Arctia konewkaii Kannibalen?

  • Liebe Kollegen,
    ich habe zur Zeit unter anderem eine Gruppe von Raupen von Arctia konewkaii in Zucht. Schon seit geraumer Zeit beobachte ich eine Abnahme der Raupenzahlen, ohne dass ich geschrumpfte Raupenleichen im Zuchtbehälter finden konnte. Meinen Verdacht, die verschwundenen Raupen seien von ihren Artgenossen gefressen worden, lag zwar nahe, ließ sich aber nicht verifizieren. Heute nun habe ich beim Säubern des Behälters eine Raupe erwischt, die sich über den Kadaver einer anderen Raupe hermachte. Leider kann ich nicht beurteilen, ob die Raupe bereits tot war, oder ob sie von ihrem Artgenossen getötet worden ist. Unverzüglich habe ich den Kadaver als Beleg fotografiert und werde das Foto auch noch einstellen. Als Konsequenz habe ich die Raupen sofort in kleinere Gruppen geteilt und in verschiedenen Boxen untergebracht. Ich werde genau beobachten, ob wieder Raupen spurlos verschwinden.
    Aus dem Fund ergibt sich die Schlussfolgerung, dass wohl die Raupen von Arctia konewkaii als bedingt kannibalistisch eingestuft werden müssen, mit der Konsequenz, falls sich der Befund bestätigt, dass sich für die Raupen eine Einzelhaltung empfiehlt.
    Keine Aussage möchte ich über die Ursachen des Kannibalismus treffen. Ob es sich um einen Zufallsbefund oder um einen Kannibalismus wegen armem Futter(Endiviensalat) oder um ein Verhaltensmerkmal handelt, kann nicht oder noch nicht geurteilt werden. Interessant wäre in dem Zusammenhang, ob Kollegen ähnliches beobachtet haben.
    Gruß
    Arnd

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  • Hi Arnd und alle Arnderen :grinning_squinting_face: ,


    mir ging´s mit meinen P. virginalis Raupen ganz ähnlich, hab sie beim "ausmisten" jedes mahl gezählt, und bei jedem mal waren es 2-3 Raupen weniger! Erst dachte ich, ich hab mich verzählt, habe aber dann das selbe wie du feststellen müssen, und eine Raupe beim gemütlichen Verzehr eines Artgenossen beobachtet! Und das selbe konnte ich auch schon bei meinen O. parasita Raupen feststellen! Gefärdet sind in erster Linie Raupen die gerade in der Häutungsphase sind, besonders in der Größe zurückgebliebene Exemplare!
    Bären sind halt Allesfresser, das ist doch bekannt :grinning_squinting_face:
    Ich hab´se jetzt eben in 5er Gruppen aufgeteilt, und versuche, die Raupen, die sich eben grad häuten, rauszunehmen. Das ist ja bei Arctiiden normalerweise kein Problem.
    Ich hab übrigens mit Weißkraut, Spitzkohl und Brot gefüttert. Bei A. caja hab ich das bis jetzt übrigens noch nicht beobachtet!


    Grüße
    Hans

  • Hallo Hans,
    also doch! Hatte ich mir schon gedacht, bei meinen virginialis war es genauso, da hatte ich mir noch nichts dabei gedacht.
    Habe zur Zeit außerdem Holoarctia cervini, die kurz vor der Verpuppung stehen. Bei denen ist das übrigens nicht vorgekommen, selbst wenn tote Raupen in der Kiste lagen. Die Gesamtzahl der Raupen war immer stabil.
    Scheinbar gibt es also anfällige Arten, und es gibt Arten, die auf Kannibalismus verzichten.
    Gruß
    Arnd

  • Hallo,
    ich vermute das es mit einseitiger,nicht optimaler Ernährung zu tun hat.
    Meine A.konewkaii und P.virginalis-Raupen entwickeln sich sehr gleichmäßig
    und ohne Kanibalismus.Zucttemperatur: 18°-25° C .
    Futter: frischer Brennesselaustrieb,Schafgarbe,Spitzwegerich und Löwenzahn.
    Als besondere Zugabe, gibt es jeden zweiten Tag eine Krokusblüte,die bevorzugt
    und restlos aufgefressen wird.


    @ Hans , Kohlarten werden nach meinen Beobachtungen äußerst ungern und
    nur zur Not gefressen.Auch Endiviensalat wird verschmäht solange es besseres gibt.


