Freilandforschung

  • Hallo zusammen,

    in Anbetracht dessen, dass der Bereich der Freilandforschung recht komplex ist und man auf den ersten Blick nur einen Bruchteil der ökologischen Zusammenhänge in der Normallandschaft erkennt, versuche ich hiermit einmal ein neues Thema zu erstellen.

    Der Feed kann sehr interaktiv gestaltet werden. Ich versuche einmal einen kleinen Überblick dessen zu verschaffen, was ich in der Normallandschaft und nach Recherche gelernt habe. Ich versuche möglichst viele ökologische Komponenten in Verbindung zu bringen bzw. zu erwähnen. Ich beschränke mich hierbei hauptsächlich auf die Gruppe der Tagfalter.


    Grüße Kai

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  • Ich trenne dabei konkrete Beispiele von reiner Theorie, die ich in der Praxis nicht bzw. nur mangelhaft belegen kann.


    Abstrakte Grundlage sind u.a. Klima und Nährstoffe im Boden.

    Konkrete Grundlage sind der qualitative Verbreitungszustand von Nahrungspflanzen der Raupen und der jeweiligen Tagfalterarten sowie beiderseits der Erhaltungszustand. Weiterhin der Charakter der Präimaginalstadien und Imagines der Arten.


    Hier mal ein Überblick der wichtigen Begriffe: Parasiten, Krankheiten, Botenstoffe der Pflanzen als Lockmittel + Hitzestress Pflanzen, Habitateignung + Vorkommen der Raupenfutterpflanzen, Bienentrachtpflanzen + Pollen/Nektar, Fortpflanzungsfähigkeit + begünstigte Eiablage, genetische Verarmung von seltenen Arten bzw. dünn besiedelten Gebieten, unterschiedlicher Nährstoffgehalt von Pflanzenmaterial derselben Art (Eimenge erhöht, Duftschuppenfleck - Androkonien), Lebensdauer von Arten als Imagines


    Weitere mögliche Themen: Myrmekophilie, Effizienz Suche von Präimaginalstadien gegenüber Imagines + Detektion anhand Auffälligkeiten an Futterpflanze/Kotballen o.ä., überwinterndes Stadium der Arten + welcher Zustand ist am geeignetsten + warum gibt es Unterschiede?, Phänogramme, Metapopulationen, unterschiedliche Lebenserwartung von Arten die mehrere Generationen anlegen (z.B. Tagpfauenauge 1. Generation und Wintergeneration), Arten welche partiell eine weitere Generation anlegen bzw. anlegen können (Apatura ilia) in Abhängigkeit vom Auftreten in Europa/ weltweit und den Höhenmetern, Eimengen der Arten in Abhängigkeit der Falter- und Eigröße und Nährstoffgehalt der Futterpflanzen, Diapause von Arten zunehmend bei Hitzesommer? (Großer Fuchs – Nymphalis polychloros im Sommer kaum noch nachzuweisen, da Ökologie ähnlich Trauermantel – Nymphalis antiopa, aber Diapause nach Schlupf; teilweise Diapause im Sommer Zitronenfalter), Verlagerung der Phänologie bzw. Anpassung der Arten aufgrund Wetterextreme (zeitiger Frühling, später Frühling), Phänogramme separat für Männchen und Weibchen mancher Arten sinnvoll, insbesondere weit fliegender bzw. dispergierender Weibchen? (z.B. Großer Eisvogel – Limenitis populi, Großer Feuerfalter – Lycaena dispar), Phänogramme angepasst an Tiefebene und Bergregion, Woher wissen Arten wielang sie überwintern und wann sie anfangen sollen? (Temperatur, Sonnenscheindauer -> variable Ausbildungen von Araschnia levana), Wie läuft das Leben als Imagine ab? (Männchen: Fortpflanzung + ca. 10 Tage leben?, Weibchen: Eiablage + 3 Tage für das Ableben? + Verlängert Verzögerung der Eiablage Lebensdauer Weibchen bis um einen Monat?), Einbruch der Vorkommen vieler Tagfalter in Deutschland seit 1980 tatsächlich oder nur Augenscheinlich? (Landnutzung, Monitoring-Teilnehmer, verstärkte Meldung von FFH-Arten in Verbindung mit Monitoring-Schwerpunkt, Fehlendes bzw. mangelndes Wissen in der Arterhaltung von Anspruchsarten), Seltenheit von Faltern mit 2-geschlechtlichen Flügeln, effiziente Kartierung durch gezieltes Fördern von Lockpflanzen (qualitativ vor quantitativ), nachtaktive Raupen auch bei Bewölkung/Regen aktiv? + Verlagerung des Verhaltens wenn Raupen ausgewachsen sind (Mittlerer Weinschwärmer - Deilephila elpenor), Weswegen haben Tagfalter gegenüber Nachtfaltern Probleme polyphag zu leben und haben häufiger eine einzige Futterpflanze + Variabilität je nach Region (Thymian-Ameisenbläuling Phengaris arion in westlicher Verbreitung an Thymian, in östlicher Verbreitung an Dost + Kombi mit myrmekophilen Komponenten), Invasive Falterjahre (Distelfalter – Vanessa cardui), Eiablage von Tagfalterarten wenn alle Futterpflanzen vor Ort angetroffen werden können (bspw. alle Doldenblütler für Schwalbenschwanz Papilio machaon) – Präferenzabhängigkeit in Abhängigkeit des Trockenstresses und der Giftstoffeinlagerung der Blätter/Blüten (Lycaena alciphron in trockenwarmen Jahren Ablage an Wiesen-Sauerampfer, sonst an Kleinem Sauerampfer) (Wie genau funktioniert Erkennung der Futterpflanze und Befühlen der Pflanzenteile per Antennen des Weibchens? – pro Ablage, kontra Ablage, mehrere oder ein Ei), Fehlbestimmungen von Arten (Polyommatus icarus f. icarinus, Männchen Kleines Ochsenauge – Hyponephele lycaon), Meldung von seltenen Arten als Komplex (Leptidea sinapis/juvernica) + Nutzen für Verbreitungskarten oder zu ungenau, Detektion Präimaginalstadien per UV-Licht + weitere weniger gängige Methoden (Bildung von Schlafgemeinschaften bspw. bei Polyommatus damon; Websites, Bücher), Artenvielfalt Österreich gegenüber Deutschland, Vorteil Modellkalkulation Ausbreitung/Rückgang Arten gegenüber Monitoring, Futterpflanzen einzeln verteilt über große Fläche oder besser gehäuft bzw. Mittelmaß?, Beeinflussung Eiablage (qualitativ, quantitativ) durch Verhältnis Raupenfutterpflanze zu Nektarpflanze zu Anteil erhitztem Offenboden, Naturschutzgebiete als „Artenlieferant“ für angrenzende Gebiete, Effizienz von Monitoring häufige gegenüber seltene Arten bzgl. Zeit-Repertoir und enge Zeitspanne aller Tagfalterarten (vgl. Phänogramme) bzgl. Ineffizienz (Detektionsmethoden – Lockpflanzen, sehr vereinzelt erhitzte Schotterbereiche, Flugverhalten, seltene vereinzelte Futterpflanzenbereiche, dispergierende Arten schlecht anzutreffen als Imagines) + welcher Zeitraum ist der beste bzw. was sind die Zielarten, gegebenenfalls auffällige Zielhabitate/ Zielpflanzen? (Juni, Juli, August; 9 Uhr, 13 Uhr, 17 Uhr; effektive Flugdauer/Tag bzw. Blütenbesuch einzelner Arten nur bei Bewölkung) + welche Arten kann man selbst bei sicherem Vorkommen schwer kartieren und welche bereits bei geringen Dichten (Lockpflanzen), Arten die große Larvalhabitate und kleine Falterhabitate haben (bspw. Apatura ilia) bzw. umgekehrt + entsprechend Eiablageverhalten sehr exakt oder grob + Menge an Eiern, Vorplanung Exkursionen bzgl. Zielarten oder breite Masse an Arten + Wettereignung Suche Vorrang Falter oder Präimaginalstadien, Einfluss Temperatur-/Wind-/Bewölkungstoleranz (dünne oder dichte Wolken, dünne mitunter besser als pure Sonne) auf Aktivität Imagines verschiedener Arten + Trägheit bei Hitzeperioden + Ansammlungen an Pfützen nach Regenereignis, Beobachtung Blütenbesuch in artenreichen Gegenden (welche Arten nutzen wie oft, welche Blütenpflanzen?), Toleranz + Anpassung Arten Nord-Süd gegenüber Ost-Westverbreitung + Verbreitungsgrenzen von Arten (Klima) + Tendenz Rückgang oder Ausbreitung, Verfilzung von Wiesen und Rückgang von Arten (insbesondere Scheckenfalter), Toleranz von Arten gegenüber Parasitendruck + Verteidigungsmechanismen (Nackengabel der Ritterfalter, Färbung), starke Ausbreitung und Vermehrung von Arten in Hitzesommern?, Wanderverhalten von Arten (Rückzug Trauermantel Nymphalis antiopa aus Vorjahr zum Lebensraum der Elterngeneration, Wechsel aller 2 Jahre)

  • Jetzt die Themen, die ich für recht wichtig und teils relevant für das Verständnis in der Praxis finde, bzw. was vor Ort konkret nachzuvollziehen ist.


    Wichtige Faktoren sind die Besiedelbarkeit von Gebieten (Vorhandensein der Futterpflanzen und Habitate) und die Fähigkeit von Tagfaltern mehrere Generationen innerhalb eines Jahres auszubilden (1-3 bzw. x), sowie die Flugkünste der Arten und damit verbunden, sich sehr schnell oder sehr langsam auszubreiten.

    Zudem ist eine nur sehr lokal verbreitete Art gefährdet durch genetische Verarmung, da bspw. eine Einwanderung genetisch variabler Individuen derselben Art kurzfristig bzw. langfristig ausbleibt. Damit einher geht, dass weniger Eier gelegt werden, schlüpfen und evtl. auch eine erhöhte Anfälligkeit gegenüber Krankheiten.


    Weitere Ursachen für eine lokale Isolation können sein: ein Wegfall der Raupenfutterpflanzen aufgrund Habitataufgabe durch neue Pflegenutzung, Dezimierung der Raupenfutterpflanzen, Veränderung klimatischer Komponenten, generell Sukzession für bspw. Niederwaldarten, Wetterereignisse (Regensommer, Dürresommer) die insbesondere auf Arten Auswirkungen haben könnten, welche eine sehr kurze Falterphase von ca. 14 Tagen aufweisen, wie dem Pflaumen-Zipfelfalter (Satyrium pruni). Dessen männliche Falter bei mangelnder Sonneneinstrahlung möglicherweise Probleme in der Erlangung der Fortpflanzungsfähigkeit und deren Weibchen bei der Eiablage haben könnten (vgl. eigene Beobachtung zu Callophrys rubi, Plebejus idas).


    Möglicherweise haben wiederum bestimmte Arten keine schlechten Jahre und der wichtigste Faktor für eine erfolgreiche Eiablage ist eine Langlebigkeit und das Vorhandensein von Raupenfutterpflanzen (Lebensdauer Nierenfleck-Zipfelfalter: ca. 45 Tage).

    Arten, die als Raupe überwintern sind zudem anfällig gegenüber Austrocknung, Schimmelbildung. Diese haben weniger das Problem bzgl. einer terminierten Kurzlebigkeit, schnell Eier abzulegen, dafür aber über einen sehr langen Zeitraum durchzuhalten, wobei der Bereich wohl schwer zu beurteilen ist.

    Um mal ein Beispiel dafür zu geben, welches das überwinternde Stadium von einem Großteil der Tagfalterarten ist bzw. das hauptsächlich vorhandene Entwicklungsstadium, dass selten das Stadium des Imagos ist:


    Ei: 15, Raupe: 92, Puppe: 24, Falter: 7


    Zusätzlich besitzen die Männchen der Tagfalter ein spezifischen Verhalten bei der Weibchensuche. So schlüpfen bspw. die Falter des Baumweißlings (Aporia crataegi) etwas früher als die Weibchen (andro bzw. umgekehrt gyn irgendwas) und patroullieren, um ein frisch geschlüpftes Weibchen zu finden. Andere Arten wie der Segelfalter (Iphiclides podalirius), Schwalbenschwanz (Papilio machaon) (hill topping) und der Große Eisvogel (Limenitis populi) (tree topping) verwenden äußerst spezifische Muster bei der Partnersuche und brauchen diese rein theoretisch.


    Zusätzlich brauchen alle männlichen Tagfalter laut Theorie für die Erlangung der Fortpflanzungsfähigkeit besonders xerotherme Bereiche bzw. Bereiche mit Hitzewallungen (Störstellen, sandige Flächen, Steine, Schotter). Beim Ginster-Bläuling (Plebejus idas) und Grünen Zipfelfalter (Callophrys rubi) konnte ich zudem praktisch ermitteln, dass die Ablage der Weibchen zentral von der Besonnung bzw. Hitzewallungen begünstigt wird und sich deutlich bereits bei einzelnen stärker schattenbildenden Wolken vor der Sonne verlängert (wobei hierbei auch manchmal zusätzlich Wind aufkam wegen Abstrahlung erhitzter Flächen bei einsetztender Bewölkung, stärker bei länger anhaltender Bewölkung). Grund ist hierbei vermutlich die Form des Eies (platt anstatt längs wie bspw. bei Zitronenfalter) und die bessere Verflüssigung dessen zur vereinfachten bzw. weniger energieintensiven Eiablage, insbesondere bei terminierter Anzahl an nahe gelegenen Nektarpflanzen. Die Weibchen beider Arten stimulieren dabei zusätzlich den Hinterleib durch ein Aneinanderreiben der Flügel.


    Ein weiterer wichtiger Faktor ist das kontinuierliche Vorhandensein von Nektarpflanzen und anderen Quellen (Honigtau, Pfützen, Kot, Mineralien).

    Arten wie die Schillerfalter brauchen u.a. Mineralien aus Kot für die Erlangung der Fortpflanzungsfähigkeit, evtl. reichen auch Pfützen, weswegen vermutlich hauptsächlich Männchen an den Quellen angetroffen werden können und Arten bzw. Weibchen ohne Blütenbesuch und Pfützen leben wahrscheinlich von Honigtau und Baumwunden.

    Zudem produzieren krautige Pflanzen während der Blüte unterschiedlich viel Nektar und Pollen. Eine Pflanze, die viel Nektar produziert, stellt demnach quasi in Mengen Billigmaterial (Wasser und Zucker) zur Verfügung, um anzulocken. Stark duftende Blüten produzieren demnach sehr viel Nektar (z.B. Dost, Thymian, Lavendel), was aber evtl. nicht bedeutet, dass gute Nektarpflanzen immer duften bzw. gut Locken.

