Hi Karl,
dann hier meine Vermutung zu dem Ganzen. Und ja, nur Vermutung, mehr ist da nicht drin.
Letztes Jahr gab es aufgrund der feuchtkalten Witterung ein extrem starkes, sichtbares Pilzwachstum auf vielen verschiedenen Pflanzen, auf denen wir das so sonst nicht kennen. So ab Ende Juli waren Weiden, Hainbuchen, Eichen, Wein, Zierwein, Weidenröschen, Wolfsmilcharten, Pappeln und und und sehr stark durch Rost-, Mehltau- und Russtaupilzen befallen. Das war viel mehr als sonst um diese Jahreszeit.
Die Infizierung der Blattmasse erfolgt aber meist schon viel früher im Jahr und der Pilz benötigt einige Wochen bis er soweit heran gewachsen ist, bis er seine Fruchtkörper ausbildet.
Raupen vertragen sicher eine gewisse Menge an Pilzen bei der Nahrungsaufnahme. Aber letztes Jahr war es extrem. Hinzu kommt die ungünstige Witterung in den Monaten Mai und Juni: Kälte und Dauerregen, zumindest hier bei mir. Die extreme Feuchtigkeit hat dann wiederum später bei wärmeren Wetter Einfluss auf die Blattstruktur der Pflanzen. Sie wachsen in der Regel "mastiger" heran, sprich die Blattzellen werden größer, mit mehr Wassereinlagerung und damit auch instabiler und damit wiederum anfälliger für Krankheiten. Ein Teufelskreis in so einer Vegetationsperiode.
Das Ganze ist natürlich auch regional unterschiedlich; ich kann dir nur meine Erfahrungen hier im Münchner Norden schildern. 2024 war für mich eines der schlechtesten Zuchtjahre in meiner Entomologenlaufbahn. Ich hatte selten so viele Zuchten, die in L4 und L5 abschmierten. Selbst im Garten ausgebundene Tiere waren sehr schwer in Mitleidenschaft gezogen worden. Dauerregen und Kälte über Wochen.
Wie auch immer.....deine ligustri gehören sicher zu den Arten, die so einiges an Unbill aushalten, im Vergleich zu vielem Anderen.
Aber auch hier macht irgendwann mal die Dosis das Gift
Meine Vermutung ist, dass deine Tiere sich im Freiland mit irgendeinem Virus, Pilz etc. infiziert haben. Das Wetter war günstig dafür. Wahrscheinlich ist es erst akut geworden, als die Tiere schon kurz vor der Verpuppung standen; es ist ein schleichender Prozess. So sind die meisten noch in die Verpuppung gekommen. Aber eben einige doch mehr oder minder geschädigt. Und die erkennst du an der mangelnden Vitalität der Imago und der Verkrüppelungen nach deren Schlupf.
Da jedes Lebewesen unterschiedlich auf Umwelteinflüsse reagiert, infizieren sich meist nicht alle Tiere. Es gibt immer welche, die kommen gut durch, die nächsten bekommen einen kleinen "Dämpfer". Die nächsten einen heftigeren Dämpfer und etc. So kannst du alle Stufen der Vitalität bei deinen schlüpfenden Tieren beobachten.
Ob dann auch noch vielleicht etwas Pestizid aus der Umgebung hinzu kommt, kannst nie ausschließen, aber dann hättest du eher klarere Ausfälle im Raupenstadium.
Inzucht kannst bei deinen Zuchten durch den Freilandanflug ausschließen und wird meiner Meinung auch grundsätzlich zu hoch bewertet, wenn Raupen sterben.
Ich glaube nicht, dass du dir Sorgen machen musst, dass das sich nun jedes Jahr wiederholt. Klar....kann sein, muss aber nicht
Ich glaube auch nicht, dass du deinen Zuchtaufbau irgendwie überarbeiten musst. Alles liest sich gut strukturiert und die Erfolge der letzten Jahre geben dir recht.
Vielleicht solltest du deine Zuchtkäfige nochmal gründlich desinfizieren/auskochen, aber mehr Bedarf an was auch immer sehe ich eher nicht. Und das Futter nicht so lange im Wasser stehen lassen. Ich tausche Futter, welches ich in Wasser frisch halte in der Regel am zweiten Tag, längstens am 3. Tag aus. Bei jedem geschnittenen Pflanzengewebe entsteht Fäulnis und feuchte Umgebung ist dafür noch besser geeignet. Ich möchte das Risiko nicht eingehen, dass Fäulnisbakterien über die Leitungsbahnen bis in die Blätter kommen, wo meine Raupen sie dann aufnehmen.
Ich wünsche dir weiterhin viel Erfolg und viel Freude mit deinen Schützlingen!
LG
Rudi