Freilandforschung

  • „Ich halte das nicht für besonders hilfreich. Ich wollte das erst ausführlich begründen, aber das sprengt denke ich den Rahmen. Kurzfassung ist die: Methodisch schwierig und im Endeffekt nicht viel besser als ein "gemischtes" Phänogramm. Viel wichtigerer Punkt ist der: Wie kommen die Phänogramme zustande? Die werden aus Beobachtungsdaten erstellt. Wenn bei einer Art Männchen leichter zu beobachten sind, dann ist das Phänogramm automatisch biased in Richtung der Männchen. Das Phänogramm ist dann eigentlich falsch, aber zum Kartieren dann auch wieder richtig. Insofern sind die Phänogramme wahrscheinlich ganz gut.“


    Das hatte ich nicht weit genug ausgeführt. Die Frage stellte sich mir erstmalig, als ich Weibchenfunde eher im letzten Teil des Phänogramms vermerken musste, mitunter auch noch darüber hinaus. Wobei hier die Praxis Hinweise liefert und das qualitative Phänogramm nicht alle wichtigen Komponenten auf einen Blick liefert (quantitatives Aufkommen hatte ich erwähnt + zusätzlich Ökologie Verhältnis+Funktion+Lebensdauer beider Geschlechter während der gesamten Falterflugzeit), hauptsächlich relevant um über Fähigkeiten der Arten in ihrer Imaginalzeit zu argumentieren und Zusammenhänge zu verstehen. Wohlgemerkt, hauptsächlich wenn sich beide Flugzeiten deutlich unterscheiden (insbesondere quantitativ wie bspw. bei Plebejus idas und evtl. Limenitis populi, Limenitis camilla).

    Und auch in Verbindung mit der zweiten Frage, ob bestimmte Arten anhand von Weibchen besser zu kartieren wären, würde es auch der Kartierung schwierig zu kartierender, insbesondere dispergierender Arten nützen (evtl. Lycaena dispar).

    Das heißt sowohl Qualität und Quantität der Art lassen immer noch die Frage, welche Möglichkeiten bei der geschlechterspezifischen Kartierung zustande kämen. Aufwand + 400%? Suche am Ende der Falterflugzeit trotz quantitativen Aufkommens (deutlich unter 60%)?


    Beispielsweise müsste man in dem Fall evtl. an Lockpflanzen entsprechender Säume und ähnlicher Strukturen, welche den Weibchen als Flugschneisen der Orientierung zur Ausbreitung nützen längere Zeit warten, könnte aber abseits von den Stammhabitaten Arten in ihrer Ausbreitung sichten bzw. seine Kartierung auch auf das Ende der Falterflugzeiten verlagert.

    Wohlgemerkt sei hierbei aber natürlich, dass viele Phänogramme wohl hauptsächlich durch Funde von Männchen entstanden sind und die Ökologie der Weibchen weniger gut belegt ist und deutlich schwieriger aufgrund guter Tarnung untersuchbar ist.

    Aus praktischer Sicht auf den ersten Blick nutzlos, aus ökologischer Sicht von mäßigem Wert.

    Ich denke aber das man zumindest einige wenige Arten darauf beziehen sollte (bspw. Lycaena dispar), kurzer männlicher Zeitraum, aber Weibchen kann sehr lange darüber hinaus angetroffen werden.

    Parallel könnte ich noch auf 2 weitere Fragen verweisen.

    Wer bestimmt, wielange die Arten leben (was zusätzlich artspezifisch untersucht sein müsste + regional, partielle Generationen?) und wie läuft ein Männchen-, Weibchenleben ab (nach Eiablage noch 4 Tage leben?)

    Um das Ausbreitungsverhalten von Arten zu untersuchen, bräuchte man die Flugzeit der Weibchen.

    Zusätzlich leben die Weibchen eher versteckt und für die Lebensräume abseits von Männchenlebensräumen bräuchte man zwingend die quantitativen Vorkommen der Weibchen, auch zur Untersuchung von Priorisierung der Eiablagen.

    Phänogramme unterteilt in Männchen und Weibchen fänd ich super interessant. Man könnte auch die Schnittstellen beider nutzen, um zu sehen, was die effektive Fortpflanzungszeit ist bzw. ob bestimmte Arten nicht gleichzeitig schlüpfen, sondern versetzt und das praktisch belegen.



    „weil eigentlich sind alle Schmetterlinge r-Strategen. Ich schätze man kann das nochmal feiner unterteilen, aber dieselbe Nomenklatur dafür zu verwenden ist irgendwie etwas verwirrend... Jedenfalls ist das ein wichtiger Punkt den man verstehen sollte, weil er große Implikationen für Schutzansätze hat. Das deutsche Naturschutzsystem und auch die Ansätze von Naturschutzorganisationen sind extrem individuenzentriert. Das geht aber leider bei Schmetterlingen furchtbar schief. Das ist denke ich auch ein menschlicher Denkfehler, da wir selber eben sehr individuenzentriert sind.“


    Ich kann mir bei Insekten eigentlich nur r-Strategen vorstellen. Hab da aber auch noch nie die K-Strategen als Option gesehen. Das ist vermutlich ein Irrglaube, weil viele Arten vereinzelt Eier ablegen. Ich kann hierbei nur nochmal auf das Beispiel mit Saturnia pavonia verweisen, wobei hier in einem Thema von Actias zusätzlich der Gedanke aufkam, dass die Art als Besonderheit in einem Massengelege ablegt und dann nur noch vereinzelt, was vermutlich auch auf andere Arten übertragbar wäre. Massengelege könnten bei manchen Arten, insbesondere der Tagfalter (z.B. Satyrium pruni, Thecla betulae) aufgrund der Eiform und energieintensiven Eiablage in Abhängigkeit der Sonneneinstrahlung max. in Eigrüppchen erfolgen, wenn die Eier optimal verflüssigt sind (vgl. obiger Beitrag).

    Allerdings hatte ich auch schon die Frage aufgestellt, wie die Ablagemengen der jeweiligen Arten entstehen. Die ökologischen Kenntnisse sind halt noch terminiert. In dem Fall hätte man dann im Naturschutz möglicherweise entsprechende Argumente für die r-Strategen, wenn die Ansätze individuenzentriert sind. Das meinte ich mit, mehr ökologisches Wissen kann auch dem Artenschutz helfen. Wir wissen das nötigste, aber dann fehlt halt auch noch einiges.

    Zusätzlich sollte dann das Argument möglichst einfach verständlich und allumfassend sein, was bei artspezifischen Unterschieden wohl oft zu Unstimmigkeiten führt.

    Hochkomplexes Thema, nachvollziehbar dass der ein oder andere hierbei ausgestiegen ist, aber ich denke schon, dass im ökologischen Verständnis durchaus noch Potenzial nach oben ist, wenn man die Arten verstehen möchte und im Artenschutz sehr konkret werden will. Wobei hier natürlich immer der Nutzen gesehen werden muss und Mehraufwand meist wohl nur Wissen ohne Anwendungsbezug bereitstellt.

    Wobei wir wieder bei der Thematik wären, je exakter und spezifischer die Fragestellung, umso weniger verständlich ist es nachzuvollziehen und die Effektivität der Wissensvermittlung nimmt ab.



    „Oft auch artspezifisch, bei Schmetterlingen möglicherweise aufgrund des höheren Nahrungsbedarfs der Weibchen oft etwas zu den Männchen verschoben?“


    Das wäre vermutlich bei terminierter Anzahl an Raupenfutterpflanzen äußerst problematisch, wenn das Verhältnis mitunter auch stärker schwanken könnte, allerdings habe ich dazu noch nirgends etwas gelesen. Ich könnte mir vorstellen, dass auf einer lückig bewachsenen Wiese (vgl. Bild „begünstigte Eiablage Hauhechel-Bläuling“) die terminierte Anzahl an geschwächten, besonnten Raupenfutterpflanzen bei hoher Eizahl pro Pflanze wieder kontraproduktiv ist. Man muss hierbei aber anfügen, dass wohl die Jungraupen beim Verschwinden der Nahrungsquelle entweder bereits früher in die Überwinterung gehen (da in diesem Beispiel vermutlich letzte Sommergeneration erreicht) oder sich weniger gut geeignete Raupenfutterpflanzen im Umkreis suchen. (Überwinterungsstadium von Polyommatus icarus L3, Colyas hyale L2/L3 nach „Schmetterlinge – Die Tagfalter Deutschlands“ von Settele, J. et al. (Ulmer Verlag, Halle, Filderstadt, Mittweida, Leipzig, 256 S., 2015)


    Gruß Kai

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    das qualitative Phänogramm nicht alle wichtigen Komponenten auf einen Blick liefert (quantitatives Aufkommen hatte ich erwähnt + zusätzlich Ökologie Verhältnis+Funktion+Lebensdauer beider Geschlechter während der gesamten Falterflugzeit)

    Wofür willst du das alles darstellen? Klar, ein eindimensionales Phänogramm (nur Zeitachse) ist nicht so hilfreich, aber das quantitative Aufkommen kann man doch darstellen. Hier ein Beispiel von Schmetterlinge-d.de (sogar mit allen Stadien).


