Naturschutzrechtliche Frage

    • Offizieller Beitrag

    Hey,


    Ich habe mal eine theoretische naturschutzrechtliche Frage an euch. Und zwar belese ich mich zur Zeit ein wenig über die generative Vermehrung von einheimischen Orchideen im Labor. Dazu benötigt man ja meist einen Rhizomabschnitt sowie einige ungeöffnete Samenkapseln. Nun stehen aber die einheimischen Orchideen unter Naturschutz. Daher meine Frage: dass es verboten ist, dass man eine Pflanze ausgräbt und bei sich in den Garten setzt, ist klar. Wie sieht es aber damit aus, wenn man der Pflanze einen kleinen Rhizomabschnitt sowie einige Samenkapseln entnimmt, so dass diese in ihrer weiteren Wachstums- und Lebensphase nicht beeinträchtigt wird? Vermutlich kann ich mir die Antwort schon denken, würde aber trotzdem gerne hören, was ihr dazu sagt.


    Gruß,
    Toni

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  • Hey Toni,
    nach dem Naturschutzgesetz, darfst du keinen Teil der Pflanze , egal ob Samenkapsel oder sonstigen Teil, der Natur entnehmen.
    Wenn du unbedingt einheimische Orchideen halten/vermehren möchtest, welches nicht einfach ist und einer menge Fachwissen bedarf,
    kannst du von jeder Art legales Material käuflich erwerben.
    Von fast allen europäischen Orchideen sind bei Spezialisten legale Bestände vorhanden, wo es immer wieder (zu hohen Preisen)
    Pflanzen zu kaufen gibt.
    Wenn du dich in spezielle Foren einliest, wirst du zu solchen Leuten finden.
    Ebenfalls können wir uns auch gerne mal telefonisch darüber unterhalten aber das machen wir dann per PN aus.



    Schönen Abend noch und viele Grüße
    Heiner

  • Moin Heiner,


    der Vergleich hinkt. Wenn ich tatsächlich Käfer kaufe, dann lebend, weil ich sie halten oder sogar züchten will. Ich sammle nicht, um mir die Viecher in den Kasten zu stecken und mich dran zu erfreuen (auch wenn ich mich dran erfreue). Da gibt es schon ein paar mehr Hintergründe. Und die Inventarisierung eines Biotops macht wenig Sinn, wenn ich mir Käfer kaufe. Wenn ich aber eine allgemeine Frage zu Schwarzkäfern untersuchen wollte, würde ich sicherlich mit einer der 08/15-Arten anfangen, so ich mir davon Erfolg erhoffe. Also kämen dann schon Mehlkäfer in Frage. Der Unterschied hier ist nur, dass ich die problemlos hier suchen kann und mit Sicherheit auch keine Probleme mit Gesetzen und/oder Behörden bekomme.


    Wenn Toni aber bestimmte Vorgänge untersuchen möchte, oder Verhalten, hängt das davon ab, wie allgemein die Frage gestellt ist, die dahinter steckt. Und die Frage von Toni ist da grundsätzlich erst mal sehr allgemein gehalten. Ok, er bezieht sich auf die einheimischen Arten, aber dann kann er, weg von der Phalaenopsis, ja entsprechendes Zuchtmaterial kaufen. Ich glaube nicht, dass man hierfür zwingend an wildes Material kommen muss.


    Was mich hier vor allem "stört" ist seine Einleitung: er "beliest" sich. Das heißt für mich, dass er erst mal keine praktische Erfahrung hat. Daraus schließe ich, dass er tatsächlich besser erst mal mit 'ner popeligen Phalaenopsis anfängt. Die dürften am billigsten sein, in der Behandlung der Frage den heimischen sehr ähnlich und somit dafür sorgen, dass er ohne weitere Bedenken sich erst mal die Hörner abstoßen kann. Danach kann er immer noch die heimischen und vor allem auch wertvolleren Arten bearbeiten. Und wenn er hier Erfahrung hat und die Untersuchung Sinn macht, glaube ich nicht, dass man ihm von Behördenseite die Entnahme einiger Exemplare, oder Teilen dieser, verbieten würde. Es gäbe sicherlich Auflagen zu erfüllen, aber das wäre es auch schon.


