Auf der Schiene durch Europa - ein Urlaub der etwas anderen Art

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    Hi alle miteinander!


    Die Zuchtsaison ist für manche zwar noch nicht vorbei, doch die wenigsten können bestreiten dass uns der Herbst inzwischen fest im Griff hat. Momentan ist es zwar wieder recht mild, doch die ersten Fröste gabs trotzdem schon und bei vielen geht das Futter langsam zur Neige... :bibber:
    Für Studenten ist dies genau die richtige Zeit dem Herbst nochmal ein paar Tage zu entfliehen und eine kleine Reise zu unternehmen, gern natürlich gen Süden.
    Da Gelegenheit und finanzielle Mittel gerade verfügbar waren zog es auch mich dieses Jahr mal wieder ins Warme, allerdings halte ich nicht besonders viel von tagelangem Faulenzen am hoteleigenen Pool irgendwo in der Nähe vom Strand, -nein wenn ich schon mal wegkomme möchte ich auch etwas sehen! :winking_face:


    Schon seit längerem spielte ich mit dem Gedanken einer kleinen Europatour, allerdings fehlte mir bisher die nötige Zeit und Mobilität.
    Zufälligerweise äußerte mein WG Kumpel vor einigen Wochen ähnliche Überlegungen und so entschieden wir uns kurzerhand zu einer kleinen Interrail-Reise mit dem Zug am Ende der Semesterferien.
    Geplant waren ursprünglich 27 Tage, doch leider trifft das klischeehafte Studentenleben (ausschlafen bis 11 Uhr, 330 von 365 Tagen blaumachen :face_with_rolling_eyes: ) nur auf die wenigsten zu –auch Studenten müssen arbeiten und haben Verpflichtungen und so blieb nach Abzug von Arbeitsschichten, Prüfungen und Pflicht-Praktika ein knappes Fenster von 14 Tagen… :pinch:
    Nicht viel für einmal Europa wenn man auch etwas sehen will…


    Doch das hielt uns nicht auf, wir planten eine Woche lang zwischen Tür und Angel unsere ungefähre Reiseroute, kauften uns ein interrailTicket (22 Tage, davon darf an 10 Tagen gefahren werden)
    dann fix alles Wichtige in den großen Reiserucksack – Zelt, das nötigste an Klamotten, HygieneTasche, kleines erste Hilfe Set,
    und natürlich Equipment wie Klappkescher, verschiedene Dosen und Sammelwerkzeuge, 2 zusammenklappbare Flexarien… etc. und los gings.


    Mein WG Kumpel Felix mit dem ich reiste startete etwa zeitgleich mit mir in Dresden am Samstag, 07.09.2013.
    Er nahm aber die billigere Route übers Ausland über die Grenze nach Prag, im Nachtzug über Wien nach Venedig, wohingegen ich direkt Richtung Süden durch Deutschland aufbrach.
    In den darauf folgenden 2 Wochen bereisten wir im Großen und Ganzen 3 Länder (die welche wir nur passierten nicht mitgezählt): - Italien, Frankreich und Spanien.
    Da ich dieser Reise abseits der besuchten Großstädte natürlich einen entomologischen Touch gegeben habe, möchte ich mich mal an einem ausführlichen Reisebericht versuchen, den ich in 3 Teile auftrenne.


    In jedem Teil liegt der Schwerpunkt in einem der genannten Länder. Wem das Ganze zu ausführlich wird kann gern von Bild zu Bild springen da es kein reiner Insektenbericht wird. :cool:



    Der Verlauf unserer Reise (im Uhrzeigersinn). Sterne markieren die Stationen, rote Abschnitte unsere Wanderrouten

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    Nachdem wir nun also am Samstagmittag in unterschiedliche Richtungen aufgebrochen waren, erreichte ich schon kurze Zeit später ohne große Zwischenfälle (erstaunlich für DB, hab da schon meine Erfahrungen :face_with_rolling_eyes: ) mein erstes Ziel – Weiden in der Oberpfalz!
    Nicht ohne Hintergedanken hatte ich unsere Reisedaten so gelegt, dass ich trotzdem wie seit einigen Jahren noch am Entomologentreff in (T)rauschendorf teilnehmen konnte.
    Während ich also vorm Weidener Bahnhof in der Septembersonne saß und auf mein Shuttle in Form von Rudi und Alex wartete, kam sogar schon der erste Hauch von Urlaubsstimmung auf. :cool:


    Der Nachmittag und Abend gestaltete sich wie immer sehr interessant, aber auch witzig - die meisten sieht man eben auch nur ein, zweimal im Jahr, daher sitzt der „harte Kern“ dann auch gern mal ein wenig länger bei leckerem Essen und einigem zum Runterspülen beisammen. So kommt es auch jedes Jahr immer wieder zu sehr bizarren Ereignissen – man muss einfach dabei sein! :winking_face:


    Entomologenstammtisch


    unsere kleine Zeltsolidargemeinschaft


    der harte Kern zu nächtlicher Stunde


    Falk im Gespräch mit seiner Lieblingskatze^^


    Nach einer sehr kurzen leicht komatösen Nacht – zum Abhärten und Eingewöhnen natürlich draußen im Zelt, aus Gewichtsgründen jedoch ohne Überzelt, Isomatte und Schlafsack *bibberbibber*; ging es nach Kaffee und Brötchen in die Börsenhalle zurück nach Weiden.


    Börsenaufbau in Weiden


    Ebenfalls wieder sehr gelungen, auch wenn ich diesmal nicht bis zum Ende bleiben konnte – die Zeit drängte! Mein Mitreisender war mir inzwischen immerhin schon gute 800 km voraus!
    Also mit dem Taxi ab zum Bahnhof und rein in den Zug – das eigentliche Abenteuer begann. :freudentanz:


    Bis zum späten Mittag passierte ich bereits München, Rosenheim und die deutsche Grenze. Kurze Zeit später tauchten bei Kufstein dann endlich die ersten höheren Gipfel auf, bis Innsbruck wurde das umliegende Gelände immer schroffer und alpiner.



    Die ersten Gipfel auf dem Weg durch die Alpen...


    Das Wetter war wieder auf meiner Seite und so konnte ich vom Zug aus die wunderbare Berglandschaft bis weit in die Täler genießen – besonders natürlich der gesamte Brennerpass gehört meiner Meinung nach ob per Auto oder Bahn wohl zu den schönsten Strecken Europas, mit seinen gigantischen Hangstraßen und riesigen Brückenbögen unter denen sich der milchig türkise Inn durch die Alpen windet.


    Brennerautobahn


    Nachdem die Bahn hinter Innsbruck noch eine Weile dem Talverlauf der Zuflüsse des Inns folgt, verlässt man Österreich auch schon wieder. Während also die letzten Teilnehmer der Weidener Börse gerade die Segel strichen, erreichte ich bereits italienischen Boden.
    Der Bahntrassenverlauf wechselt hier bei Sterzing ins Einzugsgebiet des Eisacks/ Isarco und folgt seinem Tal über Fortezza, Bressanone und Chiusa bis nach Bolzano.


    Isarco bei Fortezza


    Am Nachmittag erreichte ich nun also den Streckenabschnitt, den man über die Alpen kommend als Tor zu Italien bezeichnen könnte, denn nachdem sich bei Bolzano die grünlich-hellblauen Fluten von Isarco und Adige vereinigt haben, öffnet sich vor einem das extrem breite Etschtal, welches links und rechts flankiert von schroffsteilen Bergmassiven den weiteren Verlauf der Strecke über Verona bis an die Adria nach Venedig angibt.


    Etschtal


    Über Trento und Roverto führt das Etschtal fast ohne Kurven geradeaus nach Verona, wobei man vom Zug aus mit jedem Kilometer die umliegende Landschaft ein wenig italienischer wird.
    Aus endlosen Apfel- werden schließlich Weinplantagen und vereinzelt kleine Citrushaine, die Flora wird mediterraner und die Bahntrasse ist ständig von riesigen Buddleia Büschen flankiert.


    endlose Apfelplantagen über die ganze Breite des Etschtals


    Kurz vor Verona passierte ich zum Abend hin mit nur wenigen km Abstand das langgestreckte Ostufer des Gardasees, nur getrennt durch das große Bergmassiv des Monte Baldo. Da ich hier letztes Jahr schon war, konnte ich einiges wiedererkennen und erwartete sehnsüchtig den Ausstieg. Für Fotos aus dem Zug heraus war es aber leider schon zu dunkel. :thumbs_down:
    Von Verona ging es im scharfen Winkel weiter Richtung Osten über Lonigo, Vicenza und Padova nach Venezia, meinem Etappenziel für diesen ersten Tag, wo ich schließlich gegen 20:30 auch endlich ankam.
    Am Bahnhof wartete bereits Felix auf mich, der seinen Tag Vorsprung zusammen mit den anderen 200 000 Spätsaison-Touris in der Stadt des Wassers schon gut genutzt hatte. Zusammen fuhren wir mit dem Bus zurück aufs Festland nach Mestre zu einem naheliegenden Campingplatz und dort begann nun gegen 22 Uhr unser allabendliches Ritual für die nächsten 2 Wochen – Zelt aufbauen, Wasser holen, Strom suchen. :winking_face:
    Nach der Tagesauswertung war es inzwischen weit nach Mitternacht und wir versuchten zu schlafen, wieder ohne Isomatte und nennenswerten Schlafsack (aus Gewichtsgründen nur ein 160g Inlett-Schlafsack, passt zusammengeknüllt bequem in die hohle Faust).
    Doch wir waren zuversichtlich für die kommenden Tage, schließlich hatten wir erst Anfang September und unsere Planroute verlief permanent in unmittelbarer Küstennähe zum Mittelmeer, wir erwarteten also schön milde Nächte und der harte Boden würde schon irgendwie gehen!
    Dachten wir… :wacko:


    Gegen 04 Uhr morgens erwachte ich zitternd zusammengekrümmt mit einigen blauen Flecken auf dem Rücken die vom Schotter unter der dünnen Zeltplane herrührten, doch das überraschendste war wirklich diese Kälte…
    Nur wenige Duzend Meter vom Adria-ufer entfernt sackte die Temperatur von reichlich 30°C am Tag auf etwa 13°C in der Nacht, der nackte Boden entzieht einem noch zusätzlich Körperwärme über die ganze Oberfläche und warme Sachen, lange Hosen etc. hatten wir bis auf dünne Softshell-Regenjacken weder eingeplant noch mitgenommen, hätten wir auch rein kapazitätsmäßig gar nicht.
    Da half nur zusammenrollen, Zähne zusammenbeißen und im Halbschlaf auf den Wecker warten. :pinch:



    Das erste Camp


    Nach ein paar weiteren, quälenden Stunden erlöste uns endlich die aufgehende, aufs Zelt scheinende Sonne. Kurze Zeit später drehten die Verhältnisse und im Zelt wurde es wie in der Sauna, doch trotzdem freuten wir uns über Kaffee und eine heiße Dusche in den erstaunlich luxuriösen Sanitäranlagen des Campingplatzes…Es gab sogar zwei Bars, einen Indoor-Pool etc. :thumbs_up:
    Am späten Montagmorgen brachen wir unser Lager ab und machten uns wieder auf den Weg auf die Laguneninsel, Felix war zwar den Tag zuvor schon recht fleißig gewesen und ich habe im letzten Jahr schon 4 Tage in Venedig verbracht, doch ein Highlight stand noch auf unserer Liste – das Hardrock Café!
    Am Bahnhof schenkte uns ein nettes Ehepaar aus Wuppertal seine Fährtickets, so konnten wir das alles gleich noch mit einer kleinen Bootstour zum Markusplatz etc. verbinden.



    Santa Maria della Salute und Markusplatz mit seinen 2 häufigsten Besuchern - Touristen und Tauben


    Hardrock Café Venedig!


    Im Hardrock Café kaufte ich fix ein Souvenir bzw. gleichzeitig in weiser Voraussicht auf kommende Tage ein weiteres Wechsel T-Shirt Nachdem wir unsere Wasserflaschen an einem der zahlreichen Trinkbrunnen der Stadt gefüllt hatten gings mit dem Schiff wieder zurück und nach dem von nun an obligatorischen Postkarten-schreiben verließen wir Venedig auch schon wieder am frühen Nachmittag.


    einer der zahlreichen Trinkbrunnen Venedigs, oder wie eine durstige Amerikanerin meinte: "mh ahh good stuff!"


    Nach unserer nächsten 3 ½ stündigen Zugetappe mit dem Frecciargento (ital. Schnellzug, Eurostar) erreichten wir, einige sehr bekannte Landschaftsgebiete u.a. weite Teile der Toscana als kleinen Vorgeschmack für den ersten Wandertag passierend, sehr zügig unser reichlich 500 km entferntes zweites Reiseziel: Rom.
    Als Quartier wählten wir diesmal ein Motel, Campingplätze in Rom sind eher rar. :winking_face:
    Zum Abend hin zogen wir los zu unserer ersten Erkundungstour, landeten aber sehr schnell in einem All-you-can-eat Restaurant da mir auffiel dass ich seit dem Weidener Chili und Schweinsbraten seit nunmehr 40 Stunden keinen Bissen mehr gegessen hatte, das machte sich bemerkbar… :pouting_face:
    Gegen 22 Uhr gings zurück ins gemütliche 6-Bett Motelzimmer. Die Nacht war sehr laut (Straßenlärm, großflächige Waldrodungen – mind. 4 Mann waren immer gleichzeitig mit dem Sägen beschäftigt… :wacko: ) aber wenigstens waren die Betten weich und warm!


    Am Dienstagmorgen machten wir uns beizeiten auf den Weg um möglichst viel von der Stadt zu sehen in unserer begrenzten Zeit.
    Wir absolvierten in 6 Stunden einen wahren Touristenmarathon, Rom ist wirklich unglaublich voll mit Bauwerken etc. die es zu besuchen lohnt, allerdings möchte ich nicht unseren gesamten Rundgang haarklein wiedergeben, denn Insekten gab es leider nicht allzu viele – ABER zum Kompromiss unserer Reise gehörte eben dass wir sowohl Wander- und Insektentage als auch Stadttage einlegen um möglichst viel zu sehen.


    Ein paar kommentierte Bilder sollen jedoch genügen. :winking_face:


    ein wenig Überwindung meinserseits ist schon nötig um die katholische Hochburg zu besuchen^^

    Peterdom und Petersplatz mit Obilisk


    Blick von der Kuppel des Petersdoms über Petersplatz und Rom


    Engelsburg von der Engelsbrücke aus fotografiert



    "Die spinnen, die Römer" :winking_face:


    Piazza Navona, angeblich einer der schönsten Plätze Euopas...


    der Pantheon, ein Meisterwerk der römischen Baukunst


    der Trevibrunnen, eine Münze mit der linken Hand über die rechte Schulter hineingeworfen soll eine Rückkehr nach Rom sichern.
    Der Stadt entstehen dadurch jährliche Einnahmen von über einer Million Euro!


    das Monumento a Vittorio Emanuele II


    Colloseum



    Gegen 20 Uhr holten wir unser Gepäck von der „deposito bagagli”, – Postkarten schreiben, Trinkflaschen am Brunnen füllen (sehr praktisch in Italien – in beinahe jeder größeren Stadt gibt es eine stattliche Anzahl freier Trinkwasserbrunnen; über die Qualität lässt sich sicher streiten, aber wer es nicht schafft auf so einer Reise seine „deutschen“ Ansprüche abzulegen wird ohnehin nicht viel Freude haben! :face_with_rolling_eyes: ) – und ab gings auf die Schiene.


    Mit einem CityNightLine fuhren wir wieder ein Stück nach Norden zurück, bis nach Florenz, unserem nächsten Nachtlager in Form eines Campingplatzes.
    Dieser befand sich auf einem Hügel direkt über der Stadt, nur wenige Meter neben dem berühmtesten Aussichtspunkt der Umgebung, der Piazzale Michelangelo.
    Wer schon mal in Florenz war, wird sicherlich da oben gestanden haben, das Panorama ist einfach genial. Da wir erst gegen 22 Uhr ankamen mussten wir zwar im Dunkeln durch die ganze Stadt und den Berg hinauf,
    konnten so aber eine sonst sehr überfüllte italienische Metropole einmal völlig leer und dazu noch wunderschön beleuchtet erleben, besonders der nächliche Blick vom Piazzale hinab war eines der schönsten Bilder unserer Reise.