    Lavendel ist ein super Nektarlieferant, aber als Pollenlieferant wiederum eher schlecht, da er auf stickstoffarmem Boden nicht genügend DNA für die Pollenerzeugung zur Verfügung hat (vgl. Link). Er kann hauptsächlich nur auf Photosynthese setzen und duftet daher bspw. bereits nach einem kleinem Regenguss (Gießkanne) sehr stark und bei langer Dürre schwach. Er dient daher Bienen hauptsächlich nur für Honig (Nektar/Honig), weniger für Nachkommen („teures“ Stickstoff im Gelée Royale zum Zellenaufbau) (Stichwort: Bienentrachtpflanzen)

    Ich kenne bisher keine ausführliche Seite, wo man recherchieren könnte, welche Pflanzen besonders viel Nektar pro Fläche produzieren und welche eher Pollen bzw. beides produzieren. Hier sind aber schon einige aufgeführt.


    Link: https://www.bienenroute.de/trachtpflanzen


    Hier mal die ergiebigsten Pflanzen bzw. Quellen, die ich in der Praxis mit Falterbesuchen erleben konnte:

    Kleines Habichtskraut, Graukresse (Günsel, Sal-Weide, Mirabelle) (Frühling);

    Berg-Sandglöckchen, Dost, Sand-Grasnelke, Gewöhnlicher Natternkopf, Flockenblume, Luzerne, Skabiose, Thymian, Acker-Kratzdistel, Lavendel, Kot, Wasserpfützen (Wasserdost, Turmkraut, Rotklee, Hornklee, Vogelwicke, Margerite) (Sommer);

    Herbst-Aster, Heidekraut, Thymian (Herbst)


    Meist findet man die Pflanzen auf sandigem Boden, Störflächen bzw. nicht zu stark bewachsenen Flächen, da dort eine Nicht-Verdrängung durch andere Pflanzen gewährleistet ist (vgl. Bild „Berg-Sandglöckchen (Jasione montana)“).

    Allerdings gibt es auch Daten zur Bevorzugung bestimmter Blütenfarben für Falter (z.B. Schwalbenschwanz – Papilio machaon blau,lila,rot), im Schnitt setzen sich dabei die dunkleren Farben durch und gelb liegt glaube ich eher hinten.

    Die mengenmäßig häufigsten Tagfalter, die an den Blüten angetroffen werden können sind Gräser fressende Tagfalterarten wie das Große Ochsenauge (Maniola jurtina) oder die Braun-Dickkopffalter (Thymelicus lineola und sylvestris), sowie der Rostfarbige Dickkopffalter (Ochlodes sylvanus).

  • Weitere wichtige Faktoren, die schlecht vor Ort erkennbar sind, sind das Vorhandensein von Parasiten (Schlupfwespen, Raupenfliegen) und anderen Fressfeinden (Vögel, Spinnen etc.), die an ganz bestimmte Nischen im Ökosystem gebunden sind. Zusätzlich haben gesunde Pflanzen die Fähigkeit Parasiten anzulocken, indem sie bei Befraß Botenstoffe aussenden. Pflanzen sind gut bis ausgezeichnet wehrhaft, was schwierig ersichtlich ist.


    Grundlegend sind Pflanzen in erster Linie wie alle Organismen auf die Gewinnung von Energie bzw. Wachstum aus. Wie bei Mahdereignissen sichtbar ist, blühen sehr viele abgemähte Pflanzen erst nachdem sie erneut wachsen. Wenn sie normal wachsen konnten, lagern sie ihre Energieverwertung fast ausschließlich auf Vermehrung (Blüten) aus. Dann haben sie genügend Reserven. Während den beiden Vorgängen wird ein Großteil der gewonnenen Energie benötigt, um die Pflanze zu Kühlen (Hitzestress) oder bei schlechtem Boden (Schwermetalle) Schwermetalle auszulagern (Schwermetallstress) bzw. sich gegen andere Pflanzen durchzusetzen (Wurzeln). Wenn die Pflanze befressen wird, hat sie theoretisch eine gewisse Menge Energiereserven übrig, welche Sie zur Produktion und zum Aussenden von Botenstoffen benötigt.


    Meiner Erfahrung nach, legen Tagfalter bevorzugt Eier an Störstellen (Pflanzen im Hitzestress alleinstehend ohne schützende Grasschicht und schlechtes Mikroklima), wobei dann die Produktion von Botenstoffen für Parasiten optimalerweise für Tagfalter stark terminiert sein könnte (vgl. „lückig bewachsene Wiese mit erhitzten Stellen“).

    Zusätzlich ist der Druck durch Prädatoren wie Spinnen deutlich vermindert, welche sich eher in der schützenden Grasschicht aufhalten bzw. wie viele andere Insekten mit Hitzestress Probleme bekommen und außerhalb dessen ungern jagen bzw. lauern.

    Grundlegend heißt saftiges Blattgrün nicht automatisch gut. Die Mehrzahl der Tagfalter sucht wahrscheinlich eher genau das Gegenteil (magere Verhältnisse mit hohem Konkurrenzdruck aller Organismen, wo kein Organismus leichtes Spiel hat). Man könnte evtl. sagen, die Nische der Tagfalter sind geschwächte Pflanzen.


    Praktisch kann ich den Parasitendruck bzw. Druck durch Insekten als Prädatoren schlecht belegen, aber es gibt Auffälligkeiten, die auf Parasitenbefall hinweisen. Am Beispiel vom Tagpfauenauge (Aglais io) und Kleinen Fuchs (Aglais urticae) kann man hierbei die besten Beobachtungen machen. Insbesondere, weil beide Arten Massengelege aus ihrem Eiervorrat anlegen (ca. 50-200 Eier).

    Das Tagpfauenauge besiedelt eher halbschattige Brennnesselfluren bzw. am Rande oder inmitten gut bewachsener frischer krautiger Bereiche.

    Der Kleine Fuchs besiedelt vorlieb eher besonnte, trockene Säume (Ränder von trockenen Wegen), Verkippungen, Schuttflächen in trockeneren Gebieten (Bodenhaushalt, Klima).

    Beim Tagpfauenauge konnte ich sehr häufig beobachten, wie ausgewachsene Raupen wild um sich schlagen, da sie vermutlich von innen heraus aufgefressen werden, wobei Parasiten die lebenswichtigen Organe zuletzt fressen, da sie möglichst viel von ihrem Wirt haben wollen.


    Zusätzlich erkennt man eine Erkrankung bzw. einen Befall einer Raupe des Tagpfauenauges (Parasit, Krankheit) an einer punktuell auftretenden Verfärbung (häufig von schwarz zu grau bis weiß bzw. seltener schwarz zu lila bei evtl. Pilzbefall). Zudem sind die Raupen erst ab L4 typisch schwarz gefärbt und bedornt. Spätestens ab diesem Stadium erkennt man nach meiner Erfahrung immer viele oder mindestens vereinzelt parasitierte Raupen entweder durch Verfärbungen oder am häufigsten an einer erheblich verringerten Größe. Ab L3 oder L4 vereinzeln sich auch die Raupen, welche anfangs immer sehr streng im Gespinst leben. Dann nimmt die Zahl der Individuen auch stark ab und es ist schwierig auszumachen, wieviele Gelege zu Beginn gelegt wurden, da die Raupen über den gesamten Brennnesselsaum verteilt anzutreffen sind.


    Zwecks verringerter Größe vieler Raupen würde ich angeben, 20 schwarze Raupen L5, die nur die Größe von L4-Raupen besitzen bzw. schumpfen und ca. 1-2 Raupen, die sehr viel größer gewachsen (normal gewachsen, gesund) sind als die anderen und mit sehr gesunder starker Färbung bereit zur Verpuppung sind. Zudem vegetieren die kranken Raupen „appetitlos“ vor sich dahin oder schlagen wild um sich und die gesunden Raupen fressen unaufhaltsam Pflanzenmaterial.


    Weiterhin eine der erwähnenswerten Krankheiten von Raupen ist die Darmkatarrh, welche dazu führen soll, dass bei zu wässrigem Futter die Raupen an einer Darmverstimmung bzw. Verstopfung verenden.


    Wissenswert ist auch, dass eine Raupe 5 Häutungen durchläuft (L1-L5 und letzte zur Puppe). Einige wenige Arten häuten sich häufiger. Alle Raupen haben 4 haftende Beine und einen Nachschieber und lassen sich damit gut insbesondere von den nach meiner Erfahrung häufig anzutreffenden Larven der Blattwespen unterscheiden.

    Weiterhin hat der Stickstoffgehalt in der Theorie einen Einfluss auf die Eimengen der Weibchen, sowie die Größe des Falters insgesamt und die enthaltenen Flavonoide o.ä. auf die Ausprägung des Duftschuppenflecks (Androkonienfleck) und damit auf das Werben um Partner und die Arterkennung untereinander. Daher trifft man häufig parallel Falter derselben Art an, die in ihrer Größe völlig verschieden aussehen.


    Hier mal eine grobe Kategorisierung der Aufgabe der Imagines. Raupen müssen grundlegend zur Verpuppung kommen. Die Möglichkeit dessen, ist weitestgehend durch die Eiablage bestimmt. Dabei entscheidet das Weibchen über die Menge abgelegter Eier (arttypisch theoretisch festgelegt), die Höhe der Eiablage der Futterpflanze, die Nähe zu Fressfeinden (Prädatoren) und den Gesundheitszustand der Pflanze/ die Fähigkeit der Pflanze sich mittels Botenstoffen zu wehren bzw. Giftstoffe in den Blättern einzulagern.


    Hier kam mal ein Beitrag bei dem das Kleine Nachtpfauenauge (Saturnia pavonia) dazu neigt, Eier zuerst im Massengelege abzulegen und die restlichen Eier möglicherweise einzeln abzulegen. Ich vermute, dass der Lindenschwärmer (Mimas tiliae) ebenfalls dazu neigt, da öfter bei Lichtfängen spontane Eiablagen erzielt werden. Bei einigen weiteren Nachtfaltern, deren Massengelege nachgewiesen wurden, könnte das ebenfalls zutreffen. Zu Tagfaltern habe ich davon noch nichts in der Ursprungslandschaft gelesen.

    Und ich hatte in dem Zusammenhang mit den Giftstoffen gelesen, dass Futterpflanzen auch tödlich auf Arten wie den Grünen Zipfelfalter (Callophrys rubi) wirken können, wenn sie einen zu hohen Stickstoffgehalt besitzen oder Giftstoffe in den Blättern einlagern. Da wäre dann wiederum die Frage,

    was ist für eine Raupe schmackhafter: fast vertrocknete nährstoffarme Blätter oder saftige gedüngte Blätter oder zumindest „starke“ (wehrhafte) gesunde Blätter, was parallel zum Anlocken von Parasiten auch eine Abwehr der Pflanzen ist und dem Weibchen zusätzlich erschwert, ein geeignetes Ablagemedium zu finden? Ich konnte beim Großen Schillerfalter (Apatura iris) im Zusammenhang damit beobachten, wie die jungen Raupen nach der Überwinterung mehrmals noch nicht austreibende Knospen ignorierten und zuerst eingetrocknete Sitzblätter aus dem Vorjahr befressen hatten.

  • Hier noch ein paar weitere praktische Komponenten. Ich hatte versucht, den Zustand der Störstellen und Eignung als Ablagemedium nachzubilden, um eine Ablage des Hauhechel-Bläulings (Polyommatus icarus) vom Vorjahr derselben Wiese zu begünstigen, da die Wiese im Folgejahr sehr hochgewachsenen vor (vgl. Bild Wiese im Vorjahr„lückig bewachsene Wiese mit erhitzten Stellen“), wobei ich hierbei . Ich hatte entsprechend einzelne Bereiche freigelegt und gehofft, dass Luzerne auf den Stellen aussamt. An vielen Stellen kamen andere Pflanzen durch bzw. die vorher entfernte Luzerne wuchs deutlich prächtiger als im Vorjahr, wenn auch noch sehr klein. Daher schätze ich, dass eine zeitige Mahd entscheidend sein könnte, da Pflanzen zuviel Zeit haben, Energiereserven anzulegen und saftiger auszutreiben. Optimal ist wohl ein durchgehender Dauerstress der Pflanzen im gesamten Frühjahr und Sommer, welcher seltener in Wiesen, hauptsächlich bzw. natürlich an xerothermen Hängen u.Ä. auftritt.


    Erfolg: Nein, keine Eiablagen, nur sehr selten Polyommatus icarus zu beobachten, welcher aber auch über sehr hohe Grasbereiche flog, Luzernen kaum mit Besuch von Faltern (Falter unterstützt – teilweise, Raupenfutterpflanzen geeignet - Weniger) (im Jahr davor mit jeder neuen Generation zahlreicher anzutreffen)


    Grund dafür, dass nichtmal ein Ei (im Vorjahr mehrere Eier an einer Pflanze, vgl. Bild „begünstigte Eiablage Hauhechel-Bläuling und Weißklee-Gelbling“) abgelegt wurde, könnte das Mikroklima der deutlich höhergewachsenen Gräser umliegend sein, die Nähe zu einer hohen Prädatorendichte wie Spinnen oder dass Weibchen Wiesen mit hauptsächlich Gräsern nichtmehr auf Störstellen überprüfen (Überflug gefährlich bei Prädatorendruck). Vorteilhaft wäre evtl. gewesen, die Störstellen direkt neben den Trachtpflanzen zu erstellen. Weitere mögliche Gründe sind ein ungünstiges Jahr (Wiese nur für geringe Populationen geeignet, im Vorjahr starke Vermehrung in 3 Generationen) bzw. deutlich mehr Regen, was die Fortpflanzungsfähigkeit der Tagfalter deutlich einschränkt.

    Ich hatte auch das Ködern von Schillerfalter einmalig mit stark riechendem Käse versucht, aber ohne Erfolg. Da kenne ich mich nicht gut aus.


    Noch eine Anmerkung zu den angefügten Bildern: Das Bild „begünstigte Eiablage Hauhechel-Bläuling und Weißklee-Gelbling“ befindet sich inmitten des Bildes „lückig bewachsene Wiese mit erhitzten Stellen“ und ist ein praktisches Beispiel, die Suche nach Präimaginalstadien vorrangig auf solche für eine Wiese ungewöhnlich erhitzten Bereiche geschwächter Futterpflanzen zu konzentrieren, wobei der Artnachweis von Polyommatus icarus deutlich besser als Imago durchzuführen ist. Etwas geeigneter ist es für den Weißklee-Gelbling (Colias hyale), da dieser auf dieser Fläche nur sehr vereinzelt auftrat und der Nachweis bei bewölktem, regnerischem Wetter einfacher ist. Die Weibchen waren dabei sehr selten anzutreffen (nur ein Weibchen in der letzten Generation entdeckt, regelmäßig im Jahr Männchen der verschiedenen Generationen vereinzelt anzutreffen). Der Nachweis der Eier beider Arten erfolgte in der letzten Vermehrungsgeneration (3 oder 4 evtl. bei beiden), sprich je später im Jahr Präimaginalstadien gesucht werden von Arten, welche mehrere Generationen anlegen, umso höher die Chance auf Funde (wobei es auch Ausnahmen gibt! Bspw. Polyommatus coridon soll laut Theorie in der 1. Generation häufiger sein als in der 2. Generation, allerdings bezogen auf die Imagines). Bevorzugte Nektarquelle auf der Wiese war Luzerne.

