Thailand - ein entomologischer Reisebericht / Teil 4

  • Den letzten Tag im Kao Yai wollte ich dazu nutzen, auf eigene Faust los zu ziehen. Da ich es unpassend fand, mit einem Roller im Nationalpark unterwegs zu sein, war das naheliegendste Vehikel ein Fahrrad. Am Tag zuvor hatte ich mich schon mal vorsorglich erkundigt, ob ich Fahrräder auch im Nationalpark ausleihen könnte und zu welchen Konditionen. Was alles annehmbar war und und zum Nationalparkzentrum würden mich die Guides von der Greenleave-Lodge bringen, zusammen mit der nächsten Gruppe Dschungelbackpacker. Dass der Tag nicht einfach würde, war klar: vom Wetter her war alles möglich. Temperaturen bis 30°C, sintflutartige Regenfälle und entsprechende Abkühlung, etc.
    „Meine“ Guides vom Vortag schüttelten nur ein bisschen den Kopf, aber ansonsten hatten sie sich mit meiner etwas verrückteren Einstellung arangiert und die neuen Backpacker waren sich so gar nicht im Klaren mit mir, der da mit ihnen ein paar Kilometer auf´m Pickup mit fahren wollte.


    Nach einem ausgiebigen Thaifrühstück, bestehend aus Kaffee, einem Teller gebratener Nudeln mit Chicken und viel Knoblauch und noch mehr Chilli, konnte der Tag beginnen.



    Am Kontrollpunkt zum Nationalpark bekamen unsere Guides von einem Parkwächter einen Sack überreicht, der dann unter meinen Füßen landen sollte (ich saß immer hinten, um besser fotografieren zu können), aber nicht ohne zuvor für etwas Spaß zu sorgen. Unser jüngerer Guide meinte: „Hey Rudi, touch this bag and say what is inside!“ mit einem riesen Grinsen im Gesicht. Bei diesem Grinsen läuteten bei mir sämtlich Alarmglocken und da ich meinen ersten Gedanken nicht wahr haben wollte, meinte ich nur vorsichtig „Apples for the elephants?“
    Darauf lachte er noch mehr, schleuderte den Sack unter meine Füße, kam hinten auf den Pickup und meinte „Touch it!“.Na gut, dann tue ich ihm halt den Gefallen und 'touch' halt den Sack mal an. Und obwohl ich eigentlich gewarnt war, zuckte ich schon gewaltig zurück, als es sich im Sack auch gewaltig bewegte. Meine Touristen-Kollegen schauten mich mit großen Augen an, ich dachte mir nur 'oh Gott, worauf habe ich da meine Beine stehen? Und unser Guide, das Schlitzohr lachte nur laut: „A snake! Is it a problem for you, Rudi?“ :grinning_squinting_face:
    Na klar war das im ersten Moment ein Problem für mich, wusste ich doch nicht was für ein Vieh da im Kartoffelsack war. Es hatte aber auch was Gutes: ich hatte ganz plötzlich genug Platz um mich herum: meine Mitfahrer waren irgendwie auf Abstand zu mir gegangen, obwohl der Pickup voll besetzt war. Nun, in der Not rückt man halt zusammen. :kissing_face:


    Unser Guide meinte noch, wir würden die Schlange im Park wieder aussetzen und die Fahrt begann. Kurze Zeit später der nächste Halt: mein Schlangen-Guide hatte heute seinen Tag und eine weitere Baumschlange am Straßenrand entdeckt:



    Einige Kilometer weiter waren wir wieder bei der Gibbon-Ecke angekommen, wo wir 'unsere' Schlange freilassen wollten. Wir gingen gut 30 Meter in den Wald und auf einer kleinen Lichtung im Dämmerlicht des Regenwaldes leerte er den Inhalt des Sacks ins modrige Laub, nicht ohne uns zuvor aufgefordert zu haben, etwas zurück zu treten.