    Ponte Vecchio, eine der ältesten und bekanntesten Bogenbrücken der Welt


    nächtlicher Blick vom Piazzale Michelangelo auf Florenz


    Unser Campingplatz am Hang war nicht der komfortabelste, sehr kiesig und aufgeweicht da es hier den Tag über geregnet hatte, aber die Lage mit Ausblick und freies Wifi machten das wieder wett.
    In der Nacht wurde es immer bewölkter und stürmischer, was schließlich gegen 03 Uhr früh in einem kurzen aber intensiven Unwetter samt eimerartigem Platzregen und Gewitter gipfelte,
    Gott sei Dank hielt das Zelt und nach 20 Minuten war wieder alles vorbei.


    Am Mittwochmorgen, 11.09.13, brachen wir unser nasses Lager bereits in der Dämmerung ab da –endlich- der erste Wandertag anstand! Auf dem Weg runter in die Stadt passierten wir wieder den Piazzale, gerade als die Sonne aufging und den Regen der Nacht in Nebelschleier verwandelte, die Florenz umschlungen. Nochmal ein Foto wert!


    morgendlicher Nebel über Florenz und dem Arno-Tal


    Panorama über Florenz vom Piazzale Michelangelo

    • Offizieller Beitrag

    Vom Bahnhof aus fuhren wir westlich über Empoli ins Herz der Toskana Richtung Pisa, stiegen aber in einem winzigen Nest namens San Romano aus und starteten unsere kleine Tour.
    Geplant waren etwa 25 km durch die nur dünn besiedelte typische Hügellandschaft der Toscana von San Romano nach Pontederra, um dort am späten Nachmittag wieder in den Zug zu steigen und weiter nach Pisa zu fahren.
    Wir hielten noch kurz an einem kleinen Bauernmarkt, kauften Bananen und ein 4 Kg schweres Melonenstück als wasserspendenden Proviant, ich präparierte mich noch griffbereit mit diversen Dosen, Fotoapparat und Kescher und los gings! :face_with_tongue:


    Schon nach den ersten zwei Kilometern ins Hinterland kamen wir das erste Mal aus dem Tritt, bisher hatten wir es erfolgreich vermieden unsere 15 Kilo-Rucksäcke ständig durch die Gegend zu tragen und waren das Gewicht auf den Schultern noch nicht gewöhnt, zumal ich leider auch keinen Beckenstützgurt etc. hatte und das schwere Obst machte es auch nicht besser. :blink:
    Also entschieden wir uns erst mal einen Rastplatz zu suchen um wenigstens die Melone zu eliminieren. Wir fanden einen guten wenige Hundert Meter weiter in Form eines Hügels samt blumigem Bewuchs.
    Mein Interesse war sofort geweckt da die gesamte, ca. 1Hektar große Wiese unter anderem über und über mit frischen, kräftigen Foeniculum-Stauden und geradezu übersät mit blühenden Daucus carota war.



    Magerrasenwiese bei San Romano, Toskana





    Inzwischen war es etwa 10 Uhr und die Sonne hatte die Umgebung gut erhitzt sodass ich regen Flugbetrieb erwartete.
    Ich sollte Recht behalten, neben unzähligen Lycaenidaen verschiedener Arten, konnte ich unterschiedlich stark vertreten beobachten: Colias spec. und andere Pieridae, Melitaeinae, Boloria spec., Lasiommata megera, Vanessa atalanta an reifen Brombeerbüschen, Argynnis paphia und andere spec., sowie viele mehr, erstaunlich war auch die unglaubliche Dichte an Orthoptera in einer faszinierenden Form-und Farbenvielfalt; am auffälligsten waren besonders beim „Flüchten“ die Oedipoda Arten mit ihren tiefblauen oder scharlachroten Hinterflügeln, welche mir bei jedem Schritt vor den Füßen rumsprangen. Trotzdem habe ich es erst in Frankreich geschafft ein solches Tier in Ruhestellung zu fotografieren (während des Fluges leider gar nicht :nixweiss: ).
    Weiterhin aufgefallen ist mir noch eine stark vertretene sehr große, schlanke Heuschreckenart, ich schätze die Körperlänge auf etwa 7 cm, die zwar unauffällig grün – weiß gefärbt waren, jedoch eine lange Flugphase mit eindrucksvoller Flügelspannweite ähnlich einem Flug von Mantis; und eine auffällige Kopfpartie besaßen, mit 2 langen, hornartigen Fortsätzen. Auch hier gelang mir kein Foto, die Tiere waren einfach zu lange „unsichtbar“ und dann zu schnell weg; ich tippe aber nach einigem Suchen auf Acrida ungarica.



    Einige spärliche Prunus Bäumchen standen ebenfalls auf dem Hang, nahezu ideal für Iphiclides podalirius, weshalb ich alle auch genau untersuchte, doch leider fand ich nur bereits einige Wochen alte Fraßspuren der vorhergehenden Generation. Auch papilio machaon hatte ich noch nicht erblicken können obwohl diese Doldenblütler-überwucherte Wiese sich geradezu anbot…
    Also streifte ich ein paar Mal bergauf bergab – Felix hatte es sich inzwischen in der Sonne gemütlich gemacht und unser Zelt zum trocknen ausgebreitet. :grinning_squinting_face:


    Während ich also suchend umherwanderte, hin und wieder ein Belegexemplar einfing und Fotos schoss, fiel mein Blick zufällig einen halben Meter neben mir endlich auf das Objekt der Begierde – ein frischer papilio machaon, wohl erst wenige Stunden alt und noch nicht flugerprobt. Wieder war ich mit dem Netz leider schneller als mit der Kamera, am ersten Faltertag kribbelten eben noch die Finger und Fotos waren nebensächlich. Aber keine Sorge, mit jedem Tag der Reise konnte ich mir mehr angewöhnen erst den Foto zu zücken und dann den Kescher. :winking_face:
    Das Männchen wurde also erstmal in ein Aerarium verfrachtet und weiter ging die Suche. Dies wiederholte sich etwa 5 Mal, immer fand ich die Falter – bislang alles Männchen – frisch an Halmen in Bodennähe sitzen, ich gehe davon aus dass die Wiese bei dem reichlichen Futterangebot in guter Hügellage einige Wochen vorher von den ablegenden Weibchen regelrecht belagert wurde und von Raupen nur so wimmelte, ich befand mich zeitlich also gerade genau beim Generationswechsel für die nächsten Adulten. Dies erklärt auch das Fehlen der sonst reichlich vorkommenden I.podalirius.


    Eine Stunde später, gegen Mittag, konnte ich endlich den ersten fliegenden p.machaon sehen – kurzer Sprint den Berg hoch und wieder runter – Foto gezückt und dann Kescher hinterher. Siehe da – ein erstes, älteres Weibchen, vom Flugverhalten her rüttelnd knapp über den Boden schwebend und kleinere Pflanzen inspizierend vermutlich auf Ablagesuche. :thumbs_up:
    Ich gab dem Tier einige Foeniculum Stängel samt Blüten ins Aerarium und machte mich wieder auf die Suche.



    Suchbild: p.machaon Weibchen im Flug, später dann zur Ablage im Aerarium


    Ab diesem Zeitpunkt ging es Schlag auf Schlag, die Sonne brannte inzwischen mit 35°C vom Himmel und heizte den machaon ordentlich ein, andauernd sausten Tiere an mir vorbei, allerdings in einem Tempo welches ich den Berg hinauf nicht ganz erreichte.
    War aber nicht weiter schlimm, denn auf der Kuppe sammelten sich die Tiere und lieferten sich einen handfesten Luftkampf woraus ich schloss dass es sich um weitere Männchen bei Revierkämpfen und hilltopping handelte, und Männchen hatte ich bereits zur Genüge. Kurze Zeit später gesellten sich einige gemächlicher fliegende Weibchen dazu, die von den Männchen sogleich heftig umworben wurden. In dem Moment segelte auch ein schönes großes podalirius-Weibchen über die Kuppe; - übrigens das einzige Tier dieser Art während der gesamten Reise in 3 Ländern und besten Biotopen, war eben genau zwischen den Generationen da...; - doch in der Aufregung war es wieder fort bevor ich irgendwie reagieren konnte. :kissing_face:


    Immerhin gelang es mir noch 2 frische machaon-Weibchen zu fangen, damit beendete ich dieses grandiose Biotop auch.
    Das erstgefangene ältere Weibchen hatte sich inzwischen mit den Bedingungen im Aerarium auch abgefunden und legte in der prallen toscanischen Sonne bereits einige Eier welche ich gleich einpackte; das Weibchen selbst ließ ich jedoch wieder frei, da ich ihr im Gegensatz zu den frischen vitaleren Tieren die kommenden Tage per Rucksacktour nicht zutraute.


    Inzwischen hatten wir 3 Stunden am Hang verbracht und unsere eigentlich 25 km Tour war damit kaum noch realisierbar, was uns wegen der Rucksäcke aber ganz entgegenkam. Wir entschieden ins für eine abgespeckte Variante als Rundtour über weitere 8 km und den Nachbarort zurück zum Bahnhof, unterwegs genossen wir die klassische Landschaft der Toscana.


    bei der Hitze wird ein Kescher auch schnell mal zum Sonnenhut. Gut das mich da keiner kennt


    Gegen Nachmittag entdeckte ich einige schöne Ficus carica –Bäume und beschloss eine spontane Rast.
    Frische Feigen direkt vom Baum, es gibt kaum etwas besseres für unterzuckerte Wanderer ohne Proviant. Mein Mitreisender war anfangs etwas skeptisch („Was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht“), aber nachdem ich ihm erzählte dass ich mich in manch anderen Urlauben hier unten auf meinen Touren fast ausschließlich von Ficus, Opuntia, Citrus und Co. ernährt hatte ließ er sich doch zum kosten überzeugen. :grinning_squinting_face:


    Felix etwas skeptisch beim probieren seiner ersten frischen Feige


    Die süßen, vollreifen Feigen lockten nicht nur uns an sondern auch Mengenweise fruchtsaugender Falter wie Vanessa atalanta etc, ich hielt auch Ausschau nach Charaxes jasius, konnte aber keine entdecken. Ich behielt mir die Art trotzdem im Hinterkopf.
    Am späten Nachmittag erreichten wir wieder den Bahnhof und fuhren weiter nach Pisa.


    Diese Stadt ist für genau ein Bauwerk bekannt, das aber dann auch alle sehen wollen – und so sieht es dort auch aus. Vom Bahnhof aus läuft man über den Arno Richtung „Zentrum“ und trifft außer ein paar wenigen Anwohnern keine Menschenseele. Kurz vorm Piazza del Duomo kommen einem dann die ersten „Souvenir- und Regenschirmverkäufer“ entgegen, so in 10 Metern Abstand einer.
    Man biegt um die Ecke – und plötzlich wie aus dem Nichts steht man in einer riesigen Touristenmenge, die durcheinander drängeln und übereinander klettern, alle mit demselben Ziel: DAS originelle, EINZIGARTIGE Bild von sich oder Angehörigen mit dem Turm im Hintergrund wie die ebenjenen im Vordergrund abstützen oder wahlweise auch noch weiter in die Schräglage drücken. :face_with_rolling_eyes:
    Wir hatten zwar eigentlich ähnliches vor, doch bei diesem Anblick verging uns die Lust dran. Stattdessen fotografierten wir die Touristen bei ihren merkwürdigen Verrenkungen um alles in gewünschter Position aufs Bild zu bringen. :winking_face:



    schiefer Turm und schiefe Menschen in Pisa


    Panorama am Piazza del Duomo mit dem Baptisterium, Camposanto Monumentale, Duomo Santa Maria Assunta und natürlich dem schiefen Turm (v.l.n.r.)


    Wir aßen noch direkt am Piazza del Duomo mit Blick zum Turm ganz klassisch eine Pizza, schrieben wie immer Postkarten und machten uns im Anschluss wieder auf den Weg zum Bahnhof, da wir die Toskana aus Zeitmangel noch am selben Tag leider wieder verlassen mussten.
    Wir fuhren von Pisa aus ca. 100 km weiter über Viareggio und Massa nach La Spezzia, von dort aus noch ein Stück mit der Regionalbahn nach Levanto.
    Dieses Gebiet liegt nun in Ligurien; und obwohl es an die Toscana grenzt und nur einen Katzensprung entfernt liegt verändert sich die Landschaft vor dem Zugfenster in kurzer Zeit enorm.
    Schroffe Steilküsten erheben sich direkt von der Küste der italienischen Riviera, oder hier genauer der Riviera di Levante; die sanften Hügel der Toscana werden zu stark bewaldeten Bergkämmen, da sich hier die letzten Ausläufer der ligurischen Alpen mit dem Gebirgszug der nördlichen Apennin verbinden und erheben.


    In Levanto schlugen wir in einem kaskadenartig an den Berg gebauten Campingplatz unser Nachtlager auf, natürlich auf steinigem Kiesboden. Noch fix an den Wasserhahn und die Steckdose, dann hundemüde ab ins Zelt. Der Tag war der bisher anstrengendste mit den 3 Stationen in nur wenigen Stunden, das zeigte nun Wirkung. :sleeping_face:
    Das gute Wetter des Tages konnte sich leider nicht in die Nacht retten und so gab es gegen 01 Uhr wieder mal ein kurzes aber heftiges Gewitter.
    Nicht weiter tragisch, jedoch war das Zelt damit wieder äußerlich klitschnass und die Temperatur stürzte in kurzer Zeit rapide ab. Wiedermal mussten wir die restliche Nacht frieren, obwohl wir Luftlinie nur wenige Meter vom Mittelmeer entfernt lagerten. Inzwischen waren wir wenigstens recht einfallsreich geworden, was Isolation und effektive Nutzung unserer Klamottenresourcen angeht, ein mit Blättern angefüllter gelber Sack unters Zelt geschoben zum Beispiel ist besser als nichts wenns um die Bodenhärte geht; und aus zwei kurzen Hosen, einem Handtuch, Gürtel und dem dünnen Inlettschlafsack der alles zusammenhält kann man durchaus einen passablen Wadenschutz basteln! :sensationell:



    verschiedene Arten der Kälteanpassung bei Homo sapiens sapiens. Während der eine ausgeklügelte Isolationsmechanismen konstruiert zieht der andere einfach ganz brachial alles was er mithat übereinander. Resultat war das gleiche: uns beiden war kalt :winking_face:

    Der Start am nächsten Morgen verzögerte sich etwas, erstens war es bis 09 Uhr noch eisig kalt da die Sonne so lange brauchte um über den Berg zu kommen, zweitens tat uns alles einfach so weh dass wir nicht gleich wieder um 07 Uhr loslaufen wollten. Also beschäftigten wir uns mit der Instandhaltung unseres Gepäcks. Das Zelt wurde gründlich gesäubert und auf Mängel untersucht, Waschtag war auch gleich noch, ich etikettierte und vertütete meine Fänge vom Vortag, fütterte die p. machaon usw.
    Wenn man auf alle Ressourcen angewiesen ist muss man seinen Hausrat eben entsprechend pflegen. :grinning_squinting_face:



    Waschtag. Auch die Passagiere müssen von nun an 2mal täglich versorgt werden


    Lasiocampa quercus male, nachts an den beleuchteten Sanitäranlagen gefangen


    Gegen Mittag rafften wir uns dann zu unserer Tagestour auf, ließen aber Zelt etc. zum trocknen an Ort und Stelle und packten nur einen Rucksack mit Wasser, Foto, Fang und Sammelequipment. Unser heutiges Ziel waren die sog. Cinque Terre bzw. deren Wandergebiet. Die Cinque Terre sind wie der Name schon sagt 5 kleine Bergdörfer, die direkt oberhalb der Küste in den Steilhang gebaut wurden.
    Verbunden waren sie früher mit Trampelpfaden und Pflasterwegen für die Maulesel. Aufgrund der landschaftlichen Attraktivität der Gegend mit seinem weiten Ausblick aufs türkisblaue Meer, der oft nur wenige Zentimeter neben den Wegen schroff abfallenden, weißen Dolomit- und Kalkstein Steilküste und den mit Pinus, Quercus, Castanea und Arbutus bewaldeten Bergkämmen mauserte sich das Gebiet der Cinque Terre in den letzten Jahrzehnten vom Geheimtipp zum meistbesuchtesten und –ausgebautesten Wandergebiet Italiens! In der Hauptsaison soll es hier auf manchen Strecken so voll sein dass man Eintritt zahlen muss um die ausgetretenen Wege regelmäßig ausbessern zu können.