    Viele Grüße
    Klaas

    • Offizieller Beitrag

    Moin Klaas und Heiner,


    Erst einmal danke an Heiner für die Antwort.
    Und Klaas, ja, ich belese mich. Hätte ich schon praktische Erfahrung, würde ich diese Frage wohl eher nicht stellen. Zudem handelt es sich bei der Frage eben um eine theoretische, bei der ich vorab klären wollte, wie es um die Gesetze steht, bevor ich überhaupt etwas tue.
    Ich sollte vllt dennoch die Hintergründe klären. Und zwar habe ich mich jetzt in letzter Zeit schon etwas näher mit Orchideen an sich, beschäftigt (va. eben Europäischen). Nun ist die Vermehrung von heimischen Orchideen wohl eines der schwierigsten Themen, dennoch liegt meiner Meinung nach, in der generativen Vermehrung einiges an Potential. Da hierbei die Pflanze eben meist nicht schwerwiegend beschädigt wird und gleich mehrere Jungpflanzen gezogen werden können. Nun besitze ich selbst schon einige dieser Orchideen (die ich bei Händlern bestellte), welche auch schon mehrere Jahre gut gedeien. Allerdings ist es eben wie mit den Schmetterlingen, Käfern etc. -nur den Falter schlüpfen und dann freilassen, wird irgenwann "langweilig", man möchte ihn auch einmal zur Paarung bringen etc. Ich möchte mich nun einfach näher mit dem Thema der Vermehrung beschäftigen und erproben. Auch würde mir bald der Zugang zu einem Labor gewährt und ich könnte hier diverse Versuche durchführen. Dafür kann/ werde ich die Proben meiner eigenen Pflanzen nutzen. Daher eben jetzt meine Frage, ob ich evtl Proben anderer heimischer Arten hinzuziehen kann. Hat sich ja geklärt. Und ja, Klaas, du hast Recht -ich habe noch keine praktische Erfahrung damit. Somit ist es sicher auch besser, nur wenige, einfache Arten zu nutzen. Da mir aber der Zugang zum Labor nicht allzu oft gewährt wird (und dieser bei der generativen Vermehrung von Orchideen wohl von Nöten ist), wollte ich gleich einen breiter gestaffelten Versuch durchführen. Die Pflanzen tragen dabei ja keinen größeren Schaden davon -und die Samen keimen in freier Natur eh zu so geringer Prozentzahl, dass diese keinen Verlust darstellen.
    Die rechtliche Frage hat sich ja nun aber geklärt -danke, für die Antwort.


    Gruß,
    Toni

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Toni,


    damit Du auch weißt, wo Du so etwas nachlesen kannst, hier einmal einige einschlägige Vorschriften:

    Was "Pflanzen" im Sinne des § 42 BNatSchG sind, besagt

    Ergänzend in Artenschutzfragen immer wieder mein Hinweis auf WISIA Online, dort RECHERCHE. Da kannst Du selbst gucken, ob die Dich interessierende Art geschützt ist ( = Eintrag vorhanden) oder nicht (kein Eintrag vorhanden).

    • Offizieller Beitrag

    Servus,


    Klaas, ist vollkommen in Ordnung -habe dies auch nicht negativ aufgefasst :winking_face:
    Robert: danke, für die genauen Paragraphen!
    Schnägge: das stimmt wohl.....wie oft durfte ich schon beobachten, wie eine Wiese gemäht wurde, trotz geschützter Orchideen oder Falter...

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  • Hallo Robert,


    ich würde mir wünschen, dass die, die der Natur immer mehr Lebensraum entziehen, sich
    auch an bestehende Gesetze halten würden.
    Ich für meinen Teil habe diesbezüglich die Hoffnung schon längst aufgegeben.

    Ich verstehe Schnägge natürlich, aber sie tun´s:


    Ein anderer Paragraph verbietet "das Verheeren der Bestände wildwachsender Pflanzen".
    Dennoch wird die Restnatur abgemäht. In der letzten Atalanta war z.B. vom Mähen eines Brennnesselfeldes MIT Vanessa urticae-Raupen auf dem Abfallplatz einer Gemeinde zu lesen, d.h., auf der ungenutzen Freifläche ringsum.


    Ein weiterer § des Gesetzes schränkt jedoch alle Schutzvorschriften ein, sinngemäß etwa so: "Außer wenn es der ordnungsgemäßen Landschaftspflege wegen notwendig ist".
    Was die unter "ordnungsgemäßer Landschaftspflege" verstehen, kennt man ja.
    Gartenpflege und Landwirtschaft sind auch weitgehend ausgenommen, jeder Gartenbesitzer darf die "geschützte" Pflanze ausreißen. Ist schließlich Unkraut.


    Fazit: Es gibt keinen Schutz, außer vor Naturschützern, die ein paar Pflanzen oder Arten retten oder ihren Nachweis erbringen wollen. Die dürfen nämlich nichts aus der Natur entnehmen. Dafür darf es dann Tage später mit teurem Maschineneinsatz sinn- und restlos vernichtet werden, wie im o.g. Fall der Brennnesseln.


    Ich hoffe, ein Gericht wird mal entscheiden, dass so etwas keine "ordnungsgemäße Landschaftspflege" o.ä. ist. Dazu müsste aber erst mal Anzeige erstattet werden. Das kann übrigens jeder bei jeder Polizeidienststelle, auch schriftlich: Zeit, Ort, Arten oder Fläche angeben, eigene Personalien, Zeugen.


    Das wohl bis in die 80-er geltende Reichsnaturschutzgesetz von 1935/36 schützte zwar nur wenige Arten, die aber gründlich. Eine Kurverwaltung durfte auch keine Bank mit Kies ringsum auf dem einzigen Vorkommen von Weißer Fetthenne (Futterpflanze von Parnassius apollo) am Berg aufstellen, wie ich´s Ende der 80-er mal aus der Umgebung von Bad Reichenhall gehört habe.

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