    Wenn ich mit dem obenstehenden Phänogramm kartieren will, weiß ich dass Anfang Juli durchschnittlich die beste Zeit ist. Das ist aber natürlich regional leicht unterschiedlich. Ob Weibchen oder Männchen ist jetzt hier egal, weil sehr wahrscheinlich viel mehr Männchen in dieses Phänogramm eingeflossen sind, also ist die Zeit automatisch dafür "korrigiert" wann die beste Beobachtungszeit ist (=hohes Aufkommen von Männchen). Da das Phänogramm aber für ganz Deutschland gilt, könnte es sein, dass für deine Region die beste Zeit erst Mitte Juli ist. Wenn du ein Phänogramm mit nur Männchen machen würdest, wäre der Peak meinetwegen Ende Juni. Bei dir fängt die Flugzeit der Männchen aber wegen des regionalen Unterschieds erst Anfang Juli an. In beiden Fällen bist du 2 Wochen hinter dem "Optimum". Wird daraus klar warum der regionale Unterschied die Genauigkeit eines geschlechtsspezifischen Phänogramms negiert?

    Man könnte auch die Schnittstellen beider nutzen, um zu sehen, was die effektive Fortpflanzungszeit ist bzw. ob bestimmte Arten nicht gleichzeitig schlüpfen, sondern versetzt und das praktisch belegen.

    Das kann man sicher machen. Das ist aber mit den derzeitigen Daten auch ohne weiteres möglich, vorrausgesetzt das Geschlecht wurde bestimmt (und ist überhaupt leicht bestimmbar).


    Aber ich glaube das driftet damit jetzt zu sehr in Detailfragen ab.


    Grüße Dennis

  • „Wenn du ein Phänogramm mit nur Männchen machen würdest, wäre der Peak meinetwegen Ende Juni. Bei dir fängt die Flugzeit der Männchen aber wegen des regionalen Unterschieds erst Anfang Juli an. In beiden Fällen bist du 2 Wochen hinter dem "Optimum". Wird daraus klar warum der regionale Unterschied die Genauigkeit eines geschlechtsspezifischen Phänogramms negiert?“


    Die Regionalität würde ich hierbei erstmal außen vor lassen, allerhöchstens könnte man aufwandstechnisch noch Flugzeiten nach Höhenmetern darstellen. Die Theorie besagt, es gibt mitunter deutliche Unterschiede, sogar in der Anzahl außgebildeter Generationen (Bergregion Generationenzahl minus 1-2). Manches in der Freilandökologie kann man so generalisiert bestimmt hinnehmen, 100% exakt wird das nie für alle Arten gelten, aber der Trend ist hilfreich zu erkennen.


    Generell wird nach Geschlechtern und mengenmäßigen Artfunden kartiert. Hierbei gehen in Phänogramme aber, soweit ich das gefunden habe, das Funddatum und das Stadium ein. Daraus ergeben sich qualitative und quantitative Phänogramme.


    Die geschlechtsspezifischen Daten und die Menge der jeweiligen gefundenen Art gehen dabei nicht ein. Wenn Aporia crataegi von 30 Kartierern an demselben Ort (oder generell) innerhalb von 7 Tagen im gleichen Zeitraum gefunden wird (bspw. 20x ein Falter, 10x zehn Falter) ist die Höhe im Diagramm 30 anstatt 120.


    Parallel bei geschlechtsspezifischer Kartierung kommt auch ein entscheidender Nachteil bei der Erhebung bzgl. aller Tagfalterarten hinzu, dass nur verhältnismäßig wenige Arten anhand klarer Merkmale unterscheidbar sind. Entsprechend kann man das Phänogramm nicht einheitlich anpassen.

    In dem Fall könnte man zumindest ein Phänogramm erstellen, welches bspw. nur 30 Arten enthält, wobei bei diesen aber zusätzlich die Weibchen gut in der Ökologie bekannt sein müssen und auch abseits von Habitaten der Männchen angetroffen werden können. Für den Fall könnte man Arten wählen, bei denen Männchen und Weibchen in den Flugzeiten variabel korrelieren.

    Bspw. hätte man 20 Arten, bei denen der Normalfall eintritt, dass Männchen und Weibchen gleichzeitig schlüpfen. Bei den Männchen einer Art würde der Peak von 4 Individuen auf 30 ansteigen und auf 4 abfallen. Bei den Weibchen würde er von 4, 30, 20, 10, 4 deutlich gleichmäßiger abfallen.

    Erkennbar wären eine längere Lebenszeit der Weibchen, ein effektiver Kartierzeitraum der Männchen von 7 Tagen und ein Kartierzeitraum hintenraus von 21 Tagen, wo die Weibchen an den jeweils artspezifischen Saumstrukturen etc. bei höherem Zeitaufwand beobachtet werden könnten.

    Dabei wäre die erste Kartieranleitung (pro Art spezifisch) die weitestgehend bekannte anhand von Lockpflanzen und ähnlichem und die der Weibchen, die ökologisch spezifische, die auch die Larvalhabitate, wichtige Saumstrukturen und Ausbreitungstrassen rein theoretisch charakterisieren könnte. Möglicherweise ließe sich hierbei auch eine variable Flugzeit beider Arten über den Tag hinweg beobachtet werden (frühe Morgenstunden, 2h zeitlich versetzt).

    Um wieder zu dem Beispiel mit den 30 erfassten Arten zurückzukommen. Bei 5 Arten würde der Peak der Männchen eher erreicht als bei den Weibchen und bei den restlichen 5 Arten wären die Weibchen nicht deutlich langlebiger als im ersten Fall.


    Aber ich denke das sind dann wirklich zu detaillierte Betrachtungen, auch der Darstellung von Daten und dessen Nutzen. Ich denke solche Fragen stellen sich eher selten. Die meisten Datenerhebungen haben bereits viele Erkenntnisse erbracht.


    Gruß Kai

  • Ich möchte noch einen Begriff näher ausführen, der nicht allgemein verständlich ist, aber durchaus bei ökologischer Betrachtung hilfreich sein kann.

    Es geht um die Fähigkeit von Arten, mehrere Generationen in einem Jahr auszubilden. Einige Tagfalter sind in der Lage, sich über mehr als eine Tochtergeneration zu vermehren oder zumindest grundsätzlich fortzupflanzen. Der Trend der Zunahme bzw. Abnahme ist unten dargestellt.

    Bekannte Beispiele sind hierbei z.B. Tagpfauenauge, Kleiner Kohlweißling.

    Arten, welche im Regelfall nur eine Generation im Jahr ausbilden sind z.B. Zitronenfalter, Trauermantel (antiopa).


    Die Fähigkeit, mehrere Generationen auszubilden, hängt hierbei von vielen verschiedenen Faktoren ab:

    Verfügbarkeit der Futterpflanze(n) von Frühling bis Herbst (z.B. Brennnessel für Tagpfauenauge);

    Spezialisierung der Arten auf eine, mehrere oder keine spezifische Futterpflanze (sehr viele) (monophag, oligophag, polyphag), z.B. Wundklee-Bläuling (dorylas), Mehrbrütiger Würfel-DF (armoricanus), viele Nachtfalterarten;

    Entwicklungsdauer der Raupen (z.B. erhöht bei Mohrenfaltern Erebien);

    Geringer Nährstoffanteil der Futterpflanzen (Arten an unproduktiven Gräsern mit langer Entwicklungsdauer der Raupen);

    Lokales Klima (nach Höhenmetern) und Regionales Klima;

    geringere Wärmetoleranz (Frühjahrsarten, welche im Sommer daher nur partiell eine 2. Generation ausbilden, z.B. Grüner Zipfelfalter rubi);

    Unbekannte Faktoren trotz Futterpflanzenverfügbarkeit (z.B. viele Zipfelfalterarten), möglicherweise Vermeidung von hohen Temperaturen im Sommer bzw. Unfähigkeit Sommer-Diapausen einzulegen (Dormanz),

    oder Vermeidung von deutlich erhöhtem Stress durch Prädatoren (höhere Aktivität im Hochsommer, nachweislich bei 2. Generation Tagpfauenauge mit erhöhtem Parasitierungsgrad der Raupen) bzw. generell erhöhter Ökosystemaktivität im Verlaufe des Sommers mit stärkerer Interaktion aller bewohnender Lebewesen


    Bestimmte Einflussfaktoren auf die Fähigkeit mehrere Generationen auszubilden und das Prinzip der Mehr-Generationenfolge wirken unter anderem auch z.B. bei Wildbienen.

    Zusätzlich ist es möglich, dass ausschließlich regional bedingt bestimmte Arten auch mehrere Generationen ausbilden können (z.B. Zwerg-Bläuling im Gebirge, da Wundklee 2-3x blüht, anstatt 1x, allerdings laut anderer Quelle 2 Generationen nur im Flachland, alternativ Tragant als Futterpflanze)

    Der Übersichtlichkeit wegen habe ich bei den Arten nur den deutschen Namen (gemäß „Schmetterlinge – Die Tagfalter Deutschlands“: Settele, J. et al. 2005 - Ulmer Verlag, Halle, Filderstadt, Mittweida, Leipzig, 256 S.) verwendet.