    Bucht von Levanto, unser Camp befindet sich am Berg im Hintergrund auf etwa halber Höhe


    Wir waren zwar in der absoluten Nebensaison unterwegs, suchten uns aber trotzdem eine Strecke abseits der Hauptrouten aus und wanderten etwa 15 Kilometer geschlängelt immer an der Küste entlang von Levanto nach Monterosso al Mare, dem ersten der 5 Steilküstendörfer.
    Das Wetter hatte sich inzwischen wieder beruhigt, bei schönen 37°C war keine Wolke am Himmel zu sehen. Gleich zu Beginn verlangte uns die Strecke alles ab, da der Wanderweg in Nähe des Bergkamms verläuft muss man eben erstmal –steil nach oben. :wacko:
    Ich konnte auf den anliegenden Brachflächen wieder einige Lycaenidae beobachten und zu meiner Freude auch ein Männchen von Gonepteryx cleopatra italica entdecken und fangen.
    Wir verließen unsere Campingbucht über den Bergrücken, nicht ohne nochmal den tollen Rundblick zu genießen. Auf dem Weg stehen sehr vereinzelt einige alte Bauerhäuser, davor schlängelte sich unser Pfad entlang.
    Immer wieder kommt man an Feigenbäumen vorbei und Weinspaliere laden zum naschen ein, die Trauben sind zwar klein aber stehen jeden Tag im intensivsten Sonnenlicht, dadurch sind sie unfassbar süß, wie kleine glibberige Gummibärchen. :winking_face:


    Panoramalick über die Bucht von Levanto, Camp befindet zu Fuße des Berges auf der rechten Seite des Bildes


    Panorama vom Wanderweg. Der Pfad befindet sich direkt am Abhang, gleich daneben einige Bauernhäuser und zahlreiche Weinstöcke


    Auf der schmalen Magerrasenkante und der nach oben angrenzenden Natursteinmauer wuchsen eine Menge Blütendolden und Lantana von denen die Macroglossum stellatarum ganz angetan waren. Dazwischen standen kleine, kräftige Galiumpolster und als Anpassung an die Hitze nur wenige cm hohe Foeniculum-Pflänzchen im Bodenbewuchs. Beides würde sich ideal als Ablagepflanzen eignen, sodass ich sehr viele Pflanzen auf Eier und Raupen absuchte, doch die stellatarum schienen gänzlich unbeeindruckt von der galium-Fülle und P.machaon waren nichtmal adult zu beobachten. Entweder die Küstenregion gehört nicht zu ihrem Territorium wovon ich aber nicht ausgehe da die sonnigen Hänge mit ihrer Thermik nahezu ideal wären; oder aber auch hier sind die Tiere gerade im Generationen – Zwischenstadium.



    alle Wege führen ohne weitere Sicherung direkt am Abhang entlang. Man genießt den ungehinderten Blick aufs Bergmassiv als auch aufs Meer



    Zahlreiche potentielle Futter- und Ablagepflanzen wie kleine Foeniculumstauden oder vollbesonnte Euphorbia characias Vorkommen laden zum Suchen ein. Leider ohne Erfolg



    Die Natursteinmauer oberhalb des Weges ist voll von Blütendolden und Lantana. Den M. stellatarum gefällt es sichtlich


    Oberhalb von 200 m ü.N.N. nimmt die Hangsteigung ein wenig ab sodass auch größere Bäume fußfassen können und nicht am Hang abrutschen.
    Die Vegetation wird dadurch waldiger, Pinus, Quercus ilex u.ä. sind dominant. Stellenweise dünnt sich der Bestand durch Trockenheit oder Sturmschäden jedoch regelmäßig wieder aus und es entstehen weiträumige, lichte bis kahle Stellen, in diesen Gegenden sind dann kleinere Bäume und Buscharten prägend, allen voran Arbutus unedo und natürlich Pistacia lentiscus.
    Dazwischen steht ein weitesgehend geschlossener Unterholzbewuchs aus verschiedenen Hartlaubsträuchern.



    die bewaldeten Steilhänge der ligurischen Riviera. Dominant sind Pinus und Quercus ilex



    Typisch mediterraner Unterholzbewuchs in den lichten Pinienwäldern


    Die vielen Arbutus unedo in verschiedenen Größen von kleinen, mickerlichen Sträuchern bis zu großen ausladenden Bäumen mit über 7 Metern(!) machten mich neugierig und ich untersuchte viele davon stichprobenartig in den Trieben nach den charakteristischen Fraßspuren von Charaxes jasius. Zumindest damit hatte ich auch Erfolg, auch einige Überreste der Sitzpolstergespinnste auf älteren Blättern konnte ich noch finden, aber alle Fraßspuren waren an den Rändern bereits braun verwelkt sodass sie wohl schon vor einiger Zeit benagt wurden.



    Auf den kahlen Abschnitten der Berghänge dominiert vor allem Arbutus unedo. Viele der kleineren Büsche haben charackteristische Fraßspuren, die Bäume werden hier aber auch bis 8 Meter groß


    Obwohl wir den restlichen Weg nur wenige Dutzend Meter unterhalb des Bergkammes wanderten kamen wir aller etwa 200 Meter an kleinen, steilen Quellen und Bächen vorbei.
    Dies war sehr merkwürdig, die Wasserläufe schienen direkt aus dem Berg zu kommen – weiter unten hätte ich das mit dem Druck des Gipfelwassers erklären können, aber hier knapp unterhalb des Kamms, wirklich sehr eigenartig. Es waren auch nicht nur kleine Rinnsale sondern teilweise stark strömende Bäche mit kleinen Wasserfällen und Kaskaden von über einem Meter Breite. An einigen Stellen waren ein paar Treppen an den Hängen verankert um den Aufstieg zu erleichern, hier kam das Wasser regelrecht zwischen den Stufen als kleine Strahlen herausgedrückt.


    Wasserströme quellen direkt am Bergkamm aus dem Gestein


    Die Wasserläufe zogen sich wie Adern den Berg hinab, da im näheren Umkreis der Boden sehr durchnässt war konnten auch andere Pflanzen hier gedeihen, die Bäche waren teilweise überwuchert mit Rubusranken, Hartgräsern und blühenden Efeuschlingen.
    An diesen war eine Vielzahl von Insekten zu beobachten; neben Apiformes, Syrphidae und einigen Coleopteren besonders Vanessa atlanta, Argynnis paphia und Maniola jurtina.
    Die Bäche mit ihren schlammig-nassen Pfützen, den überreife Früchte tragenden Rubusranken und den darumstehenden Arbutus Büschen ließen meine Hoffnung auf Charaxes jasius doch wieder aufleben, dieses Gebiet wäre einfach zu gut geeignet gewesen als dass es von den Faltern hätte unbeachtet bleiben können.
    Ich hatte immer ein Auge auf die Umgebung und suchte nach schnellen, blitzartigen Schemen am Himmel.


    Maniola jurtina an Efeublüten


    Und dann endlich, als wir gerade eine kleine Rast an einer der Quellen einlegten, sah ich ihn aus dem Augenwinkel, nicht mehr als eine schnelle Bewegung, hinein ins oberhalb des Weges liegende Brombeergebüsch.
    Ich kletterte also mit Kescher und Foto das steile rutschige Bachbett hinauf, unter mir nur der schmale Weg und direkt dahinter der 200m tiefe Abgrund und legte mich auf die Lauer.
    Um die Sache zu beschleunigen kroch ich tief rein in die Brombeeren und zerdrückte einige Dutzend davon direkt an der Pflanze, sodass der gärende, süße Brombeersaft raus quoll. Nach 15 Minuten bewegungslosem Kauern, kurz vorm Hitzschlag, endlich der ersehnte Schatten am Himmel – ein wunderschönes Charaxes jasius Weibchen donnert mit ungeheurer Geschwindigkeit aber auch extrem wendig um das Brombeer-Gebüsch, lässt sich nach 2 weiteren großen Runden regelrecht hineinfallen und kommt keine 1,5 Meter vor meiner Nase auf den präparierten Früchten zum Sitzen! :thumbs_up:
    Ein tolles Gefühl, dieses wunderschöne, offenbar frisch geschlüpfte Tier endlich ruhig verharrend und saugend direkt vor der Linse zu haben!
    Für das Netz war es zwar zu weit und zu eng, doch für ein Foto reichte es aus. Kurze Zeit später gesellen sich noch 2 weitere ebenso frische Falter im selben Gebüsch dazu, nun ist klar warum ich keine Raupen mehr fand (bzw. noch keine…).



    Waghalsige Klettertour zum Brombeergebüsch die glitschigen Felsen des Wasserlaufs hinauf. Die Perspektive täuscht, hinter Felix geht es steil 200m in die Tiefe


    Endlich - das Objekt der Begierde, Charaxes jasius wunderschön auf zuvor leicht gequetschten Brombeeren


    Ich beobachtete die Tiere noch eine Viertelstunde wie sie abwechselnd saugten, dann wieder aufstiegen, sich auf exponierten, sonnigen Zweigen niederließen, sich gegenseitig um wirbelten um ihr Territorium zu sichern, und anschließend wieder zu den Früchten zurückkehrten.
    Schließlich löste ich mich aber und wir gingen weiter.


    der Weg nach Grosetto al Mare über die Pinienbewaldeten Bergkämme


    In der nächsten Stunde konnte ich noch viele dieser Falter beobachten, meist im Flug, aber immer in der Nähe solcher steilen Bachläufe mit ausreichend Arbutus und reifen Brombeerranken darum. Schließlich erreichten wir die Landzunge von der aus der Abstieg beginnt, von hier hat man einen grandiosen Blick in die Bucht von Grosetto al Mare und die weiteren, angrenzenden Dörfer der Cinque Terre, die man von hier wie auf einer Perlenkette aufgereiht alle überblicken kann.


    Ausblick über die Cinque Terre, alle 5 Dörfer nebeneinander aufgereiht


    Panorama von der Landzunge kurz vor Grosetto mit dem kompletten Gebiet der Cinque Terre


    Inzwischen war es schon wieder später Nachmittag und wir machten uns an den Abstieg. Dieser verläuft zum größten Teil in einem trockenen Bachbett welches bei starken Regenfällen zu einem reißenden Strom wird. Die Auswaschungen sprechen für sich und geben einen Eindruck von der enormen Gewalt die das Wasser hier entfesselt wenn es wirklich mal schüttet.
    Die Cinque Terre sind auch genau dafür sogar in jüngster Vergangenheit berühmt berüchtigt, da es hier regelmäßig zu katastrophalen Überschwemmungen kommt – ähnlich unserer Hochwasser, nur kommt das Wasser hier von 400 Meter weiter oben den Steilhang hinabgedonnert und rodet regelmäßig breitflächig Wälder und Dörfer…
    Das letzte schwere Unglück geschah fast genau vor zwei Jahren am 25.10.2011 als innerhalb von wenigen Stunden extreme Regenfälle die kleinen Bäche extrem anschwellen ließen und gewaltige Schlamm- und Gerölllawinen auslösten die sich dann die schmalen Täler hinab wälzten und die Dörfer, u.a. Monterosso förmlich überspülten und begruben. Auch die Bogenbrücke auf dem Bild wurde damals komplett mitgerissen, die gewaltige Kraft die dahinter steckt ist nicht vorstellbar.


    tief ausgespülte Rinnen von über einem Meter Breite durchziehen die Abhänge


    In der Bucht angekommen kauften wir uns am Strand noch 2 Luftmatratzen als Ersatz die Isomatten, im Nachhinein die beste Investition der ganzen Reise, den auch wenn das aufpumpen und ablassen jeden Tag umständlich war – die Rückenschmerzen und ein Teil des Kälteproblems hatten wir damit beseitigt. Mit dem Zug ging es durch die Tunnel hinterrücks wieder zurück nach Levanto, wo wir am späten Abend schließlich unsere Abreise vorbereiteten, da unser Zug am nächsten Tag bereits 06:30 abfuhr. Noch ein kleines aber leckeres Abendbrot für Mensch (und Falter) aus Feigen, Käse, Salami und Bruschetta, eine schöne Dusche, und dann ab ins Zelt auf den neusten Erwerb – die Luftmatratze! :stolz:


    eine der allgegenwärtigen Eidechsen im Mittelmeergebiet


    Am nächsten Morgen, Freitag 13.09.13 klingelte das Handy schon 05:10 Uhr, im Gegensatz zu den letzten kalten Tagen verspürte ich nicht den freudigen Drang gleich aufzuspringen, raus aus der Kältestarre, im Gegenteil, auf dem neuen Untergrund hätte ich mich gern nochmal umgedreht.
    Half aber alles nix, also raus aus dem Zelt, Luftmatratze mühevoll auspressen, Zeltabbau im Dunkeln, Wasserflaschen voll und los.


    frühmorgendlicher Gast an den beleuchteten Duschen. Die bis zu 15cm großen Geckos suchen sich hier ihr Futter unter den anfliegenden Insekten


    Alles in allem brauchten wir inzwischen keine halbe Stunde mehr zur kompletten Lagerräumung, nicht schlecht bei dem ganzen Kleinkram. Zähneputzen auf dem halbstündigen Fußmarsch zum Bahnhof, dann rein in den Zug und so verließen wir mit Ligurien auch die letzte unserer Stationen in Italien.
    Über Chiavari und Rapallo, vorbei am berühmten Monte Portofino Massiv, fuhren wir nach Genua, von dort aus weiter nach Savona, Finale Ligure, Albenga, Imperia und schließlich nach Ventimiglia, der Grenzstation zwischen Italien und Frankreich auf italienischer Seite und somit unser letzter Halt im Spaghetti-Land.
    Gegen Mittag querten wir schließlich die französische Grenze, mit einem Riesenhaufen toller Erlebnisse von bisher nur reichlich 5 Tagen und großer Spannung auf die noch kommenden 2 Länder im Gepäck (UND natürlich die Luftmatratze!). :thumbs_up:

    • Offizieller Beitrag

    So, das war nun also Teil 1 - Glückwunsch wer so lange durchgehalten hat mit dem Lesen, war ja auch viel un-entomologisches dabei.
    Aber vielleicht entdeckt ja der ein oder andere gleich einen guten Reisetipp oder bekommt Lust auf eine kleine Reise nach Italia!


    Teil 2 und 3 folgen bald, in Frankreich und Spanien war ich dann zum Großteil allein unterwegs, das heißt meine Routen wurden auch fast ausschließlich entomologisch, so als kleiner Vorgeschmack :face_with_tongue:


    MFG,
    Lucas

  • Hi Lackyluki,


    hab alles gelesen und freue mich für Dich :thumbs_up::stolz::sensationell::respekt: bin aber auch ehrlich gesagt, etwas neidisch auf Deine Erlebnisse :unsure: :face_with_rolling_eyes: :crying: .


    Den Hemidactylus turcicus hätte ich mir sicher eingefangen :face_with_rolling_eyes: . Die hatte ich schon einmal in Pflege. :squint:
    Jetzt bin ich aber schon sehr gespannt wie's weiter geht.
    ... und ich bin da nicht der Einzige. Also „Dalli Dalli“ lass Dich nicht so betteln.

