Guten Abend Actias-Gemeinde,
die Meinungen darüber, wie Attacus atlas bzw. Attacus-Arten im Allgemeinen zu halten sind, gehen weit auseinander. Manche haben Erfolge bei normalem Zimmerklima, andere halten sie in Plastikboxen mit Gaze'deckel' und wiederum andere simulieren in Terrarien Tropenklima. Einige verhätscheln die Raupen beinahe und kassieren dennoch einen Komplettverlust, während es Fälle gibt, bei denen die Aufzucht sichtlich unter (teils hygienisch) fragwürdigen Bedingungen gelingt. Als wäre das noch nicht genug Verwirrung, gibt es noch weitere Anlässe zum 'Ratlos-Sein'. Viele empfehlen Flieder als mögliches Futter, wenige berichten von Durchfallproblemen oder halten diese zumindest für wahrscheinlich, sodass sie komplett davon abraten. Ähnlich weit auseinander gehen die Meinungen bei Lorbeerkirsche. Nicht anders sieht die Situation bei der Faltergröße aus: Der Züchterkollege Andreas hat ohne Sprüherei und Wassergabe, wenn auch bei einer anderen Art, spektakulär große Tiere erhalten; der hier publizierte Zuchtbericht hält hingegen einen Zusammenhang zwischen Wassergabe und Faltergröße fest. Letzteres erscheint vor allem auch deswegen bemerkenswert, da die weiblichen Tiere trotz Wassergabe lediglich 20-22cm Flügelspannweite erreichten und somit weit entfernt vom Artmaximum sind. Hinzu kommt, dass man immer wieder auf die Aussage stößt, dass Zuchtfalter generell nicht die Größe wildlebender Exemplare erreichen würden. ... Kurz: Mehr Widersprüchlichkeiten in puncto Erfahrungen und Haltungsempfehlungen wird man bei kaum einer anderen Art finden. Da verwundert es auch nicht mehr, wenn Attacus atlas mal als schwer zu halten und mal als Anfängerart eingestuft wird.
Um nun langsam zum eigentlichen Schwerpunkt des Themas überzuleiten und die einleitenden Worte abzuhaken, sollen nur noch 2 Exkurse etwas ins Thema 'einführen' bzw. die Problematik greifbarer machen:
1.) Ich selbst habe meinen ersten Versuch auf Flieder und in Terrarien mit jeweils 2 Belüftungsflächen (kleines für L3-L4; großes für L4-L6) unternommen. Die Aufzucht L1-L2/L3 erfolgte bereits hier, aber auch bei allen späteren Zuchten mit der hier präsentierten Methode (genauere, ausführlichere Details dazu hier), welche aufgrund des fast gänzlich durchgängigen Erfolgs freilich beibehalten wird. Aus 20 Eiern schlüpften 20 Tiere, die allesamt, also ohne jeden Verlust, L5 und großteils L6 erreichten. Ohne jeden erkennbaren Grund bekamen dann allerdings beinahe alle Tiere Durchfallprobleme und waren nicht mehr zu retten. Lediglich 4 Tiere überlebten (größte Dame: 23,5cm Flügelspannweite) und lieferten mir eine zweite Generation. Ich hielt das katastrophale Ende für das Ergebnis der Fliederfütterung und organisierte mir daher noch einmal zeitlich halbwegs passend ergänzende Eier, um keine Inzucht betreiben zu müssen. Während sich meine Tiere wieder recht normal, aber keineswegs verlustfrei entwickelten, starben alle L1-Raupen der nachbestellten Eier unter exakt gleichen Bedingungen (Inzucht?). Was nun? Das, was zweimal gut funktionierte, klappte nun überhaupt nicht. Ich unterhielt mich mit einem anderen, doch deutlich erfolgreicheren Züchter aus Frankreich, der mir mitteilte, dass stehende Luft das größte Problem sei. Also doch nicht der Flieder, sondern die Terrarienluft trotz täglichem Luftaustausch und Belüftungsflächen? Im Winter blieb mir nun leider keine andere Option als Lorbeerkirsche, und ich wagte den Versuch, eine Haltung bei Zimmerklima in Gazeboxen. Das Ergebnis war wieder eine ausreichend erfolgreiche, erheblich ergiebigere Zucht, aber längst nicht das, was ich mir 'wünsche'. Niemand sollte sich mit einer 'Durchkommquote' von 20-30% zufriedengeben, wenn er nicht gerade eine sehr problematische Art hält oder die notwendigen Bedingungen noch gänzlich unbekannt sind. Das Minimum, bei dem ich gerade so zufrieden bin, liegt eher bei 70%, wenn die Art etwas anspruchsvoller ist. Erwähnenswert bei dieser letzten Zucht sind folgende Punkte: Ich erhielt 41 Männchen und lediglich ganz am Ende 2 Weibchen. Unter den Männchen sind 2 Zwerge, wobei der größere Falter eine Spannweite von 12cm hat und der andere maximal 10cm erreichen wird, falls er überhaupt gesund schlüpfen sollte. Liegt es am Futter? Ist das Zimmerklima doch etwas zu fern vom ursprünglichen Klima (zumindest blieben Durchfallprobleme fast komplett aus)? Würde der Mittelweg die Lösung sein? Oder muss es gänzlich anderes Futter (z.B. Liguster) sein?