    Hier noch ein paar Begrifflichkeiten, die nicht allgemein verständlich sind:

    Diapause (Dormanz): Entwicklungsverzögerung bei Lebewesen oder biologischen Vorgängen bzw. Überdauerung;

    -> Bestehend aus: Winterliche Diapause (= Überwinterung in jeweiligem bevorzugtem artspezifischem Stadium) (alle heimischen Schmetterlingsarten);

    Sommerliche Diapause (bei Hitzestress insbesondere die als Imago überwinternden Tagfalterarten z.B. Großer Fuchs polychloros, Zitronenfalter) (vgl. Saisonwanderer 2. Ordnung (Paramigranten)

    Vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Dormanz


    Ich habe mich hierbei weitestgehend auf die Daten aus dem Quantitativen Phänogramm von

    Schmetterlinge Deutschlands

    und die Artbeschreibungen (ca. 144 beschriebene Tagfalterarten) aus „Schmetterlinge – Die Tagfalter Deutschlands“ (Settele, J. et al. 2005 - Ulmer Verlag, Halle, Filderstadt, Mittweida, Leipzig, 256 S.), taxonomisch geordnet, beschränkt.

    Wobei ich mitunter bei engen Verwandtschaften nur eine Art aufgeführt haben (z.B. Leptidea sinapis/juvernica, Phengaris alcon als Kreuzenzian- und Lungenenzian-Ameisenbläuling). Einige wenige Nachtfalterarten habe ich mit eingebunden.


    Tagfalterarten können zwischen einer und vier Generationen ausbilden.

    Grundlegend sind Generationen ab Generation 2 Vermehrungsgenerationen, welche den Sinn haben, die Individuenzahl zu erhöhen und/oder sich auf neue Gebiete auszubreiten (z.B. Großer Feuerfalter dispar).

    Einige der Arten bilden dabei abhängig von bestimmten Faktoren auch sogenannte partielle Generationen aus (z.B. Grüner Zipfelfalter rubi).

    Grundlegend entstehen diese ebenfalls (wie oben aufgeführt) aufgrund verschiedener äußerer Einflussfaktoren (wie z.B. Regionale klimatische Unterschiede). So kann eine Art in einer sehr heißen Region auf der Welt ein anderes Verhalten als in einer milden Region aufweisen.

    Eine partielle 2. Generation fällt hierbei mengenmäßig deutlich geringer aus als eine gesamtheitlich ausgebildete 2. Generation für die Mehrzahl der Individuen einer Art, da z.B. nur ein Bruchteil der Individuen nicht in die Überwinterung geht und folglich eine weitere Generation versucht, auszubilden (bspw. bei sehr langanhaltender Hitze bis in den Herbst).

    Partiell ausgebildete Arten haben mitunter Probleme bei einem rasch einsetzenden Kältesturz im Herbst und der Abwesenheit geeigneter Fortpflanzungspartner.

    Arten, welche partiell weitere Generationen anlegen und als Raupe überwintern (z.B. Roter Würfel-DF sertorius) überwintern häufig in einem jüngeren Raupenstadium (vgl. Häutungen von Raupen, Stadium L1-L5), insbesondere wenn unerwartet ein Kälteeinbruch im Herbst eintritt.


    In Klammern gebe ich bei den Arten die mengenmäßige Zunahme bzw. Abnahme der Falterfunde von 1. zu 2. bzw. 3. Generation an (bspw. Roter-Würfel-DF sertorius 200 Funde in 1. Generation und knapp 50 Funde in 2. Generation).

    Die Fundmengen in der 1. Generation stehen als Referenz mit 100%.

    Im Fall von sertorius beträgt der Artnachweis in der 2. Generation entsprechend 25%, da nur 50 Funde in Gen 2 vorliegen.

    Bei einer Zunahme gebe ich dann bspw. 150% an (bei +50% von Gen 1 zu Gen 2). Die Zunahme insgesamt beträgt dann +50%.

    Die Beurteilung der Ergebnisse und mögliche Fehlbetrachtungen schließe ich abschließend (unten) an.

    Ein Zuwachs auf 200% in der 2. Generation (bzw. Zuwachs um 100%) bedeutet hierbei, die Nachweisbarkeit der Art ist rein theoretisch doppelt so gut wie in der 1. Generation und die Art kann auch häufiger zufällig beobachtet werden und erleichtert die Kartierung in der 2. Generation gegenüber der 1. Generation.

    Die besten Daten sind erkennbar bei Artfunden ca. >100/ 10 Tage (bzw. Diagrammbalken), da die ökologische Aussagekraft umso exakter ist, je mehr Fundmeldungen vorliegen, sonst ist der Trend schlechter zu erkennen, bspw. bei sehr seltenen Arten.

  • Man muss beachten, dass die Definition 1. Faltergeneration zu Unverständnis neigt, wenn einige der wenigen Tagfalterarten als Imago überwintern. Streng genommen ist der überwinternde Falter bereits die 1. Generation der Frühjahrsgeneration (z.B. Zitronenfalter). Gleiches gilt bei Wanderfaltern (z.B. Distelfalter). Ich versuche aber hierbei alle Arten gleichwertig zu bewerten und zähle Arten, welche als Imago aus der Überwinterung kommen oder einwandern als 0. Generation, da diese streng genommen noch aus dem Vorjahr stammen. Folglich bilden diese mitunter nur eine Generation aus (z.B. Zitronenfalter).

    Zusätzlich habe ich bei den Arten der Übersichtlichkeit halber folgende Abkürzungen verwendet:

    DF (Dickkopffalter), ZF (Zipfelfalter), PM (Perlmuttfalter), SF (Scheckenfalter)



    Eine Generation: Sonnenröschen-, Schwarzbrauner, Spätsommer-, Steppenheiden-Würfel-DF, Heilziest-DF, Spiegelfleck-, Gelbwürfeliger, Gold-DF, Mattscheckiger, Schwarzkolbiger, Braunkolbiger Braun-DF, Komma-DF (vorgezogene partielle Gen April ?, 2%), Rostfarbiger DF, Apollofalter, Schwarzer Apollofalter, Hochmoor-Gelbling, Zitronenfalter (112%, mitunter partielle 2. Generation im Juli, aber aufgrund Überwinterung als Imago nicht mengenmäßig an reinen Falterfunden erkennbar, zusätzlich Diapause mindert Nachweisqualität, Nachweis anhand Präimaginalstadien entscheidend), Baumweißling, Aurorafalter, Violetter Feuerfalter (vorgezogene partielle Gen April ?, 3%), Lilagold-Feuerfalter, Nierenfleck-ZF, Blauer, Brauner Eichen-ZF, Ulmen-, Kreuzdorn- (vorgezogene partielle Gen April ?, 5%), Pflaumen-ZF, Kleiner Schlehen-ZF (vorgezogene partielle Gen April ?, 3%), Alexis-Bläuling (vorgezogene partielle Gen Februar/März ?, 4%), Heller, Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling, Lungenenzian-, Thymian-Ameisenbläuling, Argus-, Hochmoor-, Storchschnabel-, Streifen-, Zahnflügel-, Silbergrüner (vorgezogene partielle Gen März-Mai <1%), Wundklee- (in Tieflagen 2. Gen), Vogelwicken-Bläuling, Schlüsselblumen-Würfelfalter, Kaisermantel, Großer, Feuriger, Mittlerer, Brombeer-PM (vorgezogene partielle Gen April, 9%), Mädesüß-, Hochmoor-, Randring-, Silberfleck-, Alpen-, Natterwurz-PM, Trauermantel (120%), Großer Fuchs (35%, da Diapause), Eschen-, Goldener, Wegerich-, Flockenblumen-, Roter, Wachtelweizen-, Baldrian-SF, Großer, Kleiner (laut Theorie partielle 2. Gen), Blauschwarzer Eisvogel, Großer Schillerfalter, Gelbringfalter, Großes, Wald-, Weißbindiges, Rotbraunes Wiesenvögelchen, Schornsteinfeger, Kleines, Großes, Rotbraunes Ochsenauge, Weißbindiger, Graubindiger, Rundaugen-, Gelbbindiger Mohrenfalter, Kleiner, Großer Waldportier, Ockerbindiger, Eisenfarbener Samtfalter, Berghexe, Blaukernauge, Schachbrettfalter

    (86 Arten/ 134 Arten, 64%)


    Zwei Generationen: Mehrbrütiger Würfel-DF (250%), Dunkler DF (manche Jahre nur partielle 2. Gen, 49%), Schwalbenschwanz (170%), Segelfalter (104%), Weißklee-Gelbling (240%), Hufeisenklee-Gelbling (84%), Grünader-Weißling (130%), Resedaweißling (340%), Großer Feuerfalter (100%), Blauschillernder Feuerfalter (12%), Zwerg-Bläuling (40%), Faulbaum-Bläuling (185%), Westlicher Quendel-Bläuling (87%), Ginster-Bläuling (300%), Kronwicken-Bläuling (85%), Esparsetten-Bläuling (30%), Hauhechel-Bläuling (laut Theorie mehrere Generationen, 120%), Kleiner PM (laut Theorie 3 Generationen, 460%), Braunfleckiger PM (60%), Admiral (65%), Tagpfauenauge (160%, 40% weil Sommer-Diapause), C-Falter (200%, 60%), Kleiner Fuchs (200%, ?), Westlicher SF, Braunauge (55%), Kleines Wiesenvögelchen (80%), Weißer Waldportier (145%)

