Hallo,
ich muss zugeben, dass ich mir nicht alles durchgelesen habe. Jedoch habe ich eine eigene Meinung zu dem Thema und die möchte ich gern kurz anbringen.
Als ich vor 15 Jahren, im Alter von 10 Jahren, meinen ersten Nashornkäfer von meinem Vater geschenkt bekam, war ich überhaupt noch nicht informiert über Naturschutzgesetze oder Artenschutz. Natürlich ist diese Art geschützt. Aber dieser Käfer, welcher noch heute Teil meiner Sammlung ist, hat bei mir den Käferwahnsinn ausgelöst. Der Käfer wäre vermutlich in der beleuchteten Fabrikhalle, wo er gefunden wurde, verendet. Ich habe überhaupt kein schlechtes Gewissen. Wer mich anzeigen möchte kann, meine Daten per PN abfragen.
Da ich bereits Sachbearbeiter für Ordnungsrecht in einer Naturschutzbehörde war, kann ich das auch so sagen. Diese Diskussionen sind nämlich völlig unverhältnismäßig. In 99% der Fälle wird eine Insektenart durch die Zerstörung der Lebensräume ausgelöscht. Die Sammelleidenschaft ist für Insekten wohl eher kein Problem. Der Irrweg des traditionellen Naturschutzes war ja bisher häufig, dass wir Arten schützen. Die Zerstörung ihrer Lebensräume war hingegen nicht strafbar. Mitunter erlebe ich das immer noch. Meine Heimatstadt zerstört einen FFH LRT wo auch der Eremit (Osmoderma eremita) lebt. Was zählt ist am Ende nur, ob der Käfer irgendwie zu Schaden gekommen ist. Dass ein geschützter Lebensraumtyp zerstört wurde, scheint niemanden zu interessieren. Und weil es am Ende nur ein schwarzer stinkender Käfer ist, passiert nichts. Holz bringt Geld. Und Geld regiert die Welt.
Ich vermute mal, dass es keinen Entomologen gibt, der 1 Mio. Tagpfauenaugen sammelt und diese nicht etikettiert. Das wäre dann tatsächlich fraglich. Ohne die Mithilfe von "Hobby"-Entomologen wäre die komplette Entomologie nicht auf dem heutigen Stand. Die Berufsentomologen können überhaupt nicht das leisten, was wir machen. Die komplette Faunistik der Käfer Deutschlands wäre vermutlich nicht erfasst, weil es für Museen, Unis etc. nicht wissenschaftlich genug ist.
Jedoch habe auch ich feststellen müssen, dass die Qualität von Museen im allg. abnimmt oder sagen wir mal sich stark verändert. Anfang der 2000er bin ich mit meiner Grundschulklasse ins Berliner Naturkundemuseum gefahren und war total begeistert von all den Präparaten, insbesondere den Insekten. Heute stehen da alte Knochen, wenige weitere Präparate und viele Bildschirme. Das halte ich für einen Fehler! Bildschirme hat jeder zuhause, aber Präparate in der Regel nicht. Ich denke, dass Präparate (von welchen Gruppen auch immer) schon zu einem gewissen Grad Begeisterung bei Kindern auslösen kann.
Allerdings ist die Arbeit von Entomologischen Vereinen nicht zu unterschätzen. Insbesondere bei der Nachwuchsförderung. Das Fangen von Insekten (auch mittels Lichtfang) ist dabei unerlässlich. Die Kinder kommen in Kontakt mit den Tieren und das ist es doch! Und damit generiert man auch unablässig Daten, die dann bestenfalls publiziert werden. Ist verboten ja, aber mir egal. Sorry. Durch meine Arbeit habe ich gesehen wie es läuft. Die Landwirte spritzen alles tot, die Flurbereinigung schreitet voran. Die Wälder und Forsten werden immer stärker zerstört. Natürlich sollten wir nicht in Schutzgebieten sammeln, wobei die Sinnhaftigkeit dieser Gebiete auch teilweise in Frage gestellt werden muss. Aber gut, anderes Thema. Über diese Probleme sollten wir diskutieren. Auch, wenn gerade nur noch das böse C... Wort in aller Munde ist.
Ich habe kein schlechtes Gewissen, wenn ich Insekten in der Landschaft fange, diese präpariere und bestimme und anschließend besondere Daten veröffentliche. Damit bereite ich mir selbst Freude und leiste einen Beitrag zum Schutz der Tiere, die ich liebe. Denn für den Schutz einer Art/eines Gebietes können wir nur gut argumentieren, wenn wir von deren Existenz/von der Bedeutung des Gebietes durch die dort gefundenen Arten wissen! Heutzutage würde ich aber keinen Hirschkäfer oder Nashornkäfer mehr fangen und in meine Sammlung stecken. das gilt für alle Arten, die ich so bestimmen kann. Hier genügt dann einfach die Beobachtung zu veröffentlichen. Aber der Großteil unserer Käferarten ist so klein, dass man sie ohne Bino nicht bestimmen kann. Meist ist auch ein Genitalpräparat notwendig.
Und wenn wir beim illegalen Lichtfang auf einer Berliner Brache Kinder für "unsere Sache gewinnen können", dann ist das der Hauptgewinn. Denn diese jungen Menschen werde auch nur das schützen wollen, was sie kennen.
Falls jemand also Schmetterlinge im Netz kauft und damit die lokale Bevölkerung in PNG unterstützt, die Ornithoptera züchtet und sie somit auch schützt, dann ist das doch eine gute Sache. Sofern das natürlich so läuft.
Man sollte also immer den Einzelfall betrachten. Aber ohne Sammlungen geht es nicht. Und ohne Artenkenntnis auch nicht. Und Artenkenntnis verlangt eine Vergleichssammlung.
Grüße
Tobias