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    • Offizieller Beitrag

    Hi,


    Danke für eure Kommentare! :smiling_face:
    Werde versuchen die weiteren Geschehnisse so zügig wie möglich einzustellen :face_with_tongue:


    Zitat

    Den Hemidactylus turcicus hätte ich mir sicher eingefangen :face_with_rolling_eyes:


    In Spanien haben wir sogar einen ganz kleinen gefangen, die Vieher waren echt zu Massen überall unterwegs, auf weißen Wänden, Straßenlaternen etc... ich hätte mir auch gern einen daheim gehalten, aber ich musste den Kleinen dann wieder freilassen da wir einfach nicht die Transportmöglichkeiten hatten... Die nächste Reise werd ich ganz bestimmt mit dem Auto antreten um ein wenig mobiler und vor allem beladbarer zu sein :grinning_squinting_face:


    Gut, während ich weiter am großen Finale Spanien arbeite, in meinen Augen der Höhepunkt meiner Reise, gibts hier gegen die Ungeduld schon mal Teil 2 - Frankreich!
    War zwar nur kurz, aber dafür intensiv :cool:


    Viel Spaß,
    Lucas


    PS: für Karola (und natürlich Falk :face_with_tongue: )


    • Offizieller Beitrag

    Nun gut, dann will ich mich nicht länger betteln lassen und hab im Eiltempo gleich den zweiten Teil fertig gestellt.


    Nachdem wir also am 13.09. gegen Mittag von Ventimiglia in Italien die französische Grenze überquert hatten, bewegten wir uns immer weiter Richtung Westen an der Mittelmeerküste entlang,
    und das ist wörtlich zu nehmen, denn die Bahntrasse folgt dem Küstenverlauf wirklich in jeder Bucht und Biegung.
    Der Bahnkörper war teilweise exponiert aufgeschüttet so dicht am Meer gebaut dass zwischen uns und den Wellen nur knappe 10 Meter Strand samt zahlreichen gebräunten Franzosen lagen. :cool:


    Die Zugstrecke an der Côte d’Azur führt oft mit nur wenigen Metern Abstand am Meer entlang


    Ab und zu fährt man zwar durch einen Tunnel, aber ansonsten kann man gut die schöne Küstenlandschaft betrachten, und das Meer natürlich. Naja… manche zumindest :face_with_tongue:


    ohne Worte... :winking_face:


    Im Gegensatz zu den meisten Strecken in Italien kamen wir hier nur vergleichsweise sehr langsam voran und mussten beinahe auf jedem größeren Bahnhof in einen Anschlusszug umsteigen, plus Wartezeit…
    Das hat natürlich einen Grund – die sogenannte Centralisation.
    Bis vor einigen Jahrzehnten gliederte sich Frankreich strukturell in zwei Gebiete: Paris und Umgebung, und eben „der Rest“, die Provinz… sämtliche Wege, Infrastruktur etc. führten sternförmig in die Hauptstadt, um van A nach B zu kommen musste man oft zwangsläufig über Paris.
    Dieser Umstand ist im modernen Frankreich natürlich sehr unpraktisch für so ein großes Land, also wirkte man dem entgegen und baute auch zwischen den anderen Großstädten Verkehrsadern.
    Aber wie gesagt, Frankreich ist viel größer als Deutschland oder Italien und jahrhundertelange Vernachlässigung baut man nicht eben wieder aus.
    Das flächendeckende Verkehrsnetz ist daher sehr großmaschig im Vergleich zu Deutschland, wo aller paar Kilometer eine gute Straße verläuft…


    Aus diesem Grund wollten wir Frankreich eigentlich ein bisschen stiefmütterlich links liegen lassen, denn zugegebenermaßen gehört es nicht gerade zu meinen Lieblingsländern
    (was aber eher an der Art und Weise der Menschen liegt, das Land selbst ist klasse :winking_face: ) und außerdem ist Reisen mit dem Zug in Frankreich schnell über größere Strecken bei einem sehr begrenzten Zeitkontigent ein absoluter Albtraum! :wut:
    Der eigentliche Plan sah also vor nach Italien so schnell wie möglich an der französischen Küste langzubrettern und so bald wie es geht Spanien zu erreichen…
    Doch leider gibt es eben keine durchgehenden Zugverbindungen an der Küste entlang, wir fuhren also von Ventimiglia über Monaco nach Nizza, stiegen um, fuhren weiter über Cannes nach Toulon, stiegen um, weiter nach Marseille, stiegen nochmal um, und DANN als letztes über Avignon und Nimes nach Montpellier. Mehr schafft man nicht, für diese Strecke vergleichbar mit den 3 ½ Stunden Venedig-Rom braucht man einen ganzen Tag!


    Die Silhouette von Nizza


    Kurz vor Montpellier steigen wir gegen 20 Uhr in Lunel aus dem Zug und pilgerten noch eine dreiviertel Stunde zu einem Campingplatz.
    Unterwegs kamen wir an einigen riesigen Kaufhallen vorbei, genau richtig für uns ausgehungerte Italienexilanten! Man muss dazu sagen dass es in Italien abseits der Großstädte, wo es natürlich genauso Einkaufsmöglichkeiten gibt wie bei uns, mit der Versorgung ein wenig rarer aussieht.
    Es gibt sehr viele kleine „Tante-Emma-Läden“ und Familienbetriebe, Bäckereien, kleine Fleischereien etc. aber eben nichts großes wo man für wenig Geld mal ein Pfund Brot bekommt um sich satt zu essen.
    Ich finde das sah man auch der Bevölkerung an, wir beide mit unseren eher durchschnittlichen 1,80m überragten die Bevölkerung ständig hünenhaft um einen Kopf, ein tolles Gefühl. :w00t:
    Aber wer mich kennt weiß dass mein Nahrungsbedarf nicht gerade gering ist, so hatte ich auch diesmal, wie schon oft Probleme mich der italienischen Ernährung anzupassen… :blink:


    Umso schöner also in Frankreich mal wieder richtig zuzuschlagen, wir luden einen ganzen Einkaufswagen mit Fisch, Fleich, Käse, Brot, Dosenravioli etc. und krachten uns die Hälfte gleich auf dem Parkplatz zwischen den Autos rein. Die irritierten Blicke der Franzosen waren uns egal. :face_with_rolling_eyes: Den Rest buckelten wir in unser Camp.
    Hier gabs dann das erste Mal auf unserer Reise Verständigungsprobleme, denn im Gegensatz zu sonst erhielten wir auf unseren Standartspruch (immer an das Land angepasst natürlich) „est c’que vous parlez anglais?“ diesmal eben KEIN bestätigendes Nicken…
    Nun hatten wir zwar beide zwei Jahre lang einen Intensivkurs in Französisch absolviert, aber dieses theoretisch noch irgendwo vorhandene Wissen schnell heraus zu kramen und das nachdem man sich gerade eine Woche stark an das italienische gewöhnt und herangetastet hat ist nicht so leicht.
    Aber wir meisterten diese Aufgabe erstaunlich gut (vermutlich die beste Erfolgsbestätigung für unsere Französisch-Lehrerin die sich die Jahre zuvor mit uns rumplagen musste!)


    Felix zeigt reges Interesse an den Fängen des Tages. Entomologen-Rekrutierung erfolgreich! :grinning_squinting_face:


    Inzwischen war es finster und wir mussten unser Lager wiedermal im Dunklen aufbauen. Die Nacht war wieder sehr kurz, da Felix Frankreich so schnell wie möglich wieder verlassen wollte um am Samstagabend in Barcelona sein zu können, wo er sich ein Fußball Ticket reserviert hatte; mich wiederum zog es ins bergige Hinterland zum Wandern.
    Um 07:00 waren wir aufbruchsbereit, also ab zum Bahnhof und bei inzwischen bestem Wetter um 08:00 Uhr rein in den Zug, allerdings in entgegengesetzte Richtungen, Felix fuhr schon mal vor, nach Perpignan und bis zum Nachmittag nach Barcelona; ich setzte ein Stück zurück und fuhr von Nimes weiter nördlich ins Hinterland.


    Die tägliche Dosis, auch wenn die Tiere bis jetzt nur rumsaßen brauchen sie viel Pflege. Heute gibts notgedrungen Fanta :kissing_face:


    Kurz vor 09:30 Uhr erreichte ich Àles, von da aus gings nochmal eine Stunde mit der Regionalbahn hoch in die Berge des südlichen Zentralmassiv auf etwa 900 Meter.
    Ich hatte kein direktes Ziel, nur eine Aufgabe und stieg daher einfach da aus wo es mir biotopmäßig am meisten zusagte.
    Dieser Wandertag war ohnehin nur spontan eingefügt worden, im Grunde ausschlaggebend für die Idee war der Bericht von Rudi über seine fantastische Frankreich-Reise, den er Mitte August als wir gerade unsere Reise planten, gerade veröffentlichte.
    Wir quatschten in Weiden kurz darüber und auch an eben diesem Morgen schrieb ich ihm nochmal um eine ungefähre Idee meines Zieles zu bekommen und dann gings ab.
    Als ich dann in den Bergen die ersten unbewaldeten Gipfelkuppen sah, stieg ich aus und lief los.
    Im Fiebertraum sah ich mich schon die ganzen H. nicaea Raupen, die Rudi übersehen hatte ( :grinning_squinting_face: ), absammeln – aber letztendlich machte ich mir da eher wenig Hoffnung. :face_with_open_mouth:


    Blick vom Zug auf die ersten höheren Gipfel des südlichen Zentralmassiv hinter Àles


    Doch wenigstens einmal dieses Feeling nachzuvollziehen, ein Gespür für die Gegend und mögliche Biotope zu bekommen wäre mir schon ausreichend gewesen, niemand wird von jetzt auf gleich ein immer erfolgreicher Feldforscher wo er auch hingeht,- sowas braucht viel Zeit, Vorbereitung und Erfahrung um die Lücken auf der inneren Landkarte zu füllen, und irgendwann hat man dann vielleicht so viel gesehen dass man gezielt eine Region besuchen kann um auch mal fündig zu werden. (Ich hoffe du kannst das zwischen den Zeilen lesen wenn du noch aufmerksam bist Rudi, meinen tiefsten Respekt für deine Reisen und deinen fundierten Erfahrungsschatz, kann diese Mühe jetzt sehr gut nachvollziehen!) :respekt:


    Gut, genug geschleimt, back to the Wanderung: :winking_face:


    Am späten Samstagvormittag stapfte ich also irgendwo in einem wildfremden Land von einem winzigen Bahnhof, in einem winzigen 3-Seelen-Dorf, in einem extrem dünn besiedelten Landstrich aus los, ausgerüstet mit knappem Proviant für 1,5 Tage, 2 Liter Wasser, dem kompletten Zelt und neben dem nötigsten an Wechselsachen natürlich sämtlichem Fang-Utensil.
    Alles übrige hatte ich Felix mit nach Barcelona gegeben um den Rucksack etwas zu erleichtern, aber ob nun 15 oder 14 Kilo ist dann auch wurscht wenn man sich noch 2 Liter Wasser drauf packen muss… :pinch:


    Zur ungefähren Navigation reichte mir meine Kartenfunktion des Smartphone, ansonsten lief ich einfach der Nase nach dahin wo es gut aussah. Nach einer Stunde kreuzte mein Trampelpfad eine kleine Asphaltstraße, der ich folgte. Kurz darauf mitten im nirgendwo kam ich auf einen kleinen Platz, auf dem ein Wohnmobil stand, dahinter ein steiler Schutthang mit Magerrasenbewuchs und einigen großen Buddleia, drum herum lichter Pinuswald. Ich beschloss eine Rast einzulegen und den Hang genauer zu inspizieren.



    Erster Rastplatz und untersuchtes Habitat


    Auf den Buddleia tummelten sich etliche Pieridae, Argynnini, Melitaeini, dutzende Macroglossum stellatarum sowie Lasiommata megera, Pararge aegeria, Coenonympha sp., dazu noch einige Satyrini vor allem die Waldportierarten, wobei ich diese nicht ganz unterscheiden konnte, aufgrund des Habitats schließe ich aber besonders auf Aulocera circe und Hipparchia hermoine. Der blühende Bewuchs des Schutthangs wurde hauptsächlich von Argynnini, Melitaeini und Lycaenidae besucht.



    Wer kann sie bestimmen?


    Ich verbrachte da eine knappe Stunde, fing ein paar Belegexemplare, stellte aber auch das große Aerarium raus in die Sonne damit die machaons auch mal ein bisschen Sonne abbekamen.
    Besonders genau inspizierte ich die trockenen Seitenbereiche des Biotops, wo die höheren Gäser und kleinen Büsche direkt an den Blumen klebten, da ich mir dort einige Mantiden erwartete, von denen ich bis dato noch gar nichts mitbekommen hatte (recht ungewöhlich, da es zu dieser Jahreszeit auf den Brachflächen davon eigentlich nur so wimmelt…)
    Aber auch hier leider Fehlanzeige. Zwischendurch immer mal was trinken und Fotos machen.



    Als ich gerade am Hang nach ein paar Macroglossum balancierte (übrigens die größten M. stellatarum die ich bis dato gesehen habe, Riesenvieher! Nahm zwei Sück mit, befinden sich momentan auf dem Spannbrett, wenn sie fertig sind stelle ich mal ein Bild zum Größenvergleich ein…) – brummte plötzlich hinter mir ein schwer verkennbarer Akzent: „Nää moin, main Jung, alläs klor bai dieer? Ich war so in meiner Konzentration dass ich dermaßen erschrak und fast vom Hang gekippt wäre. Als ich mich umdrehte stand hinter mir die Quelle des Brummens und beobachtete mich teils interessiert – teils ein wenig mitleidig – ein älterer, etwas untersetzter Fischkopf (glaube das ist die politsch korrekte Bezeichnung für die Nordeutschen…) in Unterwäsche mit Morgenmantel und Kaffeetasse (war ja auch erst um 12 Uhr…) vor seinem deutschen Wohnmobil, wie ich jetzt erst erkannte…
    Mir steckte der Schreck noch in den Knochen, aber die ganze Szene war dermaßen seltsam dass ich anfangen musste schallend zu lachen, was der arme Mann aber leider missverstand und sich, sowas wie „unfreundliches Franzosenpack“ murmelnd, schnell wieder in seinen Caravan zurückzog, ehe ich irgendwas auf Deutsch sagen konnte. :kissing_face:


    Ich beschloss diesen Platz zu verlassen, hatte ja auch alles gesehen was ich wollte, packte die machaon und den Rest zusammen und zog weiter.
    Ich folgte der asphaltierten Kammstraße kurz unterhalb der umliegenden Gipfel. Wetter und Ausblick waren wirklich fantastisch.



    Die beiden Ränder neben der Straße waren sehr artenreich bewachsen und ich konnte viele weitere Falter und Insekten entdecken. Ab und zu passierte die Straße große, ebene Ausbuchtungen, auf die man wohl vor einigen Jahren große Berge an Schieferbruchmaterial geschüttet hatte, diese Schutthalden waren nun teilweise recht gut bewachsen mit verschiedenen Gräsern, kleinen Pinus, Birken, Heide, Ginster, Skabiosen, Brombeergebüsch usw. Ich hielt bei einigen an und fand eine artenreiche Insektenfauna.



    Einige ältere Schieferbruch-Aufschüttungen säumten die Straße und weckten meine Aufmerksamkeit



    Acronicta rumicis Raupen, L4 und L5



    Zygaenidae, wer weiß welche?



    Aulocera circe? (aufgrund der zweiten inneren weißen Binde auf den Hf, Unterseite...)