    (27 Arten, 20%),

    Hummelschwärmer (85%), Skabiosenschwärmer (partielle 2. Gen im Flachland, 40%)


    Drei Generationen: Großer Kohlweißling (340%; 140% ?), Kleiner Kohlweißling (260%; 270%), Kurzschwänziger Bläuling (270%, 700%), Himmelblauer Bläuling (50%, 9%), Magerrasen-PM (117%, 120%), Landkärtchen (170%, 45%), Mauerfuchs (120%, 40%)

    (7 Arten, 5%)


    Vier Generationen: Kleiner Feuerfalter (160; 124%; ?), Fetthennen-Bläuling (laut Theorie 1-2 Gen, vorgezogene partielle Gen Februar/März ?, 6%; 32%, 18%, 7.5%, in heißen Jahren meist nur 1 Generation, sommerliche Ruhephase an überhitzten Felsstandorten) (1-2 Arten)


    Einflugnachweise (Wanderfalter) + mitunter eine partielle Generation: Wander-Gelbling


    Einflugnachweise + Zwei Generationen (Wanderfalter): Taubenschwänzchen (440%; 430%), Distelfalter (120%)


    Selten partielle 2. Generation ausgebildet: Kleiner Würfel-DF (2%)


    Partielle 2. Generation: Grüner ZF (5%; teils partielle 3. Generation <1%), Rotklee-Bläuling (laut Literatur mehrere Generationen; 5%), Kleiner Schillerfalter (5%)


    Partielle 3. Generation: Malven-DF (in manchen Jahren) (170%; 3%), Leguminosen-Weißling (97%, 1.5%), Brauner Feuerfalter (120%, ?), Kleiner Sonnenröschen-Bläuling (175%, ?), Waldbrettspiel (90%, ?)


    In vielen Naturräumen Deutschlands 2. Generation (Höhenmeter, Regionale Verbreitung): Roter Würfel-DF (insbesondere warme Jahre, 25%)


    --------------------------------------------------------------------


    Vermehrungsgenerationen eindeutig vorhanden: Kurzschwänziger Bläuling (270%, 700%), Kleiner PM (460%), Resedaweißling (340%), Ginster-Bläuling (300%)

    -> Kurzschwänziger Bläuling ist auch deutlicher Gewinner bei heißen Sommerperioden

    (Sommer-Diapause evtl. nicht notwendig, kaum Hitzestress)


    Partielle Generationen/Diapausen/keine Vermehrungsgeneration (<100%) insofern Art mind. 2. Generation ausgebildet: 38 Arten (28%)

  • Ergänzung:

    Mir waren in einigen Feeds Fehler aufgefallen. Der Silbergrünen Bläuling (coridon) bildet nur eine Generation aus (vgl. Feed #5).

    Der Hauhechel-Bläuling (icarus) und Weißklee-Gelbling (hyale) möglicherweise 2 anstatt 3 Generationen und keine 4 Generationen (vgl. Feed #5).

    Und noch eine Anlehnung an einen alten Feed. Ich hatte in vorhergehendem Feed vermutet, dass Weibchen bspw. vom Ginster-Bläuling (idas) in Schlechtwetterperioden länger leben können, was die Natur so eingerichtet hat (vgl. Feed #12). Die Mehrzahl der Männchen waren zum Beginn der 2. Generation aufgetreten (37 Männchen, 3 Weibchen auf ca. 80m2, 24. Juli). Zum Ende der 2. Generation sah ich nur noch Weibchen (6 Weibchen 24. August, 5 Weibchen 5. September). Die Weibchen waren zum Ende der Flugzeit wesentlich präsenter aufgrund der Eiablagen im Larvalhabitat.

    Vergleichbares konnte ich beim Grünen Zipfelfalter (rubi) beobachten. Ich konnte zur Eiablagezeit der Weibchen (zw. Heidelbeeren unter sehr lichten Kiefernbeständen) nur noch ein Männchen bei grober Suche antreffen (auf sandigem Waldweg). Da die Art äußerlich keinen Geschlechtsdimorphismus aufweist. Allerdings läuft das bei dieser Art sehr viel schneller ab. Effektiver Lebenszeitraum idas 43 Tage und rubi ca. 12 Tage. Beobachtungszeitraum beider Geschlechter variabel. Allerdings hatte ich den Standort mit rubi nicht oft besucht. Ich vermute lediglich aufgrund zahlreicher Eiablagen der Weibchen und der Abwesenheit von Männchen (1 Männchen), dass sich der Lebenszyklus der Imagines bereits nach 12 Tagen dem Ende zuneigte.

    Allerdings wie hierbei neu aufgeführt, kann auch die Mehrgenerationenfolge Auswirkungen auf langlebigere Individuen haben. Komponenten wären: Überdauerung durch Diapausen (effektiv kaum aktiv, aber langlebiger), Schlechtwetterphasen (das war bei idas der Fall, Langlebigkeit Weibchen).

    Laut Phänogrammen, werden aber Falterfunde der 2. Generation ab September aufgeführt. Das ist also nichts ungewöhnliches.


    Hinsichtlich dessen wären Daten zusätzlich hilfreich, welche den mengenmäßigen Anteil an Männchen und Weibchen der Art in der 1. Und 2. Generation abbilden.

    Wie ich bereits aufgeführt habe (vgl. Feed #12), kenne ich derzeit keine Phänogramme bzw. Darstellungen, welche weder den mengenmäßigen Anteil gefundener Individuen einer Art, noch die Anzahl der kartierten Geschlechter darstellen.

    Möglicherweise wäre ein Trend erkennbar, dass die Zahl der Männchen ab der Mitte der Flugzeit stark abnimmt und evtl. die Zahl der Weibchen zunimmt oder zumindest die Weibchen aufgrund von Eiablagen stärker in Erscheinung treten.

    Eine etwas schwammige Theorie, die mir dazu zusätzlich aufkam, ist, dass der Anteil der Weibchen vieler oben aufgeführter Arten in Gen 2 deutlich zunehmen könnte, weil die Weibchen aus Gen 2 irgendwie darauf programmiert werden, Weibchen zu werden. Möglicherweise geraten im Verlaufe des Sommers alle Pflanzen stärker unter Trockenstress und wie ich bereits in einem anderen Feed aufgeführt habe (vgl. Feed #13), nimmt dann der Wassergehalt von Blättern der Pflanzen ab und der Nährstoffgehalt steigt an. Zusätzlich fruchten mehrere Futterpflanzen ab Gen 2, was theoretisch ein verändertes Fraßverhalten der Arten mit mind. 2 Generationen auf Blüten und Früchte verlagern könnte. Entsprechend wäre theoretisch ein größerer Anteil Weibchen ab Gen 2 bzw. Gen 3 denkbar (vgl. Feed #13).

    Das wäre natürlich sehr spannend, wenn die Natur das bei bestimmten Arten so einrichten würde, aber dazu habe ich noch nichts gelesen.

    Wenn Weibchen ab Gen 2 häufiger auftreten, sind diese ohne gezielte Suche abseits Nektarpflanzen mitunter schwierig auszumachen. Entsprechend entsteht ein fehlerhaftes Bild der quantitativen Phänogramme (zusätzlich 1 Individuum hat den gleichen Wert wie 100 Individuen am Standort, da Fund = Fund). Wie ich bereits in einem anderen Feed beschrieben hatte, konnte ich bspw. Weibchen des Weißklee-Gelblings (hyale) nur 1x antreffen, aber mehrmals im Jahr Männchen am Standort (vgl. #Feed 5), was in Phänogrammen nicht erkennbar ist.

    Man sieht, die artspezifische Beurteilung nach Generationen ist fast unmöglich, weil die Kartiermethode die Art geschlechtsunspezifisch umfasst, wobei der größere Anteil aus kartierten Männchen besteht, aber den grundlegenden erkennbaren Trend habe ich oben dargestellt.

    Zusätzlich lässt sich die Mehrheit der Weibchen nicht anhand äußerer Unterscheidungsmerkmale erfassen, was die Kartierung zusätzlich erschwert.


    Jetzt komme ich zur Beurteilung der quantitativen Darstellung von Phänogrammen.

    Generelle Einflussfaktoren auf die Exaktheit der Erfassung des Trends (prozentual) bei mehreren Generationen (Zunahme, Abnahme einer Art mit jeder neuen Generation innerhalb eines Jahres) der jeweiligen Art mit Ausbildung von mehr als einer Generation können sein:

    Höhere Aktivität von Kartierern im Hochsommer (!);

    Zu wenige Nachweise der Art (sehr seltene Art);

    Generell schlechtere Kartierbarkeit der jeweiligen Art ab Gen 2;

    Veränderte Lebensweise (versteckt da Hitzestress/Angespasstes Verhalten/Diapause der jeweiligen Art ab Gen 2;

    Erhöhter Anteil versteckt lebender Weibchen;

    Erhöhter Anteil dispergierender Weibchen als Strategie der Ausbreitung (ab Gen 2) (rasten selten an Nektarpflanzen und Fotos für Artbestimmung schwierig).