    Gruß Heiner

  • Es stimmt also doch: bei den konewkai-Raupen habe ich die Schuld auf mich genommen, nachdem ich immer wieder geringere Stückzahlen als beim letzten Füttern festgestellt habe.
    Definitiv habe ich Kannibalismus aber bei Arctia-flavia-Raupen, u. zw. im vorletzten und letzten Kleid, festgestellt.


    Naja, es soll ja auch bei Menschen geben, dass sie sich gegenseitig zerfetzen...


    Grüße
    Heinz

  • In der Literatur habe ich immer wieder Angaben gesehen, daß die Raupen verschiedener Bären-Arten Fleischfresser seien. Damit war aber nicht gemeint, daß die Raupen Schweine- oder Rindfleisch fressen, sondern ihre Artgenossen. Daß es so etwas nicht nur bei Bären gibt, konnte ich auch einmal live miterleben: Bei einer Schwammspinner-Zucht brauchte ich große Mengen Eichenlaub, mit dem ich dann auch Raupen anderer Falterarten "einschleppte". Weil es einfacher war, hielt ich diese Raupen gemeinsam in einem Zuchtbehälter. Einige Stunden später war eine Raupe verschwunden - weglaufen war ausgeschlossen. Beim nächsten Nachschauen wurde ich dann Augenzeuge wie die große Raupe (die später einen Flammenflügel [Amphipyra pyramidea LINNAEUS, 1758] ergab) eine kleinere Raupe (einer anderen Art) bei lebendigem Leib komplett vertilgte. Daß es an der mangelhaften Qualität des Futters lieget glaube ich nicht, denn das Futter war geanau das, an dem die Raupen in der Natur lebten und es war ganz frisch.


    Viele Grüße - TG

  • Ich ziehe derzeit Platyprepia virginalis und Arctia konewkaii an Kunstfutter in an und für sich engen Behältnissen. Gefüttert wird täglich und das ältere Futter bis drei Tage dringelassen. Bisher ist nicht eine Raupe verschwunden.
    Ich will mich wohl Heiner anschließen, daß irgendwelche Fehler (nicht böse gemeint) im züchterischen Bereich vorliegen.
    Meine bisherige Erfahrung hat gezeigt, daß sich selbst bei "tatsächlichen" kannibalistischen Arten in den meisten Fällen die Raupen gegenseitig in Ruhe lassen, wenn ausreichend Platz, Futter und Feuchtigkeit (!!!) vorhanden ist.
    Rudi Tannert

  • Hallo Rudi,
    Kunstfutter, Respekt ! Aus dir könnte doch noch ein "richtiger" Bärenzüchter werden :thumbs_up: Das Kunstfutter läßt sich doch leichter dem Kühlschrank entnehmen als Grünfutter in der Natur suchen, habe ich doch schon immer gesagt :winking_face:


    Nun Spaß ohne. Ich bin ganz deiner Meinung in Bezug auf die Feuchtigkeit. Ich habe auch flavia, cervini,virginalis, virguncula, konewkaii und parasita gezogen, bzw. ich ziehe diese noch. Immer ein bißchen Kondenswasser in der Plastikschachtel hat meinen Raupen nicht geschadet und zu Kannibalen sind sie auch nicht geworden. Genügend füttern muß man natürlich auch.
    Allerdings habe ich gemerkt, daß parasita und auch cervini trotzdem gern die frischen, noch weißen, Puppen anfressen.


    @ Heiner.
    In welchem Erdteil lebst du eigentlich ?? Löwenzahn, Schafgarbe, Spitzwegerich, [color=#ff0000]frischer[color=#000000] Brennnesselaustrieb, Krokusblüte .... ich bin froh wenn ich noch vernünftige Brombeere finde :loudly_crying_face: .