  • Zusammenfassend gesagt, wirken viele Komponenten zusammen, was die Lebensfähigkeit der Tagfalter begünstigt bzw. beeinträchtigt. Auf den ersten Blick lässt sich wenig erkennen. Erst wenn man sich bspw. über längere Zeit insbesondere an gut besiedelte Habitate setzt, lernt man in Verbindung mit der Theorie eine ganze Menge. Ich für meinen Teil finde daher die Ursprungslandschaft verschiedenster Habitate interessant, aber bevorzuge sehr magere blütenreiche und grasarme Landschaften. : - )


    Der nächste Schritt wäre wahrscheinlich das Potenzial von Lockpflanzen mit Nahrungspflanzen der Tagfalter zu kombinieren. Insbesondere bei der Kartierung im Sommer konzentriere ich mich hierbei auf die obigen aufgeführten Lockpflanzen. Vorteil bei diesen ist nach meiner Auffassung u.a., dass sie aufgrund ihrer hohen Nektarproduktion auch weniger blütenspezialisierte Tagfalter anlocken. Arten, die ich nur schlecht beim Blütenbesuch beobachten konnte, bzw. die aufgrund ihrer speziellen Lebensweise sehr schnell übersehen werden, sind nach meinem Kenntnisstand folgende:


    Nischenbesetzer: Magerrasen-PM (Boloria dia), Mädesüß-PM (Brenthis ino)

    Extrem schwierig wahrzunehmen, schnell unterwegs: Alexis-Bläuling (Glaucopsyche alexis), (Hummel-, Skabiosenschwärmer - Hemaris fuciformis, tityus)

    Schwierig wahrzunehmen, schnell unterwegs: Violetter Feuerfalter (Lycaena alciphron) (m) (w?), Kleiner Würfel-DF (Pyrgus malvae) (?), Wander-Gelbling (Colias crocea) (spät einwandernder Wanderfalter)

    Sehr scheu: Großer Eisvogel (Limenitis populi), Pflaumen-ZF (Satyrium pruni) (kehrt 1x aufgescheucht evtl. nicht zu Lockpflanzen zurück), Alexis-Bläuling (Glaucopsyche alexis), (Mittlerer PM – Argynnis niobe)



    Vielleicht hat der ein oder andere auch schon interessante Gegenden kennengelernt oder hat sogar vor der eigenen Haustür etwas Interessantes entdeckt! Ich hoffe ich konnte das Thema schmackhaft machen und den ein oder anderen motivieren die ein oder andere Fläche nochmal aufzusuchen!


    : -) : - ) :upside_down_face:


    Man lernt hierbei wohl nie aus!



    Grüße Kai

    • Offizieller Beitrag

    Wow, also ich glaube du hast fast jeden ökologischen Zusammenhang von Schmetterlingen, Pflanzen und Landschaft hier aufgeführt (zumindest sehr viele). Ich würde gerne zu allem irgendwas sagen, aber dann würde ich hier noch ein paar Tage sitzen und wahrscheinlich einen seitenlangen Text produzieren. Da sind auf jeden Fall viele sehr interessante Fragen und Denkanstöße dabei. Ich denke das verdeutlicht auch wie du sagst, dass viele Komponenten zusammenwirken und das Ganze extrem komplex ist. Es ist deswegen schwer bis unmöglich in der Ökologie speziell bei Freilandforschung alle Variablen zu isolieren und dementsprechend kann man oft nicht eine spezifische Ursache für eine Beobachtung herausfiltern. Auf der anderen Seite sind auch Generalisierungen vor allem ohne gute Datengrundlage schwierig. Einzelbeobachtungen sind unheimlich wertvoll, aber vieles ist dann doch leider nur mit Statistik zu belegen und auch das ist oft schwierig.


    Was ich im grundsätzlichen dazu sagen kann, ist dass der absolut überwiegende Faktor für Schmetterlinge generell die Landnutzung ist. Das kommt immer und immer wieder heraus. Alles was du genannt hast hat natürlich Auswirkungen und wechselwirkt mit den Schmetterlingsbeständen, aber sowas wie Nektarangebot, Parasiten, Prädatoren, etc. diese ganzen autökologischen Sachen sind alle vergleichsweise untergeordnet. Selbst die Pflanzendiversität korreliert oft nicht so stark wie man denken würde mit der Schmetterlingsdiversität und sowas wie Isolation verhält sich oft schwammig. Mal findet man das mal nicht. Das könnten Artefakte sein, aber offensichtlich ist es nicht extrem wichtig. Das was meistens der große Faktor ist, ist die Mahd für Graslandarten und die Waldbewirtschaftung für Waldarten. Sehr offensichtlich ist natürlich auch der Habitatverlust aber auch die Degradierung von Habitaten durch immer monotonere Landschaften. Die Schmetterlinge leben oft sehr von kleinflächigen Mikrohabitaten, wie du ja auch dargelegt hast. Deswegen sieht man eigentlich durch die Bank dass Diversität und Abundanz deutlich negativ mit Mahdintensität und Bewirtschaftunsintensität generell korreliert sind. Und auch um eine der Fragen ganz oben zu beantworten: Ja, es gibt einen deutlichen Rückgang der Tagfalter sowohl in Deutschland als auch Österreich, aber auch ganz Europa (ebenso der Nachtfalter). Das ist gut belegt und steht außer Zweifel. Das ist sowohl in der Artenzahl als auch bei der Abundanz deutlich sichtbar. Ist auch nicht erst seit den 80ern, sondern eher in zwei Wellen einmal um 1900 und die zweite um 1960. Und was auch Grund zur Sorge ist, dass es auch bei den Generalisten deutliche Abundanzverluste gibt, es geht hier also keineswegs nur um ein paar exotische Spezialisten die das betrifft. Was denke ich auch gerne zu kurz kommt ist die Wichtigkeit der Präimaginalstadien. Es wird viel mit Blühstreifen herumgeworfen, aber für Schmetterlinge ist das Falterstadium außerordentlich unwichtig. Die meisten Arten verbringen den Großteil ihres Lebens als Raupe und sind dort am verwundbarsten. Die Falter sind erstens kurzlebig und zweitens flexibler in jeder Hinsicht.


    Das ist natürlich aber immer eine Frage aus welcher Perspektive man das betrachtet. Ich denke es ist wichtig sowohl einzelne Arten zu betrachten, zu verstehen und zu schützen, wie auch eine mehr generalisierte, flächige Methode zu entwickeln Schmetterlinge zu schützen und zu fördern. Beides erfordert einen sehr unterschiedlichen Ansatz und Fokus.


    Da ist noch einiges zu klären und zu entdecken. Wer glaubt wir wüssten schon fast alles der irrt. In diesem Sinne auch von mir der motivierende Anstoß rauszugehen und was neues zu finden.


    Grüße Dennis

  • Danke Dennis, der Fokus beim Artenschutz und die vorrangig bedeutsamen Themen generell sind großräumig betrachtet eindeutig andere!


    Ich muss dazu auch sagen, viele Dinge habe ich mir nebenbei angelesen, nach Fragestellungen aus der Praxis recherchiert und hierbei weitestgehend listenartig dargestellt. Die Themen sollen dabei weitestgehend ein Interesse an Freilandforschung vermitteln und die Kartierungen vereinfachen. Es ist damit eher die Grundlage den aktuellen Zustand zu verstehen und zu nutzen, aber weitestgehend keine Möglichkeit, um aktiv Arten zu schützen oder unterstützen (bspw. Blühpflanzen verhältnismäßig weniger unterstützend auf Populationen).

    Wobei aus anderer Sicht ferner auch die Fragestellung aufkommen kann, was man aktiv in seinem Garten machen kann, um Arten zu unterstützen. In dem Zusammenhang fand ich mitunter den Fakt ganz interessant, dass Gärten flächenmäßig unter den Bereich „Natur“ oder vergleichbares fallen und damit ein verfälschtes Bild darstellen von der deutschlandweit genutzten Fläche und dem Anteil an Natur, da hierbei Maßnahmen weitestgehend zu vernachlässigen sind.

    Nachteilig finde ich konkreter die Tatsache, dass der Einzelne verhältnismäßig wenig zum Artenschutz effektiv beitragen kann und konzentriere mich daher meist auf den Ist-Zustand und sehe hierbei die einzige Möglichkeit in der Kartierung von Arten, einem naturnahen Garten und dem ökologischen Verständnis in diesen beiden Bereichen.


    Viele meiner aufgeführten Komponenten greifen nur minimal, wenn geeignete Patches bzw. Verbundsysteme von Habitaten fehlen, wie es auch bei anderen Artengruppen beschrieben wird!

    Die wesentliche Betrachtung im Artenschutz sollte in erster Linie zw. Gebieten einer sehr guten Landnutzung und anderer Landnutzungsformen anhand von Statistiken und sehr exakten Daten erfolgen. Erst dann könnte man mitunter viele der anderen Faktoren kleinräumig noch mit einbinden, wobei das jeweilige Artenverständnis wie du bereits beschrieben hast nahezu unmöglich ist, auf bestimmte Faktoren zu reduzieren und ganzheitlich zu erfassen.


    Auch gut zu wissen, dass die Artenzahl und Abundanz der Tagfalter weitestgehend um 1900 und 1960 abgenommen hat. Ich hatte mir Verbreitungskarten angeschaut, welche mit ganz verschiedenen Zeiträumen arbeiten, wobei die Zählung weitestgehend auf nach 1900 gesetzt wurde. Ein Trend war um 1960 und 1980 erkennbar.


    Das Beste wäre wahrscheinlich 2 Themen zu erstellen, 1x effektiver Artenschutz um das Wichtigste schnell zu erfassen und eher eine recht überschaubare Maßnahme voranzustellen anstatt zu viele Komponenten zu beschreiben, möglicherweise auch bestimmte Ergebnisse von Förderprogrammen vorzustellen und zu beschreiben.

    Und auf der anderen Seite ein Thema, welches alle möglichen weiteren Komponenten beschreibt, welche das einzelne Artverständnis erhöhen. Wobei ich hierbei befürchte, dass es ausartet, da die Ökologie der Arten zu komplex ist.

    Grundlegend gestaltet es sich meiner Erfahrung nach als schwierig sich selbst für die Kartierung zu motivieren, wenn mehr Fragen als Antworten aufkommen, welche aus Fehlschlägen entstehen, obwohl die Theorie eine hohe Erfolgsquote vordefiniert haben müsste in bspw. Suchmechanismen (insbesondere je komplexer die Art) bzw. man entdeckt anfangs keine interessanten Nischen und man wertet vorschnell einen weniger blütenreichen Lebensraum aus erster Sicht eher ab und hält an den falschen Orten an (bspw. Tagfalter in Baumregionen welche von Honigtau leben).


    Mein Anliegen dieses Themas ist es daher, den Blickpunkt auf bestimmte Gegebenheiten in der Landschaft zu lenken oder den ein oder anderen nach Fehlschlägen in der Kartierung wieder mit einem neuen Fokus zu motivieren. Es ist halt nicht ganz einfach, wenn man aus erster Sicht vermutet, dass die häufigen einheimischen Arten ähnlich vieler anderer leben oder dass man selten hohe Artenzahlen erzielen kann (es sei denn das Habitat ist sehr artenreich und klimatisch begünstigt), aber stattdessen eher nach Nischen bzw. Futterpflanzen Ausschau halten kann. Wobei es auch verschiedene Möglichkeiten in einer effektiven Kartierung gibt (Tageszeit etc.). Zusätzlich finde ich es gut zu wissen, welche Arten in ihrer Ökologie ähnlich sind und welche äußerst spezifisch agieren. Dabei sind die Tagfalterarten wie alle anderen „Zeigerarten“ Spezialisten für bestimmte Lebensräume und man gibt bei Nachweisen den Lebensräumen auch möglicherweise einen viel höheren Wert, als man das vorher vermutet hätte. Dasselbe gilt auch für andere Artengruppen, die man nebenbei oder ganz konkret antrifft.


    Grundlegend kann man wohl sagen, mit mangelndem Wissen kartieren, kann bei vielen weniger ergiebigen Kartierungen demotivieren (blütenreiche Gebiete ohne Raupenfutterpflanzen, einheitliche Biotope ohne breite Säume). Ich muss dazu sagen, der richtige Draht zur Kartierung kam bei mir mitunter auch durch das Lesen von guten wissenschaftlichen Untersuchungen auf.

    Man muss auch festhalten, ich beziehe mich hauptsächlich auf tiefer gelegene Bereiche, die stark vom Menschen überprägt sind. Artenreiche Gebiete (magere Bergregionen) sind immer ein Erlebnis. Entsprechend kann in beiden Bereichen effizient kartiert werden und man kann überall eine Menge lernen, wenn man entsprechende Arten antrifft, die man vorher sowohl aus der Theorie als auch Praxis kaum kannte.

    • Offizieller Beitrag

    Es ist damit eher die Grundlage den aktuellen Zustand zu verstehen und zu nutzen, aber weitestgehend keine Möglichkeit, um aktiv Arten zu schützen oder unterstützen

    Ich denke das geht Hand in Hand. Effektiver Schutz ist nur möglich wenn man den Ist-Zustand, sowie die zeitliche Entwicklung dieses Zustandes möglichst gut versteht. Ich schätze dir geht es vor allem darum die aut- und synökologischen Aspekte zu beleuchten wie es z.B. Weidemann schon in seinen Büchern versucht hat. Das ist für den artspezifischen Schutz, aber auch den Schutz von einzelnen Habitattypen (wie etwa Trockenrasengesellschaften) von großer Bedeutung. Es ist beispielsweise unmöglich die Ameisenbläulinge effektiv zu schützen, wenn man die Myrmekophilie nicht wirklich versteht, weil unter Umständen das Habitat zwar für die Bläulinge offenbar richtig gepflegt wird, aber nicht für die Ameisen. Genausogut könnte es umgekehrt sein.

    dass der Einzelne verhältnismäßig wenig zum Artenschutz effektiv beitragen kann

    Dem würde ich entschieden wiedersprechen! Jeder kann eine Menge zum Artenschutz beitragen. Das fängt damit an seine unmittelbare Umgebung natürlich zu gestalten (etwa seinen Garten), kann sich darauf ausweiten sich dafür einzusetzen in seiner Gemeinde naturnahe Parks zu schaffen, etc. und kann bis dahin gehen sich etwa bei der Gebietspflege einzubringen. Man kann politisch aktiv sein, man kann für das Thema sensibilisieren, man kann selbst durch Erkenntnisgewinn dazu beitragen den Schutz zu verbessern (Fundmeldungen auf einer Beobachtungsplattform eingeben, Beobachtungen teilen oder publizieren). Es gibt so viele Möglichkeiten. Wenn jeder ein bisschen was macht, dann machen wir zusammen alles.

    Und auf der anderen Seite ein Thema, welches alle möglichen weiteren Komponenten beschreibt, welche das einzelne Artverständnis erhöhen. Wobei ich hierbei befürchte, dass es ausartet, da die Ökologie der Arten zu komplex ist.

