falter reagieren zwar auf Störungen, trennen sich aber nicht. Die Paarungsdauer beträgt rund 3 Stunden, das war auch bei den weiteren 3 durchgeführten Paarungen so.
Das nächsten Pärchen kam dann am 22. 11. dran, da wurde das M vom 18.11. mit dem W vom 13.11. verpaart. Am 23.11. das M vom 19.11. mit einem W vom 12.11. und am 24.11 das M vom 20.11. mit dem zweiten am 12.11. geschlüpften W. Die noch älteren beiden verbliebenen W lies ich in Ruhe. Zwar hätte man für diese zwei Männchen aus den vorangegangenen Paarungen verwenden können und dies auch schon früher, aber ich hatte ein Zeitproblem und war froh, daß ich mich überhaupt so weit um die Zucht kümmern konnte.
Die Eiablage:
Ornithoptera priamus euphorion ova auf Aristolochia tagala
Ornithoptera priamus euphorion ovum Größenvergleich mit einem Stecknadelkopf
Sofort nach den jeweiligen Paarungen wurden die W gefüttert und alsdann in den Eiablagekasten (nach Bruer) gesetzt, in dem sich eine blattreiche A. tagala Pflanze befand. Der Kasten wurde tagsüber beleuchtet (mit zwei 24 Watt Osram Duluxstar Energiesparlampen). 3 mal täglich wurde für eine bis anderthalb Stunden zusätzlich eine 150 Watt starke „Exo Terra Sun Glo Neodym Basking Daylight Spot Lamp“ zugeschaltet, die eigentlich in der Terraristik verwendet wird. Diese erzeugt ein sehr helles „weißes“ Licht und heizt darüberhinaus den Kasten auf ca. 30 Grad Celsius auf. Wenn diese Birne zwischenzeitlich nicht brannte, fiel die Temp. langsam auf 22 Grad ab.
Ich hatte bisher noch kein Tagesfalter W einer beliebigen von mir gezogenen Art, die darin keine Eier abgelegt hätte und so begann auch das 1. W 3 Tage nach der Kopula mit der Eiablage. Auch das 2. W legte definitiv Eier ab, die W 3 und 4 hingegen entweder gar keine oder nur extrem wenige, das kann ich nicht genau sagen. Die Eier wurden nahezu alle auf der Unterseite der Blätter abgelegt, wobei das W im Flug (oder zumindest unter heftigem Flügelschlagen) den Hinterleib so krümmte, daß dieser die Blattunterseite berührte und dann dort ein Ei anheftete. Innerhalb von 14 Tagen bekam ich so insgesamt 84 Eier heraus, nur 2 davon klebten auf einer Blattoberseite und nur eines am Styropor. Ich hatte schon Zuchten anderer Arten, da legten die W praktisch alle Eier am Styropor und der Glasscheibe ab und kaum welche auf der beigegebenen Ablagepflanze!
Die geringe Anzahl der Eier führe ich einzig und allein auf das verhältnismäßig „hohe“ Alter der W zurück. Wenn ich bei einer späteren Zucht einmal mit jüngeren W „arbeiten“ kann, werde ich mehr dazu sagen können.
Alle 3 Tage sammelte ich die Eier ab (einige wenige verblieben auf der Ablagepflanze) und gab sie in kleine transparente Plastikbehälter. Etwa zur Hälfte gab ich Blätter von A. tagala, die anderen lagen ohne Zugaben im Behälter. Ca. 90 % der Eier verfärbten sich schwärzlich und zeigten so an, daß sie befruchtet waren.
Die Raupen
Ornithoptera priamus euphorion Eiraupen
Ornithoptera priamus euphorion L 1 Raupe
Ornithoptera priamus euphorion L 2 Raupe frisch gehäutet
Ornithoptera priamus euphorion L 3 Raupe
Ornithoptera priamus euphorion L 4 Raupe frisch gehäutet
Am 13.12.2011 schlüpften die ersten Raupen und wurden auf insgesamt 3 getopfte A. tagala Pflanzen verteilt, die in frisch gereinigten und (mit Chlorbleiche) desinfizierten Aerrarien standen.
Insgesamt verlief der Schlupf der Eiraupen aber nicht gut! Nur aus den ersten beiden Chargen (also praktisch der ersten Woche der Eiablage) bekam ich Raupen heraus und auch da nur aus einem Teil der Eier, unabhängig davon, ob sie mit oder ohne Blätter im Plastik-Behälter oder aber an der Ablagepflanze verblieben waren. Insgesamt schlüpften nur 19 Raupen. Aus vielen anderen Eiern (die definitiv befruchtet waren, man konnte sogar die fertig entwickelten Räupchen durch die Eihülle sehen) schlüpften keine. Die Ursache dafür ist mir unbekannt. Ich habe in den vergangenen 9 Jahren über 20 verschiedene Arten aus der Familie Papilionidae erfolgreich nachgezüchtet (bei ca. der doppelten Anzahl von Zuchten, bei denen ich nur Teilerfolge erzielen konnte oder aber völlige Fehlschläge verkraften mußte, wie ich ehrlicherweise bemerken möchte), einige davon mehrfach, und habe so etwas noch nicht erlebt. An zu geringer Feuchtigkeit kann es nicht gelegen haben, zumindest in dem Behälter mit den Blättern war eine erhebliche Luftfeuchte vorhanden. Auch das Wörtchen „Inzucht“ dient meiner Meinung nach viel zu häufig als naheliegende Erklärung für Zuchtprobleme. Die professionellen Schmetterlingszüchter sind nicht blöde, es geht ja auch ums Geld. Die fügen schon rechtzeitig frisches Blut hinzu, bevor ein Zuchtstamm zu weit runter kommt. Vielleicht können ja andere Züchter hierzu etwas sagen.
Die eigentliche Aufzucht der Raupen verlief jedoch dann problemlos. Sie hielten sich bevorzugt auf der Blattrückseite auf oder direkt auf den Stengeln, die auch gerne angefressen wurden. Die erste frischgehäutete L 2 Raupe fiel mir am 20.12. auf, eine Häutung zu L 4 konnte ich zufällig am 13.01.12 beobachten. Erste L 3 Raupen sah ich um den Jahreswechsel herum.
Der Futterbedarf ist enorm, gegen Ende der Zucht mußte ich auf eine großzügige „Notreserve“ zurückgreifen, eine extra große und blattreiche A. tagala Pflanze, die aus 8 Haupttrieben in einem großen Topf besteht!
Alle 19 Raupen gelangten übrigens zur Verpuppung. Während der ganzen Zucht verlies niemals auch nur eine einzige Raupe die Futterpflanze, selbst dann, wenn Triebe und Blätter direkt an die Gaze des Zuchtbehälters ragten. Erst als die Verpuppung bevorstand, fingen die Raupen an lebhaft herumzukriechen, auch an der Innenseite des Aerrariums. Die allermeisten Raupen verpuppten sich dann auch dort, 4 Raupen verblieben auf der Futterpflanze. Die erste Puppe erhielt ich am 02.02.12, die letzte am 12.02.12.
Ornithoptera priamus euphorion Raupe vor der Verpupung
Ornithoptera priamus euphorion Vorpuppe
Ornithoptera priamus euphorion Häutung zur Puppe