    Grundsätzlich habe ich mal gelesen, dass Arten wie der Große Feuerfalter (Lycaena dispar) in der 1. Generation streng die Vermehrung im Stammhabitat nach oben vorantreiben und ab Gen 2 hauptsächlich nur noch abseits der Stammhabitate unterwegs sind, wohlgemerkt die Weibchen.

    Der Großteil der Männchen wird wohl weiterhin im Stammhabitat unterwegs sein und befruchtete Weibchen beginnen zu dispergieren. Der Nachweisanteil in Gen 2 beträgt im Verhältnis zur Gen 1 laut quantitativem Phänogramm 100% (vgl. oben). Rein theoretisch müsste der Anteil der Weibchen im Stammhabitat in Gen 1 deutlich höher sein, da dispergierend ab Gen 2.

    Zusätzlich soll wohl Lycaena dispar früher hauptsächlich Flussampfer (hydropalathum) genutzt haben, aber aufgrund Lebensraumverluste auch gelernt haben, weitere Ampferarten zu nutzen und deswegen könnte die Art aktuell wieder in Ausbreitung inbegriffen sein.

    Wohlgemerkt sei hierbei die erhöhte Mortalitätsrate der Raupe an Stumpfblättrigem Ampfer (obtusifolius), der in den Ausbreitungshabitaten dominierend ist und ab Gen 2 stärker belegt wird (vgl. Bild).

    Evtl. ist der Nährstoffgehalt schädlich, da zusätzlich in Wirtschaftsgrünland alle Futterpflanzen nährstoffangereichert sind und die Tendenz der Pflanzen zu Giftstoffeinlagerung in den Blättern erhöht sein könnte (vgl. Untersuchung).

    Das Bild (unten) stammt aus dieser Untersuchung (S. 4 bzw. S. 249).


    https://www.zobodat.at/pdf/Abh-Westf-Mus-Naturkde_68_3-4_2006_0243-0255.pdf

    (Loritz, H. & Settele, J. 2006: Eiablageverhalten des Großen Feuerfalters (Lycaena dispar) in SW-Deutschland. - Wirtspflanzenwahl, Generationenvergleich und Hinweise zur Erfassung. Halle/Saale, Seite 4, 14 S.;

    In: Fartmann, T. & G. Hermann (Hrsg.) (2006): Larvalökologie von Tagfaltern und Widderchen in Mitteleuropa. Abhandlungen aus dem Westfälischen Museum für Naturkunde. Heft 68 (3/4): Seite 249, S. 243-255.)


    Ich hoffe ich konnte ein interessantes Thema der Freilandökologie anschaulich darstellen. : - )

    • Offizieller Beitrag

    Wo es hier schon um Generationen u.Ä. geht: evtl. ist die Trait-Datenbank für alle europ. Tagfalter von Interesse:
    https://butterflytraits.github…tterfly-Traits/index.html

    Hier findet ihr unzählige Art-Eigenschaften (u.a. auch max. Generationen/Jahr) - wobei man im Hinterkopf behalten sollte, dass die Eigenschaften je nach Region natürlich variieren können.


    LG,

    Toni

    • Offizieller Beitrag

    Grundlegend sind Generationen ab Generation 2 Vermehrungsgenerationen, welche den Sinn haben, die Individuenzahl zu erhöhen und/oder sich auf neue Gebiete auszubreiten

    Diese Aussage würde ich in Frage stellen. Alle Generationen sind "Vermehrungsgenerationen". Das Ziel von Reproduktion ist, na ja, eben die Reproduktion. Arten die sich mehr reproduzieren als andere syntope Arten werden sich ausbreiten können und/oder dominanter auftreten (eventuell andere Arten sogar auskonkurrieren). Mehr reproduzieren heißt dabei sowohl in Menge als auch in Zeit. Das heißt, mehr Generationen sind schlicht eine Strategie mehr Reproduktion zu leisten. Wenn man alle anderen Faktoren außer Acht lässt ist eine Art die sich in der selben Zeit zweimal reproduziert einer Art die es nur einmal tut überlegen. Da kommen wir wieder in die K-Strategen/r-Strategen Sache. Arten die viele Generationen machen sind in der Regel Generalisten und somit Konkurrenz-Strategen.


    Alexis-Bläuling (vorgezogene partielle Gen Februar/März ?, 4%)

    Wo du diese ganzen vorgezogenen Generationen herhast weiß ich nicht. Ich kenne keine Belege für 2 Generationen bei G. alexis, S. acaciae, S. spini, etc.


    Zwei Generationen: [...] Blauschillernder Feuerfalter

    L. helle macht in Deutschland ziemlich sicher nur eine Generation. Bei P. bellargus sind mir in Deutschland in den meisten Regionen nur 2 Generationen bekann, vielleicht eine partielle 3. Generation (ebenso B. dia?).

    Fetthennen-Bläuling (laut Theorie 1-2 Gen, vorgezogene partielle Gen Februar/März ?, 6%; 32%, 18%, 7.5%, in heißen Jahren meist nur 1 Generation, sommerliche Ruhephase an überhitzten Felsstandorten)

    Ja laut Praxis auch. Die Populationen am Rhein machen normal nur 1 Generation, bei den sächsischen weiß ich es nicht. Die vielleicht zwei. Selbst die in den Südalpen machen normal nur 2 Generationen. Auf keinen Fall 4.

    Entsprechend wäre theoretisch ein größerer Anteil Weibchen ab Gen 2 bzw. Gen 3 denkbar

    Wieso sollte das passieren und welchem Zweck sollte das dienen (wenn man von einer Anpassung ausgeht)? Ich hab mal kurz Papers überflogen und es schien mir als wenn in den meisten Schmetterlingspopulationen wohl eher eine Verschiebung zu Männchen hin beobachtet wird. Das kann aber sicher variieren. Bei Pieris brassicae scheint es eher dem normalen 50:50 zu entsprechen und wir müssen hier auch zwischen entwicklungsbedingt und umweltbedingt unterschieden. Das Verhältnis kann z.B. als 50:50 angelegt sein, verschiebt sich in der Population aber durch Schlupfzeitpunkte oder dadurch das Männchen schneller gefressen werden (oder sowas). Grundsätzlich ist mir deine Faszination bezüglich der geschlechterspezifischen Unterschiede im Hinblick auf Kartierungen unklar. Ich finde das hat erstmal rein populationsbiologische Implikationen.

    rhöhter Anteil dispergierender Weibchen als Strategie der Ausbreitung

    Hab übrigens ein Paper gefunden was genau das Gegenteil nachgewiesen haben will: Die Männchen dispergieren eher als die Weibchen. Das ist aber sicher artspezifisch. Bei Lycaena dispar dispergieren ganz klar auch die Weibchen. Das ist aber möglicherweise eher eine Ausnahme.


    Zum Schluss noch als Anregung: Vielleicht kannst du deine Daten etwas besser ordnen, eventuell Tabellen anlegen. Menschen sind außerordentlich schlecht darin Trends in großen Datenmengen festzustellen, wenn diese in Text/Zahlenform sind. Deswegen machen wir Diagramme und Tabellen daraus. Ich kann jedenfalls in dieser dichten Textform nur sehr wenig Information aufnehmen.


    Grüße Dennis

  • „Wo es hier schon um Generationen u.Ä. geht: evtl. ist die Trait-Datenbank für alle europ. Tagfalter von Interesse“


    Toni: Eine tolle Grundlage. Ich schätze mal mehrfache Angaben zu bestimmten Arten bedeuten in der Tabelle, dass die Art für Gesamteuropa entsprechende Merkmale haben kann, also bspw. für. Iphiclides podalirius, dass die Art europaweit keine partielle oder eine Generation + eine partielle ausbilden kann.

    Gleichzeitig kann die Art eine, zwei oder drei Generationen ausbilden.

    Ich schätze mal, dort wo die Art eine Generation ausbildet, scheint es sehr kalt zu sein, dass sie niemals die Option hat in wärmeren Randregionen eine + eine partielle Generation (August/September) auszubilden.

    Interessant wäre mal eine fließende Darstellung des Ganzen evtl. per Europakarte, dass man eine Art auswählt und genau sieht, in welchen Regionen bspw. der Segelfalter 1, 2 oder 3 Generationen ausbildet.

    Für eine Art die nur eine partielle oder eine + eine partielle Generation ausbildet, könnte man evtl. mittels Klimaerwärmung erkennen, wann eine Art von 1 + partiell in =2 Generationen übergeht und

    Bei fortschreitender Erwärmung irgendwann in der jeweiligen Region 3 Generationen ausbilden.

    (Mögliche Modellierung: 1 + partiell: 2018, 2: 2032, 3: 2050)

    Modelle hab ich bisher noch nicht recherchiert.

    Danke für die Übersicht, die kannte ich noch nicht.


    „Diese Aussage würde ich in Frage stellen. Alle Generationen sind "Vermehrungsgenerationen".“


    @ Dennis: Hätte ich in erster Instanz auch vermutet. Mich machen halt die Ergebnisse von

    Schmetterlinge Deutschlands

    etwas stutzig. Arten, welche mindestens 2 sichere Generationen ausbilden (partielle nicht betrachtet), nehmen mitunter nicht zu.