    Klar im Endeffekt ist das alles unendlich komplex und man muss etwas generalisieren und zusammenfassen. Ich denke aber das ist eine Frage der Ebene die man betrachtet. Betrachten wir die Ebene einer einzelnen Art, dann kann ich mir Gedanken über sehr fein unterteilte Prozesse machen. Wie ist das Eiablageverhalten einzelner Weibchen? Welche Standorte in der Vegetationsschichtung werden bevorzugt? Wie verhält sich die Mortalität der Raupen? Solche Dinge. Wenn wir eine Ebene höher auf die der Lebensgemeinschaft gehen müssen wir das zu sinnvollen Gruppen zusammenfassen. Ansonsten wird die Betrachtung zu komplex. Man kann sich dann fragen, gibt es Gemeinsamkeiten oder Unterschiede zwischen den Arten? Wechselwirken die Arten miteinander? Etwa gibt es Arten mit ähnlichem Eiablageverhalten? Wie hoch ist die Mortalität von Raupen gemittelt über die Arten? Dann kann man bis auf die Ebene der Landschaft gehen und Trends in flächenübergreifenden Prozessen betrachten. Da macht man in der Regel räumliche oder zeitliche Vergleiche. Wie entwickelt sich die Artenzahl? Wie entwickelt sich das Eiablageverhalten? Gibt es ein räumlich differenziertes Eiablageverhalten (legen die Weibchen im Süden an schattigeren Plätzen ab als im Norden). Wenn man solche Gruppierungen vornimmt, kann man die Komplexität einigermaßen überschaubar machen.

    Grundlegend gestaltet es sich meiner Erfahrung nach als schwierig sich selbst für die Kartierung zu motivieren, wenn mehr Fragen als Antworten aufkommen, welche aus Fehlschlägen entstehen, obwohl die Theorie eine hohe Erfolgsquote vordefiniert haben müsste

    Nun vielleicht können ja die Fragen als neue Motivation dienen. Es ist aber denke ich auch teiwleise so, dass die Natur nicht komplett in Mustern beschreibbar ist. Viele Prozesse die ablaufen sind auf kurzen zeitlichen und kleinen räumlichen Skalen chaotisch, nicht berechenbar und augenscheinlich zufällig. Man muss sich immer klar machen, dass wir bei vielen Sachen in Wahrheit von Verteilungen reden, die vielleicht ein "Ideal" haben, aber immer eine gewisse Streuung. Eine Art mag etwa ein relativ klares Muster für die Eiablage haben, welches sich bei sehr vielen Eiablagen beobachten lässt, aber es wird immer Weibchen oder einzelne Ablagen geben die nicht dem Muster entsprechen. Das wäre auch nicht gut wenn es anders wäre, denn diese (zufällige) Variation ermöglicht überhaupt erst denn Ablauf von Evolution. Daher ist es wahrscheinlich ein stückweit normal, dass wir ab und zu Dingen begegnen die scheinbar nicht ins Bild passen. Das sollte nicht sofort dazu führen alles aus dem Fenster zu schmeißen und von vorne anzufangen, sondern weiter dranzubleiben und weiter zu beobachten. Auch wenn ich sehr wohl nachvollziehen kann, dass man nach dem x-ten Fehlschlag absolut unmotiviert dazu sein kann.


    Vielleicht noch kurz zur Frage, ob man Schutz und Ökologie trennen sollte: Die Frage ist halt was man erreichen möchte. Will man die Ökologie nur erforschen des reinen Wissens wegen oder um mit dem Wissen etwas praktisches anzufangen? Sicher sind ökologische Erkenntnisse auch einfach interessant für sich. Ich denke es macht aber irgendwo Sinn diese auch zu nutzen, gerade im aktuellen Kontext wo die Biodiversitätskrise ein nicht zu verharmlosendes Problem darstellt.


    Grüße Dennis

  • Vielleicht sollte man bei der verschiedenartigen Betrachtungsweise der Ökologie generell die Frage stellen, kann man das irgendwie veranschaulichen bzw. verschiedene Kartiervarianten vorstellen, die dem Kartierer die Möglichkeit in Gebieten geringerer Artenzahl geben, den Bereich individuell ausgerichtet zu kartieren.


    Als Idee kam mir auf, dass man in artenreichen und artenarmen Gebieten 3 oder mehrere Kartierer in der Hauptaktivitätszeit der Tagfalter an einem sonnigen Tag bzw. bei bewölktem Wetter in ein definiertes Gelände schickt. Man könnte vorher noch festlegen, dass der erste 100% Imagines kartiert, der nächste 50% Imagines und Präimaginalstadien und der letzte ausschließlich Präimaginalstadien, wobei der Fokus interessante Ergebnisse in Artenzahl und Anzahl an Individuen der Arten liefert. Man könnte dann eine ganzheitliche Kartierung der Arten des Gebiets als Referenz vorlegen und beurteilen, warum gewisse Arten nicht angetroffen werden (zeitig fliegende Arten wie Callophrys rubi) oder warum Arten, welche gar nicht mehr fliegen nachgewiesen werden konnten (Eier von Satyrium pruni) und könnte die Qualität der Seltenheit der Arten mit einem höheren Aufwand verrechnen.


    Anschließend könnten Kartierinteressierte sich ein Bild davon machen, was möglich ist in artenreichen bzw. artenarmen Gebieten und das Potenzial in artenarmen Gebieten erkennen bzw. sich eher auf artenreiche Gebiete fokussieren und dort sichere Funddaten erneut bestätigen, wobei die artenärmeren Gebiete in einigen wenigen klimatisch begünstigten Arten kaum Daten liefern würden und ein schlechteres Verständnis dieser Arten gesamtheitlich erzielt werden würde (Verbreitungsschwerpunkte).


    Generell liegt wohl der hauptsächliche Fokus aktuell beim Kartieren bei einer guten Zeit hoher Falteraktivität und vorliegenden Bildtafeln, wie es bei dem Lichtfang bzgl. der Nachtfalter ebenfalls der Fall ist.

    In dem Zusammenhang war für mich natürlich das Werk „Tagfalter suchen im Winter. Zipfelfalter, Schillerfalter und Eisvögel.“ von Gabriel Hermann (Books on Demand, Norderstedt. 224 S., 2007) bahnbrechend, was eine Auslagerung der Kartierung auf das gesamte Jahr erlaubte.

    Wobei hier auch die auf Actias in Themen erwähnten und veranschaulichten Nachtfalterkartierungen im Winter zählen (bspw. Ordensbänder, Glasflügler).


    Den wesentlichen Unterschied in der Kartierung im Sommer hatte für mich das Feldbuch und Naturführer „Schmetterlinge – Die Tagfalter Deutschlands“ von Settele, J. et al. (Ulmer Verlag, Halle, Filderstadt, Mittweida, Leipzig, 256 S., 2015) gemacht.

    Vorher hatte ich im Handel einige Werke erworben, welche weniger effizient waren, da man die einzelnen Arten weniger kartierspezifisch beschrieben hat, da mitunter Präimaginalstadien in der Vereinfachung der Kartierung gegenüber den Imagines nicht betrachtet wurden bzw. zumindest keine Effizienz ersichtlich war (Ei > Raupe > Falter bzw. ausschließlich Falter etc.).

    Nachteil hieraus war, dass der Fokus des Marktwerts nach wie vor deutlich auf bunte Falterbilder gelegt ist, anstatt auf effiziente Artkartierung.

    Kartierungsschlüssel sind wesentlich aufwändiger zu erarbeiten und mitunter kostenintensiver.

    Es ist schwierig bei generellem Interesse an Natur direkt die richtigen Werke zu erwerben. Mitunter haben andere Länder bereits gründliche Werke erstellt.


    Die beiden genannten Werke sind wohl für effiziente Kartierungen sehr gut geeignet.Wenn man sich reinhängt, kann man da schon eine Menge kartieren. Als Grundlage würde ich noch Verbreitungskarten empfehlen, um eine gute Routenplanung vorzuplanen und in kurzer Zeit möglichst viel zu lernen, um für sich eine Effizienz zu ermitteln (Lockpflanzen, bestimmte Säume etc.).


    Sprich nimmt man jetzt mal den Fall, ich stelle mich auf eine Wiese und habe keine Verbreitungskarte, aber den Feldführer als Grundlage. Wie gehe ich als Anfänger individuell vor, um herauszufinden, was meine individuelle Intention in der Kartierung ist (ohne viel anzulesen oder bei mehrheitlichem ökologischen Interesse doch noch bestimmte Werke zu wälzen), möglichst effizient Interesse für das Kartieren und/oder das „ökologische“ Beobachten in der Natur zu entwickeln?

    Wobei es keine Option darstellt, aufzugeben ohne beide Komponenten vorher zu erleben, da mangelhaftes Verständnis oder zu komplexe Zusammenhänge wieder ein vorschnelles Urteil für den Lebensraum in seiner Funktion verteilen, wobei es vorteilhafter wäre, mit einem Experten ins Gelände zu gehen, aber das ist meist nicht der Fall.

    Also wie wäre das Vorgehen, selbst den Mehrwert zu bilden aus Interesse für die Ökologie und/oder eine recht wenig aufwendige, aber max. effiziente Kartierung in der Erzielung hoher Artenzahlen trotz mäßig guter Bedingungen des Lebensraums?


    Dabei geht es mir hierbei weniger um jemanden, der den Mehrwert der Kartierung bzw. dem Beobachten von ökologischen Zusammenhängen für sich persönlich aus verschiedenen Anteilen beider Möglichkeiten bereits gebildet hat (evtl. in Vorarbeit im Lesen zahlreicher Literatur). Es geht eher um jemanden der rausgeht und meint „langweilig, hier fliegt ja nix“.

    Dabei ist immer das optimale möglichst viel wissenschaftliches Verständnis effizient runterzubrechen und Theorie in praktische Erfolgserlebnisse zu verwandeln (vgl. die beiden aufgeführten Werke).


    Die ganzen weiteren Betrachtungen sind wohl, wie du schon beschrieben hast häufig nur dem Interesse wegen nützlich, die Kartierung unterstützen sie weniger bzw. individuell je nachdem wie sich ein Interessierter ausrichtet, die Natur erleben zu wollen.


    Ich persönlich weiß nichtmehr genau, wie mein erstes Verhältnis aus Kartieren und ökologischer Betrachtung entstanden ist. Interesse kam eigentlich weniger durch das Kartieren von Imagines, mehr wie ich wahrscheinlich hier auch schon öfter dargestellt habe, an den ökologischen Zusammenhängen.

    Für die reine Kartierung fand ich meist die Kartierung von Präimaginalstadien spannender, weil Falter weitestgehend zw. mäßig relevanten Lebensräumen hin-und herpendeln (abgesehen von Fotoaufnahmen) und die Präimaginalstadien sich im Lebensraum mitunter deutlich davon absetzen, aber gleichzeitig auch gebunden sind.

    Und man fragt sich "Was machst du denn dort auf diesem überhitzten Geröllboden, brennt das nicht??"

    Mittlerweile ist wohl beides gleichauf, wobei ich meist praktisch kartiere und seltener theoretische Komponenten wie begünstigte Eiablagen auf Störstellen über mehrere Jahre untersuche (vgl. Bilder und obiger Beitrag). Ich habe mir ein Breitbandwissen zu allen möglichen Arten gebildet, die am Tage fliegen, aber es gibt auch Tage, wo ich mir lieber ein kleines Gebiet vornehme und auch nach Schwärmerraupen und ähnlichem suche, anstatt möglichst viel Fläche abzulaufen. Das mache ich eher spontan vor Ort aus. Anfangs war ich meist enttäuscht von den Kartierungen, mittlerweile bin ich überrascht, dass ich gute Artzahlen in den Kartierungen erziele, obwohl ich diverse Orte noch nie gesehen habe und rein von der Recherche der Verbreitungskarten kenne.

    In den Anfängen der Kartierung war es genau umgekehrt, stetig eher auf effizienteres Kartieren und neue Artnachweise ausgerichtet. Mittlerweile reime ich mir zeitsparend auch Zusammenhänge zusammen, dass bestimmte Arten dort und dort hinten sitzen könnten, aber ich fahre weiter ins nächste Gebiet, weil dort laut Verbreitungskarten diese und jene Arten vorkommen. Je nachdem was ich finden oder erleben möchte.


    Letztes Jahr war ich z.B. sehr überrascht bei der Eisuche von Lycaena alciphron zum ersten Mal eine Raupe von Deilephila porcellus neben Kleinem Sauerampfer an einer ca. 40cm großen Eiche zu finden, welche ich bereits häufiger vergeblich gesucht hab, da mitunter auch der Nachweis der Art zu den schwierigen zählt, wenn man nur nach der Futterpflanze Ausschau hält (evtl. bei Bewölkung/Regen nicht nur am Boden bzw. nachtaktiv). Dort hätte ich nie gesucht. Daher ist es auch von Vorteil, Präimaginalstadien in niedrigeren nicht-blütenreichen Straten zu suchen und sich Zeit zu nehmen. Da zu der Zeit wenige Falterarten flogen, es an dem Tag sehr windig und häufig bewölkt war, war hierbei der Nachweis an Präimaginalstadien äußerst vorteilhaft.


    „Dem würde ich entschieden wiedersprechen! Jeder kann eine Menge zum Artenschutz beitragen. Das fängt damit an seine unmittelbare Umgebung natürlich zu gestalten (etwa seinen Garten), kann sich darauf ausweiten sich dafür einzusetzen in seiner Gemeinde naturnahe Parks zu schaffen, etc. und kann bis dahin gehen sich etwa bei der Gebietspflege einzubringen. Man kann politisch aktiv sein, man kann für das Thema sensibilisieren, man kann selbst durch Erkenntnisgewinn dazu beitragen den Schutz zu verbessern (Fundmeldungen auf einer Beobachtungsplattform eingeben, Beobachtungen teilen oder publizieren). Es gibt so viele Möglichkeiten. Wenn jeder ein bisschen was macht, dann machen wir zusammen alles.“


    Der Garten bzw. die Kartierarbeit sind wohl das griffigste bzw. das was die Mehrheit mit recht wenig Aufwand umsetzen kann.

    Alles weitere ist zum Glück vorhanden und man kann da nicht genug dankbar sein, dass es das gibt! An der Stelle Hut ab für den Mehraufwand und gerne mehr davon!

    : - )


    Ich höre halt auch häufiger, dass der Trip in die Alpen oder nach Österreich der einfachere Weg ist, etwas zu erleben. Zeiteffizient und man lebt von der Hand in den Mund.

    Ich denke trotzdem, dass Natur überall Potenzial hat, auch wenn es schwerfällt bei abnehmenden Artenzahlen und Arthäufigkeiten der Verbreitungskarten, den Lebensraum als interessant wahrzunehmen. Ich finde es daher gut, dass selbst in weniger artenreichen Gegenden einige wenige seltene Arten vom Klima profitieren und woanders seltener auftreten.

    So hat doch jede Gegend seinen Wert!