    Als ich gerade mit dem Fotografieren eines Bläulings auf einer Heidepflanze beschäftigt war (Bläulinge waren mir ein sehr beliebtes Fotomotiv da sie sehr ruhig und lange saugten oder einfach nur in der Sonne saßen und es mir dadurch auch mit dem Fotohandy erlaubten ausreichend nah heran zu kommen, Zoom war eher begrenzt und der gute Fotoapparat machte langsam schlapp…) – entdeckte ich beim Fokussieren auf dem Display wenige cm unterhalb des Bläulings eine große grüne Bewegung – endlich die erste Mantis religiosa, ein großes schönes Weibchen welches ich hier gerade mitten im Anschleichen störte. Nun, wo eine ist, da sind auch zwei sagte ich mir und ging nochmal rein ins Gebüsch, musste auch keine zwei Schritte laufen um die nächste zu finden, diesmal an einer Skabiose wieder unterhalb der Blüte um anfliegende Insekten zu erbeuten; auch hier hatte ich kurz zuvor schon ein Foto von der Zygaeniden gemacht, ohne dass mir die Mantis aufgefallen wäre.
    Auch diese Art konnte ich nun also von meiner Wunschliste abhaken und machte mich wieder auf den Weg.



    Lycaenidae, bestimmbar?


    Mantis religiosa Weibchen


    Als ich mich gerade in Bewegung setzte verspürte ich ein leichtes Krabbeln an der Wade, beim Hinunterfassen hatte ich plötzlich ein winziges Tierchen auf der Hand sitzen, nur etwa 1 cm groß, mit kleinen kräftigen, jedoch merkwürdig zurückgewinkelten Fangarmen, einem plumpen, dreieckigen Kopf, kurzen Stummelfühlern und schönen, netzartig bespannten Flügeln.
    Die Art war mir gänzlich unbekannt, aber aufgrund der Fangarme schloss ich natürlich auf eine weitere Mantide, auch wenn mich die klaren, netzartigen Flügel, welche eher an Florfliegen oder andere Neuropteren erinnerten, irritierten. Für den Kamerafokus war das Tierchen leider zu klein – daher nahm ich es einfach mit.
    Heute weiß ich dass ich da einen sog. Fanghaft, der Gattung Mantispa gefunden habe (oder besser er mich). Das Tier starb leider 3 Wochen später zurück in Deutschland, ich hoffe ich finde es noch irgendwo um wenigstens noch ein Foto nachschieben zu können… :unsure:


    Auf der Straße wanderte ich weitere 2 Stunden, immer in Serpentinen die Berghänge hinauf oder hinab, laut Kartenfunktion befand ich mich gegen 15 Uhr dann irgendwo in Nähe der 1200 Meter.
    Die Strecke an sich war sehr schön, wenn auch nicht sehr abwechsungsreich, aber ich konnte viel beobachten und die einsame Stille irgendwo im Massif central genießen. Naja – Ruhe im Sinne dass aller paar Minuten ein dröhnendes Motorrad an mir vorbeidonnerte, ich konnte es den Jungs nicht verübeln, die Strecke ist wie dafür gemacht und da es kaum Autos gab konnten die auch mal richtig Gas geben…
    Aber nach 5 Stunden fand ich es nur noch nervig und suchte einen Weg weg von der Straße.



    Erstes Indiz für Larvenstadien p.machaon, das Bergklima verlangsamt das Wchstum sodass die Tiere der 3. oder vllt. 4 Generation wie in Italien noch nich geschlüpft sind


    Ein weiteres Manko: meine eigentliche Aufgabe, einige Euphorbien auf Fraßspuren oder Tauglichkeit zu untersuchen (mehr hatte ich mir ja gar nicht vorgenommen! Man will ja auf dem Teppich bleiben… :kissing_face: ) – hatte eine entscheidende Schwachstelle: auf den bisherigen 12 Kilometern fand ich nicht eine einzige(!) Euphorbia…
    Auf der Fahrt mit dem Zug hier hoch hatte ich an den Berghängen links und rechts direkt an der Bahntrasse etliche schöne Bestände vorbeihuschen sehen, die großen ausladenden Euphorbia characias erkennt man mit ihren fleischigen, 70 cm hohen Stängeln auch bei 100 kmh aus einen fahrenden Zug heraus ganz gut. Aber hier nun absolute Fehlanzeige.


    Weit und Breit keine Euphorbien...


    Ich beschloss die Straße auf einen der wenigen Nebenwegen zu verlassen (im Nachhinein einer der größten Fehler dieses Urlaubs…) um doch noch meinem Ziel näher zu kommen.
    Kurz darauf wurde die Landschaft auch viel offener und der felsige Untergrund kahler was mich positiv stimmte, da ich das Fehlen der Euphorbien vor allem auf die dichte, flächendeckende Bewaldung der Hänge schob. Es gab zwar auch nackte Stellen, überhalb der Baumgrenze in Gipfelnähe, aber um dorthin zu gelangen, also weitere 300 Höhenmeter zu überwinden, fehlte es mir leider an Zeit und Wegen (beides ein häufiges Problem meiner Reise, und wer denkt ich wäre mir vielleicht zu fein gewesen einfach mal die Wege zu verlassen und Querfeldein weiterzulaufen dem sei gesagt dass die Wälder hier etwas anders aussehen, da kann man nicht einfach wie bei uns zum Pilze suchen mal eben quer durch den Wald, das Unterholz ist hier teilweise unglaublich dicht, dazu noch die Steigung der Hänge, gerne mal über 40% oder gleich schroff abfallend…).



    Nach dem Abiegen auf eine kleinere Nebenstraße sieht die Gegend offener und vielversprechender aus. Leider trügt der Schein


    Mir blieb also nichts anderes übrig als in der Waldzone nach großen, offenen Flächen zu suchen, die dann auch noch in der Nähe von Wegen liegen.
    Nach einer weiteren Stunde führte meine kleine Straße von den lichten Kuppen weg direkt rein in den tiefsten Wald, aus dem ich an diesem Tag auch nichtmehr herauskam, soviel vorweg.
    Die Euphorbiensuche hatte sich damit im Grunde erledigt. Das trübte meine Stimmung ehrlich gesagt ein wenig, denn auch wenn mir klar war dass ich an den Wolfsmilchpflanzen - wenn ich den welche gefunden HÄTTE, höchstwahrscheinlich nicht weiter fündig geworden wäre – so hoffte der kleine optimistische Ehrgeizling in mir natürlich insgeheim immer noch auf den schnellen, überragenden Fund des Jahres!
    Ich konnte ihn nur immer wieder beschwichtigen dass ich einen wunderschönen Tag erlebt hatte, viele Arten finden konnte und mehr ja auch nicht vorhatte…



    Der undurchdringliche Bewuchs lässt kaum Luft für sonnige und Ruderalstandorte liebende Euphorbien. Stattdessen gedeihen Schattenpflanzen


    Was nun aber folgte war kein würdiges Ende dieses Tages, etliche Male verlief ich mich, stolperte in Sackgassen oder ohne Ankündigung mitten im Nichts endende Wege. Zwei Stunden verplemperte ich so ohne richtigen Raumgewinn da ich immer wieder zurückmusste oder mich so durchschlug. Dann endlich erreichte ich eine kleine, aber sehr neu wirkende Serpentinenstraße, die endlich auch mal wieder auf der Karte verzeichnet war und wenigstens links und rechts kahle Böschungen aufwies. Doch inzwischen war es bereits 19 Uhr und am Horizont war eine leichte Dämmerung zu erkennen. Also beschleunigte ich meinen Schritt der Straße folgend und machte mir langsam mal Gedanken über mein Nachtquartier.
    Nebenbei konnte ich noch ein paar Sachen finden u.a. ein Raupennest. Auch solche seltsamen Gespinste in den Kiefern wie einige Stunden zuvor sah ich wieder.



    Endlich wieder ein guter, in den Karten verzeichneter Weg. Schöner Heidebewuchs auf den kahlen Hängen, leider war es schon zu spät für nährere Untersuchungen



    Suchbild! :winking_face: Endlich gelingt es mir einer der Heuschrecken mit den hellblauen Hinterflügel (Italien) zu fotografieren. Oedipoda caerulescens?



    Solche Gespinnste in den Kiefern hab ich mehrere finden können, sehr feste Dinger... Weiß jemand was das ist? Ein Raupennest entdekcte ich auch noch, vermutlich Melitaeinae, Euphydryas, womöglich sp. aurinia


    Gegen 20 Uhr wurde es nun wirklich sehr dämmrig ohne dass ich eine Idee hatte wo ich campieren sollte…
    Das nächste Dorf auf der Karte lag irgendwo im Nichts, Luftlinie etwa 5 km, aber ich hatte ja nun so meine Erfahrungen mit der Gegend hier… Der nächste Ort, glücklicherweise auch mit Bahnhof (denn ich musste ja auch an meine Weitereise denken) war mit „nur“ 10 km Entfernung vermerkt (klingt komisch aber in dieser dünn besiedelten Landschaft hier unten gibt es auch Gebiete von 50 x 50 Kilometern durch die keine einzige gute Straße oder Zugstrecke führt) und sah recht erfolgversprechend aus, sogar mit Campingplatz. Allerdings bezweifelte ich dass ich noch so weit kommen würde.


    Ich lief weiter bis mich die Dunkelheit umhüllte und suchte mir dann notgedrungen eine relativ ebene Ausbuchtung nahe der Straße am Abhang. Als ich gerade mein Zelt aufbaute vibrierte mein Handy – Akku bei 15%, fast leer… Diese Smartphones sind zwar toll aber eben schnell alle. Ich hatte meins den ganzen Tag als Navi und Fotoapparat genutzt, das war nun die Quittung.
    15% reichen eben noch ein paar Stunden, aber am nächsten Morgen wäre es aus gewesen, ich stünde mitten in den französischen Bergen, ohne Möglichkeit der Navigation, Kilometer weit entfernt von der nächsten Ortschaft. Ich überdachte meine Situation, packte schließlich wild fluchend (war ja eh keiner da… :wut: ) mein Zelt wieder ein und lief bei Taschenlampenschein los, auf der Suche nach einer Steckdose. :wacko:
    22 Uhr erreichte ich heilfroh einen Wegweiser zu meinem Ort mit dem Bahnhof und Campingplatz, noch 3 Kilometer. :blink:


    Ein riesiges fettes Bufo bufo Weibchen stellte sich mir auf der Straße ins Camp in den Weg :grinning_squinting_face:


    Ich habe gewiss kein Problem damit allein zu wandern, ob nun im Hellen oder eben Dunklen, aber hier oben wurde mir schon ein wenig mulmig im Bauch. Der Umstand völlig einsam im stockdunkeln nur beim Licht des kleinen Taschenlampen-Kegels einen Meter vor mir, in einem wildfremden Gebiet weit weg von irgendwelchen anderen Menschen und 1200 km entfernt von zu Hause, ist schon gewöhnungsbedürftig.
    Ich denke für uns Deutsche ist es schon seltsam in der Nacht irgendwo zu sein, wo man weit und breit keine einzige Straßenlampe oder anderes künstliches Licht oder auch nur die entfernte Lichtemission einer Stadt am Himmel darüber sehen kann…


    Ich erreichte müde und abgekämpft die kleine Ortschaft, errichtete mein Lager gegen 23 Uhr und meldete mich an der Rezeption, natürlich konnte wieder keiner englisch, aber inzwischen kam ich ganz gut zurecht damit.
    Nur die erstaunten Blicke der Franzosen, dass nicht jeder Mensch auf der Welt perfekt fließend Französisch spricht konnte ich nicht ab, da sind die doch sehr eigen.
    Als ich in den Waschräumen nach einer Steckdose suchte, konnte ich gleich noch die Vorzüge der ansonsten nervigen Lichtarmut der Umgebung sehen, die einzige helle Lampe weit und breit zog für europäische Verhältnisse Unmengen Insekten an, die Wände der Duschräume waren übersät mit Faltern, Heuschrecken, Wanzen, Käfern etc.
    In meiner Duschkabine entdeckte ich als Abschlusshighlight des Tages dieses schöne Arctiinae Männchen, vielleicht kann es jemand bestimmen, ich tippe mal auf Cymbalophora pudica.



    Cymbalophora pudica Männchen? Wer kann die Raupe bestimmen?



    Gegen Mitternacht verkroch ich mich schließlich in mein Zelt.
    Bis 03 Uhr morgens war der Himmel sehr klar, dementsprechend wurde es hier oben auf 1200 Meter entsetzlich kalt, das stellte alles Frieren der bisherigen Nächte nochmal ganz locker in den Schatten. Half aber nichts.
    Ab 03 Uhr kam Wind auf und es bewölkte sich schnell sehr stark. Ca. 04 Uhr begann ein dermaßen starkes Unwetter (mal wieder…) dass mir Angst und Bange um mein Zelt wurde, die Seiten wurden so weit eingedrückt dass sie immer wieder knapp über meinem Kopf zusammenschlugen während ich auf meiner Luftmatratze vor mich in zitterte.
    Also nochmal fix raus, ein weiteres Dutzend Heringe um das Zelt verteilt, und schnell wieder rein… War trotzdem zu allem Überfluss sofort klitschnass bis auf die Knochen, so stark war der Regen.
    Während der Donner über mir stundenlang krachte fand ich nur wenig Schlaf, eindeutig die schlimmste Nacht der ganzen 2 Wochen.


    Gegen 07 Uhr verschwand der Spuk schnell wie er gekommen war und hinterließ einen Sonnenaufgang am strahlend blauen Himmel.
    Der Wind jedoch verstärkte sich jedoch wieder zu orkanartigen Böen, sodass ich eine Stunde vor meiner Abreise nochmals Heringe verteilen musste um im Zelt überhaupt eine Chance zu haben mein Zeug einzupacken.
    Gegen 08 Uhr gings zum Bahnhof und wieder zurück Richtung Küste.


    Auf dem Weg zum Bahnhof. Strahlend blauer Himmel, guter Blick auf die umliegenden Gipfel, als wäre in der Nacht nichts gewesen


    Eigentlich hatte ich geplant noch einen weiteren Tag hier in der Nähe zu verbringen, doch nach weiterer Absprache mit Rudi beschloss ich dieses Vorhaben ad acta zu legen da man ohne Auto hier einfach nicht zielführend dahin kommt wo es sich auch lohnen könnte.
    Also fuhr ich über Montellier, Sete, Adge, und Narbonne nach Frontignan.
    Die Landschaft hier ist sehr flach und die Küste vermischt sich bei weit ins Hinterland wie kleine Fjorde. Dabei entstehen salzige Schwemmgebiete und niedrige Lachen nährstoffreichen, konzentrierten Meerwassers, die durch Mineralsalze und mengenweise winziger Crustaceen sehr bunt gefärbt sein können (meist aber rötlich). In diesen flachen Salzseen hab ich einige sehr große Flamingokolonien sehen können, auch ein tolles Erlebnis!



    Flaches Hinterland irgendwo zwischen Montellier und Perpignan. Im Hintergrund verschmelzen die äußersten Ausläufer des südlichen Ztralmassiv mit den nördlichsten Anfängen der Pyrenäen.



    Flachwassersalzseen im tiefeingeschnittenen Hinterland bei Sète bis Narbonne. Die konzentrierten Schwemmgebiete sind von Mineralen und Kleinkrebsen stark gefärbt und bieten Nahrung + Lebesraum für einige große Flamingokolonien


    Der letzte Bahnhof in Frankreich, direkt an der Küste, heißt Cerbère und verlangt nochmal einen Umstieg. Hier gibt’s sogar noch eine Passkontrolle im Zug. Gegen 18 Uhr passierte ich also die nächste Grenze, nach Spanien. Hier verbrachten wir nochmal eine knappe Woche, aus meiner Sicht mit den eigentlichen entomologischen Highlights und Wunscharten, um den Spannungsbogen noch ein wenig oben zu halten. :thumbs_up:


    Dazu aber mehr in Teil 3, sobald ich diesen fertig gestellt habe. :face_with_rolling_eyes:

  • Moin Lucas.