    Ich war gelinde gesagt schon ein bisschen erstaunt, als ich sah, worauf die letzten 15 Minuten meine Füße geruht hatten. Im Nachhinein tat es mir fast Leid, aber sie machte den Eindruck, alles gut überstanden zu haben. Sie wurde am Abend zuvor in einem Feld außerhalb des Nationalparks von Bauern gefunden und den Parkwächtern übergeben.
    Fand ich gut, dass hier nicht gleich alle Schlangen sinnlos um die Ecke gebracht wurden.
    Danach gings weiter zum Nationalpark-Infozentrum, wo ich mein Fahrrad mieten wollte und meine Kollegen ihr obligatorische Einführung bekommen sollten, so wie ich am Tag zuvor.


    Das Rad, das ich erhielt, war einigermaßen in Ordnung. Die Bremsen funktionierten, die Lager dagegen teilweise durchgetreten: also alles bestens für eine Dschungeltagestour! [Blockierte Grafik: http://www.smilies.4-user.de/include/Sport/smilie_sp_337.gif]
    Da ich nicht vor hatte irgendwo querfeldein zu fahren, sondern nur auf den Hauptwegen- bzw. -straßen zu fahren, ging das so in Ordnung. Viel Verkehr hatte ich nicht zu erwarten.


    Zu erst führte mich mein Weg zurück an der Hauptstraße entlang zu einer Schlammsuhle für die Elefanten. Vom Auto aus hatte ich auch noch Elefantenkot an der Suhle gesehen und so erwartete ich doch ein paar Schmetterlinge dort vor zu finden.
    Und ich wurde nicht enttäuscht:


    Bild 1


    Bild 2 det. Christoph: Papilio spec, entweder nephelus chaon oder helenu


    Bild 3


    Bild 4


    Bild 5


    Bild 6 det. Christoph: Graphium sarpedon


    Bild 7


    Bild 8 det. Christoph: Eurema hecabe


    Bild 9


    Bild 10


    Sehr auffällig am Straßenrand war auch diese Pflanze mit ihren schönen rosanen Blüten. In Europa würde ich eine Viburnum- Art vermuten, aber hier in Thailand? Wenn jemand den Namen kennt, dann bitte melden!
    Bestimmung durch Sascha und Erwin: Melastoma malabaththricum



    Diese Pflanze schien auch für Schmetterlinge recht attraktiv. Kot auf den Blättern und Fraßspuren, irgendwo muss der Verursacher sein!?



    Ach ja, hier also!


    Bild 11


    Oder hier im Astwerk


    Bild 12


    und keine 10 Meter weiter vom Fahrrad aus gesehen:


    Bild 13


    Wenn das so weiter geht, auf´s Fahrrad rauf, Bergan antreten, nach 5 Metern bremsen, ach da war doch nichts, oder etwa doch? Nein, Fehlalarm! Aber nein dort!!!


    Bild 14+15 det. Siegfried Ihle: Trabala niphanae


    Die habe ich dann natürlich eingesackt, denn mit 5 Stück kann man mit etwas Glück schon weiter züchten. Leider stellten sie nach zwei Tagen das Fressen ein und machten keinerlei anstalten sich zu verpuppen. Zwei Raupen starben, zwei waren parasitiert und eine verpuppte sich später in Deutschland doch noch, aber leider zum Krüppel.


    Aber nun weiter die Straße entlang:


    Bild 16


    Bild 17


    Bild 18


    Bild 19


    Bild 20


    Bild 21 det. Christoph: Yphtima spec


    Bild 22


    Da, da war doch schon wieder was, irgendwas glitzerte da in der Sonne auf der anderen Seite der Straße! Ran ans Gebüsch und nachgeschaut und ah ja:


    Bild 23


    Aber die konnte doch nicht so geglitzert haben, dachte ich mir! Was war das nur?
    Da bemerkte ich links aus den Augenwinkeln wieder dieses Glitzern, ganz nah und kennt ihr das, wenn ihr denkt „jetzt nur keine überhasteten Bewegungen“?


    So gings mir gerade, als keine 20 cm vom Gesicht entfernt diese Süße im Netz saß:


    Bild 24


    Ich kannte diese Spinnen von meinen vorherigen Urlauben in Asien, aber so nah wollte ich ihnen eigentlich nicht freiwillig kommen.
    Als der erste Schrecken vorbei und die Fotos im Kasten waren, gings weiter.
    Und am Straßenrand gab´s immer was zu entdecken:


    Bild 25


    Bild 26


    und der dazu gehörige Gegenspieler?


