Aktueller Stand - Sammlung für pädagogische Zwecke

  • Hallo zusammen, es ist bestimmt häufig durchgekaut und ich will keine Grundsatzdiskussion. Ich möchte gerne eine Schausammlung von häufigen Insektenarten aus der direkten Umgebung (Garten, Schule) anlegen, um Schüler*innen der fünften und sechsten Klasse im Winter etwas an Insekten näher zu bringen.
    Einen alten Kasten habe ich im Sperrmüll gefunden, alles Allerweltsarten, manche abgerockt. Einen neuen Kasten für Zuchtexemplare und Fensterfunde (Totfunde) habe ich mir besorgt.
    Frage ist, was der aktuelle Stand des BArtSchG ist und wie ihr das handhabt.
    Standort ist NRW.

    Dürfen historische Sammlungen erworben oder behalten oder gerettet werden? Ich will hier nicht auf Apollos hinaus, es gibt genug Opa/Oma-Sammlungen mit den üblichen Allerweltsarten, wo halt dann mal ein heute geschützter Bläuling oder Schwalbenschwanz dabei ist.
    Welche Schmetterlings-, Heuschrecken- und Käferarten dürfen gesammelt werden? Gemeinhin hört man: Ja, nur Kohlweißlinge. So einfach ist es aber offenbar nicht. Ein Standpunkt ist: nur ungeschützte Arten. Nun gibt es die Rote Liste nach Bundesland und Bundesweit. Ich gehe davon aus, dass die des Bundeslandes gilt, bzw. die jeweils weitreichendere Version?
    Ein weiterer Standpunkt wäre: Totfunde auch von z.B. RL 3-Arten können präpariert werden, weil das kein "Nachstellen" ist.
    Einigkeit dürfte bestehen, dass in Schutzgebieten (FFH, NSG) jegliche Tiere und Pflanzen nicht gesammelt oder gestört werden dürfen. Das wird zwar teilweise absurd: Theoretisch darf ich eine Kröte nicht über die Straße tragen, weil ich sie dann störe und auch keine Federn oder Schneckenhäuser geschützter Arten mitnehmen, weil ich die ja getötet haben könnte. Hier ohne Polemik die einfache Frage: Darf ich Totfunde mitnehmen?
    Z.B. fand ich eine Goldleiste tot auf einem Waldweg, sehr gut erhalten, frisch tot. Darf ich präparieren? Brauner Bär, angefahren, tot. Darf ich präparieren? Zweigestreifte Quelljungfer, Totfund auf dem Radweg an stark befahrener Straße. Darf ich präparieren, darf ich überhaupt mitnehmen und z.B. einschicken/melden?

    Weiter: Wie sind eure Erfahrungen mit naturpädagogischen Sammlungen? Also z.B. drei Kästen mit ein paar Einzelexemplaren jeder Art, um Schüler*innen eine Übersicht über lokal vorkommende Arten zu ermöglichen? Wird so etwas genehmigt? Ausschlaggebend ist ja hier die "Zumutbarkeit". Ja, natürlich ist es zumutbar, nicht so eine Sammlung zu haben. Für die Umweltpädagogik wäre es aber schon ein Riesenvorteil.

    Und noch einmal weiter: Wann war das letzte Gerichtsurteil, bei dem tatsächlich eine Person wegen Entnahme von Insekten in Deutschland verurteilt wurde und wo? Mir kam in keinem NSG, auch nicht am Badberg, je eine Kontrolle unter.

    Ich habe bislang ausschließlich Lebendfang zur Lebendbestimmung betrieben, mit Rücksicht auf Wiesenbrüter und an Wegen versteht sich, aber trotzdem, die einzige Frage, die mir immer wieder misstrauisch gestellt wird ist: "Fangen Sie damit Fische?"

    Ich habe eine Zeitlang beim RP Stuttgart und Mannheim Genehmigungen dafür geholt, um umweltpädagogisch zu arbeiten mit Jugendlichen. Nachdem ich vom RP Gießen dann einmal keine Genehmigung dafür erhalten habe (ich wollte nur Schmetterlinge einer Kindergruppe vorführen und dann freilassen), habe ich es aufgegeben. Ich kann nicht in jedem RP eine Genehmigung für Lebendbestimmung einholen und wurde auch noch nie kontrolliert und hoffe einfach auf den common sense von Leuten die das Gesetz kennen und damit aber auch wie sinnlos es ist, das auf Lebendbestimmungen anzuwenden.