    Auch der zweite Teil ist klasse!
    Fotos, Text :respekt:


    Auch wenn da nicht ein paar Mal mein Name fallen würde. Und danke für die Lorbeeren, aber da ist bei meinen Touren auch immer viel Glück mit dabei.
    Aber diese Lorbeeren sind in deinem Bericht falsch platziert, denn ich bin im Vergleich zu dir der olle Bequemling, denn die Tour, die du hier zu Fuß gemacht und gemeistert hast, würde ich mir ganz sicher nicht antun wollen.
    Und auch wenn du vielleicht nicht das gefunden hast, was dir im Geiste vorschwebte, wirst du trotzdem Vieles gesehen haben, was den Auto- und Fahradfahrern verborgen bleibt.


    Also, Jungspund, Hut ab vor soviel Engagement und Durchhaltevermögen.


    So bleibt eigentlich nur noch eine Frage:
    wo bleibt Teil 3 mit den entomologischen Highlights, von Senorita über Sierra zu cerveza und tapas. :grinning_squinting_face:


    Buenas noches.
    Rudi


    PS: wie viele Blasen hast du dir eigentlich gelaufen? :wacko:

    • Offizieller Beitrag

    Hi,


    man geht ja eigentlich ungern mit Schulden ins neue Jahr, das hab ich leider nicht ganz geschafft... Aber - was sagt man in der ersten Januarwoche gern zu den guten Vorsätzen?? Genau - Sch*** drauf! :thumbs_up:
    Nun hab ichs aber endlich fertig bekommen!


    Zitat


    PS: wie viele Blasen hast du dir eigentlich gelaufen?


    Das ging eigentlich! Trotz meiner weniger gut geeigneten Wanderausrütung in Form von ausgelatschten Halbschuhen hatte ich keine Probleme. Im vorletzten Tag jedoch, also schon auf der Rückreise, hatte ich den ganzen Tag einen Stein im Schuh, weshalb ich mir ausgerechnet in Paris einige Hühneraugen zuzog :face_with_rolling_eyes: Also - lieber in den Bergen bleiben :cool:


    Gut, back to topic,
    Viel Spaß







    Ohne Umschweife knüpfe ich direkt an den Sonntag in Frankreich an.
    Nachdem ich gegen 19 Uhr die spanische Grenze kurz hinter Cerbère passierte, erreichte ich Portbou, die erste spanische Stadt (besser Städtchen) dieser Strecke. Ich stieg in den Schnellzug nach Barcelona und betrachtete noch solange es ging die Küstenlandschaft und dahinter die Berge der Pyrenäen in der Dämmerung.



    Badia de Portbou bei aufkommender Dämmerung und die vorgelagerten Hügel der spanischen Pyrenäen


    Gegen 22:30 Uhr erreichte ich Barcelona und suchte mein Motel direkt neben dem Torre Agbar, wo Felix auf mich wartete und mir ein Zimmer bzw. Bett reserviert hatte.
    Er berichtete mir von seinem Tag und dem Fußballspiel Barca – FC Sevilla vom Vorabend, dann brachen wir noch zu einer kleinen, mitternächtlichen Runde durch die zweitgrößte Stadt Spaniens auf, u.a. mal wieder zum Hardrock Café. :grinning_squinting_face:



    Springbrunnen auf dem Placa de Catalunya, dort steht auch das Hardrock Café Barcelona; vom Placa geht auch die 1,3km lange "La Rambla" ab, Barcelonas größte und berühmteste Flaniermeile an deren anderem Ende sich der Port Vell und eine große Statue von Christoph Kolumbus befindet


    Zurück im Motel gabs dann noch allerlei Leckereien, kalte Dosenravioli, Kartoffelsalat, Salami… was für mich trotzdem einem Festmahl gleichkam, da ich in den französischen Bergen wiedermal sehr sparsam gelebt hatte… :pinch:


    Am nächsten Morgen nach einer erstaunlich guten Nacht ohne Kälte und Schnarcher brachen wir nochmals bei Tageslicht auf um noch einige Bauwerke zu besichtigen.



    Torre Agbar und die Basilika Sagrada Família. Letzteres Bauwerk ist nur durch Fotoretuschierung ohne Baukräne zu sehen, es handelt sich hierbei NICHT um temporäre Ausbesserungsarbeiten wie wir erst dachten! Die Basilika wird seit nunmehr 132 Jahren (Baubeginn 1882) gebaut; auch wenn sie mittlerweile geweiht wurde und unvollständig besichtigt werden kann. Mit einer Fertigstellung wird frühestens 2026 gerechnet. Wen es interessiert: hier gibt es ein Video wie die Basilika mal aussehen soll... noch ein weiter, teurer Weg. Also: allen Elbphilharmonie- BER-Flughafen- und Stuttgart21 - Ungeduldigen sei dies ein gutes Beispiel für wirkliche Verzögerung und ein Hoffnungsschimmer zugleich - solange die Bauleitung nicht nach Spanien oder an die katholische Kirche übertragen wird gibt es keinen Grund für Stresserei! :ironie:


    Gegen Mittag machten wir uns auf den Weg zum Hauptbahnhof um Barcelona Richtung Valencia zu verlassen. Hier stießen wir leider das erste Mal auf Probleme im weiteren Ablauf: in den interrail-Pässen enthalten ist i.d.R. der sogenannte global price, dieser gilt aber ohne weitere Zuschläge nur auf Kurzstrecken, im Nahverkehr und Regionalzügen. Von Land zu Land gibt es aber unterschiedlich viele Zugtypen in denen man noch zusätzlich pro Fahrt einen kleinen Eigenbetrag beisteuern muss.


    In Spanien betrifft das fast alle Züge, interrail-Reisende müssen überall eine Reservierung abschließen, zwischen 6,50 du 10 Euro.
    Ist nicht viel, aber auf längeren Strecken (auch in Italien und Frankreich…) mit mehreren Umstiegen kommen so fix mal zusätzliche 30, 40 Euro pro Tag an Reservierungsgebühren zusammen.
    Zusätzlich ist das Sitzplatzkontigent für Interrailer sehr begrenzt um die Fahrgäste die den vollen Fahrtpreis bezahlen zu bevorzugen.


    Auf vielbefahrenen Strecken wie hier (Barcelona – Valencia ist DER Klassiker bei den Europatouren, so ziemlich jeder der sowas macht und sich in Spanien aufhält, fährt diese Strecke) – kann es aber auch vorkommen dass die Züge schnell „voll“ sind. Das passierte uns nun leider hier auch, so konnten wir also Barcelona erst verlassen nachdem wir noch 3 lange Stunden auf dem Bahnhof verschwendet hatten. Wir kamen also auch erst 18 Uhr, viel später als geplant in Valencia an, und hatten nun keine Ahnung wie es weitergehen sollte…


    Die erste Woche war beinahe minütlich durchgeplant gewesen, im Kalender für die zweite Woche stand nur groß „SPANIEN“. Eigentlich wollten wir noch weiter südlich nach Cartagena oder sogar Málaga, doch da die Zeit nun schon sehr fortgeschritten war und wir erst nach Mitternacht ohne Quartier angekommen wären fielen diese beiden Ziele aus.


    Ich suchte also mit dem Smartphone ab Valencia gen Süden nach Orten die - direkt am Meer, nicht zu sehr verbaut oder in der Nähe größerer Städte liegen; ein bergiges, relativ unberührtes Hinterland haben, nur soweit weg sind dass wir in den nächsten 2 Stunden noch im Hellen ankommen könnten; UND natürlich einen Bahnhof sowie einen Campingplatz haben. Nicht sehr leicht, aber ich wurde fündig und ohne weitere Diskussionen stiegen wir einfach in den nächsten Zug und fuhren los. Etwa 19:30 kamen wir an und ich ahnte schon, dieses Ziel, zufällig aus der riesigen Karte Spaniens herausgepickt, war ein richtiger Glückstreffer.


    Mein Gefühl sollte sich schon kurze Zeit später als goldrichtig erweisen. Doch zuerst hatten wir noch eine gewaltige Hürde zu meistern. Zwischen dem Bahnhof und dem Zeltplatz, fast unmittelbar am Meer, lag auf der Karte, die ich mir vorher angesehen hatte nur eine 500 m breite, grüne Fläche, wir rechneten also etwa mit 15 min. Fußmarsch und wären noch bei Tageslicht da um das Lager aufzubauen. Tatsächlich war die 500m breite grüne Fläche aber eine schmale, etwa 250 Meter hohe Bergkette… es führten zwar Straßen drum herum auf die andere Seite, allerdings wären wir da 2 Stunden unterwegs gewesen. Also betrachteten wir die steilen Hänge des Berges genauer, hielten ihn durchaus für besteigbar und wählten den direkten Weg darüber, da exakt auf der anderen Seite an den Hang gebaut unser Zeltplatz lag.



    Die unbebaute Fläche auf der Landkarte entpuppte sich als schmaler Bergkamm... Glücklicherweise nur nierdrig bewachsen und gut besteigbar


    Der Felsen war zwar sehr steil und uns ging ziemlich die Pumpe mit den schweren Rucksäcken die wohl lieber wieder nach unten wollten - so wie sie zogen, aber das Gestein war sehr stabil, nur karg bewachsen und gut passierbar sodass wir schnell voran kamen. Auf halber Höhe legten wir eine kurze Verschnaufpause ein und bestaunten die gerade untergehende Sonne über unserem kleinen Städtchen und der dahinterliegenden Ebene.



    Auf halber Höhe ebnete sich der Berg zu einem kleinen Plateau - kleine Verschnaufpause und erste Inspektion der Umgebung kurz vor der einsetzenden Dämmerung


    Plötzlich sauste ein vertrautes Tierchen an meinem Kopf vorbei, trotz später Stunde waren die Macroglossum stellatarum noch sehr agil. Und nicht nur das, keinen Meter vor mir senkte sich das Weibchen zu Boden und klebte in Sekundenbruchteilen knapp über den noch warmen Felsen ein paar Eier an eine mir bis dato unbekannte Pflanze. Ich markierte die Stelle und verfolgte das Tier, wieder ein Stück den Hang hinab, dabei konnte ich weitere Eier durch Beobachtung des Weibchens sicherstellen. Als ich wieder zurückkehrte untersuchte ich die erste Stelle der unbekannten Pflanze und fand 3 Eier sowie einige L2/L3 Raupen auf engstem Raum, tief versteckt im stacheligen Gebüsch.



    Macroglossum stellatarum Raupe in L2 an noch nicht näher bestimmten Pflanze, würde Galium sp. nicht ausschließen auch wenn die kaum vorhandenen Blätter untypisch waren, vieleicht Rubia sp.(?? vierzählige Blüte??)


    Die Art mag hier unten trivial sein, ähnlich der ganzen Pieris bei uns, aber trotzdem war das schon ein schöner Auftakt für diese letzte Woche unserer Reise. Auch Arten die scheinbar häufig sind muss man erst mal finden! Damit nicht genug rannte mir, als ich da so hockte und die Krautschicht untersuchte, plötzlich eine Ameise samt Verfolgung, einer kleinen gespenstig dürren Empusa-Nymphe über den Schuh. War zwar schon oft hier unten, aber diese Art hatte sich bisher immer gut vor mir versteckt.



    Empusa Nymphe


    Wir gingen weiter und kamen auf ein erstes Plateau, eine größere ebene Fläche und quasi die Kuppe des kleineren Vorbergs der Kette… Gleich dahinter fiel der Hügel fast senkrecht 50 Meter ab, hinter der Schlucht führte der Hang in gewohnter Steigung wieder bergauf. Wir mussten also die tiefe Senke umgehen und entschieden uns die Plateau-Wiese zu queren. Diese sollte sich als wahre Fundgrube herausstellen, sodass ich in den folgenden 3 Tagen die wir hier noch verbrachten immer wieder dahin zurückkehrte. Ich konnte einige Ootheken der letzten Saison von Mantis religiosa finden, ebenso wie ein fettes Weibchen derselben Art. Als wir durch das hohe Gras und die Fenchelstauden marschierten flüchtete auch noch ein M.religiosa Männchen vor unseren Tritten sodass ich endlich ein Pärchen beisammen hatte.



    Diese Spinne fand ich sehr eindrucksvoll. Ihr goldener Panzer allein maß schon gute 35mm, das Netz spannte sich mit 1,5m zwischen zwei Fenchestauden auf... Kann sie jemand bestimmen?


    Wir erreichten gegen 21:00 Uhr eine kleine Wetterstation auf dem Gipfel des Berges (durch die kleinen Exkursionen am Hang waren wir nicht sehr schnell vorangekommen) und konnten das erste Mal, zwar im Dunkeln, unsere Bucht für die nächsten 3 Tage sehen. Wir waren sehr zufrieden mit unserer Wahl und machten uns auf der anderen Seite an den Abstieg. Hier auf der dem Meer zugewandten Seite wehte eine scharfe Briese den Hang hinauf,
    so kräftig dass man ab und zu ins Wanken geriet.
    Zusätzlich war es inzwischen vollends dunkel und der Weg nach unten sehr steil und rutschig durch loses Geröll, sodass wir im Licht der Taschenlampe nur sehr langsam und vorsichtig vorankamen.
    Nach einer halben Stunde erreichten wir den Boden einer kleinen Zwischensenke, nach der es aber nochmal etwa die Hälfte der bisher abgestiegenen Höhenmeter wieder hinauf ging. Inzwischen waren wir schon wieder fast 3 Stunden am Berg unterwegs und der Weg im Tal drum herum wäre doch effizienter gewesen, aber ich war trotzdem ganz zufrieden, vor allem durch die Funde, außerdem sind wir beide in der Sächsischen Schweiz aufgewachsen und haben kein Problem mit Bergen und Klettern.


    Wir aßen die letzte Dose Ravioli und nahmen die letzte Etappe in Angriff. Um 23 Uhr erreichten wir die Straße, direkt am Meer auf der anderen Seite und folgten dieser noch einige Meter bis zu unserem Campingplatz.
    Dieser war wieder kaskadenartig an den Berghang in einem kleinen Pinienwäldchen gebaut, wir suchten uns eine Stellfläche schön weit oben in exponierter Lage.
    Dann bauten wir unser Lager auf, wir konnten es uns auch nicht nehmen lassen trotz der späten Stunde endlich mal ans Meer zu gehen und drehten noch eine kleine Runde am Strand.



    Frisch angespülte Aurelia´s am Strand und kleine mitternächtliche Klettertour zwecks Nahrungssuche... leider waren die Datteln alle noch unreif :winking_face:


    Der nächste Tag begann für mich recht früh mit dem Sonnenaufgang da ich so schnell wie möglich wieder das Bergbiotop untersuchen wollte. Ich versorgte alle Tiere packte Wasser ein und ging los. Kurz hielt ich noch an einem kleinen Supermarkt direkt vor unserem Zeltplatz um Proviant zu kaufen, dann machte ich mich wieder an den Aufstieg. Keine 10 Minuten später entdeckte ich an einer Fenchelstaude eine erste p.machaon Raupe in L5. Die Tiere hier unten wirken durch die Sonnenintensivität relativ blass was an den reduzierten schwarzen Farbelementen der Zeichnung liegt. Die Raupe sollte aber vorerst ein Einzelfund bleiben.



    Ein erster Fund für p.machaon der mindestens dritten Generation in Spanien


    Auch heute wehte auf dieser Bergseite ein starker Wind, auch der Vegetation sah man diese Dauerbelastung an. Die Sträucher waren alle sehr geduckt und in Krüppelform gewachsen, es dominierten hartlaubige oder sehr stachelige Kleinbüsche, sehr dicht aber niedrig gewachsen; kleine Pinus und Quercus-sträucher sowie blütenreiche Thymianbestände. Durch den Wind wurde meine Suche sehr erschwert sodass ich versuchte schnellstmöglich über den Pass zu gelangen. Dort angekommen konnte ich 3 schöne machaon-Männchen beobachten, die im donnernden Wind sich schnell umwirbelnd ihre Rivalitäten austrugen.



