Eine sehr schwierige Bestimmungsaufgabe

Liebe Mitstreiter,

anbei stelle ich ein Bild einer Erzwespenspezies ein, die ich bislang noch nicht sicher bestimmen konnte. Das Tier ist im Original nur ca. zwei bis maximal drei Millimeter lang. Ich frage also echtes Expertenwissen ab. Gibt es hier einen Experten, der mir sagen kann, mit welcher Spezies ich es zu tun habe? Oder kennt jemand von euch einen Experten, der mir meine Anfrage womöglich beantworten könnte?

Vielen Dank für eure Rückmeldungen.

Grüße, Michael

Zitat von Sphingidae77

Ich weiß nicht ob ein Fundort dazu wichtig ist für die Spezialisten. Grüße Michi

Oh ja, da hast du natürlich recht! Das habe ich vergessen: Biberach an der Riß, Oberschwaben, der Garten meines Hauses.

Hallo Martin,

das erkläre ich dir gerne. Du brauchst für solche Aufnahmen folgendes:

- ein Objektiv, das für den extremen Nahbereich abgestimmt ist. Die Aufnahmen entstanden mit einem LM Macroscope. Die genaue Bezeichnung ist leider nicht auf dem Objektiv aufgedruckt, darum kann ich sie dir nicht sagen. Du findest die österreichische Firma LM im Internet. Im Grunde handelt es sich beim LM Makroscope schon um eine Art Mikroskopaufsatz.

- wenn du wesentlich weniger Geld für ein nahezu gleichwertiges Produkt ausgeben möchtest, empfehle ich das 25 mm LAOWA F 2.8 Ultra Macro 2,5-5X, made in china.

- zu dem Objektiv brauchst du (nicht zwingend) eine Stacking-Schiene und ein festes, schweres Stativ. So etwas gibt's bei der amerikanischen Firma Cognisys. Kostet ca. 800 EUR, lohnt sich aber, wenn du dich für die Welt der kleinsten Insekten interessierst. man kann dort unheimlich viel entdecken, wie du auf den Fotos ja gesehen hast (feinste Härchen auf den Flügeln, usw.).

- Focus-Stacking bedeutet, dass du mehrere Aufnahmen von ein und demselben Objekt aus verschiedenen Abständen machst. Diese Aufnahmen werden anschließend von einem Computerprogramm zusammengesetzt, so dass du quasi mehrere Schärfenebenen aufaddierst, angefangen von der Fußspitze bis zum Flügelende. Ich erkläre das bloß, falls du noch nie von dieser Technik gehört hast. Eine günstige Stacking Software ist zum Beispiel Helicon Fokus. Die habe ich verwendet.

- So, und jetzt kommen wir zum schwierigsten Teil des Handwerks: Das Insekt sollte sich beim Fotografieren unbedingt ruhig verhalten, weil die Stacking-Software ansonsten an ihre Grenzen gelangt. Das erreichst du - wie du dir schon denken kannst - am besten in einer kühlen Umgebung zur richtigen Tageszeit.

Bei solch extrem kleinen Insekten wie der Erzwespe musst du alle diese Schritte beachten. Doch jetzt die gute Nachricht. Du kannst auch extrem viel erreichen, indem du dir einfach das Laowa Objektiv besorgst und damit experimentierst - auch ganz ohne Fokus-Stacking. Dann erhältst du lebendigere Bilder mit etwas weniger Schärfentiefe, die aber auch sehr interessant sein können. Damit du die Ergebnisse siehst, habe ich dir im Anhang einige Fotos der winzigen Goldwespen Omalus puncticollis, Pseudomalus auratus und Omalus pusillus (alle det. Oliver Niehuis) beigefügt. Die sind zwar größer als die Erzwespe, aber nicht viel. Die Aufnahmen (außer von pusillus) stammen aus einem kleinen Projekt von mir, in dem ich die Goldwespenfauna meines Gartens (explizit für Wildbienen angelegt) erforscht habe. Ich werde Ende des Jahres darüber berichten. Ich muss den Artikel lediglich noch ein wenig überarbeiten. Dazu bin ich bis jetzt noch nicht gekommen.

Hallo Martin,

ich bin das genaue Gegenteil eines Technik-Freaks. Im Grunde mag ich mich gar nicht mit Technik befassen. Doch wenn man in der Fotografie bestimmte Effekte erzielen möchte, kommt man um die Technik halt nicht herum. Traurig aber wahr. Leider kenne ich all die Gerätschaften nicht, die du mir beschrieben hast. In die extreme Mikrofotografie bin ich noch nicht eingestiegen, weil ich da auf einen Schlag um die 2000-3000 EUR investieren müsste. Ich denke tatsächlich, dass du kaum alle deine Ziele mit einem Gerät wirst erreichen können. Das 25 mm LAOWA Ultra Macro schlägt für Aufnahmen, wie ich sie hier gezeigt habe, die Konkurrenz, weil es wesentlich billiger ist als ein Macrosope und dennoch eine extrem hohe Qualität erreicht. Und nicht nur das. Das LAOWA kannst du im extremen Makrobereich sogar stufenlos von 2,5-facher bis 5-facher Vergrößerung einstellen. Ich weiß, jetzt klinge ich ein bisschen wie ein LAOWA-Vertragshändler. Das bin ich aber nicht.