    Für eine Schausammlung zur Arbeit an einer Schule möchte ich aber rechtlich schon auf der sicheren Seite sein.

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    • Official Post

    Servus Felix,


    ich hab jetzt nicht die Zeit, im Detail zu antworten - das werden sicherlich andere noch nachholen. Nur hier schonmal der Verweis auf unsere Börsenvorgaben, die sich in internen Bereich befinden und über das Thema schon einige Infos aufführen:

    actias.de/forum/thread/55317/


    Mit der Roten Liste hat der Schutz jedenfalls nichts zu tun - die sind vollkommen irrelevant für deine Frage.

    Um den Schutz einzusehen, solltest du http://www.wisia.de abrufen, oder direkt in die Liste bspw. im Anhang der BArtSchV schauen.


    Beste Grüße,

    Toni


    PS.: da ähnliche Diskussionen hier schon öfter aufkamen - schreibt bitte nur, was ihr wisst/belegen könnt. Mit Bauchgefühlen ist hier niemanden geholfen (eseidenn es ist begründet, da Auslegungssache bei Gesetzen o.Ä.)

    • Official Post

    Dürfen historische Sammlungen erworben oder behalten oder gerettet werden?

    Solange die darin enthaltenen Tiere rechtmäßig der Natur entnommen wurden ja. Sprich z.B. in Deutschland nicht nach dem BNatSchG geschützte Arten, außerhalb Deutschlands ungeschützte Arten die nicht aus Deutschland stammen aber in Deutschland geschützt sind oder wenn die Exemplare vor Inkrafttreten des entsprechenden Schutzgesetztes gesammelt wurden.


    Welche Schmetterlings-, Heuschrecken- und Käferarten dürfen gesammelt werden? Gemeinhin hört man: Ja, nur Kohlweißlinge.

    Das ist Nonsens, der sich aus welchem Grund auch immer hartnäckig hält. Jedes Tier besitzt nach dem BNatSchG in Deutschland einen Pauschalschutz. Tiere dürfen ohne vernünftigen Grund nicht getötet oder gestört/beunruhigt werden. Darüber was nun ein vernünftiger Grund ist besteht oft Uneinigkeit, weil jeder das so auslegt wie es ihm gerade passt. Im behördlichen Kontext ist das aber sehr weit auszulegen, also Schulungszwecke sind definitiv ein vernünftiger Grund. Selbst wenn man das warum auch immer nicht anerkennen möchte, dann sind Kohlweißlinge genauso geschützt und man darf entweder gar kein Tier (und keine Pflanze) sammeln oder alle ungeschützten. Von Kohlweißlingen steht im BNatSchG nichts. Grundsätzlich nicht ohne Genehmigung der zuständigen Behörde gesammelt werden dürfen streng und besonders geschützte Arten und Arten des Anhangs IV der FFH-Richtlinie (wobei letztere gleichzeitig streng geschützt sind). Auch in NSGs darf, wie du sagst, gar nicht gesammelt werden.

    Nun gibt es die Rote Liste nach Bundesland und Bundesweit. Ich gehe davon aus, dass die des Bundeslandes gilt, bzw. die jeweils weitreichendere Version?

    Wie Toni schon sagt hat die Rote Liste überhaupt gar nichts mit Schutz zu tun. Die Rote Liste ist ein Instrument zur Einschätzung der Gefährdung von Arten die sich nicht in den Gesetzen niederschlägt. Der Schutzstatus ist im BNatSchG verankert und über die BArtSchV an dort aufgeführte Arten geknüpft. Da das ein Bundesgesetz ist, gilt das für ganz Deutschland.

    Darf ich Totfunde mitnehmen?

    Wenn es geschützte Arten sind ganz klar: Nein. Die Inbesitznahme von geschützen Arten ist verboten, egal ob tot oder lebendig.

    Wird so etwas genehmigt?