    Gruß Kai

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    • Offizieller Beitrag

    Ich denke um den Überblick zu behalten ist es wichtig nicht zu viele Sachen auf einmal zu vermischen. Kartierung ist eine Methode, ein Werkzeug wenn man so will. Die Kartiermethoden informieren die Ökologie, umgekehrt informiert die Ökologie aber auch die Kartiermethoden. Die Ökologie kann dann wiederum andere Sachen wie z.B. Schutzkonzepte informieren, die eine Handlungsrichtlinie darstellen, um ein bestimmtes vordefiniertes Ziel zu erreichen.


    Wenn wir jetzt beim Kartieren sind, dann gibt es nicht nur eine Möglichkeit etwas zu kartieren, sondern viele Methoden. Die sind wieder bildlich gesprochen verschiedene Werkzeuge die unterschiedliche Aufgaben unterschiedlich gut erfüllen. Daraus folgt, dass es nicht "die eine" ideale Kartiermethode gibt und man sich immer vorher überlegen sollte was das Ziel einer Kartierung ist. Reichen qualitative Daten oder brauche ich/will ich quantitative Daten? Möchte ich Trends erfassen und kann auf ein völlständiges Arteninventar verzichten oder möchte ich das Arteninventar möglichst exakt abbilden? Möchte ich eventuell bloß eine einzelne Art kartieren? Welche Flächengröße muss ich abdecken und welchen Zweck sollen die Daten erfüllen? etc. In der Regel macht es beispielsweise Sinn große flächige Gebiete mit einem großen Raster und sehr generellen Methoden zu bearbeiten, damit interessante Gebiete oder Vorkommen von seltenen Arten zu lokalisieren und dort dann spezialisiertere Methoden zur Anwendung zu bringen. Um das Arteninventar eines Gebietes möglichts vollständig zu erfassen sollten je nach zeitlichem Umfang mehrere Methoden kombiniert werden. Am Ende ist aber auch keine Methode perfekt.


    Das alles ist aber für einen Interessierten, der noch am Anfang steht alles viel zu detailliert. Um zu deiner Frage oder dem von dir gebildeten Charakter des interessierten Anfängers zu kommen

    Wie gehe ich als Anfänger individuell vor, um herauszufinden, was meine individuelle Intention in der Kartierung ist

    Es wird kaum einem Spaß machen, wenn er das Gefühl hat mit sehr vielen Möglichkeiten und Ausnahmen erschlagen zu werden. Ich denke jemand der gerade mit einem Grundwissen startet, sollte mit einfachen Methoden anfangen, die eine große Bandbreite von Arten erfassen können. Für Tagfalter würde ich vorschlagen einfach aufmerksam spazieren zu gehen und eventuell bestimmte Stellen die von besonderem Interesse sind (etwa Blütenansammlungen) gezielt aufzusuchen. Die überwiegende Mehrzahl der Tagfalter lässt sich gut als Falter nachweisen. Was das geografische angeht ist es so, dass es für die von Laien gesammelten Daten am meisten Sinn ergibt, wenn das die flächig, grob erfassten Daten sind. Gebietskartierungen oder einzelne Arten zu kartieren kann Sinn machen, erfordert aber in der Regel eine Abstimmung mit irgendwelchen Projekten ansonsten läuft der Aufwand Gefahr in den Weiten der Datensätze zu versumpfen und das wäre schade. Oft sind hier eben auch spezialisiertere Methoden und ein größeres Spezialwissen erforderlich. Insofern ist es eigentlich wirklich am besten vor der eigenen Haustür zu kartieren, denn dort kann man in der Regel oft vor Ort sein. Auch ist die Wahrscheinlichkeit gering, dass man direkt neben einem anderen Kartierenden wohnt. Der nächste Punkt ist nämlich, dass es für flächige Daten vor allem Sinn macht die "weißen Flecken" zu füllen anstatt Zeitreihen zu erstellen (also jedes Jahr dieselbe Art von derselben Stelle melden). Zeitreihen sind auch in Ordnung und in gewissen Abständen total sinnvoll (vor allem wenn der Aufwand gering ist, vielleicht kommt man irgendwo einfach oft vorbei), aber weniger hilfreich wenn das räumliche Bild sehr schlecht ist. Meine Empfehlung wäre daher einfach mit offenen Augen spazieren zu gehen und das ganze erstmal auch gar nicht so sehr als "Aufgabe" wahrzunehmen. Nicht nach dem Motto : "Ich gehe jetzt kartieren". Ich denke das ist die beste Grundlage auf der man in alle Richtungen aufbauen kann.

    Aber jeder ist anders. Vielleicht interessiert sich jemand mehr für Ökologie und gar nicht so sehr für's kartieren und möchte unbedingt die Raupen einer speziellen Art finden. In dem Fall ist das durchaus auch ein guter Startpunkt. Man sollte nicht seine Präferenzen für den angeblich "einen richtigen Weg" aus dem Fenster werfen

    Es geht eher um jemanden der rausgeht und meint „langweilig, hier fliegt ja nix“.

    In dem Fall ist es durchaus sinnvoll ab und zu "gute Gebiete" aufzusuchen. Sowohl für die eigene Motivation als auch um die Artenkenntnis zu schulen. Das sind dann vielleicht Gebiete in denen sich die ganze Entomologengemeinschaft der Region versammelt und es daher für Kartierungen u.U. nicht viel Neues zu finden gibt, aber das ist dann nicht das Wichtige. Wenn ich mir eine neue Art "vorknöpfe" die ich vielleicht in meiner Region suchen möchte, dann gehe ich auch immer zuerst in ein gutes Gebiet von dem ich relativ sicher bin, dass es die Art dort in einigermaßen guter Anzahl gibt. So kann man ein Gefühl für die Suche und die Art bekommen und das dann mitnehmen zu den "schlechteren Gebieten". Wenn man zuerst dort anfängt wo die Aussichten schon schlecht sind, dann wird man nur frustriert und ist sich unsicher, ob man nichts findet weil es nichts gibt oder weil man es übersieht. In manchen Gebieten fliegt halt auch einfach nichts. Da kann man auch durch extrem detaillierte Nachsuche nicht viel mehr zutage fördern.

    Ich habe mir ein Breitbandwissen zu allen möglichen Arten gebildet, die am Tage fliegen, aber es gibt auch Tage, wo ich mir lieber ein kleines Gebiet vornehme und auch nach Schwärmerraupen und ähnlichem suche, anstatt möglichst viel Fläche abzulaufen.

    Geht mir genauso. Wenn man einmal das Breitbandwissen hat, dann stehen einem alle Möglichkeiten offen neue Methoden anzubauen. Eine gute Möglichkeit ist eben die Ei/Raupensuche im Winter, aber auch alle möglichen anderen Präimaginalstadien. Das sind aber dann schon etwas schwieriger anzuwendende Methoden, die manchmal auch mehr individuelle Einarbeitung und höhere Frustrationstoleranz benötigen. Daher würde ich das für absolute Anfänger nicht empfehlen.

    Ich höre halt auch häufiger, dass der Trip in die Alpen oder nach Österreich der einfachere Weg ist, etwas zu erleben.

    Ja und nein. Sicher gibt es dort viel mehr interessante Arten und teilweise sind Arten die flächendeckend selten sind dort häufig(er). Andererseits erfordert auch das wieder neue Kompetenzen, da es sich um andere Lebensräume handelt. Und auch dort fliegt jetzt nicht alles zu hunderten neben der Straße. Aber klar ist es einfacher dort etwas neues zu sehen, wenn man bei sich schon sehr viel abgearbeitet hat. Und das ist ja auch absolut legitim. am Ende des Tages soll ja auch der Spaß nicht zu kurz kommen. Trotzdem haben wohl eher die wenigsten das Glück dort zu wohnen oder sehr oft dorthin fahren zu können. Die meiste Zeit verbringt man eben doch an seinem Wohnort und hat dadurch dort auch den größten Einfluss.


    Grüße Dennis

  • Schwierig ist denke ich in erster Linie die Vorstellung von Möglichkeiten der Kartierung an anfänglich Kartierende effizient und wirksam zu vermitteln, gerade in artenärmeren Gegenden. Wobei man möglichst schlüssig das Ganze anschaulich vermittelt, mit Hauptaspekt den Lebensraum in seinem Wert neu zu erkennen (z.B. ein magerer Geröllhaufen ist nicht schlechter als eine dicht bewachsene Wiese mit vielen Fressfeinden), ohne zu oft rausgehen zu müssen und zu komplexe wissenschaftliche Komponenten zu beschreiben, welche mitunter in der Kartierung ineffizient zum Tragen kommen.

    Im Sinne von, man zeigt alle Arten die überall in der Wiese "sitzen" oder fliegen an einem effektiven Tag „das ist möglich in der Hauptzeit bei Sonne in diesem bestimmten Habitat und im Nachbarhabitat so und so und ihr könnt das ganze Jahr in den beiden Habitaten verschiedenes entdecken“. Sprich das Maximum des Möglichen vorstellen und wenn andere in diesem unterwegs sind, brauchen sie sich frustriert nicht von dort abwenden, weil bewiesen ist, dass dieser Lebensraum sehr artenreich ist, nur die eigene Herangehensweise etc. sich noch entwickeln müssen (Phänogramme, Verbreitungskarten).


    Der Trend vieler Interessierter ist leider eher, eine festgelegte Runde laufen und dort möglichst viele Arten ohne Zeitbindung (Hauptflugzeiten) und ohne Beachtung von Futterpflanzen/ lückig bewachsenen Stellen, zu finden. Daher ist ohne gewisse Werke und Grundkenntnis Kartieren mäßig empfehlenswert nach meinem Kenntnisstand. Man muss irgendwie eine effektive Vermittlung des Werts der Lebensräume und der Artenverteilung über das Jahr vermitteln (Präimaginalstadien teils mit einbringen, insbesondere wenn der Larvalzustand des Habitats hochwertig, aber als Falterhabitat eher vernachlässigbar ist, was man auf den ersten Blick als Anfänger sofort übersieht).

    Ich habe bspw. auch erst recht spät Verbreitungskarten verwendet. Hätte ich die früher gekannt, hätte ich mir viel Frustration ersparen können. Natürlich ersetzen diese nicht das ökologische Verständnis seltenerer Arten, die in recht kleinen Habitaten durchaus noch zahlreicher vorkommen (z.B. Hesperia comma), aber wenn man die Phänogramme aus „Schmetterlinge – Die Tagfalter Deutschlands“ von Settele, J. et al. (Ulmer Verlag, Halle, Filderstadt, Mittweida, Leipzig, 256 S., 2015) oder bspw. aus

    Artensteckbriefe

    verwendet, hat man auch die Möglichkeit zeitlich seine Exkursionen artspezifisch/nach einem breiten Artspektrum aufzustellen.


    Ich habe mir später zwecks Zeitbindung die Arthäufigkeitenverteilung/ Woche (6-10 Tage, in artenreichen Monaten Darstellung Diagramm aller 6 Tage) angeschaut und die Frage gestellt (wie oben aufgelistet), ob es nicht sehr hilfreich wäre Phänogramme bestimmter Arten für Weibchen und Männchen separat zu erstellen (bspw. Limenitis populi, insbesondere Plebejus idas da selbst beobachtet dass zeitlich Geschlechterhäufigkeit zeitlich deutlich abgegrenzt und Weibchen langlebiger zumind. bei längerer Regenzeit).

    Mir fehlt dafür noch in der Literatur eine Kartieranleitung getrennt nach Männchen und Weibchen.


    Es gibt leider wenig Daten der untersuchten Ökologie dahinter, dass Männchen entweder territorial (häufige Variante, z.B. Scolitantides orion), Versammlugen bildend (z.B. Satyrium pruni, im Heckengehölz sitzend?, Neozephyrus quercus, Iphiclides podalirius, Papilio machaon, Apatura ilia + iris, Limenitis populi), mäßig territorial, patroullierend (häufige Variante, z.B. Boloria selene) oder neutral (z.B. Maculinea nausithous, Melanargia galathea) auftreten und die Weibchen ihre Larvalhabitate gern abseits großer Männchenaufkommen anlegen, da sie dort ungestört Eier ablegen können.

    Wobei da wieder die Frage aufkäme, wie entstehen Larvalhabitate? (Pflanzenzustand, Besonnung, geringe Falterdichten insb. Männchen?)


    Zwecks Zeitbindung kommt auch die Frage auf, wenn man die Arten unspezifisch zur Geschlechterverteilung betrachtet, wann hat man die größte Chance, die Arten überhaupt an Blüten anzutreffen (vorausgesetzt sonniger, mäßig windiger Tag). Bei kurzfliegenden Arten wie Satyrium pruni wäre das evtl. hilfreich (Territorialverhalten der Männchen vernachlässigt bzw. evtl. fast ausschließlich Weibchen an Blüten).

    Ich hatte mir daher wie gesagt Arthäufigkeitenverteilungen vor ca. 30 Jahren unterteilt in sehr kleine Zeiträume (pro Woche) angeschaut.

    Grundsätzlich sagt man, man solle nicht erst in der Mitte der Flugzeit der Falter kartieren, sondern am Anfang, weil die Männchen etwas eher schlüpfen und diese am besten zu kartieren sind.

    Da stellt sich wieder die Frage, ob man in quantitativen Phänogrammen die Mengen an kartierten Männchen und Weibchen farblich darstellen sollte. Das könnte viele Erkenntnisse in der Ökologie der Arten liefern.

    Ich habe die Zeitspanne des mengenmäßig häufigsten Nachweiszeitpunkts jeder mäßig häufigen bis seltenen Art recherchiert, wobei das häufigste Aufkommen mit 100% gekennzeichnet ist (bspw. Satyrium pruni 2-8). Quantitative Kartiererhebungen pro Woche mit <10% habe ich dabei vernachlässigt. Folgend ein Ausschnitt einer Kartierung.


    25. April: Grüner ZF (14 Individuen) (4 laut Literatur, 15%)

    13. Juni: Grüner ZF (ein Individuum) (10, 38%)

    12. Juni: Pflaumen-ZF (8, 100%)

    19. Juni: Pflaumen-ZF (6, 75%)

    4. Juli: Lilagold-Feuerfalter (50% m/w selbst angetroffen, 8x, 4 Männchen Gruppe bildend an Straßensaum räumlich festgesetzt bei Blütenbesuch ohne Weibchen, alle Weibchen vereinzelt auf Bergwiesen angetroffen und scheu schwierig auszumachen) (32 laut Literatur, 91%), Großer Schillerfalter (27, 100%)


    Dieses individuell maßgeschneiderte Phänogramm bzgl. Nachweisbarkeit in der Flugzeit kombiniert qualitatives Phänogramm mit einem quantitativen Phänogramm und erleichtert die Kartierfähigkeit bzgl. seltenerer und sehr kurzfliegender Arten bzw. bei Arten welche einen starken Anstieg innerhalb des Kartierzeitraums der Flugzeit aufweisen, enorm und hat meine Kartiererfolge um ca. 300% gesteigert.