    Bild 27


    Hier ein von einer Dasychira-Specis kahlgefressener Baum. Leider waren die Imagos schon alle geschlüpft, die restlichen Puppen voller Maden und die letzte Raupe für eine Zucht nicht ausreichend. Die hätten mich wahrlich gereizt zu züchten. Schade!







    So war es langsam Mittag geworden. Zeit um etwas zu essen und die Wasservorräte aufzufüllen.
    Beim Infozentrum gibt es einige Essensstände, die Schmackhaftes anbieten. Auch wenn es manchmal nicht zu vertrauenerweckend aussieht, bin ich noch nie mit einem Essen in Thailand herein gefallen.



    Ende Teil 4

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  • Hi Rudi,


    mit jedem Teil Deines Thailand - Reiseberichtes werde ich ein wenig neidischer. Ganz ehrlich. :upside_down_face:
    Eine Netzpython (Python reticulatus) in der freien Natur aufzustöbern, war bei meinem Thailandbesuch vor über einem Jahr, eine weitere Herausforderung für mich. Leider ohne Erfolg. :loudly_crying_face:
    ...und Du :wut: ....stehst auf dem fetten Schlauch und merkst es nicht einmal. :wacko: :astonished_face: :confused_face: :pouting_face: :angry_face:
    Eine Nephila frei im Zimmer zu halten ist laut Siegfried Löser (im Buch Exotische Insekten) auch kein Problem. Auch hier habe ich leider keine zu Gesicht bekommen. :bibber:
    Meine große Hoffnung :face_with_rolling_eyes: in Mexiko wird alles anders werden. :grinning_face_with_smiling_eyes:

  • Hallo Rudi,
    Bei den goldenen Kokons im kahlgefressenden Baum handelt es sich meiner Meinung nach zu 99% um Cricula trifenestrata und nicht um eine
    Dasychira-Specis! :kissing_face: habe die Art gerade in Zucht und hatte als ich das Bild angeguckt hatte das gefühl das ich die Kokons irgentwoher kenne :irrelachen:



    Das sind tolle Fotos gibt es noch einen 5. Teil?????????????????? :winking_face_with_tongue:


    Schöne Grüße aus Hamburg
    Armin

  • Mahlzeit zusammen.


    Erwin
    Danke dir für die genaue Bestimmung der Pflanze! Es scheint wirklich ziemlich sicher eine Melastoma malabathricum zu sein. Im Khao Yai sah ich sie allenthalben. Im weiteren Verlauf meiner Thailandreise leider nicht. Daher rührte auch mein Futterproblem für die Raupen. Und sie scheint insgesamt sehr interessant für diverse Schmetterlinge als Raupenfutterpflanze zu sein, denn ich habe noch einige andere Raupen an ihr fressend beobachten können.
    Scheint wohl die "Weide" Asiens zu sein, zumindest in Sachen Futterpflanzen :winking_face:


    armin
    Ich habe mir im Internet mal die Kokons von C. trifinesta angeschaut und die sind den von mir gefunden schon sehr sehr ähnlich.
    Was mich stört, ist dass ich die Dasychira-Raupe dort gefunden hatte und auch in den von mir geöffneten Kokons (es waren 3 Stück) die abgestreiften Häute eindeutig zu den Dasychira´s gehörten.
    Allerdings wenn ich mir das Foto ansehe, wo man die Puppe im Kokon erkennen kann, meine ich dort eine anders strukturierte Raupenhaut erkennen zu können. Anscheinend haben auf diesem Baum Dasychira und auch Cricula gefressen und ich habe Raupe und Kokon durcheinander gebracht, im Glauben es wäre die selbe Spezis. Und da bei ausnahmslos jeder Puppe die ich kontrollierte, nur noch Schleim und Maden bei der leisesten Berührung der Kokonhülle herausquoll, stellte ich das Öffnen der Kokons nach drei Versuchen ein. Es war einfach zu ekelig.
    Danke dir für deine Einschätzung und Berichtigung.
    Der 5. Teil, der sich mit dem restlichen Tag im Khao Yai beschäftig, kommt die nächsten Tage und wird hoffentlich etwas kürzer. Ob es dann danach noch weiter gehen wird, hängt vom Wetter ab. :smiling_face:


    @Falk
    Also eine Nephila frei im Zimmer zu halten wäre für mich keine Option. Wenn ich mir vorstelle, ich käme ihr unbeabsichtig zu Nahe :bibber:
    Nicht dass ich sie gefährlich wähne, aber auf Küsschen würde ich mit ihr nicht gehen wollen, so schön sie auch aussehen. Was meint denn Annett zur Freizimmerhaltung? :kissing_face:
    Und Mexiko wird besser, wirst schon sehen. Hast ja mich dabei. :face_with_tongue:
    Und bei der Python habe ich sehr wohl gemerkt, was da im Sack drin war, vielleicht nicht im Detail, aber dass da was Großes am Werkeln war, das blieb mir nicht verborgen. Das sah man dann auch an der Seite des Sackes. Warum glaubst du, hatte ich sonst plötzlich so viel Platz auf´m Pickup? :astonished_face: Nicht nur weil unser Guide "Snake" sagte.
    Du wärst mit ihr natürlich gleich ein Singha trinken gegangen, wie ich dich kenne! :face_with_rolling_eyes:


    sascha
    Auch dir ein grosses Danke für die grobe Pflanzenbestimmung! :thumbs_up:


    Tschau.
    Rudi

  • Die Lasiocampidenraupe in Bild 14 und 15 ist eine Art der Gattung Trabala. Davon gibt es in Südostasien mehrere Arten, einige, z.B. T.vishnou, sind bekannt dafür, dass die Raupen an Melastoma fressen...(übrigens, die an Melastoma fressenden Trabalaraupen fressen auch Ricinus, Psidium, Eugenia, Shorea, Zizyphus...)


    Erwin


    P.S.: In einem Posting weiter oben hatte ich einen Link zu einem Bild der Pflanze Melastoma gesetzt, nun sehe ich, dass der Links durch das Bild selbst ersetzt wurde. Ich hätte das natürlich auch machen können, dachte aber, das sei wegen Copyright nicht ratsam...Da ist mir schon 1-2mal aufgefallen, sollte ich in Zukunft die Bilder selber einfügen? Danke!

  • @noumihoudai:


    Ja, ich weiß es natürlich nicht genau, aber ich war von
    folgendem Internet-Bild ausgegangen:


    http://www.flickr.com/photos/kclama/132163304/


    Dabei waren mir insbesondere die blauen Punkte ausgefallen, ferner die
    Zeichnung des Kopfes, die beiden nach vorn gerichteten Büschel…


    Ich dachte mir, T. vishnou wird es nicht sein, aber wohl
    eine andere Art.. aber da war ich dann wohl zu voreilig…
    Erwin

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  • Hallo zusammen.


    Christoph
    Ja, es ist das gleiche Tier
    Und danke dir für die Bestimmungen.


    @Claude und Erwin
    Ich habe eine weitere Bestimmung der Trabala per E-Mail erhalten: Trabala niphanae. Das zur Bestimmung mitgesandte Raupenbild passt perfekt.


    Wenn noch jemand Bestimmungen vornehmen kann, dann nur zu! Ich baue die Infos gerne nachträglich in den Reisebericht mit ein.
    Und wenn´s euch gefallen hat, kennt ihr ja die Sterne ganz unten auf der Seite. :winking_face:


    Servus.
    Rudi

  • Ja Hallo, sehr schöner Reisebericht, den du hier veröffentlicht hast.
    Mich würde der Name der Spinne auf Foto 24 interessieren, da ich diese kürzlich in Malaysia (Tioman) gesehen habe.
    Die bauen ja echt riesige Netze! Gesehen hab ich diese in einem Tieflandregenwaldgebiet.
    Desweiteren habe ich auf meiner kleinen Entdeckungsreise eine Schreckenlarve gesehen, die bisher niemand benennen konnte:



    Bild Jan Dorn


    Vieleicht kann mir ja hier jemand helfen. Auch war ich in mehreren Regenwaldgebieten, unter anderem in Sabbah(Borneo) bzw. auf der malayischen Halbinsel, trekken.
    Bis dahin nochmals danke für den sehr interessanten Bericht - David Gärtner, Berlin

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