Ich bin einfach nur verblüfft über die technischen Möglichkeiten, die uns diese chinesische Firma bereitstellt. Und da gibt's ja noch Anderes, zum Beispiel das Weitwinkel Makro-Periskop, das zwar keine so hohen Auflösungen erreicht aber allemal noch interessante Bildergebnisse liefert, die früher unmöglich gewesen wären. Mit dieser Technik experimentiere ich gerade. Bis jetzt ist der Erfolg zwar noch bescheiden (weil ich die Schärfe da so schlecht einstellen kann). Ich bin mir aber sicher, dass ich nach ein wenig Eingewöhnzeit den Effekt noch voll ausnutzen kann. Ich hänge dir mal ein paar Beispiele an, wie ich mir die Weitwinkel Makrofotografie ungefähr vorstellen könnte, wenn sie dann Mal gelingt. Die Bilder sind zwar nicht besonders gut. Sie gehen aber in die Richtung, die ich mir vorstelle. Wie du siehst, erkennt man auf den Aufnahmen wesentlich mehr Hintergrund als üblich. Wenn man Glück hat und einem eine gescheite Perspektive gelingt kann man Lebensraum und Objekt also auf ein und demselben Foto darstellen. So, das war's jetzt aber mit meiner LAOWA-Werbung. Ohnehin bin ich mal wieder vom einen Thema ins nächste abgeschweift.

Viele Grüße

Michael

Hallo Franz,

mit Umkehrringen habe ich früher auch manchmal gearbeitet. In der guten alten Mittelformatzeit... ...als man nicht bloß ein Handy hinhalten musste und gut ist. Ich habe mich für die teurere Variante entschieden, weil mich mein seltsames Hobby ansonsten wenig Geld kostet und ich nach einem perfekt auf den Ultramakrobereich eingestellten Objektiv gesucht habe. Kann mir aber gut vorstellen, dass ich das auch billiger hätte haben können. Die Sache mit den Abstandsringen () ist recht kompliziert, wie ich finde. Vor allem, wenn man gerne im Freiland fotografiert.

Gruß, Michael

Hallo Franz,

ich fotografiere zwar gerne in freier Natur. Bei Goldwespen ist das aber nur möglich, wenn du sie in der Nähe ihrer Wirtsnester antriffst. Und wenn, dann auch bloß bei Arten, die um die 8-10 mm messen. Die kleinen Teufelchen auf meinen Bildern sind viel zu klein, als dass sie sich für Freilandaufnahmen eigneten. Also ja: da musste ich nachhelfen. Für solche Fotos kühle ich sowohl das Objekt als auch den Hintergrund und ich fotografiere, wenn es noch kühl ist.

Die Tiere sind in der Tat anhand von Fotos bestimmt worden, aber nicht anhand von Einzelfotos, sondern anhand von Bildserien. Ich kann das nicht, aber derjenige, der die Bestimmungen vorgenommen hat, zählt wohl zu den anerkanntesten Goldwespenexperten Deutschlands. Herr Niehuis kann solche Bestimmungen in sehr vielen Fällen zuverlässig durchführen. Nur bei der Chrysis ignita Gruppe benötigt auch er unter Umständen die Tiere im Original. Meist lassen sich die Arten der Gruppe aber ökologisch unterscheiden, wenn es eng wird. Man muss bei dieser Gruppe sowieso noch mit der Entdeckung weiterer kryptischer Spezies rechnen.

Für meine Zwecke genügt auch einmal eine Bestimmung mit dem Kürzel "cf".

Übrigens: Selbst wenn du Goldwespen kühlst und auf einem kühlen Hintergrund absetzt, werden sie sofort wieder aktiv, wenn sie bloß die Ahnung eines warmen Lufthauchs verspüren. Das ist einerseits schlecht, weil man für seine Aufnahmen kaum Zeit hat. Andererseits offenbaren die Tiere in solchen Situationen verlangsamt Arttypische Verhaltensweisen, die sich ansonsten kaum jemals fotografieren ließen. Genau deshalb ist Fokus-Stacking auch nicht immer der Weisheit letzten Schluss. Außer du arbeitest mit den Techniken von Alexander Mett mit stundenlangen Bildbearbeitungen in Fotoshop. An Goldwespen hat sich aber selbst Alexander bislang die Zähne ausgebissen. Obwohl er wirklich ein paar sehr schöne Fotos dieser Tiergruppe geschossen hat - angeblich im Freiland ...

Viele Grüße

Michael