    Pro Woche habe ich dadurch ein festgelegtes Artenspektrum gelistet nach Arten, welche unbedingt zu suchen sind (sehr kurzer Zeitraum quantitativen Aufkommens kurzfliegender Arten und/oder quantitativ stark abfallender Arten) bzw. in einem längeren Zeitraum bzgl. quantitativen Aufkommens mengenmäßig sehr gleichverteilt/homogen angetroffen werden können (z.B. Boloria dia). Schwierig sind dabei Arten, welche zu keinem Zeitpunkt in der Arthäufigkeit stark ansteigen und generell eher weniger gehäuft anzutreffen sind. Solche Daten aus der Literatur helfen zusätzlich Ökologie auf eine effiziente Kartierung runterzubrechen und beim Fund der Arten, diese praktisch besser zu verstehen und für wissenschaftliche Erhebungen bzgl. Artenspektrum mehr Daten zu liefern.

    Nahezu unmöglich zu erstellen, wären quantitative Phänogramme bzgl. Präimaginalstadien, aber auch weniger nützlich, da die Qualität der Lebensräume insbesondere für diese deutlich variabler ausfällt und diese Daten wissenschaftlich wohl mäßig nützlich wären, ausgenommen Überwinterer, welche gut erfassbar sind.

    Zusätzlich kann man sich bereits vorher darauf einstellen, ohne rauszugehen, dass bestimmte Zeiträume erreicht sind und die Arthäufigkeiten bspw. sich jede Woche (zumind. bzgl. Nachweisbarkeit) wie folgt entwickeln können (Ersttermin vorne dargestellt):


    10.05: Kleiner Würfel-DF (20, 40, 30, 35, 12)

    20.06: Violetter Feuerfalter (bis 20.07., 15, 20, 40, 25, 5), Brauner Eichen-ZF (3x8)

    10.07: Silbergrüner Bläuling (7, 11, 23, 11)


    Bei Generationen mit mehreren Generationen erkennt man hierbeu auch gut den Trend in der Zunahme der Arthäufigkeit von 1. zu 2. Generation (Ausnahme bspw. Erynnis tages, da möglicherweise nur partielle 2. Generation), welcher in qualitativen Phänogrammen nicht ersichtlich ist, weshalb Kartierungen aus wissenschaftlicher Sicht bzgl. Quantität ebenfalls wichtige Daten liefern.

    Zusätzlich hatte ich ältere Kartierungen nach der maximalen Arthäufigkeit der Arten gekennzeichnet und eine Kartierempfehlung ermittelt.

    Die Nachweisgrenze der meisten Arten liegt bei >60% der maximalen Aufkommen im Jahr.

    Darunter konnte ich nur selten seltenere Arten nachweisen und der Zeitraum der Phänogramme (<60%) ist weitestgehend zu vernachlässigen nach meinem jetzigen Kenntnisstand.

    Ausnahmen sind Callophrys rubi (allerdings sehr heißes Frühjahr, vgl. oben aufgelistete Betrachtungen Verlagerung Arthäufigkeiten bzgl. Klimaextremen etc.) und Apatura ilia (zu Beginn Flugzeit häufiger mit jeweils 60% maximaler Arthäufigkeit nach Literatur).

    Für nur kurzfristig angetroffene Arten bzw. generell seltene (Satyrium pruni, Melitaea cinxia) ist die quantitative Betrachtung sehr vorteilhaft.

    Die Kartierempfehlung ist besser geeignet, wenn man möglichst viele Arten finden will. Allerdings wie schon beschrieben, gibt es bzgl. bestimmter Betrachtungsweisen nur wenige Daten (Arthäufigkeiten nach Geschlechtern verteilt, partielle Generationen, etc.) und man kann die Kartierung noch nicht optimal daran anpassen.


    So viel zur Kartierung, Daten sind immer hilfreich und daraus ermöglichen sich neue Möglichkeiten in der abstrakten und sehr konkreten Kartierung. Die effiziente Kartierung ist immer ausbaubar, aber derzeit liegt schon ein guter Kenntnisstand vor. Altdaten gibt es zum Glück auch schon über einen längeren Zeitraum.


    Gruß Kai

  • Zum ökologischen Verständnis der Entwicklung von Arten ist mir auch noch eine wichtige Sache eingefallen.


    Wenn man 2 Falter derselben Art und desselben Geschlechts unterschiedlicher Größe antrifft, heißt das womöglich, dass der kleinere Falter eine gesunde groß gewachsene Pflanze mit hohem Wasser- und geringem Stickstoffanteil befressen hat und der vitale große Falter eine der eher wenigen geschwächten einzeln wachsenden oder frisch gemähten Pflanzen mit hohem Stickstoffanteil befressen hat (Stickstoffanteil aber mitunter auf Arten wie Callophrys rubi eher schädlich). Entsprechend sollten Falter auf Magerrasen sehr vital und mit größerem Eiervorrat mehr Nachkommen hervorbringen als in einer normalen Wiese, wenn Metapopulationen eine genetische Verarmung vermeiden. „Schwächere“ Tagfalterarten mit festgelegten Nischen bzw. wenigen Habitattoleranzen und sehr konkreten Habitatpräferenzen können demnach wahrscheinlich hauptsächlich nur auf Magerrasen und ähnlichen Flächen mit geringem Parasitendruck, geschwächter kleinwüchsiger Pflanzen langfristig überleben.

    Grundsätzlich ist ein erhöhter Stickstoffanteil auch Ursache für einen vereinfachten und schnellen Häutungsvorgang der Raupen, da in kurzer Zeit deutlich mehr Zellen in der Raupe erstellt werden und die Raupe quasi herausplatzt aus der alten Haut ohne großartig durch Bewegungen mithelfen zu müssen oder sich abzumühen. Zusätzlich soll der Stickstoffanteil der Pollen hoch und der von Früchten sehr hoch sein (Pflanzenteile, welche Nachkommen hervorbringen sollen, vgl. alter Feed zu Pollen und Trachtpflanzen). Womöglich bevorzugen daher viele Raupen Blüten, bevor sie Blätter befressen und manche Arten sind anfangs blütenaffin (z.B. Ulmen-Zipfelfalter – Satyrium w-album) oder fressen hauptsächlich in den Knospen (z.B. ausgewachsene Raupen Satyrium w-album oder Zwerg-Bläuling Cupido minimus).

    Zusätzlich für bspw. die Brennnessel gilt, dass junge Blätter frisch gemähter Streifen deutlich mehr Stickstoff pro Blatt enthalten als alte Blätter und an diesen werden meist Eier abgelegt bzw. können Gespinste teilweise zuhauf gefunden werden.

    Derzeit kenne ich keine Daten in der Literatur zu prozentualem Stickstoffanteil nach wichtigen Futterpflanzen (z.B. Brennnessel kleine + große Blätter, Blüten, Früchte; Weide, Pappel etc.).

    Je nach Spezialisierung auf bestimmte Raupenfutterpflanzen und deren Häufigkeit im Vorkommen, haben Arten verschieden gute Möglichkeiten solche Jungpflanzen zu finden, wobei die Brennnessel schnellwachsend ist und viele andere Pflanzen deutlich langsamer erneut aufwachsen, wobei hier wohl die Altpflanzen daher verhältnismäßig eher zu empfehlen sind.


    Als Beispiel könnte ich das Bild unten anbringen. Entsprechend könnte man sagen, man gebe 42 junge saftige Weidenblätter (weniger Wasser, mehr Stickstoff pro Masse, verhältnismäßig eher trocken und gut verdaulich wie Trockenfutter, schnelle Entwicklung) oder gebe rund 90 der großen alten Weidenblätter einer Population von Saturnia pavonia hinzu (viel Wasser, wenig Stickstoff, Darm muss viel Arbeiten, Darmkrankheiten wegen hohem Wasseranteil, Raupe muss sich oft sonnen und Fresspausen machen, um das Wasser wieder loszuwerden, als Insekt eher unterentwickelter Darm schnell ausgelastet, langsame Entwicklung).


    42 Blätter sind wohl stickstoffreicher als 90 alte, daher kann man sagen, Weibchen werden bei 42 jungen Blättern später größer gewachsen mit einem größeren Eiervorrat und besseren Flugkünsten aufgrund größerer Flügel sein. Es ist nicht zu verdenken, warum sich zumindest das Tagpfauenauge auf die Jungpflanzen stürzt. Am Bild unten sieht man auch gut, dass Raupen erst ab L5 so richtig schädlich werden und ich stelle die These in die Runde, dass junge Raupen die Pflanzen kaum stören und das Anlocken der Parasiten erst ab einem gewissen Fraßanteil pro Zeit stattfinden bzw. ausreichend stark abläuft (L3 oder L4?).

    Dem gegenüber steht der Vorteil, weniger Parasiten anzulocken, wenn die jungen Pflanzen zusätzlich auf den sehr terminierten Störflächen angetroffen werden können. Dann erfolgt sehr bevorzugt eine Eiablage.


    Zusätzlich noch ein sehr wichtiges Thema, was ich in dem Zusammenhang vergessen hatte aufzulisten, an einem ermittelten Futterverbrauch von Raupen des Kleinen Nachtpfauenauges (Saturnia pavonia): Festsetzung des Faltergeschlechts im Raupenstadium (Werden alle Raupen die 42 junge Weidenblätter fressen Weibchen? Und die der 90 alten Weidenblätter Männchen?) + Was ist das optimale Verhältnis der Geschlechter? (3xw + 3xm oder 4xw + 2xm)


    Den Faktor mit dem Nährstoffgehalt hatte ich hierbei parallel zum Parasitendruck und dem geschwächten Zustand der Pflanzen fast vergessen. Wie so oft, läuft man in der Ökologie der Arten Gefahr zu schnell zu pauschalisieren, da mehrere Faktoren unterschiedlich stark wirken und verknüpft werden, wie Dennis oft beschrieben hat, auch artspezifisch. Das Ablageverhalten der Weibchen wird neben dem Parasitendruck zumindest bei manchen Arten wie dem Tagpfauenauge evtl., aber nicht sicher dadurch bestimmt. Es ist nur nicht klar, welche Arten auf eine gesunde Entwicklung der Nachkommen bzgl. Nährstoffversorgung setzen bzw. das überhaupt erkennen können und welche auf eine Verminderung des Parasitendrucks. Es gibt wahrscheinlich auch noch weitere Faktoren, aber das sind die beiden die ich am ehesten hierbei sehe.

    Bestimmt lässt sich das anhand sehr spezialisierter Arten, die stärker auf ihre Umwelt reagieren, besser untersuchen, wie bspw. die Jungraupen von Apatura iris, die sich über vertrocknete Blätter im Frühjahr hermachen. Das könnte auch bei anderen als Raupe überwinternde Arten gelten. Allerdings lassen sich diese noch schwieriger beobachten. Das Klima bedingt ja mitunter auch ein angepasstes Verhalten, was bei selteneren Arten meist nur einseitig in seiner Wirkung ermittelt werden kann (Imagines, kaum Funde von Präimaginalstadien).


    Die Untersuchung zum Fraßverhalten von Saturnia pavonia erfolgte vom Naturwissenschaftlichen Verein Wuppertal e.V. zu dem Thema „Fressen, fressen, fressen ... Das Raupenstadium“.

    Das Bild (unten) stammt aus der Untersuchung.


    Link: https://www.naturwissenschaftl…sen-...-das-raupenstadium


    Zwecks Kohlrabi kann man wohl sagen, eine Raupe des Großen Kohlweißlings frisst ab L5 soviel wie 20 Raupen von L1 bis L3.

    Oder konkret, wenn 200 Raupen vom Tagpfauenauge zehn Brennesseln bis L3 fressen, würden diese ohne Parasiten 250 Brennnesseln bis zur Verpuppung benötigen (± 80). Bei fünf Eigelegen wäre das ein Kahlfraß von 1250 Brennnesseln (± 400).

    Anders gesagt, bringen 10 Falter vom Tagpfauenauge rein theoretisch ohne Fressfeinde 1000 Nachkommen (125.000 Brennnesseln) hervor und diese 100.000 (12.500.000 Brennesseln nach 2 Generationen), welche in die Überwinterung gehen würden.

  • Hallo Kai,

    mit Sicherheit schneidest Du hier ein hochkomplexes und unglaublich umfangreiches Thema an.


    Ich habe versucht, Deine Texte aufmerksam und vollständig zu lesen, leider hat mir nach einer Viertelstunde der Kopf gebrummt, und ich musste querlesen ...

    Wie ich das sehe, versuchst Du hier eine "Gebrauchsanweisung" zu erstellen oder zu erfragen, wie man in einem Menschenleben die Zusammenhänge im Leben der Schmetterlinge aufdecken und zu deren Schutz nutzen kann.

    Das Genie, das das alles fertigbringt, ist noch nicht geboren.


    Vielmehr setzt sich unsere Kenntnis dieser Vorgänge aus Abertausenden von Einzelbeobachtungen zusammen, die nach und nach zu einem grossen Puzzle zusammengesetzt werden.


    Hierfür eignet sich z.B. die Teilnahme am "Monitoring der Tagfalter Deutschlands". Wobei mir klar ist, dass ich beim Begehen eines Transsekts nie den tatsächlichen Artenumfang incl. der Entwicklungsstadien erfassen kann, auch wenn ich vom Frühjahr bis zum Herbst das Gebiet von morgens bis abends begehen würde.

    Aber es sind viele Einzelbeobachtungen, die von Jahr zu Jahr variieren, und so doch einen gewissen Überblick geben.


    Ich hoffe, dass wir beide nun nicht aneinander vorbeigeredet haben.


    Viele Grüsse

    Hans

  • Hallo Hans,

    das Thema ist sehr komplex. Daher wusste ich anfangs nicht, wie ich anfange und wo der Weg hingehen soll. Daher hatte ich eine interaktive Entwicklung des Themas als sinnvoll erachtet.


    Ich hatte die meines Erachtens nach wichtigsten Faktoren beschrieben und verknüpft und einen Großteil der anderen gelistet. Ich wollte dabei bei möglichst wenig Text das Wichtigste rüberbringen. Es ist dann doch recht viel geworden, aber ich konnte dann auf die eher wenigen konkret beschriebenen Faktoren verweisen und seltener auf die „weniger“ relevanten, gelisteten Faktoren.

    Ich hoffe, dass der ein oder andere hierbei seine Fragen beantworten kann oder wichtige Erkenntnisse gewinnt, wobei hoffentlich der Großteil halbwegs mit der entsprechend zugrundeliegenden Ökologie einhergeht und ich wenige wichtige Komponenten übersehen habe.

    Falls dem so ist, bin ich dankbar für Ratschläge!


    Generell wusste ich anfangs nicht genau, wo das Ziel hingeht. Herauskristallisiert hat sich, dass wohl eine Kartierempfehlung das sinnvollste wäre und sich ein Splitten des Themas in Maßnahmen des Artenschutzes und einer Beschreibung der Ökologie bzw. Kartierbarkeit der Arten anbieten würde. Anfangs hatte ich den Fokus auf die generelle Ökologie gelegt. Allerdings ist diese so komplex, dass man diese wohl schwer ganzheitlich in einem Thema vereinfacht beschreiben könnte.

    Wenn bestimmte Themen (Wanderverhalten, genetische Verarmung etc.) den ein oder anderen stärker interessiert, könnte man die interessanten Themen der Freilandforschung in einem separaten Thema aufführen.