    Um mal ein Beispiel zu nehmen: Polyommatus thersites wurde in der ersten Generation Ende Mai mit deutlich höheren Peaks (maximal 42) kartiert bzw. statistisch erhoben als in der zweiten Generation (3x 10 Tage ca. 14 Individuen ab 10. Juli).

    Ich habe die Art noch nie nachgewiesen, aber rein von den Erhebungen würde ich gemäß meiner oben aufgeführten Gründe eher zu einer Generation + einer zweiten unvollständigen Generation aller Individuen der Art tendieren aufgrund einer mangelnden Futterpflanzenverfügbarkeit ab Juli oder der stärkeren Erfassbarkeit der Art aufgrund von Abwesenheit wegen Sommer-Dormanz-Ausbildungen einiger Individuen aufgrund geringer Wärmetoleranz.


    „Da kommen wir wieder in die K-Strategen/r-Strategen Sache.“

    Das würde ja gemäß der Tabelle aus

    https://butterflytraits.github…tterfly-Traits/index.html

    bedeuten, dass eine Art je nach Region völlig verschiedene Strategien verfolgt. Das halte ich für fragwürdig. In einer Region, in der Iphiclides podalirius eine Generation ausbildet, ist die Art K-Stratege und in Deutschland r-Stratege, wenn ich das richtig verstanden habe gemäß der Spalte „Voltinism“.


    „Wo du diese ganzen vorgezogenen Generationen herhast weiß ich nicht. Ich kenne keine Belege für 2 Generationen bei G. alexis, S. acaciae, S. spini, etc“

    Lediglich partiell, die prozentuale Gesamtmenge habe ich in Klammern angegeben.

    Die grundlegende Einordnung habe ich aber bei „Eine Generation“ vorgenommen. In Klammern habe ich jeweils Auffälligkeiten angegeben.

    Zu vorgezogenen partiellen Generationen habe ich bisher noch nie etwas gelesen, nur hintenraus in den Spätsommer hinein kenne ich es aus der Literatur.

    Die Daten habe ich alle aus dem Datensatz auf

    Schmetterlinge Deutschlands

    Ich fand die Erfassungen interessant, allerdings waren zeitigere Aufnahmen womöglich Fehlerfassungen. Allerdings tritt das mitunter gehäuft auf.

    S. acaciae wurde maximal 148x erfasst (20.-30. Juni) und Anfang April wurden 4 Imagines erfasst (ca. 3%).

    Man könnte jetzt spekulieren, inwiefern diese Imagines in der Lage sind 2 Generationen im Jahr anzulegen. Ich halte es für fast unmöglich.

    Gemäß „butterflytraits“ ist sie in ganz Europa bzw. Maghreb nur in einer Generation unterwegs.

    Generell könnte ich mir aber vorstellen, dass in sehr heißen Frühjahren solche Phänomene möglich wären. Allerdings haben die Arten dann kaum Futterpflanzen zur Verfügung.

    Ich weiß nicht inwiefern Insekten oder Pflanzen stärker auf die Klimaerwärmung und Klimaextreme reagieren. Ich vermute Pflanzen sind resistenter und treiben sowohl im kalten und warmen Frühjahr gleichzeitig aus (Blüte von Salweide, Mirabelle bzw. generell Blüte von Pflanzen ausgenommen).


    „L. helle macht in Deutschland ziemlich sicher nur eine Generation. Bei P. bellargus sind mir in Deutschland in den meisten Regionen nur 2 Generationen bekann, vielleicht eine partielle 3. Generation (ebenso B. dia?)."

    Gemäß der quantitativen Erhebung stimme ich zu. Eine zweite Generation ist bei L. helle nicht eindeutig ersichtlich.

    Gemäß Settele, J. et al. 2005: Schmetterlinge – Die Tagfalter Deutschlands - Ulmer Verlag, Halle, Filderstadt, Mittweida, Leipzig, 256 S. (Seite 70)

    bildete die Art wohl früher in Nordostdeutschland 2 Generationen aus und aktuell fliegt die Art in Osteuropa in 2 Generationen. Die zweite Generation bildet sich ab Mitte Juli aus.

    Genau aus diesem Grund habe ich eine konkrete Quelle mit den erfassten Daten kombiniert. Das Ergebnis steht oben.

    P. bellargus hat in der quantitativen Darstellung einen leichten Peak Ende September (9%).

    Regional würde das quantitative Phänogramm wahrscheinlich wieder variieren (Gebirge, Flachland).

    Allerdings sind nicht alle Erfassungen eindeutig und Ab- und Zunahme eindeutig ersichtlich, möglicherweise legt die Art Mitte September eine kurze Diapause ein oder die Weibchen treten Ende September stärker während der Eiablage zutage.

    Laut „butterflytraits“ kommt die Art in ihrer Generationenfolge in allen Varianten in Europa bzw. Maghreb vor.


    Ja B. dia macht 3 Generationen, sowohl laut Literatur als auch in der quantitativen Erhebung ersichtlich (Anfang Mai, Anfang Juli, Mitte August)


    „Ja laut Praxis auch. Die Populationen am Rhein machen normal nur 1 Generation, bei den sächsischen weiß ich es nicht. Die vielleicht zwei. Selbst die in den Südalpen machen normal nur 2 Generationen. Auf keinen Fall 4.“

    Laut Literatur würde ich das so belassen.

    Wenn man sich nur die Peaks im quantitativen Phänogramm anschaut, wären es 4 Generationen.

    Allerdings besagt die Literatur auch, dass man inbesondere bei dieser Art alle Stadien gleichzeitig antreffen kann.

    Daher kann man das quantitative Phänogramm hier nicht verwenden. Hierbei ist man auf die Auswertung von Beobachtern angewiesen. Zusätzlich bildet die Art bei Hitze Diapausen aus, das verfälscht die Aussagekraft der erhobenen Daten im quantitativen Phänogramm zusätzlich.

  • „Entsprechend wäre theoretisch ein größerer Anteil Weibchen ab Gen 2 bzw. Gen 3 denkbar“

    „Grundsätzlich ist mir deine Faszination bezüglich der geschlechterspezifischen Unterschiede im Hinblick auf Kartierungen unklar. Ich finde das hat erstmal rein populationsbiologische Implikationen.“


    Generell kommt mir diese Fragestellung öfter mal auf, aber jedesmal fehlt mir eine Konkretisierung.

    Möglicherweise könnte man den Anteil an Weibchen mit dem Nährstoffgehalt von Futterpflanzen korrelieren und es ließe sich erkennen, dass zu hochwüchsige Pflanzen etc. mehr Männchen hervorbringen.

    So schreibt Loritz, H. & Settele, J. 2006: Eiablageverhalten des Großen Feuerfalters (Lycaena dispar) in SW-Deutschland. - Wirtspflanzenwahl, Generationenvergleich und Hinweise zur Erfassung. Halle/Saale, Seite 8, 14 S.;

    In: Fartmann, T. & G. Hermann (Hrsg.) (2006): Larvalökologie von Tagfaltern und Widderchen in Mitteleuropa. Abhandlungen aus dem Westfälischen Museum für Naturkunde. Heft 68 (3/4): Seite 253, S. 243-255.


    „ So fand BINK (1986) bei R. hydrolapathum eine Abnahme im Nährstoffgehalt sowohl zwischen jungen und alten Blättern, als auch zwischen Frühjahrs- und Sommertrieben und einen positiven Effekt des Nährstoffgehalts auf das Gewicht der Puppen von L. dispar.“


    BINK, F. A. (1986): Acid stress in Rumex hydrolapathum (Polygonaceae) and ist influence on the phytopha.ge Lycaena dispar (Lepidoptera; Lycaenidae). - Oecologia 70 (3): 447-451.


    Hinzuziehen würde ich noch die Abbildung 5: „Anteile belegter und unbelegter Ampfer verschiedener Blattanzahlklassen der beiden Generationen von Lycaena dispar im Jahr 2002.“ der Untersuchung „Eiablageverhalten des Großen Feuerfalters (Lycaena dispar) in SW-Deutschland.“ (Seite 7 bzw. Seite 252)

    Möglicherweise sind Weibchen extrem korrelativ mit dem Nährstoffgehalt von ihren Futterpflanzen.

    Da es artspezifisch noch viele Fragen insbesondere bzgl. des Eiablageverhaltens und der „Ertastung“ von Weibchen für geeignete Eiablagemedien gibt, ist es auch nur eine Vermutung.

    Wenn dem so wäre, könnten Weibchen vielleicht sagen, jene Pflanze muss zw. 20 und 28% Nährstoffgehalt besitzen. Wenn das Weibchen die Mehrzahl der Eier auf solche Pflanzen verteilt hat, fliegt es die gleiche Strecke im Habitat zurück und wird großzügiger, 18-30% und immer so weiter bis alle Eier abgelegt sind.

    Findet es exakt 24% Nährstoffgehalt, legt es 8 Eier ab.