2.) Vor die Wahl gestellt, ob ich es darauf ankommen lasse, dass mir die 2 Damen aus der Zucht reichen (die Elterntiere waren durch Puppenzukauf frisch gekreuzt, sodass es jetzt erst um die erste Inzucht ginge), oder ergänzende Puppen organisiere, entschied ich mich für letztere Option. Heute erhielt ich die frischen Importe aus Sumatra. Ich lasse dieses Bild mal für sich selbst sprechen (links die Wildtiere; rechts meine schwächlichen Damen). Zur Einordnung: Die weibliche Puppe wiegt unglaubliche 12g; die beiden Damen aus meiner Zucht wiegen zusammen lachhafte 9g, werden aber trotzdem eine Flügelspannweite von ca. 20cm haben. Die Flügel bei Tieren dieser Art sind also selbst bei erheblich kleineren Vertretern noch erstaunlich groß.
Andreas' Nachzucht, nochmal: auch wenn es eine andere Art ist, deutet darauf hin, dass es sich bei der Aussage, dass die Tiere in der Nachzucht niemals die größe der Wildtiere erreichen, letztlich um einen Mythos handeln könnte. Dasselbe gilt wohl auch für die naheliegende Vermutung, dass es ja die alternativen Futterpflanzen sein könnten, die nicht ganz ideal sind.
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Was bleibt? Viele Fragen, keine Antworten. Also warum nicht tabula rasa machen und es einmal methodisch angehen, um vielleicht doch etwas Klarheit zu gewinnen? Genau darum soll es in diesem Thema in den nächsten Wochen und Monaten gehen. Auch zum Wohle der Tiere nachfolgender Züchter, denn die Diskussionen zur Haltung dieser Art finden auf Actias in fast jedem Jahr erneut statt.
Was soll stattfinden?
- eine Parallelhaltung unter verschiedenen Bedingungen
- verschiedene Unterbringungsmethoden ab L3 (verschiedene Luftverhältnisse)
- verschiedene Futterpflanzen ab L1
- bei verantwortbaren Unterbringungsmethoden a) mit Wassergabe und b) ohne
Was soll dokumentiert werden? Jeweils je Haltungsvariante und Futterpflanze (welche ebenso jeweils anzugeben ist):
- wer die Möglichkeit hat: Angabe der Luftfeuchtigkeit und Temperatur (letztere ist für mich erst einmal vollkommen sekundär)
- die Wachstumsgeschwindigkeit/Entwicklungsdauer (L1 zu Kokon)
- Gruppengröße (je Box) und die 'Ausfall'rate und der jeweilige Grund (nicht erkennbar/Fressen eingestellt/Fressen eingestellt und Durchfall/Häutungsproblem/etc.)
- die Puppengröße/das Puppengewicht
- gerne auch: die Spannweite der erhaltenen Falter
Ich weiß, dass sich noch ein anderer User beteiligen wird, aber ich lade jeden User herzlich dazu ein, aus diesem 'ursprünglichen' Einzelprojekt, da ich diese Art wunderbar finde, aber die Ausfälle nicht mit mir vereinbaren kann und will, ein Gemeinschaftsprojekt von Actias zu machen. Natürlich werden die Ergebnisse etwas darunter leiden, dass ihr vermutlich Tiere von anderen Zuchten habt, aber jede halbwegs transparent dokumentierte Zucht könnte Fingerzeige liefern. Eine Parallelhaltung ist dabei nicht nötig; selbst wenn Ihr nur eine einzige Methode wählt und mitmachen wollt: Tut es! Die einzige Bedingung ist eine saubere, für andere nachvollziehbare Dokumentation. Ihr müsst keine Mitautoren des Dudens sein, Ihr müsst keine Luxuskamera besitzen – Ihr müsst nur Interesse daran haben, einen Teil beizutragen, falls Ihr in diesem Sommer Attacus atlas haltet. Je nachdem, wie viele Eier ich erhalte, werde ich dann auch mit Vorrang Interessierte über die Börse versorgen.
Was kann im Vorfeld erfolgen?
1.) Es wäre hilfreich, bei Euch erfolgreich verwendete Methoden zu beschreiben oder auf Eure alten Beiträge zu verlinken, damit eine Auswahl aus den plaubilsten Varianten (Boxen etc.) erfolgen kann. Bilder wären noch besser.
2.) Es wäre ebenso hilfreich, zu sammeln, welche Erfahrungen ihr mit bestimmten Futterpflanzen, mit Sprüherei usw. (auch im Zusammenhang mit der finalen Größe!) gesammelt habt. Hatte je jemand Nachzuchten mit Flügelspannweiten über 26 oder 27cm?
3.) Sammeln von allgemeinen Anregungen etc.
So, das war's erstmal von meiner Seite. Bin gespannt, was daraus wird, selbst wenn am Ende nur 2 mitmachen.
Gruß