    Mir persönlich fällt es eher schwer, bestimmten Themen der Freilandforschung größeren Wert beizumessen oder wie Dennis es beschrieben hat, es ganz darauf ankommt, was will ich mit der Kartierung bezwecken bzw. was ist meine Fragestellung (bzgl. einzelner Arten, aller Arten etc.).

    Vielleicht hilft das Thema der Freilandforschung bzw. effizienten Kartierung dem ein oder anderen auch, bevor er im Sommer rausgeht, seinen Fokus bei der Kartierung neu zu setzen, wenn er hier nochmal drüberliest.

    Einige Komponenten fallen mir hier auch erst während der Diskussion bzw. Eigenrecherche wieder ein und ich muss mich manchmal korrigieren.


    Das Wichtige ist meines Erachtens nach, Theorie mit nach draußen zu nehmen und praktisch umzusetzen, dann merkt man sich die Sachen oder lernt das ganz individuell. Reine Theorie ist daher im Idealfall direkt praktisch nachzuvollziehen.

    Falls jemand neben der Reduzierung bzw. Auslagerung einzelner wichtiger Bereiche in der Freilandforschung auf neue Themen Vorschläge hat, kann man das Ganze sicherlich gemäß Übersichtlichkeit ausbauen.


    Das Thema hier ist wirklich eher querbeet, da ich mich hier nicht zu sehr auf einzelne Faktoren beschränkt habe.

    Mein Gedanke war zu anfangs auch, dass man die wichtigsten Inhalte am Ende nochmal zusammenfasst, für jemanden, der direkt das wichtigste einfach verständlich überblicken will, ohne zu viele Komponenten zu verknüpfen, ähnlich Handlungsanweisungen im Artenschutz.

    Eine konkrete Fragestellung oder ein neues Thema wären diesbezüglich hilfreich.

  • „Hierfür eignet sich z.B. die Teilnahme am "Monitoring der Tagfalter Deutschlands". Wobei mir klar ist, dass ich beim Begehen eines Transsekts nie den tatsächlichen Artenumfang incl. der Entwicklungsstadien erfassen kann, auch wenn ich vom Frühjahr bis zum Herbst das Gebiet von morgens bis abends begehen würde.


    Aber es sind viele Einzelbeobachtungen, die von Jahr zu Jahr variieren, und so doch einen gewissen Überblick geben.“


    Genau bezüglich dieses Sachverhaltes kam mir der Gedanke auf, dass jeder individuell erstmal auf einer Wiese stehen muss und sich auch mal abseits des Gedankens Faltersuche (anhand Blütenpflanzen der reinen Kartierung mittels Bildtafeln von Tagfaltern) auf ökologische Komponenten fixieren muss (breite Säume, Lebensräume der Präimaginalstadien, geschwächte Raupenfutterpflanzen, Geröllhalden etc.).

    Wenn dies geschehen ist, kann man für sich persönlich den individuellen Mehrwert aus reiner Kartierarbeit und ökologischem Interesse bilden.


    Für diejenigen, die reine Faltererfassungen entlang Transekte vornehmen, ist es wahrscheinlich weniger relevant, aber vielleicht gibt es den ein oder anderen, der die Methode etwas zu naturfern wahrnimmt bzw. einen anderen Fokus bzgl. der Natur hat bzw. haben möchte.

    Das meinte ich mit dem individuellen Mehrwert bilden bzw. finden aus reiner Kartierarbeit und ökologischem Erkunden bzw. Sehen in der Natur. Der ein oder andere möchte an interessanten Punkten stehen bleiben und sich eine seltene Nische anschauen, was der Methodik der Transektkartierung nicht hilft, aber womöglich den ein oder Anderen Aussteiger oder Nicht-Interessenten der Methodik dennoch für den Bereich begeistern kann, je nachdem was jeder individuell erleben will bzw. individuell seine Zeit dafür investiert. Ich denke hierbei, dass eine Einseitigkeit zu einer Abstumpfung führen kann, aber nicht zwingend muss.

    Zusätzlich ist in artenärmeren Gegenden die Wahrscheinlichkeit höher, zum Kartieren in artenreiche Gebiete zu gehen und die Lebensräume der artenarmen Gebiete in der Heimat in ihrer Wertigkeit vorschnell runterzustufen, obwohl bspw. die Larvalhabitate der Arten dabei überhaupt nicht integriert werden.

    Die Sicht auf die Dinge kann hierbei auch dem Artenschutz helfen.


    Das ermöglicht dem ein oder anderen bei Verlust am Interesse der reinen Kartierarbeit, dieses wiederzuerlangen oder zu verlagern auf ökologische Gegebenheiten in der Natur, indem er bspw. nicht 100% seiner Zeit auf die reine Kartierung setzt, sondern seinen individuellen Stellenwert aus reiner Kartierung und dem Verharren an ökologischen Besonderheiten und Auffälligkeiten (Erlernen des Erkennens dieser als Voraussetzung) bildet.


    Als Einstiegsmöglichkeiten der ökologischen Sicht auf Lebensräume kann ich hierbei nach wie vor das Werk „Tagfalter suchen im Winter. Zipfelfalter, Schillerfalter und Eisvögel.“ von Gabriel Hermann (Books on Demand, Norderstedt. 224 S., 2007) empfehlen.

    Die Suchvorgänge benötigen einen höheren Zeitaufwand, sich intensiv mit der Ökologie von Arten auseinanderzusetzen und die Raupenfutterpflanzen der jeweiligen Arten insbesondere im Winter erkennen zu können. Gleichermaßen ermöglicht es einem, auch die Präimaginalstadien und Larvalhabitate aller nicht aufgeführten Arten wertzuschätzen, weil man ein gewisses Mindestverständnis für diese entwickelt hat. Daraus folgt eine höhere Wertgebung für verschiedenste Lebensräume, in denen sich Präimaginalstadien aufhalten.

    Weitere Methoden der effektiven Erfassung von Präimaginalstadien und entsprechend Wertgebung von Larvalhabitaten, wäre mitunter auch die UV-Detektion von Präimaginalstadien bei Nacht (vgl. Themen bei Actias). Allerdings ist der aktuelle Kenntnisstand der Anwendung dieser Methodik terminiert und nur für verhältnismäßig wenige Arten effektiv verwendbar. Ich hatte die Methode im letzten Jahr erstmalig angewandt und mir gelang es hauptsächlich beim Buchen-Streckfuß (Calliteara pudibunda) mitunter an einer Salweide in 2.5m Höhe (vgl. Bild).

    Diese Methode ist insbesondere bei polyphag lebenden Arten zu empfehlen, wozu ein Großteil der Nachtfalterarten zählt. Da der Nachweis anhand Raupenfutterpflanzen bei gezielter Suche zur Ermittlung der Larvalhabitate schwierig bis fast unmöglich ist. Ich stelle daher allerdings auch die Frage nach der Relevanz des Gefährdungszustands von Nachtfalterarten in Abhängigkeit der Gefährdung von Raupenfutterpflanzen in den Raum. Nachtfalterarten sind für mich aber nach wie vor etwas schwierig zu beschreiben, da die Bindung an Habitate noch schwieriger ersichtlich ist. Zusätzlich sind die Imagines in ihrer Aktivität nicht abhängig von der Sonnenscheindauer.

    Wobei mir die Fledermaus noch als ein wichtiger Prädator einfällt. Ohne sie wären wahrscheinlich viele Schmetterlingsarten zahlreicher unterwegs.

    Zusätzlich kam mir in einem Feed der Gedanke auf, dass man evtl. differenzierte Kartiermöglichkeiten anschaulich darstellen könnte, indem bspw. 3 oder mehr Kartierer mit verschiedener Fragestellung in dasselbe Gelände bei Besonnung/ Bewölkung etc. gehen.

    Dabei kartiert einer 100% Falter, einer 50% Falter und Präimaginalstadien und der dritte 100% Präimaginalstadien (vgl. Verlagerung Artnachweis der Nachweisbarkeit der 4 Lebensstadien anhand Phänogramme ersichtlich) und man könnte die Ergebnisse in Referenz zu einer ganzheitlichen Vorkartierung des Gebiets (1x artenarm, 1x artenreich) bzgl. Seltenheit von Arten in ihrem Wert einorden (früh fliegende Arten wie Callophrys rubi, die nichtmehr angetroffen werden konnten etc.).

    Folglich würde die Kartierung als solches an Wert gewinnen, aber auch eine differenzierte Betrachtung in z.B. der Besiedelbarkeit und Artdichte von Habitaten ermöglichen. Und es würde deutlich werden, dass Kartierung halt nicht ausschließlich eine reine Falterkartierung sein muss, wenn man sich die Lebensräume im Wert für Präimaginalstadien gezielt anschauen würde.

    In erster Linie wird die Suche nach Präimaginalstadien wegen verhältnismäßig schwieriger Suche vernachlässigt, aber der Informationsgewinn ist ein anderer als bei Falterfunden.

    Entsprechend ist die Suche nach diesen bei anderer Fragestellung der Kartierung mitunter höher und kann den Lebensräumen einen konkreten Wert beimessen.

    Dieser Fokus geht meines Erachtens heutzutage hauptsächlich noch verloren.

    Das Ergebnis einer differenzierten Betrachtung gibt ein echtheitlicheres Bild von der Ökologie bzw. Lebensräumen als Ganzes und bricht gleich mehrere ökologische Komponenten auf eine zumindest mäßig verständliche Praxis um!

    Gleichzeitig ist ein wahrnehmbarer Mehrwert von Lebensräumen als solches auch förderlich für andere Artengruppen, welche diese ebenfalls nutzen und/ oder besiedeln.


    Das ökologische Interesse hilft hierbei, Lebensräume nicht zu vorschnell abzuwerten (bspw. bei klarer Trennung unsichtbarer Lebensräume der Präimaginalstadien und sichtbarer Imaginalhabitate).

    Wobei hierbei die Tagfalter meist auch nicht ganz exakt an bestimmte Lebensräume gebunden sind. Wie Dennis schon schrieb, gerade beim Artenschutz sind Blütenpflanzen und Falterfunde mäßig nützlich, wenn die Lebensräume der Präimaginalstadien nicht vorhanden sind bzw. verschwinden, da hierbei der Fokus falsch gesetzt wurde.

    Toni hat hierzu im Thema „Video-Tutorials zur Eier-/ Raupensuche“ einen ähnlichen Beitrag in „Einblick in eine Winterkartierung“ dargestellt.

    Hierbei wurden auch einige potenzielle Lebensräume gezeigt, welche bei gründlicher Suche bestimmte Artnachweise annehmen lassen.

    Auf den ersten Blick hätte ich die Lebensräume in dem Beitrag nicht als sonderlich hochwertig eingeschätzt. Im Winter kommt dabei hinzu, dass verschiedene Raupenfutterpflanzen in Farbe und Form nicht gut zu erkennen sind und viele Lebensräume insbesondere auf den ersten Blick erstmal etwas untergehen in der ersten Wertgebung, wenn man mit dem ersten Blick die Lebensräume einschätzt. Wobei auch Säume, Freileitungstrassen etc. hierbei bereits einen deutlichen Unterschied machen können!

    Grundlegend ist es eher schwierig, wenn man sehr viele Arten kennt, Lebensräume abzuwerten, da man zahlreiche Nischenstandorte sieht.

    Umgekehrt ist es aber als Außenstehender schwierig dieses Potenzial zu sehen, insbesondere wenn der Fokus auf den Lebensräumen der Imagines liegt. Wobei man selbst dann noch keinen Lebensraum abwerten dürfte, da auch Wildbienen und andere Artengruppen verschiedene Nischen besiedeln.

    Daher auch mein Anliegen, gerne auch artenärmere Gebiete erneut aufzusuchen oder sich zuerst Artenkenntnis in artenreichen Gebieten anzueignen und dann in der dünner besiedelteren Heimat sein Glück zu versuchen, wie Dennis bereits aufgeführt hat.



    „Wie ich das sehe, versuchst Du hier eine "Gebrauchsanweisung" zu erstellen oder zu erfragen, wie man in einem Menschenleben die Zusammenhänge im Leben der Schmetterlinge aufdecken und zu deren Schutz nutzen kann.“


    In gewissem Maße. Einerseits ist eine Motivation für Kartierung und ökologische Betrachtung förderlich für eine Wertgebung und einen Informationsgewinn im Bereich Artenschutz und Lebensräume.

    Generell sollte wohl der Fokus immer ganzheitlich liegen, aber auch Kartierungen wirken mit herein. Gerade in der Ökologie werden schnell Dinge übersehen, aber in erster Linie sollte nach wie vor, wie Dennis bereits beschrieben hat, ein größerer Flächenverbund und eine Aufwertung von Lebensräumen erfolgen.

    Entsprechende Maßnahmen bzw. Handlungsempfehlungen beschränken sich hierbei auf das Notwendigste und sind damit leichter verständlich.


    Gruß Kai

    • Offizieller Beitrag

    Ich kam leider auch noch nicht zum Durchdringen deines so ausführlichen Werkes, Kai. Aber was ich gerade spontan sehe:

    Ich denke hierbei, dass eine Einseitigkeit zu einer Abstumpfung führen kann, aber nicht zwingend muss.

    Wenn ich dich hier richtig verstehe: absolut. Also wenn ich reine Transektbegehungen durchführe, bin ich meist an bestimmte Zeiten gebunden, muss alles dokumentieren und auch gleich weiter zur nächsten Fläche etc. Die wirklich spannenden ökologischen Beobachtungen sind hier m.E. kaum möglich (allerdings streng genommen auch nicht Ziel der Methode).


    Zusätzlich ist in artenärmeren Gegenden die Wahrscheinlichkeit höher, zum Kartieren in artenreiche Gebiete zu gehen und die Lebensräume der artenarmen Gebiete in der Heimat in ihrer Wertigkeit vorschnell runterzustufen

    Daher wird bspw. im Tagfaltermonitoring auch angeregt, Transekte möglichst in die "Normallandschaft" zu legen und auch mal an Ackerrändern entlang zu gehen. Ansonsten ist die Repräsentativität für die durchschnittlichen Landschaften eben nur kaum gegeben. Aber im Schnitt ist das im TMD bspw. schon ganz ok umgesetzt.


    Aber ansonsten fällt es mir hier gerade auch etwas schwer, in die Diskussion einzusteigen, weil das Feld gerade einfach so unendlich breit ist und mir persönlich noch so ein wenig der Rote Faden fehlt, an dem man anknüpfen könnte (das wären sicherlich eher hundert interessante Einzeldiskussionsthemen, die schwer in einer gesamten Diskussion zu erfassen sind)...aber ich werde mich irgendwann auch nochmal durch die ersten Beiträge lesen :smiling_face:


    Auf jeden Fall beachtlich, was du hier alles zusammengetragen hast :thumbs_up:


    Beste Grüße,

    Toni

  • Danke, zumindest bieten die zahlreichen Darstellungen zu Beginn den Vorteil, dass ich mich im Laufe des Threads öfter darauf verweisen kann und gegen Ende hin weniger wiederhole.