    Ich würde davon ausgehen dass soetwas genehmigt wird, wenn es notwendig ist (also du geschützte Arten fangen und präparieren möchtest). Es kann sein, dass die Behörde nachhakt warum du keine bestehende Sammlung nutzen kannst oder mit irgendeinem Museum zusammenarbeiten kannst. Das hängt immer vom Wohlwollen des Sachbearbeiters ab. Aber grundsätzlich sollte Lehre ein Grund sein eine Ausnahmegenehmigung zu bekommen. Das ist keine Garantie dafür dass die Behörde das auch so sieht. Über Sinnhaftigkeit der Schutzgesetze müssen wir glaube ich an dieser Stelle nicht diskutieren. Auch nicht über den Aufwand Genehmigungen bei allen möglichen Behörden einzuholen.

    Für eine Schausammlung zur Arbeit an einer Schule möchte ich aber rechtlich schon auf der sicheren Seite sein.

    Dann such dir besser einen Rechtsberater, weil was ich und andere hier sagen ist definitiv keine Rechtsberatung.


    Grüße Dennis

  • Hallo Felix, wende Dich doch einmal an die Schulbehörde selbst. In der Regel hat jedes Gymnasium eine "Lehrsammlung". Diese wurden über die zuständige Behörde besorgt. Damit wärst Du selber aus einer eventuell vorhandenen Haftung raus. Vielleicht kann Du einen Schaukasten als "Dauerleihgabe" bekommen. Das kann auch über ein Museum oder einen Verein erfolgen. Wenn Du die Sammlung selbst aufbauen willst, kannst Du mit der Erklärung der Bildungsabsicht eine Fanggenehmigung bekommen.

    Ich habe hier noch einen Kasten aus der Sammlung Saarburg aus Neuss. Die Tiere sind mit Etietten hinsichtlich des Datums erfasst. Alle um 1933 bis 1947. Nur per Post kann ich die nicht verschicken.

    Gruss Dirk, 41469 Neuss

    PS: Derzeit im Urlaub

  • Vielen Dank schonmal für die Antworten und auch das liebe Angebot, Dirk. Ich will mir vorerst lieber zusammen mit den Kindern eine regionale, einfache Sammlung anlegen. Die Schule hat nur ein paar Präparate von Reptilien und Amphibien, und ein paar ganz kaputte Insekten. Aber der Tipp über die schule zu gehen ist hilfreich, das mache ich. Ich leite nur eine Insekten-AG, bin selbst kein Biolehrer, dazu hat es damals nicht gereicht.
    Danke für den WISIA-Link. Es ist schon einfach absurd, kleiner Heufalter ist drin, Schachbrett (definitiv seltener) nicht. Da soll einer durchsteigen.

    Beste Grüße

    Felix

  • Hallo Felix, stelle Dich nicht unter den Scheffel. Nicht viele Lehrer, die auch Bilologie hatten, haben überhaupt Ahnung von Schmetterlingen. Nicht einmal mein Biodozent im Studium an der Uni. Deshalb habe ich die von meinen Co-Studenten bestimmten Schmetterlinge korrigiert.

    Viel Erfolg beim Aufbau der Sammlung. Du musst ja nicht jedes Sammlungsexemplar selber präparieren.

    Ich schaue mir lieber die lebenden Schmetterlinge an. Präparieren mache ich nicht mehr.

    Gruß Dirk

  • Ich besuche öfter Naturhistorische Museen um dort entomologisch zu arbeiten.

    Es ist mir bekannt, dass viele, fast alle, mir bekannten Museen aus allen Nähten platzen und kaum mehr Platz

    zum Einlagern haben. Standartsammlungen werden oft nicht mehr oder nur noch bedingt angenommen.

    Zudem sind in den Museen oft Schaukästen in div. Größen abzugeben, welche nicht zur Größe der

    Museumskästen passt,

    Da ich z.B. die Abteilungsleiter für Schmetterlinge in München und Stuttgart gut kenne, denke ich dass es für

    alle ein sinnvolle Lösung wäre, mit "Altbeständen" etwas NEUES für Jugendliche zu gestalten.

    Wenn du nährere Kontakte möchtest, so schreibe mich doch privat an.

    manfred.stroehle@gmx.de

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