Hallo Sönke,
Du hast in vielem recht und bist offensichtlich auch sehr gut in diesem komplexen Thema informiert. In weiten Teilen stimme ich Deinen Ausführungen zu. Und Du hast natürlich auch recht, dass rein juristische "trockene" statements viele Menschen nicht ansprechen, von daher muss "populistisch" nicht zwangsläufig etwas negatives sein. Wir sind uns wohl einig, dass es so nicht geht, wie mit dem Entwurf geplant und dass daher Euer Engagement lobenswert ist und es auch wert ist von uns allen, die wir betroffen sind oder sein könnten, nach besten Kräften unterstützt zu werden.
Eine wirklich ernsthafte schriftliche Diskussion zu diesem Thema ist schwer möglich, da das Problem zu vielschichtig ist. So kann alles nur angerissen werden und jeder Leser muss sich mit diesen Informationen seine eigene Meinung bilden, die offensichtlich bei vielen jetzt Panik aufkommen lässt, die ich speziell für die Entomologen für unangebracht halte. Wir Entomologen sind schon einiges gewöhnt durch Bundesnaturschutzgesetz, Washingtoner Artenschutzabkommen, Bundesartenschutzverordnung, Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie und andere EG-Richtlinien, alles Bestimmungen übrigens, die auch mit drastischen Strafandrohungen arbeiten, siehe z. B. hier:
§ 71 BNatSchG Strafvorschriften - dejure.org.
Bis zu 5 Jahre Freiheitsstrafe sind ja auch nicht gerade ein Pappenstiel ... Trotzdem wage ich zu behaupten, dass wir Entomologen im Großen und Ganzen damit gut leben können und die Praxis bei weitem nicht so drastisch ist, wie es diese Gesetze vermuten lassen könnten.
Den Aufsatz meines Kollegen Walser habe ich mit Interesse gelesen. Er hat sich da viel Mühe gegeben und alles aufwändig ausgearbeitet. Die Interessenlage bei Mineralien und Fossilien ist aber nicht 1 : 1 übertragbar auf Insekten bzw. Tiere im allgemeinen. Gleichwohl ist der Entwurf leider unbestreitbar so umfassend und allgemein gehalten, dass eben alle Sammler (vielleicht bis auf Bierdeckelsammler, aber selbst da bin ich mir nicht sicher ...) betroffen sind. Hinzu kommt, dass meines Erachtens rechtsstaatliche Grundsätze verletzt werden, gerade wegen der Rückwirkung von 30 Jahren und der Beweislastumkehr. Wenn man es rein pragmatisch sieht und sich den Werdegang des Entwurfs nur seit Sommer 2015 ansieht, befürchte ich allerdings, dass das Bundesverfassungsgericht das letzte Wort haben wird. Frau Grütters jedenfalls scheint leider sehr überzeugt zu sein von diesem über das Ziel schiessenden Entwurf, der sich meines Erachtens ohne großen Aufwand so abändern ließe, dass er eben wirklich den Kern trifft, nämlich die von Frau Grütters immer wieder angeführten Gründe, national wertvolles Kulturgut vor einer Abwanderung ins Ausland zu schützen und die Einfuhr von geraubten und geplünderten Kunstschätzen vor allem aus Kriegs- und Krisengebieten (Stichwort: Finanzierung des IS durch solche Plünderungen) einzudämmen (unterbinden kann man so etwas nicht).
Also:
Lobbyarbeit muss sein und ich wünsche uns allen, dass die Bemühungen der Lobbyisten letztendlich erfolgreich sein werden.
Herzliche Grüße
Robert