Posts by Siegfried Winkler

    Moin. Dann auch mal ein update von mir zu versicolora, die Art beschäftigt mich seit über 50 Jahren. An meinen "Flughabitaten" kann es leider den Rückgang der Population erkennen. Trotz idealem Wetter kam es (zusammen mit noch 2 Kameraden an anderen Flugplätzen) nur zu einem Anflug (Ende März/Anf April), der etwa einem Drittel der Zeit vor 50 Jahren entsprach. Neue Flugplätze konnten nicht gefunden werden. Die Art fliegt hier im Odenwald und auch im Ried nicht überall, wo Birken wachsen! Ich habe nur eine kleine Zucht (ca 30 Rpn, auch L2/L3), Futter Birke und Roterle, wobei Birke immer wieder bevorzugt wird. Geschlüpfte Falter werden bei mir in die Freiheit entlassen, es bleibt ein kleiner Zuchtstamm. Sie bekommen alle 2 bis 3 Tage frisches Laub und die "Windel" wird erneuert (Küchenpapier) Ich habe keine "Wasserversorgung" der Pflanzen, benutze grosse Plastikboxen und keine Sonneneinstrahlung. Bei Mitnahme auf Reisen habe ich aber in der Vergangenheit auch schon (bei anderen Arten) Verluste erlebt.

    Für mich ist diese Art seit über 50 Jahren immer der spannende Beginn des Falterjahres nach dem "öden" Winter. Ich versuche auch immer wieder neue Habitate zu finden, indem ich mit frisch geschlüpften Weibchen in der Region "unterwegs" bin. Hier im Vorderen Odenwald (2 Insektenfreunde sind seit vielen Jahren hier genauso auf der Suche...) fliegt versicolora nicht überall, wo auch Birken zu finden sind. Im letzten Jahr sind im März unsere Anflugversuche durch schlechtes Wetter alle gescheitert, wir hatten aber auch nur 4 Weibchen.

    Wir kennen unsere Flughabitate, suchen aber immer Neue!

    Bemerkenswert ist die Tatsache, dass die Weibchen bei Kälte und im Ruhezustand oft sehr lange geschlechtsfähig (fertil) bleiben. Ich hatte schon Freilandanflüge von Männchen nach 9 Lebenstagen. Gelegentlich sind die "alten" Mädels aber dann bei der Eiablage geschwächt und legen nicht alles ab.

    Und ja...wie bei anderen Arten auch (pavonia, bucephala, ocellata, populi usw) sind die Männchen oft in der Lage, 2 oder sogar 3 Weibchen zu begatten. Allerdings nimmt die Schlupfrate der Räupchen aus den Eiern nach der 2. Copula nach meinen Beobachtungen oft ab.

    Eine spannende Geschichte für Zuchtanfänger aus meiner Sicht. Ich habe viele Jahre verblühte männliche Kätzchen eingesammelt und in eine Kiste verbracht. Viele Falter aus der Orthosia-Familie (früher: Monima) legen bei der Nahrungsaufnahme bekanntlich ihre Eier an den Kätzchen ab. Nach Abfall ernähren sie sich von diversen "niederen Pflanzen", zB Löwenzahn, Taubnessel usw. Kindern kann manfrau auf diese Weise die Insektenkunde näherbringen. Ich habe diese "Weisheiten " als Jugendlicher in entomologischen Lehrbüchern von "Friedrich" und "Lederer" gefunden.

    Die tau-Weibchen zu suchen ist eine sehr mühselige und zeitaufwändige Arbeit. Ich war das letzte Mal vor 40 Jahren dabei erfolgreich und das bei höherer Population, als heute. Ist die Zucht das Hauptziel, ist tatsächlich der Erwerb von weibl. Puppen und eine Copula durch Freilandanflug zielführender. Die frisch geschlüpften weibl. Falter sitzen im Buchenwald oft nicht an den Stämmen, sondern am Reisig oder sonstwo in der Nähe. Es ist Zufall, sie zu finden.

    Ich öffne auch keine Kokons. Einheimische Arten befinden sich im Freien, sie bekommen von mir gelegentlich (alle paar Wochen...) etwas Feuchtigkeit bzw das Medium, in dem sie sich befinden. Kokons exotischer Arten (zB dubernardi, atlas, suraka usw) in beheizten Räumen befeuchte ich allerdings alle paar Tage. Nach meinen Erfahrungen gibt es dadurch weniger fehlentwickelte Falter. Sie kommen schlicht und ergreifend leichter aus dem Kokon.

