Sphinx ligustri sterben

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    Moin,


    du schriebst an anderer Stelle vor kurzem mal, du hättest deine ligustri Puppen im Keller überwintert. Auch wenn es dort kühl ist, die Temperatur ist für die Überwinterung heimischer Arten dennoch viel zu hoch - das ist ja auch der Grund, weshalb deine Falter bereits jetzt, locker einen Monat zu früh, geschlüpft sind.

    Es ist denkbar, dass durch die (für die Überwinterung) zu hohe Temperatur in den vergangenen Monaten der innere Metabolismus der Puppen die Energiereserven der späteren Falter bereits aufgebraucht hat; diese zwar noch schlüpfen - mit letzter Kraft; dann jedoch sehr bald absterben.

    Auch starke, schnelle Temperaturschwankungen können dies zur Folge haben (Puppen aus dem Keller sofort ins Zimmer; oder dann doch nochmal wieder raus etc.)


    Indes bin ich kein Fan davon, jedes Problemchen in der Zucht auf abstrakte, ominöse Inzucht zu schieben - wo doch so gut wie immer Pflegefehler oder falsche Haltungsbedingungen viel naheliegender sind.

    Der anklagende Fingerzeig auf die Inzucht dient mehr der Absolution für den Züchter, denn man schiebt die Schuld für das Misslingen der Zucht auf den Vorbesitzer des Zuchtstamms oder allgemein auf die "Biologie"/ höhere Gewalt und muss sich keine Gedanken mehr um mögliche andere Gründe machen, für die man wohl selbst verantwortlich wäre... :winking_face:

    Außerdem ist die Inzucht-Begründung inzwischen leider durch den allgemeinen Konsens unter Entomologen legitimiert; egal ob absolute Einsteiger oder alte Hasen - sobald von der Inzucht gesprochen wird, geht ein zustimmendes Raunen und Nicken durch die digitale Runde - ohne dass sich die wenigsten tatsächlich mal damit auseinander gesetzt haben; oder sogar praktische Versuche dazu unternahmen (zBsp. Parallel-Zuchten über viele Generationen hinweg usw.)

    Nichts für ungut.


    Gruß,

    Lucas

  • Außerdem ist die Inzucht-Begründung inzwischen leider durch den allgemeinen Konsens unter Entomologen legitimiert; egal ob absolute Einsteiger oder alte Hasen - sobald von der Inzucht gesprochen wird, geht ein zustimmendes Raunen und Nicken durch die digitale Runde - ohne dass sich die wenigsten tatsächlich mal damit auseinander gesetzt haben; oder sogar praktische Versuche dazu unternahmen (zBsp. Parallel-Zuchten über viele Generationen hinweg usw.)

    Hallo in die Runde,


    ich züchte nun seit ca. 40 Jahren Schmetterlinge und habe mich in dieser Zeit mit dem Thema Inzucht intensiv auseinandergesetzt, in dem ich Parallelzuchten mit selbst gesammelten Freilandbeständen durchgeführt habe.


    z.B. Sphinx kalmiae (Cape Breton, Kanada) und D. elpenor (aus meiner Gegend), A. atropos.


    Die Ergebnisse aus diesen Untersuchungen fielen relativ eindeutig aus:


    F0:

    * Die Ei-Schlupfrate liegt nahe 100%,

    * Die Raupen sind vital, wachsen schnell und erreichen die der Art entsprechende Größe.

    * Die Raupen sind extrem unempfindlich gegen Haltungsfehler.

    * Absterbende Puppen während der Winterruhe sind die absolute Ausnahme bei artgerechter Lagerung

    * Verkrüppelte Falter nach dem Schlüpfen sind die absolute Ausnahme


    F1:

    * Die Ei-Schlupfrate ist je nach Art deutlich reduziert auf 50-80%.

    * Die Raupen entwickeln sich in den ersten Larvalstadien relativ normal, werden aber im letzten Stadium deutlich kleiner als die der F0-Generation.

    Bei A. atropos z.B. ist eine F1-Nachzucht bis zur Verpuppung nicht durchführbar, weil die Raupen im L5-Stadium das Fressen einstellen und beginnen umherzuwandern.

    * Haltungsfehler führen schnell zu eine sich ausbreitenden Infektionskrankheit, die dann auf den gesamten Bestand übergreift.

    * Die Puppen sterben während der Winterruhe zu einem gewissen Prozentsatz ab.

    * Die Falter sind nach dem Schlüpfen teilweise verkrüppelt.


    F2:

    * Sollte man besser sein lassen


    Sicherlich mag der ein oder andere dagegenhalten, dass er mit F1/F2-Zuchten bisher ganz andere Erfahrungen gemacht hat und das zu Recht!, denn F1 ist nicht gleich F1.

    Wenn man als Ausgangsmaterial einen Pool von hoher Diverisät nicht verwandter Individuen zur Verfügung hat (z.B. im Freiland aufgesammelte Raupen) dann ist die Wahrscheinlichkeit bei einer

    Nachzucht eher gering, dass die Nachkommen von derselben Blutslinie abstammen werden . F1 ist damit qualitativ betrachtet weiterhin F0.

    Die "Inzuchtwahrscheinlichkeit" steigt aber bei jeder weiteren Nachzucht auch in diesem Fall kontinuierlich an, macht sich aber oft erst später in einer F5 oder F6-Generation bemerkbar.


    Leider sieht es in der Praxis aber nunmal so aus, das man in den meisten Fällen bei einer Eier-Bestellung ausschließlich Zuchtmaterial derselben Blutslinie zugesendet bekommt.

    Die Nachkommen dieser Zuchtlinien eignen sich für eine Nachzucht definitiv nicht, es sei denn man hat ein Angebot von einem anderen Züchter mit einem nachweislich genetisch nicht verwandten

    Zuchtstamm. Hier hat man dann zumindest die Möglichkeit durch konsequente Verpaarung von männlichen und weiblichen Tieren der verschiedenen Blutslinien wieder eine vitale Nachzucht in F0-Qualität zu erzielen.


    Mir persönlich ist in diesem Jahr z.B. meine atropos-Zucht flöten gegangen, weil ich unwissentlich zwei als nicht blutsverwandte deklarierte Zuchtbestände (F0) miteinander verpaart habe die aber offensichtlich derselben Blutslinien entstammt haben müssen, denn die Raupen dieser F1-Nachzucht haben alle ab L5 die Futteraufnahme einstellt und sind verstorben. Zum Glück hatte ich noch einen 3. Bestand aus einer nicht verwandeten Blutslinie wo die Ergebnisse aus dieser Verpaarung fantastisch gesunde Raupen ergeben haben sollen, so zumindest das Feedback mancher Besteller, die das Glück hatten nicht die "F1-Luschies" geliefert bekommen zu haben.


    Darum zum Schluß meiner Ausführungen der dringende Appell an alle Anbieter im Forum: Wer Zuchtmaterial als F0 deklariert, der sollte auch F0 liefern.

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