Lieber Rolf,
Ganz anders in den USA: dort nehmen die Schmetterlingsarten sogar zu. Aber dort haben die Schmetterlinge auch eine viel größere Lobby als hierzulande und die Umwelt ist für Schmetterlinge dort noch intakt!
auch bei uns in Europa (und das muss man bei der Größe der USA als Vergleich nehmen!) nehmen die Arten rapide zu! (Und aufgrund der Besiedlungsdichte ist es logisch, dass Europa weniger intakte Landschaften zu bieten hat.)
Buchsbaumzünsler (Cydalima perspectalis)
Paysandisia archon, ein Palmen bohrender Schmetterling,
um nur zwei "Neolepidoptera" zu nennen, die als Schädlinge auftreten und daher bemerkt werden. Ob und wieviele Neozoen sich in den südlichen subtropischen Ländern zusätzlich schon "eingeschlichen" haben, ist unbekannt.
Eine Aussage über Populationsentwicklung oder Rückgang/Zunahme der Arten in Deutschland ist damit nicht zu treffen und geht völlig am Thema vorbei.
Liebe Kollegen
Es dürfte unbestritten sein, dass Glyphosat und co. ihre fürchterliche Wirkung auf unsere Natur nun massiv zeigen. Die technische Entwicklung der Landwirtschaft führt zu immer schnellerem und schädlichem Maschineneinsatz auf nahezu allen Flächen, bewirtschafteten und unbewirtschafteten.
Wer einmal eine gefräste Fläche untersucht hat, stellt fest, dass hier kaum mehr Insekten zu sehen sind. Von Bodenbrütern ganz zu schweigen. Eine numerische Abnahme der Individuen kann daher angenommen werden.
Naturschutz ist nötig und Artenschutz ganz besonders!
Jedoch geht der bei uns praktizierte Naturschutz völlig an der Sache vorbei. Das sieht man bei den Diskussionen, die allerorten stattfinden, sollen neue Schutzgebiete ausgewiesen werden.
Gleichzeitig gehen wertvollste Gebiete verloren, weil der Druck der Land- und Forstwirtschaft auf die Landschaft gewaltig ist. Nahrungsmittel, Energiewirtschaft, aber auch Siedlungs- und Industriebau konkurrieren um jeden Quadratzentimeter Boden. Es wird zugepflastert, was bebaubar ist. Jeder Quadratmeter Boden wird mit Hochleistungslandwirtschaft beackert, Dünger und Pestizide in großen Mengen ausgebracht. In den privaten Gärten wird alles entfernt, was als Futterpflanzen dienen könnte, zusätzlich werden in den dann sterilen Gärten noch Unmengen an Pestiziden unkontrolliert ausgebracht. Und selbst der "nutzlose" Teil der Natur, Feldhaine, Straßenböschungen, Gewässerränder werden mehrmals im Jahr gefräst, alte "unschöne" Bäume gefällt, und, und, und.
Und gegen die Lobbies mit ihren berechtigten Argumenten ist sprichwörtlich "kein Kraut gewachsen".
Es wird schon geschützt. Da, wo es nicht weh tut.
Sobald aber kommerzielle oder gar politische Interessen im Spiel sind, und die sind omnipräsent, spielt Naturschutz eine untergeordnete Rolle.
Wer kennt noch Brachen wie in den 70er Jahren im Süden von Nürnberg, quadratkilometer groß Ginsterheiden auf Sand? Dort steht heute Langwasser, liegt der Nürnberger Hafen. Hier flogen neben Hyalophora aulica zahlreiche Arten, die heute völlig verschwunden sind. Nachgewiesen durch Hobbyentomologen und Sammler, festgehalten in Listen, die in monate- und jahrelangen Feldbegehungen erstellt wurden.
Übrigens, um mal die Arbeitsweise von "Fachleuten" zu demonstrieren, hab ich Euch mal eine
"Tabelle zur Ermittlung des zu prüfenden Artenspektrums" für eine Sportplatzerweiterung hier bei Nürnberg angehängt.
So einen Schwachsinn habe ich noch nicht gelesen, wie diese Liste!!! Sie geht weder auf die besonderen geobotanischen und ökologischen Verhältnisse ein, noch wird mit solch einer Liste eine Wertung in Richtung Erhaltung abgegeben.
Eine Untersuchung nach FFH Arten auszurichten, die dort eh nicht zu erwarten sind, führt automatisch zu der Feststellung: "NICHT SCHÜTZENSWERT!"
Glaucopsyche arion ist auf der Liste, die Knotenameisen aber nicht(sind ja auch nicht geschützt)!
Parnassius apollo???? Parnassius mnemosyne???? Ich schmeiss mich weg!
Ein solches "Gutachten" ist das Papier nicht wert, auf dem es steht.
Ich kenne aber vieleauch sammelnde Kollegen, die alleine durch einen ersten Blick erkennen, ob sie es mit einem schützenswerten Biotop oder einer intensiv genutzten landwirtschaftlichen Fläche zu tun haben und welche Arten hier eventuell zu erwarten sind.
Solange also der Gesetzgeber nicht endlich die Bedingungen schafft, dass unsere Natur überlebt, sehe ich nicht, dass sich der Trend des Artenschwundes und der Naturzerstörung umkehrt.
Und trotzdem! Ich werde mein Hobby weiterführen, werde weiterhin in die Natur gehen, meinen Garten naturnah gestalten und, wenn nötig, meinen Mund aufmachen, wenn wieder ein Biotop zerstört wird. Und ich werde weiterhin Falter züchten und die Raupen/Puppen Schulen zur Verfügung stellen. Bedrohte Raupen einsammeln und umsetzen, wenn der Wiese die Mahd und den Raupen damit der sichere Tod droht. Börsen besuchen, um Eier/Raupen/Puppen zu tauschen oder weiter zu geben und die zahllosen präparate zu bewundern, die ich sonst niemals zusehen bekäme.
Dass ich die Gesetze achte, ist selbstverständlich. Hoffentlich kommen bald Naturschutzgesetze, die unsere Erkenntnisse umsetzen.
Und was können wir sonst noch tun?
Nunja, mir fällt da schon was ein!
Wir sollten unsere Erfahrungen dokumentieren, entweder in persönlichen Datensammlungen, einfach aufschreiben, was wir wann beobachtet haben, welche Arten wir bei unseren Gängen gefunden haben. Mit solchen Daten lassen sich dann fundierte Aussagen treffen, wie sich die Populationen entwickeln, wo Schutzbedarf besteht.
Geht raus und dokumentiert Eure Lieblingsbiotope in Wort und Bild(egal ob Industriebrache oder verstecktes Minimoor im Wald) und stellt sie vor, vielleicht sogar mit Aktualisierungen über mehrere Jahre.
Macht Eure Beobachtungen öffentlich!
Dazu ist Actias mehr als geeignet.
Und wir schaffen damit mit der Zeit eine Legitimation, an der auch die Behörden nicht vorbei kommen!
Gruß
Arnd