    Wie gesagt, nur so ne Idee, aber mich würde schon interessieren, wie machen die das und alle Arten machen es anders. (Verfügbarkeit von Futterpflanzen, Zustand der Futterpflanzen, Besonnung etc.)

    Genauso könnte sich ein Weibchen denken, wenn der Nährstoffgehalt 32% beträgt, aber an einem lückigen Standort die Sonne auf den Blättern brennt, sinkt der Gehalt bis zum Schlupf der Eier locker noch auf 26%.


    „Die Männchen dispergieren eher als die Weibchen. Das ist aber sicher artspezifisch. Bei Lycaena dispar dispergieren ganz klar auch die Weibchen. Das ist aber möglicherweise eher eine Ausnahme.“

    Danke, das erweitert meinen Horizont. Die Ausbreitungstendenz der Weibchen wird häufiger in Papers bzgl. Lycaena dispar erwähnt, evtl. weil FFH-Art, daher hatte ich vermutet, der Trend wäre keine Ausnahme, sondern auf die Mehrheit weiterer Arten erweiterbar.

    Leider habe ich zur Ausbreitungstendenz vieler oder generell Arten wenige Untersuchungen gefunden, daher habe ich mir ein falsches Bild davon geschaffen.

    Grundsätzlich kann man oft schreiben, man glaubt, man hat noch nicht intensiv genug recherchiert um eine Veranschaulichung eines Themas vorzunehmen, das bringt Ökologie so mit sich.

    Ich würde nicht sagen, dass ich in der Freilandforschung noch am Anfang stehe, da ich bei neuen Themen oder Fragestellungen zeitnah intensiv recherchiere, allerdings alles ohne in Absprachen mit Experten zu sein.

    Ich denke Ökologie bringt generell die Frage mit sich „Wo fang ich bei einem neuen Thema an, wo hör ich auf“ um eine Thematik oder viele Thematiken ausreichend zu kennen.

    Ich hoffe, wenn ich ein interessantes Thema darstelle, dass der Nutzen maximal ist und die Fehlinformationen minimal.

    Die Exaktheit kann jeder anhand gut recherchierter Daten abgleichen. Ich verbessere auch ständig neu erfasste Themen. Da Ökologie sehr komplex ist, ist wahrscheinlich Brainstorming zu empfehlen.

    Man kommt gut in neue Themen rein, aber die Qualität der Daten lässt zu wünschen übrig.

    Für eine Vielzahl von Komponenten der Freilandforschung erreicht man schnell den Umfang der Lebenszeit, daher natürlich an dieser Stelle einen großen Dank an alle Wissenschaftler, die diesen Bereich lebendig und aktuell halten!

    Somit ist auch für weitere Interessenten die Tür zur Begeisterung für die Natur nicht verschlossen und auch weniger attraktive Lebensräume erreichen schnell eine sehr hohe individuelle Bedeutung, da man deren Funktion verstehen lernt.

    Man kann schwer sagen, was größerer Bedeutung beigemessen werden kann, Theorie oder Praxis, aber ich bin dankbar für den großen Wissensschatz der zusammengetragen wurde.

    Die Verfügbarkeit von Informationen ist deutlich besser als noch vor 50 Jahren, daher hat man insbesondere heutzutage die Chance aktuelle Daten zu liefern in noch viel breiter aufgestellten Untersuchungsmethoden, aber zum Glück können wir auch auf einen Trend von vor 100 Jahren zurücksehen und gewisse Entwicklungen abschätzen, da es schon immer Kartierer gab.


    Gruß Kai

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  • Also zu ein paar Arten davon kann ich auch etwas sagen. Dies beruht auf meine eigenen Beobachtungen, die ich hauptsächlich im Osten von Österreich mache (Wachau, Weinviertel, Burgenland, ...)

    Normalerweise hat hier podalirius 3 Generationen. Ich hatte aber auch schon ein Jahr wo ich vom März weg 4 Generationen beobachten konnte. Ob das jetzt partielle waren oder nicht, kann ich nicht sagen. Damals hatte es ab April durchgehend ohne Kälteeinbruch außergewöhnlich hohe Temperaturen.

    Bei acaciae konnte ich an 2 Standorten immer nur 1 Generation finden, wobei die Flugperiode nur sehr kurz war. Ähnliches trifft auf helle zu. Ich habe leider nur einen Standort, der sich aber ziemlich weit ausdehnt. In einer Höhe von 800-900m fliegen sie nur einmal.


    Gruß Leo

    • Offizieller Beitrag

    Arten, welche mindestens 2 sichere Generationen ausbilden (partielle nicht betrachtet), nehmen mitunter nicht zu.

    Wie stark die Individuenzahlen der Generationen ausgeprägt sind spielt erstmal keine Rolle für die Reproduktion. Mag sein, das die Sommergeneration schwächer ausgeprägt ist, aufgrund von Trockenheit, Nahrungsmangel, etc. dann reduziert sich die Reproduktion aber nicht als Strategie sondern aufgrund der Umweltbedingungen. Eine "Vermehrungsgeneration" impliziert für mich irgendwie, dass die Art sich erstmal mit der Reproduktion zurückhält (für was? Wofür wird die gesparte Energie verwendet?), um dann ganz viel in Reproduktion zu investeiren um sich auszubreiten. Schmetterlinge sind keine Pflanzen. Die sparen nichts, wenn sie sich nicht reproduzieren. Wenn sich Schmetterlinge nicht reproduzieren haben sie sich nicht reproduziert und sterben. Das hat überhaupt keinen Vorteil, daher würde ich mal behaupten, dass Schmetterlinge sich immer so viel reproduzieren wie es ihre Umweltbedingungen gerade erlauben. Alles andere scheint mir evolutiver Selbstmord.


    Da kommen wir wieder in die K-Strategen/r-Strategen Sache.“

    Das würde ja gemäß der Tabelle aus

    https://butterflytraits.github%E2%80%A6tterfly-Traits/index.html

    bedeuten, dass eine Art je nach Region völlig verschiedene Strategien verfolgt. Das halte ich für fragwürdig.

    Warum? Man sollte das K-/r-Strategen Konzept nicht zu starr sehen. Bei den Pflanzen wurde es z.B. auch noch um Stress-Strategen erweitert und wir haben ja schon diskutiert, dass es auch eine Frage der Betrachtungseben sit. Gegenüber Säugetieren sind alle Insekten als r-Strategen anzusehen. Innerhalb der Schmetterlingen könnte man eine hochmontane Erebia-Art vielleicht eher als K-Stratege (oder eigentlich sogar eher als Stress-Stratege) ansehen und den Schwalbenschwanz als r-Stratege. Das ganze ist vielleicht eher als Kontinuum zu sehen und somit kann auch ein Segelfalter bei schlechten Standortbedingungen mehr K-Stratege als r-Stratege sein. Mal abgesehen davon würde ich auch Arten die 2. Generationen machen noch eher weniger in die Ecke der Generalisten stellen. Das wäre dann eher oberhalb der 3 Generationen anzusiedeln. Keine Ahnung, ob das überhaupt Sinn macht, der Tag war lang und ich hab nicht gut darüber nachgedacht...


    Man könnte jetzt spekulieren, inwiefern diese Imagines in der Lage sind 2 Generationen im Jahr anzulegen. Ich halte es für fast unmöglich.

    Ich auch und wenn du das aus den Phänogrammen abgelesen hast, dann ist es auch reine Spekulation. Selbst wenn diese frühen Meldungen keine Fehlmeldungen sind (was ich nicht ausschließen würde), dann kann man daraus überhaupt nicht ableiten ob hier zwei Generationen gebildet werden. Das können (und sind wenn überhaupt sehr wahrscheinlich auch) einfach nur frühe Individuen sein.

    Generell könnte ich mir aber vorstellen, dass in sehr heißen Frühjahren solche Phänomene möglich wären. Ich weiß nicht inwiefern Insekten oder Pflanzen stärker auf die Klimaerwärmung und Klimaextreme reagieren.

    Sicher reagieren die drauf mit früheren Flugzeiten, aber wie gesagt, das allein belegt nur eine frühe Flugzeit, keine zwei Generationen.


    Wenn man sich nur die Peaks im quantitativen Phänogramm anschaut, wären es 4 Generationen.

    Das führt mich nahtlos hierzu. Aus dem Phänogramm kann man keine Generationenzahlen schließen. Extremfall Gonepteryx rhamni: Die machen hier i.d.R. nur eine Generation trotzdem hat das Phänogramm 2 Peaks. Eine Generation ist ein voller Reproduktionszyklus, es muss daher nachgewiesen werden das dieser Reproduktionszyklus tatsächlich eine bestimmte Anzahl durchlaufen wurde. Im Phänogramm kann man das grob erschließen, aber nicht ablesen. Dass Scolitantides orion 4 Generationen machen soll, kann ich mir beim besten Willen nichtmal für die Populationen der Südalpen vorstellen. Für Deutschland würde ich eine Generation für die Regel und 2 Generationen für eine mögliche Ausnahme halten. Wie gesagt ich kenne die sächsischen Populationen nicht.


    Aber ich will jetzt hier auch nicht über die Phänologie jeder Art streiten. Dafür gibt es genügend Literatur.