    Das mit der Übersichtlichkeit hatte ich geahnt, fand daher die Idee mit dem listenartigen Aufstellen der meisten ökologischen Fragestellungen sinnvoll.

    Dann besser bei Nachfrage einzelne dieser ausführen und gegebenenfalls mit praktischen Beispielen belegen.

    Ich denke gerade hinsichtlich dessen, wäre wahrscheinlich eine Zusammenstellung übersichtlicher, getrennter, aber sehr exakt ausgeführter Themen das Beste, um im Anschluss daran oder generell eine versierte Diskussion zu führen, die hauptsächlich aus Verweisen besteht, wo man sich bei Bedarf jederzeit nochmal einlesen kann.

    Es wäre evtl. auch hilfreich, dass man bestimmte Aspekte für alle Kartierenden in den Fokus rückt und am Ende des Jahres Ergebnisse zusammenstellt.

    Beispielsweise könnte das die Witterung sein. Hier bei Actias kam diesbezüglich meist die Betrachtung auf, dass man die Mortalität der Präimaginalstadien überwinternder Arten bzgl. eines „guten“ oder „schlechten“ Jahres in den Fokus rückt und schaut, ob es ganzheitlich in Deutschland vergleichbare Extrem- oder Normalbeobachtungen gab.

    Das könnte langfristig betrachtet hilfreich sein, um einen Trend, abnehmender oder zunehmender Arten zu beschreiben. In dem konkreten Falle wäre das rein klimatisch schilderbar, weil der Fokus darauf gelegt werden würde.


    Die Freilandforschung ist halt schier endlos, daher war das Thema wohl für eine reine Diskussion eher ungeeignet. Das Beste wäre wahrscheinlich wirklich, wenn bei jemandem zu Komponenten ökologischer Theorie Unverständnis aufkommt oder in der Praxis Unverständnis herrscht, entsprechende Theorie dafür anzubringen und in einem eigenen Thema darzustellen.

    Es lässt sich leider nicht ausreichend stark vereinfachen, um einen Roten Faden festzulegen.

    Es gleicht wohl eher einem Wörterbuch.

    Ich würde mich auch dafür bereiterklären, zu einer interessanten ökologischen Komponente, die gut untersucht ist (bspw. Myrmekophilität) eine Übersicht nach Arten zu erstellen. Allerdings habe ich eher wenige ökologische Komponenten ausführlich recherchiert, eher in einer Art Brainstorming und würde da auch erstmal recherchieren.

    Entsprechend bin ich dankbar für neue Erkenntnisse, insbesondere aus praktischen Beobachtungen.


    Eines ist sicher, wenn man reine Kartierung als langweilig empfindet, hat man die verschiedenen Möglichkeiten noch nicht erkannt!

    Und wenn ich nach einer Recherche mit 4 zu überprüfenden Sachverhalten in die Natur gehe, komme ich mit 10 neuen Fragen zurück. :grinning_squinting_face:


    Gruß Kai

    • Offizieller Beitrag

    Das Thema ist sehr komplex und für mich ist es ehrlich gesagt auch schwer das Ganze zu verarbeiten, zu verstehen was die Kernpunkte sind und einigermaßen zielorientiert und knapp zu antworten. Deswegen meine ich halt: Es ist alles eine Frage dessen was man erreichen möchte. Diese Frage sollte man sich zuerst stellen bevor man zu viele Dinge überlegt die unter Umständen für seine Fragestellung keine Relevanz haben. EDIT: Während ich das hier schrieb kamen schon 3 neue Beiträge, deswegen ja... ich gebe Toni da Recht das wären wahrschenlich hunderte Einzeldiskussionsthemen und ich glaub wir müssen uns hier irgendwie auf was kleineres festlegen.

    Der Trend vieler Interessierter ist leider eher, eine festgelegte Runde laufen und dort möglichst viele Arten ohne Zeitbindung (Hauptflugzeiten) und ohne Beachtung von Futterpflanzen/ lückig bewachsenen Stellen, zu finden. Daher ist ohne gewisse Werke und Grundkenntnis Kartieren mäßig empfehlenswert nach meinem Kenntnisstand.

    Daran ist per se nichts verwerflich. Wenn jemand etwas tun möchte und nicht zu viel Zeit investieren kann/will und sich nicht tiefgreifende Kenntnisse aneignen will, ist es auch in Ordnung auf dem täglichen Spaziergang Arten zu fotografieren und zu melden. Die Daten die auf Meldeplattformen wie observation.org gesammelt werden sind wertvoll wegen ihrer Masse und Flächenabdeckung, die nur durch viele Mitarbeitende erzeugt werden kann. Jeder Einzelne muss dabei keine spezielle Strategie verfolgen und mögliche Auswertung wird sowieso dann von Experten durchgeführt werden, die sich die Daten welche sie dann verwenden genau aussuchen werden. Wie Hans richtig sagt:

    Vielmehr setzt sich unsere Kenntnis dieser Vorgänge aus Abertausenden von Einzelbeobachtungen zusammen, die nach und nach zu einem grossen Puzzle zusammengesetzt werden.

    Wenn man den Wert (das ist natürlich irgendwo subjektiv) seiner Daten steigern möchte bzw. mehr tun möchte ist es natürlich begrüßenswert sich mehr Kenntnisse anzueignen und auf bestimmte Aspekte mehr Augenmerk zu richten (zeitlich-räumliche Abdeckung, einzelne Arten gezielt suchen). Unterschiedliche Methoden leisten aber eben auch unterschiedliche Dinge. Das Tagfaltermonitoring liefert z.B. gut quantifizierbare, aber dafür schlecht räumlich deckende Daten. Es ist auch sowieso so, dass Daten von Laien immer etwas mehr auf der Seite von häufigen, leicht auffindbaren Arten liegen werden, da es in der Natur der Sache liegt, dass weniger Leute die sehr speziellen Arten bearbeiten. Es ist jedenfalls keineswegs notwendig viel Methodik in seine Fundmeldungen zu stecken um einen sinnvollen Beitrag zu leisten. Die wichtigste Grundvoraussetzung ist allerdings denke ich schon eine gewisse Artenkenntnis. Auch wenn mittlerweile Bestimmungsapps existieren und diese teilweise wirklich gut funktionieren, schadet eine kritische Nachbeurteilung nie.


    Wohlgemerkt bezieht sich alles was ich hier gesagt habe und sage auf Personen die das als Nebentätigkeit/Hobby betreiben, Interesse daran haben einen Beitrag zu leisten und sich vielleicht fragen was der beste Weg dazu ist. Es versteht sich denke ich, dass man für Auftragsarbeiten oder wissenschaftliche Untersuchungen sehr viel mehr Kenntnisse mitbringen muss und sich dort sehr genau über die Methodik Gedanken machen sollte.


    Wenn das Ziel wirklich ist so viele Arten wie möglich in einem Gebiet zu kartieren (das höre ich insgesamt ein bisschen raus), dann kann ich nur sagen, dass es erfahrungsgemäß mehr bringt öfter und länger zu kartieren als gründlicher. Gerade bei Arten mit geringen Dichten ist es sehr oft sehr zufallsabhängig, ob man einem Individuum begegnet oder nicht. Auch wenn man noch so tolle Techniken hat, wenn der Falter gerade die 5 Minuten irgendwo im Gebüsch sitzt die man vorbeikommt findet man ihn einfach nicht. Dabei folgt die Artenzahl in Abhängigkeit von der Anzahl der Begehungen genauso wie in Abhängigkeit der Aufenthaltsdauer an einer bestimmten Stelle im Gebiet vermutlich einer Sättigungskurve. Ähnlich wie das bei Erhöhung der abgesuchten Fläche der Fall wäre. Das heißt einfach gesagt, dass mehr besser ist, aber ab irgendeinem Punkt aufhört besser zu sein. Was dieser Punkt ist, ist schwer zu bestimmen und sicher auch fallabhängig. Ich würde sagen das was mir am häufigsten in professionellen Kartierungen unterkommt sind 2 bis 4 Begehungen/Jahr (oft über 2 bis 3 Jahre) und eine Aufenthaltsdauer von 30 bis 90 min für ein überschaubares Gebiet (etwa 5 ha). Das ist aber selbstverständlich nur eine sehr grobe Richtgröße und kann in alle Richtungen massiv abweichen je nachdem was das Ziel ist. Wenn das Ziel jetzt wäre möglichst viele Arten in einem möglichst kurzen Zeitraum zu kartieren, wäre die Vorgehensweise schon wieder eine ganz andere. Dann würde man versuchen den Peak zu erwischen wo die meisten Arten zeitgleich vorkommen und sich mehr Mühe geben diese auch zu finden. Die Frage ist auch, ob man mehr an schutzwürdigen/gefährdeten Arten interessiert ist oder an allen Arten gleichermaßen. All das beeinflusst viel die "optimale" Vorgehensweise. Manche Arten findet man auch durch reine Begehung nicht, oder kaum. Dann kann es sinnvoll sein zusätzlich Spezialmethoden wie die Suche nach Präimaginalstadien anzuwenden. Dann muss man aber auf spezifische Arten abzielen.


    Ich muss aber sagen, dass das alles für einen interessierten Laien sehr viel verlangt ist. Mir scheint das wenige bereit wären diese Arbeit zu investieren und ich weiß auch nicht ob das überhaupt sinnvoll wäre. Deswegen ist das ein Berufsfeld, weil systematische Kartierungen mitunter sehr viel Arbeit sind und auch gar nicht so viel Spaß machen können (verglichen mit hobbymäßiger Betätigung). Wenn ich persönlich zum Spaß nach Schmetterlingen suche, dann habe ich normal zwei Strategien: 1. Entweder ich suche mir ein interessantes Gebiet, laufe dort eine Runde und versuche mir anzuschauen was dort alles so fliegt (quasi die "so viel wie möglich" Variante) oder 2. Ich nehme mir eine spezielle Art vor die mich interessiert und ich suche nur danach (sowohl in einzelnen Gebieten als auch über größere zeitlich-räumliche Skalen).


    Was dafür natürlich immer sehr hilfreich ist, ist ein gewisses Detailwissen einzelner Arten. Eventuell schaut man dann an einer großen Schlehenhecke im Juni mal genauer nach Satyrium pruni oder kontrolliert bestimmte Blüten genauer als andere. In dem Zusammenhang sind auch die von dir erwähnten Verbreitungskarten und Phänologien wichtig. Man sollte ein gewisses Bild davon haben was man überhaupt erwarten kann. So vermeidet man unnötig Zeit damit zu verschwenden nach etwas zu suchen was es gar nicht gibt. Man kann aber eben auch gezielter nach bestimmten Dingen Ausschau halten. Dafür gibt es denke ich genügend Literatur und Ressourcen (Settele et al., http://www.schmetterlinge-d.de, etc.). Das Detailwissen wo sich z.B. bestimmte Arten bevorzugt aufhalten ist schwerer zu erlangen und denke ich auch etwas worauf du ein bisschen mit deinen ökologischen Überlegungen hinauswillst. Das ist leider viel Erfahrungssache und auch regional sehr unterschiedlich. Vor allem ist das absolut artspezifisch und macht wenig Sinn wenn wir nicht über eine bestimmte Art reden. Hierzu würde es durchaus Sinn machen zu jeder Art Kartierhinweise zu geben. Ansatzweise ist das ja im Settele verfolgt worden, aber etwas detaillierter ginge das sicher noch. Ich habe das auch versucht in den Artenportraits soweit möglich aufzugreifen. Wie gesagt, Erfahrung ersetzt das aber nicht komplett und die bekommt man nur wenn man möglichst oft rausgeht und sich Sachen anschaut.


    Grüße Dennis

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    Kurz noch antworten auf spezifischere Sachen (wer in der Häfte meines vorigen Textes schon halb eingeschlafen ist braucht sich das nicht anzutun).

    ob es nicht sehr hilfreich wäre Phänogramme bestimmter Arten für Weibchen und Männchen separat zu erstellen

    Ich halte das nicht für besonders hilfreich. Ich wollte das erst ausführlich begründen, aber das sprengt denke ich den Rahmen. Kurzfassung ist die: Methodisch schwierig und im Endeffekt nicht viel besser als ein "gemischtes" Phänogramm. Viel wichtigerer Punkt ist der: Wie kommen die Phänogramme zustande? Die werden aus Beobachtungsdaten erstellt. Wenn bei einer Art Männchen leichter zu beobachten sind, dann ist das Phänogramm automatisch biased in Richtung der Männchen. Das Phänogramm ist dann eigentlich falsch, aber zum kartieren dann auch wieder richtig. Insofern sind die Phänogramme wahrscheinlich ganz gut.

    Anders gesagt, bringen 10 Falter vom Tagpfauenauge rein theoretisch ohne Fressfeinde 1000 Nachkommen (125.000 Brennnesseln) hervor und diese 100.000 (12.500.000 Brennesseln nach 2 Generationen), welche in die Überwinterung gehen würden.

    Es ist klar, dass Schmetterlinge eine Strategie der Überproduktion von Nachkommen verfolgen, von denen viele nicht überleben. Deswegen fnde ich es manchmal merkwürdig innerhalb der Schmetterlinge K- und r-Strategen zu definieren, weil eigentlich sind alle Schmetterlinge r-Strategen. Ich schätze man kann das nochmal feiner unterteilen, aber dieselbe Nomenklatur dafür zu verwenden ist irgendwie etwas verwirrend... Jedenfalls ist das ein wichtiger Punkt den man verstehen sollte, weil er große Implikationen für Schutzansätze hat. Das deutsche Naturschutzsystem und auch die Ansätze von Naturschutzorganisationen sind extrem individuenzentriert. Das geht aber leider bei Schmetterlingen furchtbar schief. Das ist denke ich auch ein menschlicher Denkfehler, da wir selber eben sehr individuenzentriert sind.

    Wobei da wieder die Frage aufkäme, wie entstehen Larvalhabitate? (Pflanzenzustand, Besonnung, geringe Falterdichten insb. Männchen?)

    Das ist denke ich nur auf Art zu Art Basis zu beantworten.

    Was ist das optimale Verhältnis der Geschlechter? (3xw + 3xm oder 4xw + 2xm)

    Schwierig zu beantworten. Das evolutionär stabile Verhältnis ist normal nahe der 50:50. Das kann sich aber aus verschiedenen Gründen leicht verschieben und oszilliert sowieso etwas. Oft auch artspezifisch, bei Schmetterlingen möglicherweise aufgrund des höheren Nahrungsbedarfs der Weibchen oft etwas zu den Männchen verschoben?


    Das mit dem Stickstoffgehalt der Nahrung ist auch ein wichtiger und interessanter Punkt. Herbivore Insekten sind oft stickstofflimitiert und das C/N Verhältnis der Nahrung ein wichtiger Faktor. Da kommen dann so lustige Sachen wie die Sonnentau-Federmotte bei raus (ein Insekt was eine Pflanze frisst die Insekten frisst). Ich mache hier aber lieber mal einen Cut. Das geht dann zu sehr in ökologische Sachen, die nur randliche Relevanz für den Naturschutz haben.


    Grüße Dennis

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