Augustzeit - Urlaubszeit....die Monate davor nennen sich wohl Planungszeit.
Wo soll´s hingehen? Was soll´s werden?
Da mich meine Schwiegerleute schon seit Jahren drängen, ich solle endlich mal wieder in Schweden bei ihrem 100-jährigem Holzhaus vorbeischauen, da "es mittlerweile wieder Neues zu sehen und natürlich auch wieder einiges zu reparieren gibt", war das grobe Ziel schon mal klar.
Aber nur Fische angeln, Pilze sammeln, Hütte reparieren und mal zwischendurch Waffeln (übrigens die besten von Welt! ehrlich) essen gehen geht für nen Menschen mit Entomologen-Virus im Blut nicht. Ganz und gar nicht!!!
So hatte ich schon geraume Zeit im Hinterkopf mal wieder nach Süd-Lappland zu düsen um mich dort am Typenfundort von Laothoe populi lappona, einer etwas kleinwüchsigen Subspecis von L. populi populi, umzusehen. Vielleicht laufen einem ja ein paar Raupen über´n Weg, so die geringe Hoffnung von mir. Ich war zwar schon mal bei einer anderen Reise auf Durchreise in dieser Ecke Schwedens, konnte mich aber nicht mehr im Detail an die dortigen Biotope erinnern.
Hinzu kam die Suche nach Smerinthus ocellata.
Ich konnte in Südschweden vor einigen Jahren schon einige Raupen sammeln, die im Vergleich zu mitteleuropäischen Tieren, sehr kleine Imagos ergaben. Sollte sich solche Kleinwüchsigkeit als fennoskandisches "Sphingiden-Phänomen" erweisen?
Da nun Nordskandinavien bei Entomologen nicht gerade ein beliebtes Urlaubsland ist, bleibt einem bei solchen selbstgestellten Fragen nur die Möglichkeit selbst dahin zu fahren um mal nachzusehen.
Nachdem dies nicht die erste Skandinavientour war, die ich machte, wußte ich was auf mich zukommen und was benötigt würde: Fähr- und Brückenticket, jede Menge Behälter für Raupen und natürlich Mückenmittel. Übernachtung eventuell aufm Campingplatz oder, wahrscheinlicher, im Auto quer über Fahrer- und Beifahrersitz.
Eine Woche entomologisch angehauchter Autourlaub, eine Woche Arbeits- und Frohndienst an der familieneigenen Hütte und eine Woche für An- und Heimreise, waren doch mindestens 7000 Kilometer so über´n Daumen gepeilt zu bewältigen.
So sollte es sein! Schweden, ich komme.
Am Samstag (4.8.2012) Mittags ging es los von Dachau über Greding, dort Annett und Falk noch 100 Raupen (oder waren es mehr?) als Pensionsgäste vor die Füße werfen (großes Danke an Euch!!), weiter über Nürnberg, Magdeburg, Hannover nach Hamburg (Ankunft Mitternacht). Dort am nächsten Tag mit Jenny noch ne kleine Exkursion ins Duvenstetter Brook machen und dann am Abend weiter nach Schweden, Arvika.
Mittags bei Hütte angekommen, Angeln gehen, Barsche in die Pfanne hauen und am nächsten Tag nach´m Frühstück weiter nach Lappland.
Nach schon 1800 zurückgelegten Kilometern erwarteten mich jetzt weitere 1200 km auf schwedischen Autobahnen. So ging es den restlichen Tag rüber bis zur Küstenstraße.
Unterwegs habe ich bei Falun noch ein paar Deilephila elpenor, Cerura vinula und Eudia pavonia eingepackt, um dann irgendwo auf Höhe von Umea die Nacht im Auto zu verbringen.
Bei Morgengrauen noch schnell das Auto und das Equipment gelüftet und dann bei Dämmerung weiter in Richtung Norden.
Irgendwo kurz vor Lulea dann eine Bewegung in den Wiesen am Straßenrand der Europastraße 4. Runter von 110 km/h und umdrehen auf gerader Strecke und zurück, um das Gesehene mal im Detail zu betrachten.
Und die Vermutung bestätigte sich. Waren da kaum 50 Meter vom Straßenrand an die 100 Kraniche auf Futtersuche.
Dann wieder auf´s Gas gedrückt und bis zum nächsten Mittag über die Küstenstraße bis fast ans Ende des Bottnischen Meerbusens nach Lulea.
Ab dann war mein Plan, die von den Nominatformen bevorzugten Biotope zu suchen. Eben Schwemmgebiete, Kiesbänke, Flußufer, aber auch andere, feuchte von Weiden und Pappeln bestandene Wege etc.
Und deren gibt es sehr sehr viele in ganz Schweden, das laßt euch mal gesagt sein.
So ging es am Luleälven(Flußdelta) entlang in Richtung Boden ins Landesinnere.
Da es in Schweden üblich ist, die Bankette so gut wie jeder Straße in regelmäßigen Abstanden, von teils mehreren Jahren, zu mulchen, wimmelt es geradezu von möglichen Biotopen für Weiden- und Pappelfresser.
Erster Suchplatz war ein kleiner Fähranleger am Luleälven kurz ausserhalb von Lulea.
Und schon hier zeigte sich das größte meiner Probleme dieses Urlaubs: Elchfraß.
Es gibt keinen Zentimeter skandinavischen Waldlandes, der nicht irgendwann mal im Jahr vom Elch besucht wird. Und da Elche Blätter und Triebe von Weichhölzern unglaublich gerne verspeisen, übrigens gehören eben gerade Weiden und Pappeln zu den genannten Weichhölzern, ist es unglaublich schwierig zwischen dem ganzen Elchfraßbild auch mal ein Raupenfraßbild zu erkennen.
Wer es gewöhnt ist, in Deutschland aus 50 Meter Entfernung ne Smerinthus ocellata Raupe an den abgefressenen Triebspitzen der Weiden zu erkennen, wird in Schweden verzweifeln.
Hinzu kommt eine nicht ganz leicht zugängliche Vegetation, die von Aussen leicht begehbar erscheint. Einmal im "Inneren" angekommen, verstecken sich im mannshohen Gras alte Wurzelstöcke, Wasserlöcher und sonstige kleine Gemeinheiten. Zum Glück waren kaum Mücken unterwegs, dem Wind sei Dank. Dafür war es fürs Auge wieder umso schwerer, bei diesem Wind etwas zu fokusieren.
Erfolg versprachen hauptsächlich Fraßspuren, an deren Triebspitzen sich noch Blätter befanden.
Aber hier gab es meistens nur Blattwespen zu finden. Die waren zwar auch schön anzusehen, aber halt nicht der erhoffte Laothoe populi oder die ocellata.
So musste ich mich mit ein paar Cerura vinula, Notodonta ziczac und sonstigen Weidenfresser zufrieden geben. Besonders häufig fand ich jetzt und auch noch den restlichen Urlaub über die erwachsenen Raupen von S. libatrix.