    Aufstieg an der dem Wind zugewandten Seite. Im unteren Teil gibt es noch eine normale entwickelte Vegetation, weiter oben nur noch geduckte Flora, zu sehen auf dem Panorama; Blick vom Gipfel zum Meer und umliegende Hügelketten


    Auf der anderen Seite war es wieder ruhiger bis ganz windstill und ich begann meine Suche. Interessiert war ich vor allem an den großen Euphorbia characias Beständen die sehr gut vertreten den gesamten Südhang überzogen. Ich konzentrierte mich auf kahle Stängel und auffällige rote Farbflecken, aber die Pflanzen hatten gerade ihre Sommerpause beendet und trieben frisch und saftig aus, von größeren Fraßbildern keine Spur, auch nach hunderten abgesuchten Pflanzen nichts…



    Euphorbia characias Bestände überziehen die heiße, windstille Bergseite, alle frisch ausgetrieben... Leider weit und breit keine größere frische Fraßspuren zu erkennen...


    Auf dem Plateau von gestern angekommen, fiel mein Augenmerk auf einen einzelnen Mandelbaum, mitten auf der Wiese. Ich konnte zahlreiche alte Fraßspuren von I.podalirius daran finden, der Baum stand auch in perfekter Lage für die thermikliebenden Luftakrobaten. Nur von frischen Tieren in keinem Stadium eine Spur…



    Mandelbaum auf ebener Fläche am Hang, viele alte Fraßspuren, jedoch kein direkter Nachweis für podalirius


    Also kletterte ich wieder ein Stück weit am schroffen Fels hinab und suchte das magere Gebüsch auf stellatarum Spuren ab. Es dauerte nicht lange da fand ich das erste Gallium aparine, sehr tief versteckt im allgegenwärtigen, stacheligen Bodenbewuchs. Nur wenige Triebe ragten aus dem Gebüsch heraus, diese jedoch waren sehr oft angenagt. Nach kurzer Zeit konnte ich einige Raupen aufspüren, meist in L1 oder L2, auch zahlreiche Eier an den Triebspitzen waren zu finden. Zwischendurch waren immer wieder stellatarum Weibchen unweit meiner Position bei der Eiablage zu beobachten.



    Macroglossum stellatarum in verschiedenen Stadien. Hauptsächlich fand ich Eier und L1/ L2 Jungraupen, jedoch auch einige wenige große waren darunter


    Ich kraxelte noch den restlichen Nachmittag am Hang herum, untersuchte einige Stellen, sammelte einige stellatarum und hielt auch Ausschau nach lohnenden Zielen für den nächsten Tag sowie ein paar guten, vollsonnigen Foeniculum-Stauden für mein verbleibendes machaon Weibchen aus der Toskana. Gegen 18 Uhr trat ich langsam den Rückweg an und erreichte schließlich gerade so mit dem letzten Dämmerlicht unser Camp. Etwa zeitgleich traf auch Felix ein, der den Tag am Strand verbracht hatte.
    Das Abendbrot fiel etwas spärlich aus, meine Packung Käse, Salami und Pane (baguette-artiges Brot) hatte ich leider schon zum Frühstück reingeschleudert...


    Als wir so dasaßen und die letzten Vorräte aufbrauchten, segelte plötzlich ein größeres Tier um die Laterne zu unseren Köpfen. Ich konnte mit ein paar Handtuchschlägen die Luft so verwirbeln dass es in eine Spirale gezwungen wurde und zu Boden ging, kurze Zeit später hielt ich ein schönes Iris oratoria Männchen in den Händen, welches durch das Licht der Laterne angelockt worden war. Es zeigte sich wieder Mal dass der Zufall hier einer meiner größten Freunde war, wie ich auch in den nächsten Tagen noch mehrfachfeststellen konnte, den Laternen standen hier an jeder der ca. 200 Park- oder Campingbuchten auf dem 1 Hektar großen Gelände - und ausgerechnet um unsere schwirrte das Mantiden-männchen. Ich ging gleich noch ein paar Runden und suchte alle anderen sowie helle Oberflächen ab, doch außer einige Dutzend der allgegenwärtigen Geckos war nichts weiter zu finden.



    Auf der Suche nach weiteren durch das Licht angelockten Mantiden blieb ich erfolglos, nur die Hemidactylus turcicus waren wieder überall an den weißen Kalkwänden zu finden


    In der sehr milden Nacht erwachte ich gegen 01 Uhr da die Matratze irgendwie deutlich härter war als sonst, lag wohl daran dass sie kaum noch Luft enthielt... Kurze Zeit später erwachte Felix mit dem selben Problem. Die Dinger waren eben Billigware und nicht für die ständige Belastung bei Bodenkontakt gemacht sodass die "Nähte" undicht wurden... Fortan krochen wir also 3 Mal pro Nacht ans andere Ende der Luftmatratze, hauchten mit geschlossenen Augen 5 Mal ins Ventil und drehten uns wieder um, bis nach 3 Stunden die Luft abermals langsam entwichen war. Aber alles besser als der nackte Boden :winking_face:


    Am nächsten morgen gingen wir wieder in den kleinen Supermarkt am Strand, ich erhöhte die Tagesration auf 2 Pane + Belag und bisschen Marmelade. Beim Frühstück segelte plötzlich etwas von oben aus der Krone einer Pinie herab und landete zwischen uns - offenbar verspeiste da gerade eine Meise einen schönen fetten Sphinx pinastri :winking_face: Wieder ein glücklicher Zufall, zwar kein lebendes Tier, aber immerhin konnte ich das Vorkommen dieser Art hier nachweisen.



    Sphinx pinastri Flügel zum Frühstück aus der Kiefer über uns


    Ich verbrachte den Vormittag im Camp, fütterte die Falter und sammelte einige Insekten vom Fenchel und den Blüten für die ganzen Mantiden. Dabei konnte ich noch einige kräftige machaon Raupen L5 entdecken.




    Mehrjährige, riesige Fenchelstauden sind hier überall zu finden und viele Arten nutzen sie auf irgendeine Weise, seien es Blüten, Blätter oder Stängel.


    Gegen Mittag wollte ich mein machaon-Weibchen in einem Aerarium an den sonnigen Hang zur Ablage bringen und suchte noch einige Blüten zum Beistellen da ich dies bei meinen letzten Urlauben als sehr fördernd bemerkt hatte. Ich fand im oberhalb liegenden Wäldchen einige große Lantana Vorkommen und Schnitt einige Triebe heraus. Als ich gerade einige Stängel bis auf die Dolden kahl machte und anschnitt, fiel mein Blick auf eines der Blätter die ich so achtlos fallen ließ und ein großes, glänzend grünes Eier schaute mich an. Mir lief es sofort kalt den Rücken herab, Eier dieses Aussehens lassen sich nur den Spingidae zuordnen und an Lantana fiel der Verdacht natürlich sofort auf Acherontia atropos. Mit der Hoffnung auf keinen Einzelfall stürtze ich mich sogleich tief ins Wandelröschen-Gebüsch und untersuchte sämtliche eponierte Triebe. Und tatsächlich - an vielen hatte ich tatsächlich Glück und konnte weitere Eier finden. Die Lantanas zogen sich durch den gesamten Wald, immer mal wieder sah ich Pflanzen von Hüfthöhe und folgte dieser Spur. Gerade an den kleineren, gedrungenen konnte ich teilweise viele Tiere finden, hin und wieder auch eine L1/ L2 Larve, während einige Eier noch nicht älter als ein, zwei Tage aussahen (bei diesen Temperaturen hier schlüpften die Raupen innerahlb von 4 bis 5 Tagen, nur frische Eier waren grün, ältere bereits gelblich entwickelt). Eine einzige größere Raupe in L3 konnte ich auch noch entdecken. Zwar hatte ich in Italien mit der Hoffnung auf einige atropos gespielt und zahlreiche Solanaceae auf Spuren untersucht, gab das ganze dann aber auf. Niemals hätte ich gedacht hier an der spanischen Küste an Lantana fündig zu werden, die freude war also riesig!



    Acherontia atropos an mittelgroßen Lantana-Büschen mit einigen exponierten Zweigen im halbschattigen Kiefernwäldchen; meist Eier aber auch L1 bis L2 war gut vertreten, eine einzige L3 fand ich auch


    Mit diesem schönen, wenn auch sehr überraschenden Fund und den Blüten machte ich mich auf den Weg zum Zelt, lud die atropos ab und machte mich mit dem machaon-Weibchen im Schlepptau auf den Weg zur Kuppe. Als ich ankam war es zwar schon wieder 15 Uhr, ich stülpte trotzdem das Aerarium über eine der Fenchelstauden in der Sonne und überlies das Weibchen sich selbst. Die Zeit vertrieb ich mir wieder am Hang mit stellatarum und Co., dann holte ich das Weibchen wieder ab und untersuchte die Stängel gleich auf Eier. In den Blütendolden fand ich dann auch ein paar; nicht viele, aber für die 2 Stunden erstmal ausreichend.



    Die erste machaon Ausbeute vom Toskana-Weibchen ist zwar noch ein wenig mau, doch ich war zuversichtlich.


    Da ich den Weg nun schon gut kannte kam ich diesmal schnell voran und hatte bei meinem Eintreffen im Lager gegen 19 Uhr noch Zeit für eine abendliche Runde im Meer. ( Man kann ja nicht tagelang in so einer tollen Bucht direkt an der spanischen Küste wohnen ohne mal Baden gewesen zu sein :grinning_squinting_face: )
    Felix war natürlich auch noch da und so ließen wir uns noch ein Stündchen auf den Luftmatratzen von den Wellen durch die Gegend schieben, die Sonne war zwar schon seit Stunden verschwunden, doch es wehte ein warmes Lüftchen - dazu das brausen der Wellen, Urlaub pur.



    Die letzten Sonnenstrahlen überwinden noch die Bergkette, Zeit für ein bisschen Urlaub nach einem erfolgreichen Tag. Auch lange nach Einbruch der Dunkelheit ist es noch angenehm warm zum Baden.


    Wir genehmigten uns noch einen Schluck in einer der zahlreichen Strandbars (auch wenn viele jetzt zur Nebensaison geschlossen waren) und gingen anschließend wieder ins Camp. Während die Luftmatratzen - nun wieder Schlafmatratzen - noch vor dem Zelt trockneten aßen wir die letzten Reste Pane mit Salami (auch 2 Stk reichten leider wieder nicht für ausreichende Sättigung, die ganze Wanderei den Tag über zehrt an der Substanz :winking_face: ) und ich sortierte meine ganzen Funde.


    Am Morgen des dritten Tages stellten wir erschreckt fest, dass wir schon den dritten Tag hier waren! :kissing_face::kissing_face:
    In der ersten Woche hatten wir in dieser Zeit fast ganz Italien geschafft und hunderte Kilometer bewältigt, zur Verdeutlichung wie sehr es uns hier gefiel :winking_face:
    Dennoch rückte in nicht allzu ferner Zukunft unsere Abreise näher, über die wir bis jetzt stillschweigen bewahrt hatten, aber wir entschieden uns noch mindestens diesen Tag hier zu bleiben und nochmal alles raus zuholen.
    Daher machten wir uns am 19.09.13 wiedermal gemeinsam auf den Weg und wählten den Weg um die Bergkette herum, zuerst die Küstenstraße entlang ins Nachbarörtchen. Die frühmorgendliche Bewölkung wich schnell einem strahlend blauem Himmel, bis wir endlich loskamen hatte es bereits wieder 30°C



    Noch ist der Himmel bedeckt, doch die Sonne frisst sich sehr schnell durch die dünnen Schleier


    Der Weg stellte sich als größere Tortur als die Bergwanderung heraus da die frische Briese fehlte und sich über der stark befahrenen Straße die Glutzhitze sammelte. Wir wechselten also schnell auf eine Nebenstraße in ein kleines Wohngebiet und folgten dieser. Zwischendurch passierten wir immer wieder mächtige Citrus-Plantagen, einige davon verlassen und zugewuchert, die Orangenbäume trugen dennoch sehr gut und wir rasteten mehrmals in einem der Haine.



    Orangenhaine laden zu einem kleinen Snack ein, nicht immer gibt es reife Früchte doch wenns dann mal klappt sind es richtige Geschmacksbomben

    • Offizieller Beitrag

    Gegen Mittag erreichten wir das andere Ende der Berges per Talweg, quasi die Stelle von der wir am ersten Tag unsere Klettertour direkt hinüber begonnen hatten, setzten unsere Umrundung aber unten weiter fort. Kurze Zeit später reichten wir auch den Boden der steilen Schlucht, welche wir bei unserer ersten Klettertour umgehen mussten. Das Gelände und die Vegetation sah hier sehr vielversprechend aus, doch bis auf einige Mantiden Ootheken und zahlreiche Libellen konnte ich nichts auffälliges entdecken.




    Libellen in allen Farben und Größen sind hier überall zu finden, schon auf meinen Hangtouren konnte ich sie überall an erhabenen Stängeln in der Sonne sitzen sehen. Die heißen, sonnengebadeten Steine der Schuttflächen werden oft von Mantiden zur Ablage genutzt, an guten Stellen findet man sie sehr zahlreich, wenn auch meist leer (hier Iris oratoria). Ein paar Wochen später wenn die diesjährige Generation zu legen beginnt könnte das anders aussehen.


    Als wir die Schlucht wieder verließen stoppte ich abrupt. Der Schluchtausgang sowie die Straße waren mit riesigen Fenchelbüschen flankiert und an einer hatte ich aus dem Augenwinkel etwas erahnen können. Nach kurzem Suchen wurde ich fündig, ein dickes Iris oratoria Weibchen hing oben in den Blütenständen versteckt und lauerte auf Fluginsekten, keine 20 cm daneben in der selben Staude saß gleich noch eine weitere - sehr ungewöhnlich für diese eher agressive Art. Das erste Tier ließ sich ganz gut handhaben, das zweite jedoch ließ sich zu Boden fallen und begann sich sofort mit Drohgebärden gegen meinen Finger zu richten als ich näher kam, wodurch es mir die wunderschöne Färbung der Unterflügel präsentierte.



    Zwei sehr unterschiedliche Tiere der gleichen Art, während das erste Weibchen völlig ruhig und handzahm bleibt versucht das zweite Tier mich mit Drohgebärden zu verjagen... Es kann ja nicht wissen dass mir das besonders gefällt :w00t:


    Nach dem Anflug des Iris oratoria Männchens hatte ich also nun auch hier ein Pärchen beisammen und wir setzten unseren Weg fort, vorbei an Gärten, Plantagen und kleineren Siedlungen - alles gut bewacht von mindestens 2 monströsen Hunden pro Bewohner :pouting_face:
    Am Nachmittag erreichten wir dann wieder das Meer und folgten der Küstenpromenade Richtung unseres Camps. Obwohl nur knapp 2 km entfernt gab es hier statt breitem Sandstrand eine tolle Steilküste, die Wellen krachten nur so in den Fels da wir außerhalb unserer Bucht waren. In jeder größeren Ritze saß ein Angler und versuchte in der schäumenden Gischt seine Pose im Auge zu behalten. Zur anderen Seite hin flachte die Küste wieder zum Sandstrand ab, in wenigen Kilometern Entfernung vor dem nächsten größeren Urlaubsort waren zahlreiche Luft- und Wasserakrobaten zu erkennen. Gleich dahinter am Horizont waren die küstennahen Hochhäuser der Vororte von Valencia zu erahnen.



    Zwischen unserer und der nördlicheren Badebucht gibt es ein Stück Steilküste. Von hier aus kann man weit das Ufer nach beiden Seiten entlang blicken


    Wir schauten eine Weile den Anglern zu, aber außer dass einer fast ins Wasser fiel war nichts zu sehen. Also gingen wir weiter durch unseren Nachbarort Richtung Strand welchem wir dann zu unserem Camp folgten.
    Den restlichen Abend verbrachten wir am Strand bzw. in der Strandbar, anschließend fütterte ich meine ganzen Tiere... Inzwischen glich unsere Zeltbucht eher einem kleinen Zoo, ringsherum standen überall Flaschen, Dosen und Käfige, was man eben so als Behälter nutzen kann.