    Viele Grüße


    Dietmar

  • Hallo Rudi,
    freut mich, von Dir zu hören!
    Das ein Fehler bei meinen Haltungsbedingungen vorliegt, denke ich auch. Ich habe schon hin und her überlegt, was hier wohl falsch läuft.
    Feuchtigkeit läßt sich ausschließen, die eingelegten Tücher sind beim Wechsel immer feucht. Das Futter ist ausreichend Endiviensalat, der immer gewaschen und abgetrocknet wurde, und wird alle zwei Tage gewechselt.
    Platz ist eher wenig gewesen, alle Tiere waren in einer Box, habe jetzt alle Raupen auf mehrere Boxen verteilt, pro Box(20x20x5cm) immer 6 Raupen.
    Futter stelle ich aufgrund des Hinweises von Heiner noch um , auf die Krokusblüte werde ich mangels Vorhandensein aber wohl verzichten müssen. :grinning_squinting_face:
    Obwohl ich versucht habe, grobe Haltungsfehler zu vermeiden, ist aber dennoch Kannibalismus aufgetreten, und dies wollte ich hier aufzeigen.
    Dass Kannibalismus bei A. konewkaii und anderen Arctiidenarten auftreten kann, scheint mir durch die Aussage der anderen Kollegen, die dies ebenso beobachtet haben, belegt und darum ging es mir! Übrigens zähle ich auch das Anfressen von frischen Puppen zum Kannibalismus, vielen Dank für die Meldung, Dietmar.
    Eine Schlussfolgerung kann sein, dass die Haltungsbedingungen suboptimal sind.
    Vielleicht könnten die Kollegen, die dieses Phänomen nicht beobachtet haben, eben, weil sie den Tieren optimale Bedingungen geboten haben, ihre Erfahrungen so wie Heiner schildern, damit die Zucht für alle einfacher wird und die Erfolgsrate dadurch verbessert werden kann. Wichtig wäre auch, mit Sicherheit ausschließen zu können, dass während der Zucht einzelne Raupen verschwunden sind! Bei dichtem Besatz nicht immer ganz leicht.
    Variiert habe ich auch. Zum Beispiel habe ich die Belüftung verändert und die Raupen eher trocken, so wie ich dies bei H. cervinigetan habe, gehalten, mit dem Ergebnis, dass einzelne Tiere plötzlich vertrocknet sind. Daraufhin habe ich sofort die alten Bedingungen wieder hergestellt.


    Aus der bisherigen Disskussion nehme ich mit, das ein Schlüssel für die erfolgreiche Aufzucht von A.konewkaii wohl eine abwechslungsreiche Ernährung ist.
    Anmerken möchte ich noch, dass ich zur Zeit eine Zucht von Holoarctia cervini habe(von der ich dann gerne Eier abgebe, Reservierungen nehme ich gerne entgegen), bei der ich in Kürze die Puppen erwarte und die ich ausschließlich mit Endiviensalat nahezu ohne Verluste soweit gebracht habe. Hier trat überhaupt kein Kannibalismus auf, trotz völliger Trockenhaltung und einseitiger Fütterung mit Endiviensalat. Andere Kollegen hatten da weniger Glück, wie man ja lesen kann.
    Wenn sich der Kannibalismus durch bestimmte Haltungsbedingungen vermeiden läßt , wäre dies sicher ein Gewinn für alle, die sich mit Raupenzucht beschäftigen.
    Da alle Arten bestimmte Lebensbedingungen haben und die Biotope z.T. völlig unterschiedlich sind, ist klar, dass auch die verschiedenen Raupen unterschiedliche Zuchtbedingungen benötigen. Einfach nur in eine Plastikbox, Tücher und Futter rein, jeden Tag saubermachen und dann abwarten, dass ist eben keine artgerechte Haltung, darum ist mir die Analyse des Phänomens Kannibalismus bei A. konewkai so wichtig.


    Gruß
    Arnd

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  • Servus Dietmar,
    bei dem Erdteil handelt es sich um die westfälische (münsterländische) Tieflandbucht. :thumbs_up:
    Hier herrscht ein maritim beeinflusstes, humides, warmgemäßigtes Jahreszeitenklima.
    Die großräumige Luftdruckverteilung mit hohem Druck über Südeuropa und tiefem Druck
    über dem Nord-Ostatlantik tritt häufig in den Wintermonaten auf.
    Dabei werden oft milde / maritime Luftmassen aus dem Süd-Westen herangeführt.
    Bis zur Atlantikküste (Golfstrom) sind es gerade mal 200 km gen Westen, somit haben
    wir hier ein sehr mildes Klima mit dementsprechend frühen Beginn des Frühlings.
    Die angehängten Bilder sind am Donnertsga , den 17.02. um 13 Uhr aufgenommen worden.
    Ich hoffe , dass bei dir (euch) auch bald der Frühlng eintritt und die Beschaffung des Futters keine
    Probleme mehr bereitet. :winking_face:


    Schönen Abend noch!
    Gruß,
    Heiner








  • Hallo zusammen,


    Mangelnde Feuchtigkeit kann Arten die sonst eher nicht zu Kannibalismus neigen zu solchem Verhalten animieren aber auch ohne suboptimale Haltungsbedingungen kann es dazu kommen. So wurde erst in jüngerer Zeit beobachtet daß z.B. Zygaenidaenraupen regelmäßig direkt nach dem Schlupf ein regelrechtes Schlachtfest an den noch nicht oder erst halb geschlüpften Eiraupen zu veranstalten. Bestimmte myrmekophile Bläulingsraupen fressen Ameisenbrut, Mordraupen sind bekannt. Ich nehme an, daß etliche Arten unter Umständen tierisches Eiweiss zu sich nehmen, abhängig von Rahmenbedingungen weshalb nicht immer reproduzierbar. Als krasses Beispiel aus der Amphibienwelt sei eine Krötenart aus Wüstengebieten angeführt. In Jahren mit normalen Niederschlägen sind die Kaulquappen reine Algenfresser, in extrem trockenen Jahren jedoch wenn die Wasserstände in den Tümpeln zu schnell sinken um eine Entwicklung zuzulassen, entwickelt ein Teil der Tiere Piranhazähnchen und fällt über die algenfressenden Geschwister her. So kann dank der Proteinkost ein Teil der Tiere auch unter extremen Bedingungen die Entwicklung vollenden. Bei der Vielfalt der Überlebensstrategien im Insektenreich scheint mir eine Analogie nicht abwegig.


    Gruß


    Ralf

  • Da Blüten und insbesondere ihre Pollen (siehe: http://bluetenpollen.blogspot.com/ ) u.a. auch sehr viel Proteine beinhalten,
    ist es meiner Meinung nach sehr vorteilhaft ( auch bei Saturniden und Sphingiden) diese , wenn vorhanden mit zu verfütten bzw.
    gezielt anzubieten.
    Um diese Jahreszeit sind knospige, abgeschnittene Forsythientriebe (Forsythia x intermedia) in Wasser gestellt innerhalb weniger
    Tage zur Blüte zu bringen und ergeben somit ein sehr gehaltvolles Futter bei der Zucht von A. konewkaii und P. virginalis.


    Auch unter natürlichen Bedingungen werden von vielen Arten Blüten bevorzugt gefressen.
    Es gibt sogar Arten z.B. Hyles siehei und Hyles centralasiae welche sich auf das Fressen von Blüten (Eremurus spec.) spezialisiert haben.
    (siehe: blühende Ruta graveolens (Weinraute) giftig? , siehe meinen Beitrag vom 7. Mai 2009, 18:48.)
    Ich habe bisher nur äußerst positive Erfahrungen mit dem Verfüttern von Blüten gemacht.












    P. virginalis Häutung zu L4



    A. konewkaii


    Schönen Abend noch.
    Gruß,
    Heiner

  • Hallo Sebastian,
    Forsythienblüten habe ich noch nicht an Saturniden verfüttert,könnte mir aber durchaus vorstellen,dass sie auch angenommen werden.
    Bei S.pyri und E.pavonia jedoch schon Blüten von verschiedenen Prunus-Arten und A.selene frißt bevorzugt Rhododendronblüten und Knospen.
    Auch bei der Zucht von Perisomena caecigena habe ich festgestellt,dass die frisch geschlüpften Jungraupen,die stark pollenhaltigen männlichen
    Blüten von Quercus bevorzugt fressen.Blüten sollten generell (wenn vorhanden) immer mit angeboten werden. :dafür::winking_face:


    Tschau,Heiner

  • Auch Aristolochiafalter (Zerynthia, Archon) fressen gern die Blüten der Aristolochiaceae.
    Raupen der Gattungen Anthocharis und Euchloe (Pieridae) fressen in den ersten Raupenstadien (fast) ausschließlich die Blüten ihrer Futterpflanzen und (später) die noch weichen Samen.
    Die Raupe von Papilio alexanor frisst nur die Blüten und später die Samen von Opopanax hispidus, kaum Blätter; P. saharae und auch P. machaon lieben Blüten und Samen. P. mnemosyne frisst auch die Blüten von Corydalis.
    Zusammenfassend könnte man sagen: Viele Raupen unserer heimischen Pieridae und Papilionidae mögen oder sogar brauchen die Blüten ihrer Fpfl. und auch ihre noch weichen Samen.


    Gruß Jürgen

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