    Möglicherweise sind Weibchen extrem korrelativ mit dem Nährstoffgehalt von ihren Futterpflanzen.

    Das kann schon sein, schließlich müssen Weibchen für die Eivorräte viel mehr Nährstoffe und Energiereserven einlagern. Inwiefern das verallgemeinerbar ist weiß ich aber nicht. Das würde aber ja dann eher eine Verschiebung zu den Männchen bedeuten, da Ressourcen tendenziell immer knapp sind. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass es da keine ausgleichenden Mechanismen gibt, denn eine Art deren Geschlechterverhältnis derart instabil an Umweltfaktoren gekoppelt ist würde schon auf einer sehr dünnen Linie balancieren. Wie gesagt das Geschlechterverhältnis fluktuiert aus vielen Gründen immer ein bisschen, aber nicht derart unkontrollierbar. Lycaena dispar ist dafür denke ich jedenfalls ein denkbar schlechtes Modell, da ich das für einen eher speziellen Fall halte.


    Für eine Vielzahl von Komponenten der Freilandforschung erreicht man schnell den Umfang der Lebenszeit

    Auf jeden Fall. Das Thema ist so komplex und unendlich kleinteilig, dass man sich für detailliertere Betrachtungen ein kleines Teilgebiet heraussuchen muss. Ansonsten hat man keine Chance irgendwas einigermaßen sinnvoll zu bearbeiten. Ich beschäftige mich mit Biologie jetzt auch nicht erst seit gestern, hab aber nach wie vor das Gefühl dass ich eigentlich nichts weiß. Das wird glaube ich auch nie weggehen. Aber hey, wenn man alles wüsste wären wir ja arbeitslos.


    Grüße Dennis

  • „Bei acaciae konnte ich an 2 Standorten immer nur 1 Generation finden“

    Leo: Gemäß der Tabelle auf https://butterflytraits.github…tterfly-Traits/index.html

    Bilden alle deutschen Zipfelfalterarten in Europa und Maghreb nur eine Generation aus.

    Ich vermute hierbei eine starke Ausprägung der K-Strategie.

    Bei spini und acaciae wäre zwar eine geringe Wärmetoleranz der Imagos und die Ausbildung einer Sommer-Dormanz denkbar, da die Eier eher eine xerotherme Abhängigkeit zeigen, aber ich denke der Grund dafür, dass sie nur eine Generation ausbilden, ist eine andere.

    Rein spekulativ könnte ich mir vorstellen, dass die Zipfelfalter-Arten sehr blütenaffin sind (insbesondere Satyrium w-album). Die Spezialisierung auf einmalig blühende Sträucher und Bäume bewirkt möglicherweise eine angepasste Lebensweise.

    Der Grüne Zipfelfalter C. rubi fällt aus dem Schema raus und kann als einzige Zipfelfalterart auch gemäß obig aufgeführtem Link 1 + 1 partielle Generation ausbilden. Grund ist sicherlich die Überwinterungsstrategie als Puppe und das entsprechend zeitigere erreichen des Stadiums als Imago.

    Rubi bildet aber auch europaweit keine 2 Generationen aus.


    „Ähnliches trifft auf helle zu. Ich habe leider nur einen Standort, der sich aber ziemlich weit ausdehnt. In einer Höhe von 800-900m fliegen sie nur einmal.“

    Gemäß der Literatur bilden einige Arten mit zunehmender Höhe weniger Generationen aus, insbesondere auch aufgrund verzögerter Schneeschmelze und dem verspäteten Austreiben der Futterpflanzen. Ausnahmen sind mir keine bekannt.



    „Wenn sich Schmetterlinge nicht reproduzieren haben sie sich nicht reproduziert und sterben. Das hat überhaupt keinen Vorteil, daher würde ich mal behaupten, dass Schmetterlinge sich immer so viel reproduzieren wie es ihre Umweltbedingungen gerade erlauben.“

    @Dennis: Ich könnte mir hierbei eine Stress-Vermeidungsstrategie bestimmter Arten vorstellen in Form der Sommer-Dormanz. Hilfreich wären hierbei Daten zu lebensverlängernden Faktoren (bspw. zeitliche Verlagerung der Eiablage von Weibchen während Schlechtwetterphasen) und Daten zu Arten, welche eine Sommer-Dormanz einlegen, welche nicht als Imago überwintern und keine expliziten Wanderfalter sind.

    Nymphalis polychloros, Gonepteryx rhamni, Aglais io und Aglais urticae legen eine Sommer-Dormanz ein.

    Polychloros ist dabei am einfachsten ersichtlich anhand quantitativer Nachweisbarkeit nach der Reproduktion (35% Nachweise). Zu den anderen Arten konnte ich seltener von einer Sommer-Dormanz lesen, aber sie soll existieren. Interessant wäre, ob Aglais io und Aglais uritcae erst eine 2. Generation ausbilden und dann kurz vor der Überwinterung in Sommer-Dormanz gehen.

    Aglais urticae soll zusätzlich stark von Flachlandbereichen ins Gebirge zur Sommer-Dormanz abwandern. Bei Nymphalis antiopa erstaune ich mich in Flachlandgegenden, wie zahlreich die Arten vor der Reproduktion überall angetroffen werden können, aber unmittelbar vor der Reproduktion verschwinden und kaum Reproduktionsorte gefunden werden. Möglicherweise wandert die Art zeitgleich in großen Teilen ebenfalls in höhere Regionen ab und taucht dann auch erst mit starker Verzögerung rückfliegender Arten wieder im Flachland auf.

    Warum jetzt Aglais io und urticae eher r-Strategen sind und die anderen Arten K-Strategen, wer weiß.

    Aber grundsätzlich denke ich, die Schmetterlinge reagieren zwar nicht so sehr auf Stressbedingungen wie Pflanzen und verzögern ihre phänologische Entwicklung eher nicht, aber gewisse Komponenten wie die Sommer-Dormanz existieren ja trotzdem.


    „Ich auch und wenn du das aus den Phänogrammen abgelesen hast, dann ist es auch reine Spekulation.“

    Stimmt.


    „Generell könnte ich mir aber vorstellen, dass in sehr heißen Frühjahren solche Phänomene möglich wären. Ich weiß nicht inwiefern Insekten oder Pflanzen stärker auf die Klimaerwärmung und Klimaextreme reagieren.“

    „Sicher reagieren die drauf mit früheren Flugzeiten, aber wie gesagt, das allein belegt nur eine frühe Flugzeit, keine zwei Generationen.“

    Da wäre wieder die Frage, warum bilden die Arten je nach Region verschieden viele Generationen aus, aber ich denke das ist zu tiefgreifende Ökologie, da verläuft man sich zwangsläufig.

    Ein paar Gründe hatte ich bereits im Feed #24 aufgeführt, wie bspw. die Verfügbarkeit der Futterpflanze(n) von Frühling bis Herbst oder eine später einsetzende Entwicklung der Raupen im Frühjahr.

    Mich würde dennoch interessieren, was würde passieren, wenn es im März und April in Deutschland durchgängig 20°C warm wäre. Ich könnte mir aber vorstellen, dass sich kurzfristig keine Verlagerung zu mehr Generationen ergeben würde. Dafür wäre der Selektionsdruck zu groß.

    Die Arten, die andernorts in Europa 3 Generationen ausbilden, haben sich über einen viel größeren Zeitraum angepasst und wären hier vielleicht nichtmal überlebensfähig.

    Arten, welche ausschließlich nur eine Generation europaweit ausbilden (z.B. Zipfelfalter) haben vielleicht auch mehr Probleme, wenn sie aufgrund von Hitzestress zu einer vorgelagerten partiellen 2. Generation gedrängt werden und sterben klimatisch bedingt eher aus, als jene, welche europaweit ganz verschieden viele Generationen ausbilden können.


    „denn eine Art deren Geschlechterverhältnis derart instabil an Umweltfaktoren gekoppelt ist würde schon auf einer sehr dünnen Linie balancieren.“

    Stimmt auch wieder, das wäre katastrophal. Das wird die Natur nicht eingerichtet haben. :thinking_face:


    „Das Thema ist so komplex und unendlich kleinteilig, dass man sich für detailliertere Betrachtungen ein kleines Teilgebiet heraussuchen muss. Ansonsten hat man keine Chance irgendwas einigermaßen sinnvoll zu bearbeiten.“

    Da ganz verschiedene Wissenschaftler verschiedene Fragestellungen bearbeiten und man heutzutage mehr methodische Möglichkeiten und Recherche-Möglichkeiten hat, kommt man zum Glück zu einem immer besseren Gesamtbild. Langfristig betrachtet haben wir damit vielleicht die Möglichkeit möglichst viele Schäden in der Natur abzuwenden. Das Schwierigste ist nach wie vor, diesen riesigen Komplex an Wissen effizient runterzubrechen, dass man das Wichtigste vermittelt und gleichzeitig möglichst viele Fehlinformationen vermeidet, um bspw. Streitthemen wie r- oder K-Strategie zu vermeiden oder lösen, wie du bereits in Feed #20 beschrieben hast. So hat man die Möglichkeit eine möglichst einheitliche Strategie zu verfolgen.


    Beste Grüße

    Kai

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