    Von der Küstenstraße gelangten wir wieder zu unserem Strand. Das Wetter war perfekt, Urlaub pur. Nur in den Städten sammelte sich die Hitze, den Fahradfahrern schmolz buchstäblich die Kleidung davon :winking_face:


    Es war nun leider auch an der Zeit sich über die Abreise Gedanken zu machen. Wenigstens ich musste Montag 23.09. um neun wieder in Dresden in der Uni auf der Matte stehen, Felix hatte zwar noch 2 Wochen Zeit wollte aber erstmal mitkommen und irgendwo nochmal "abbiegen"... Also rechneten wir alle denkbaren Bahnverbindungen durch und stellten fest - mit viel Zeitmanagement könnten wir noch einen Tag rausholen - aber der morgige wäre definitiv unser letzter hier. Um diesen nochmal voll aus zu nutzen gingen wir relativ früh schlafen


    An unserem letzten Tag widmete ich mich nochmal dem Ziel dass mich schon in Frankreich gefesselt hatte und kilometerweit marschieren lies - ganz ohne Wolfsmilchschwärmer wollte ich hier nicht aufgeben.
    Zuvor musste ich aber noch um meinen Reisezoo kümmern und die notwendigen Transportbehälter finden um alles wegzubekommen... Glücklicherweise führte der Supermarkt auf der anderen Straßenseite auch hierfür ein reichliches Sortiment an Tupperware :winking_face:


    Ein letztes Mal verfrachtete ich das machaon Weibchen noch in die Sonne, dann gings los. Auch Felix hatte sich an diesem letzten Tag noch ein großes Projekt vorgenommen:



    Kleines Nickerchen nach dem anstrengenden Frühstück... :cool:


    Wie gewohnt nahm ich zuerst den direkten Weg bergauf, bog dann aber einem Gefühl folgend auf dem ersten vorgelagerten Gipfel ab und nahm einen Trampelpfad auf dem Kamm entlang. Am frühen Nachmittag erreichte ich eine mir als geeignet erscheinende Fläche; der Hang flachte hier ein wenig ab, der niedrige aber trotzdem sehr dichte Bodenbewuchs lichtete sich etwas und zwischen den schroffen aufgeheizten Felsen wuchs aus jeder Ritze eine kräftige E.characias Staude. Ich ging bei meiner heutigen Suche sorgfältiger vor und hielt nicht nur nach auffälligen Fraßspuren und bunten Flecken an kahlen Stängeln Ausschau sondern inspizierte schematisch eine Vielzahl der Pflanzen. Das ging zwar nicht so schnell, schien mir aber angemessener.


    Zwei Stunden und dutzende Pflanzen später endlich eine heiße Spur - ein einzelnes Ei. Doch Fehlanzeige, für eine Hyles definitiv zu klein, zumindest was die Euphorbienfresser angeht.
    Mich hätte trotzdem interessiert was daraus geworden wäre, leider schlüpfte nichts daraus.



    Ein erster Fund nach langer Suche... leider nicht die gewünschte Art


    Doch bevor sich meine Entäuschung überhaupt erst breit machen konnte schlug das Glück erneut zu und ich sah ES endlich - ein kleines schwarzes Knäuel in der Rosette einer meterweit entfernten Staude; doch nach so langer Suche entgeht einem nur noch wenig, die Augen sind an die Farbnuancen der Umgebung gewöhnt und wissen was dazu gehört und was hervorsticht. Ich stürtzte also darauf zu und siehe da...



    Endlich gefunden, nach tagelanger Suche in 3 Ländern... Wer sieht sie? Spätestens auf dem zweiten Bild... :winking_face:


    Von da an gings wie am laufenden Band. Ich ging davon aus dass zu dieser späten Zeit, immerhin bereits Ende September, nur wenige Hyles nochmal aus ihrem Puppen schlüpfen, die Vorkommen an diesem Hang falls es den noch mehr gibt könnten also alle vom selben Weibchen stammen und etwa gleich groß - sprich Eier oder frisch geschlüpft sein... Ich versuchte also die wahrscheinlichste Flugbahn des Tieres auf Legemodus an diesem Hang nachzuvollziehen und lief dann alle Pflanzen ab die auf dieser Route liegen. Damit lag ich offenbar relativ richtig denn nur wenige Minuten später wurde ich erneut fündig, diesmal ein Eipaket kurz vor dem Schlupf.
    Und kurze Zeit später, weiter der gedachten Linie folgend, auch noch ein drittes Mal; Eier und L1 Raupen an der gleichen Pflanze. Zum Test suchte ich auch die restlichen Stauden in dem Gebiet ab, doch bis auf eine einzige Stelle mit ein paar weiteren Eiern blieb es bei den 3 Hauptpflanzen, alle schön auf einer Linie - offenbar der Flugroute.




    Entlang einer möglichen Flugroute des ablagewilligen Weibchens gelangen mir noch weitere Funde, Eier mit bereits ausgebildeten und durchscheinenden Kopfkapseln sowie L1 Jungraupen, erst wenige Stunden alt noch vor der ersten Nahrungsaufnahme.


    Dass es sich um eine Hyles sp. handelte war mir natürlich klar, aufgrund der Ablageform und -Anzahl der Eier lag natürlich sp. euphorbiae nahe, auch wenn ich natürlich noch auf eine "weniger triviale" Überraschung hoffte. Doch eigentlich war mir das wurscht, auch wenn es nur ganz normale Wolfsmilchschwärmer wären hätte mein Tag kaum besser laufen können, ein krönender Abschluss der wenigen Tage hier; jeden Tag eine neue Sphingidae und mehr.
    Genauer betrachtet nichts außergewöhnliches dabei; doch jeder der selbst schon einmal losgezogen ist und auf eigene Faust Tiere und Arten gefunden hat, die mancherorts vielleicht aller Nase lang vorkommen bzw. regelmäßig käuflich erwerbbar sind, weiß dass das doch ein ganz anderes Feeling ist; hautnah dran zu sein und die Tiere als Wildtyp an ihrem Ursprungsort zu finden; und nicht nur das Produkt deren xfacher Nachzucht daheim im Zuchtbehälter zu haben...


    Gut, nach dieser Erkenntnis verstaute ich alles und machte mich umgehend auf den Rückweg denn die Zeit arbeitete schon wieder gegen mich. Mit der Dämmerung erreichte ich die kleine Wetterstation auf dem Gipfel über unserem Camp und sah mich diesmal gezwungen den direkten Weg nach unten zu nehmen, statt des markierten Trampelpfades über den kleinen davorgelagerten Gipfel, um Zeit zu sparen und noch mit dem letzten Rest Licht anzukommen. Dies sollte sich als schwerer Fehler herausstellen denn obwohl ich zuerst gut vorankam wurde der Bewuchs ab der Hälfte des Hanges immer höher und dichter, vor allem aber stacheliger. Kurze Zeit später sah ich mich hüfthoch von allerbester Macchie-Vegetation eingekesselt (bzw. sah ich mich eben nicht denn inzwischen war es dunkel) - da ich den Untergrund nicht mehr sah lies auch meine Trittfestigkeit etwas nach, doch glücklicherweise wurde jeder Fall und Stolperer sofort von dornenbewährten Sträuchern gebremst :wacko:
    Meine Schienbeine und Waden waren inzwischen stark zerschrammt und blutverschmiert und jeder Schritt brannte kratzte aufs Neue, doch umzudrehen und den Hang wieder nach oben um den mir bekannten Abstieg zu nehmen war mir dann auch zu blöd. Also rutschte und stolperte ich fluchend eine weitere halbe Stunde bergab bis mich dann schließlich die Dornenbüsche und Ranken in das kleine Kiefernwäldchen unseres Camps entließen.


    Ich lief schnurstracks zum Zelt stellte alles ab und ging noch ein letztes Mal zum Meer. Felix lag da natürlich auch noch irgendwo rum :winking_face:
    Als ich ankam ging gerade der Vollmond über dem Meer auf, fantastische Stimmung zum letzten Abend. Das anschließende Baden war allerdings eher unangenehm da sich meine zerkratzten Beine nicht so recht mit dem Salzwasser verstanden... Eigentlich lag ich nur auf meine Matratze und schimpfte bei jeder schmerzhaften Welle die es wagte auf mein Boot zu schwappen.



    Vollmond am Meer - ein würdiges Bild für den letzten Abend


    Während dann unsere Matratzen trockneten begannen wir schon mal mit der Packerei, speziell mein Haushalt hatte sich inzwischen fast verdoppelt, da war Planung alles. Gezwungenermaßen ließen wir alles zurück was die letzten Tage nicht mehr von Bedeutung war, Dreckwäsche, unnötiges Kleingepäck, eine Matratze.


    Am Samstagmorgen standen wir bereits um 05:30 auf, trafen die letzten Vorbereitungen und räumten das Lager. Punkt 07:00 Uhr waren wir abreisefertig und liefen los. Das letzte Stück um den Berg herum zum Bahnhof nahmen wir den Bus, sodass wir um acht in den Zug nach Valencia stiegen. Von dort aus reisten wir weiter über Cuenca nach Madrid. Dort suchten wir für Felix erst ein Motel, da er beschloss eine Nacht hier zu verbringen, mein Zeitplan sah dies nicht mehr vor sodass mir nur ein kurzer Aufenthalt blieb. Da uns auf die Schnelle keine Sehenswürdigkeit in Madrid einfiel und auch wikipedia fast nur Gebäude nannte, begnügten wir uns mit Mittagessen und einem kleinen Stadtbummel.





    Kleine Madrid-Impressionen


    Gegen 18 Uhr verabschiedeten wir uns und ich machte mich auf den Weg, ich verlies Madrid in Richtung Norden und fuhr über Valladolid und Burgos nach Irun, die letzte spanische Stadt ein paar Hundert Meter vor der französischen Grenze. Eigentlich hatte ich geplant gleich nach Hendaye zu fahren, der ersten Stadt auf französischer Seite - doch die grenzübergreifende Verkehrsanbindung zwischen den beiden Ländern ist gelinde gesagt katastrophal. Da die Pyrenäen eine natürliche Barierre bilden gibt es nur wenige Zugstrecken, davon abgesehen hatte ich aber auch nicht das Gefühl dass hier gut kooperiert wird... Nach Irun fährt von Madrid aus fast stündlich ein Zug, die knapp 2 km weite Strecke zwischen Irun und Hendaye wird dagegen nur 2mal täglich bedient,- wobei alle Züge weiter nach Paris jedoch ausschließlich ab Hendaye fahren. Wer also keinen halben Tag an der Grenze verschwenden will muss eben irgendwie selbstständig von Irun nach Hendaye gelangen - ein Katzensprung für einen Menschen aber ein bürokratischer Alptraum für die Menschheit...


    Ich kam Mitternacht in Irun an und machte mich zu Fuß auf zur Grenze nach Hendaye. Zwischen den beiden Grenzstädten verläuft der Fluss Bidassoa und markiert somit sichtbar die Grenze, kurz vor 01:00 Uhr stand ich also mitten auf der Brücke und wechselte mal wieder nach Frankreich. Der Bahnhof kam gleich dahinter und ich überlegte ob ich bis zum ersten Zug nach Paris gleich dort in der beheizten Halle bleiben sollte, diese war jedoch bereits gut gefüllt mit anderen "Gestrandeten", überall lagen Schlafsäcke und Leute dämmerten auf unbequemen Bänken vor sich hin. Darauf hatte ich eher wenig Lust, laufen lag mir schon immer mehr als stundenlanges warten, auch wenn es inzwischen wieder recht frisch wurde... Ich suchte als per Handy den nächsten Campingplatz (in reichlich 2km Entfernung) und lief weiter.
    Dort kam ich dann gegen 03 Uhr bei leichtem Regen an, baute fix mein Zelt auf und legte mich noch für einige Stunden hin. Da es die Nacht über bitterklat war und ich große Teile meiner Klamotten in Spanien gelassen hatte war ich froh als um 07 endlich der Wecker klingelte. Ich schreib kurz mit Felix, dem ja das gleiche wenn auch unter weniger Zeitdruck noch bevorstand und lies ihm mein Zelt sowie die Matratze an Ort und Stelle stehen (er hatte seine ja auch in Spanien gelassen) dann schickte ich ihm eine detaillierte Wegbeschreibung vom Bahnhof bis hierher zum Zelt und machte mich auf den Rückweg.



    Hendaye am Morgen


    Um neun stieg ich in den TGV und fuhr über Bordeaux und Tours nach Paris. Der TGV ist Frankreichs ultramoderner Hochgeschwindigkeitszug der den einfachen Leuten im weiten Hinterland endlich einen Weg aus der Province ins Zentrum bietet - naja angeblich,- oder er war es früher mal. Tatsächlich war es das Schlimmste mit dem ich in den 2 Wochen fahren musste, jeder kleine Regionalzug in irgendeinem Niemandsland war schneller und komfortabler. Tatsächlich ist der TGV ein sündhaft teurer, lauter und nicht sehr schneller Blechhaufen; für die stattliche Reservierungsgebühr von rekordverdächtigen 20 Euro (nur die Reservierung) erhielt ich einen ausklappbaren Holzsitz auf dem Abteilgang zwischen den Koffern neben dem Klo.
    Nach stundenlangem Rattern und etlichen Po-Krämpfen erreichten wir endlich Paris. Der Vollständigkeit halber wollte ich mir auch hier noch ein paar Stunden die Stadt anschauen obwohl ich eigentlich schon keine Lust mehr hatte... Ich habs glaub schon mal geschrieben - Frankreich ist wirklich ein schönes Land, aber doch etwas gewöhnungsbedürftig. Wenn man an einem der größten Bahnhöfen Europas am Schalter "international" seine Zugreservierung nach Deutschland auf französisch tätigen muss weil niemand englisch spricht oder sprechen will ist das schon eigenartig :confused:


    Ich schlug mich also als letzten Kraftakt übermüdet und hungrig doch noch durch den Großstadt-Dschungel, offenbar hatte ganz Paris an diesem Tag beschlossen mir die neuste Wintermode vorzuführen und die Wege waren alle verstopft und man kam nur noch in dieser langsam dahin-schlendernden Bummel-Gangart (auch Museumstrab oder schlicht "Shopping" genannt) voran... Zu "müde" und "Hunger" bohrte sich nun also auch noch ein schöner Kofpschmerz ins Hirn, sodass der zweite Teil meines Paris-Rundgangs zugegebenermaßen ein wenig in einem rot-leuchtenden, cholerischen Nebel versank. :wut: Ein paar Fotos sind mir dennoch geglückt :winking_face:



    Paris - immer eine Reise wert... am besten eine zügige Durchfahrt :thumbs_up:


    Nicht allzu unglücklich stieg ich dann gegen 20 Uhr zum vorletzten Mal dieser Reise in einen Zug, der CityNightLine brachte mich in der Nacht vom Sonntag zum Montag über Reims und Metz, die deutschfranzösische Grenze bei Forbach passierend, weiter über Mannheim, Frankfurt und Hannover schließlich nach Berlin, wo ich sogleich in den Anschluss-ICE stieg und über Leipzig am Montag morgen kurz nach 07:00 Uhr und fast 7000 km Dresden wieder erreichte. Nicht schlecht für 2 Wochen :thumbs_up:

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  • Von mir auch noch ein gutes neues an Dich und alle Anderen,
    meine Fresse, :bibber: dass war wirklich hart an der Grenze. Fast hätt ich angefangen rumzumotzen :fluchen: eine wirklich harte Geduldsprobe. :wut: Lässt einen hier Wochen lag auf den 3. Teil warten. :bibber: :pinch:
    Was lange währt, wird endlich gut. :thumbs_up: Das Ergebnis war die Mühe wert. :sensationell: Alles braucht eben seine Zeit und meine Geduld ist in jedem Fall belohnt :dafür:
    Argiope lobata nennt sich Deine dicke Spinne.

    Zitat

    ...und sammelte einige Insekten vom Fenchel und den Blüten für die ganzen Mantiden. Dabei konnte ich noch einige kräftige machaon Raupen L5 entdecken.


    du verfütterst P. machaon an Mantiden? :face_with_open_mouth: Das hätt ich Dir nicht zugetraut. :crying:

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