    Ich empfehle Neueinsteigern immer gerne, was E. Friedrich und G. Lederer schon vor Jahren in ihren Büchern beschrieben. zB "Raupenklopfen" . Mit einem aufgespannten Regenschirm ( natürlich mit der Spitze unten..) und einem Stock bewaffnet Büsche und herabhängende Äste, soweit erreichbar, abzuklopfen. Es ist erstaunlich, was sich alles an Insekten u sonstigem Getier immer wieder in dem Schirm findet. Zu jeder Jahreszeit, in jedem Monat finden sich neue Arten. Spannend war für mich als Jugendlichem auch immer das Aufsammeln abgefallener, abgeblühter männlicher Weidenkätzchenblüten. In einer Kiste untergebracht und vor sich hingammelnd, mit Löwenzahn u a. niederen Pflanzen als Auflagen, finden sich alsbald Nagespuren und später auch Räupchen. Überwiegend von den Kätzcheneulenarten (Orthosia, Monima...) aber es gab und gibt immer Überraschungen beim späteren Schlupf der Falter. Das ist erfolgreicher und ich denke, letztendlich befriedigender für Neueinsteiger, als die krampfhafte Suche nach einer bestimmten Art als Raupe.

    Es ist kein humoristisches Erlebnis, aber ein entomologisches Highlight, dessen Stellenwert ich erst später, erst recht in der heutigen Zeit, so richtig einordnen konnte/kann.

    Ich war Forstschüler in der damaligen "hessischen Försterschmiede" in Schotten im Vogelsberg 1967/68. Auf einer der zahlreichen Exkursionen in der Region führte uns unser Botaniklehrer in einen aufgelassenen Steinbruch, um uns unter anderem dort den Lerchensporn (Corydalis) vorzustellen. ( Ich denke, es war der "Hohle" C. cava, das weiss ich aber heute nicht mehr genau.

    Der geneigte Leser ahnt sicher schon, was jetzt folgt: Es flogen, ohne zu übertreiben, dutzende (40-50 oder mehr...) Falter des "Schwarzen Apollo" (P. mnemosyne hassicus) in diesem relativ kleinen Biotop. Mit meiner Mütze gelang es mir, 2 Exemplare zu fangen...man möge mir verzeihen..

    Ich habe diesen Steinbruch später leider nie mehr besucht und werde das wohl auch nicht mehr schaffen.

    Ende der 90ger in einem kleinen Dorf im Odenwald.

    In Friedhofsnähe, etwas vom Ort entfernt war der Zufahrtsweg mit Eichenstockschlag besäumt, die Bäume also nicht so hoch.

    Unter einem der Bäume gab es eine Bank.

    Eines Tages anfangs Juni rief mich ein Bekannter aus dem Ort an und erzählte mir, seine Tochter sei im Krankenhaus, nachdem sich bei ihr am (nahezu) gesamten Körper rote, juckende Pusteln gebildet hatten. Es stellte sich heraus, dass sie am Vorabend mit ihrem Freund auf der Bank sass. Es war ein lauer Sommerabend…und das Pärchen hatte wohl schöne Ideen.

    Der Kenner der Materie kann sich denken, dass sich auf dem Baum Eichenprozessionsspinnerraupen befanden, die Härchen der Häutungen hatten für die „Hautirritationen“ gesorgt.

    Wir haben übrigens eine Feuerwehrübung organisiert, die Raupen mit Wasserkraft von den Bäumen geholt, zusammengekehrt (Schutzanzüge!) und entsorgt. Eine gezielte, punktuelle Bekämpfung geht also auch ohne Gifteinsatz.

    Meine Erfahrungen mit dubernardi sind nach 11 oder 12 Zuchten auch sehr differenziert. Ich habe verzögerten Schlupf (bis zu 6 Monaten) genauso erlebt, wie schlagartiges Schlüpfen aller Puppen binnen weniger Tage nach 5-6 Wochen. Da ich Exoten nur von Herbst bis zum Frühjahr im überwiegend beheizten Raum züchte, fehlen mir Erfahrungen von Sommerzuchten im Freien. Mir ist es vor 2 Jahren auch passiert, dass 5 männliche Falter nach ca 6 Wochen schlüpften, 4 weibliche Falter aus der gleichen Zucht 6 Monate später. Ein "Überliegen", also Schlupf nach einem Jahr Puppenruhe habe ich aber nie erlebt. Futter: P. silvestris und Picea abies.

    Hier im hessischen Odenwald und an der Bergstrasse gab es 2018 und 2019 aufgrund der Wärme und Trockenheit eine ansonsten unübliche 3. Generation von machaon. Ich fand in diesen beiden Jahren im Oktober nur vertrocknete Raupen an vertrockneter Wilden Möhre. Davon haben sich die Populationen hier bisher nicht erholt. Vielleicht nur eine lokale Erscheinung...Obwohl ich wöchentlich auch auf Bergrücken (den bevorzugten Paarungshabitaten...) für eine AG Monitoring betreibe, konnte bisher nicht ein Falter bestätigt werden.