Beeinflussung des Größenwachstums durch gezielte Selektion bei Deilephila elpenor

  • Beeinflussung des Größenwachstums durch gezielte Selektion bei Deilephila elpenor


    Beim Menschen gilt es als erwiesen, dass zu ca. 80% die Gene der Eltern darüber entscheiden, wie groß der Nachwuchs wird.


    Um herauszufinden, ob dies auch für Insekten zutrifft, habe ich exemplarisch mit Deilephila elpenor eine mehrjähriges Experiment durchgeführt, bei dem ich aus einem Zuchtbestand mit einer Popultionsgröße von ca. 80 Exemplaren jährlich jeweils nur die aus der Nachzucht stammenden 20 größten Falter (10*w, 10*m) mit einer zusätzlichen Freilandpopulation verpaart habe.


    Ziel der Untersuchung ist es nun herauszufinden, ob überdurchschnittliche große Elterntiere wiederum überdurchschnittlich große Nachkommen zeugen können oder diese Selektion keinerlei Auswirkungen auf das Größenwachstum der Nachkommen hat. Gestartet wurde der Versuch im Jahr 2017, wo ich mit 16 Raupen aus Freilandfunden (ex. Larva L5, 2016) eine Nachzuchtreihe startete unter folgenden Bedingungen:

    • Als Zuchtmaterial wurden in den Folgefahren regelmäßig Freilandfunde (mind. 10 Raupen ex Larva an Epilobium hirsutum) in den aktuellen Zuchtbestand (jeweils die 20 größten Expemplare der jeweiligen Nachzucht) integriert um stets die Vertilität des gesamten Zuchtbestandes zu gewährleisten.
    • Als Futterpflanze wurde bei den Nachzuchten ausschließlich getopftes Epilobium hirsutum in zwei 180cm großen XXL-Aeraien mit jeweils maximal 40 Raupen unter Freilandtemperaturen verfüttert.
    • Insgesamt wurden pro Jahr ca. 80 Raupen bis zur Verpuppung gebracht und davon die 20 größten (25%) für die Weiterzucht im nächsten Jahr selektiert.

    Untersuchungsergebisse:


    Bereits nach der 1. Selektion (2018) ist mir aufgefallen, dass die Nachzucht dieser Generation recht stattliche Exemplare hervorgebracht hat, jedoch noch nicht so signifikant. Erst in diesem Jahr (2021) konnte man bereits mit bloßem Auge erkennen, dass die in Gefangenschaft gezogenen Raupen deutlich größer wurden als die im Freiland gesichteten Exemplare.


    Um das aktuelle Ergebnis zu verifizieren habe ich das durchschnittlich Gewicht der Puppen von männlichen und weiblichen Zuchtprobanden mit dem von den jüngst gesammelten Freilandexpemplaren (ex. Larva L5, teilweise Präpupal-Stadien) miteinander verglichen, mit folgenden Ergebnissen:



    Das durchschnittliche Gewicht der männlichen Zucht-Expemplare liegt aktuell +18,5% über dem "Freiland-Durchschnitt".

    Bei den weiblichen Tieren liegt der durchschnittliche Massenwachs mit +20,7% auf ähnlichem Niveau.


    Die größte Raupe aus der aktuellen Nachzucht wurde ca. 10 cm lang bevor sie sich verpuppt hat. Sie hatte im Präpupalstadium (etwa 1 Tag nach Einstellung der Nahrungsaufnahme) noch ein Gewicht von 10,79 g. Die Puppe brachte es dann immerhin noch auf ein Gewicht von 4,56 g bei einer Körperlänge von 50 mm.


    Anhand der folgenden Bilder erkennt man den Riesenwuchs recht deutlich:

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    • Offizieller Beitrag

    Es ist ein interessantes gut durchgeführtes Experiment keine Frage und ich denke das honorieren die überdurchschnittlich vielen "gefällt-mir-Daumen". Ich weiß aber nicht was man darauf kommentieren soll außer "gut gelungen". Ohne das ganze abwerten zu wollen, aber wirklich erstaunlich ist es nicht, neu ist es auch nicht und der daraus zu gewinnende Informationsgehalt ist relativ klein. Was herauskäme wenn man das mit S. ligustri machen würde? Na ja... dasselbe oder gäbe es Gründe anzunehmen, dass dem nicht so sein sollte?


    Grüße Dennis

  • Bei fast allen Nutztieren/-pflanzen wurde/wird so vorgegangen.

    Bei Insekten sah bisher niemand einen Sinn darin.

    In Zukunft werden wir nicht nur große, schöne Exemplare für unsere Sammlungen brauchen,

    sondern wir werden auch immer mehr Insekten essen.

    Größere Tiere haben mehr "Fleisch" und vielleicht werden auch andere Insekten als bisher

    zur Ernährung genutzt.

    Ich finde den Beitrag in jeder Beziehung als zukunftsweisend und interessant.

    Zudem muß man die Arbeit würdigen.

  • Jeder Schwachsinnsbeitrag führt hier zu ellenlangen Schwachsinnsdiskussionen und hier kommentiert keiner?

    Da die letzte Diskussion unter meinem Beitrag stattgefunden hat finde anmaßend, aber ok 🤭.


    Jedenfalls ist mir das Thema letztes Jahr schon aufgefallen und ich muss sagen, ich finde es äußerst interessant. Bisher gibt es ja nur wenige die das probieren. Was bestimmt auch geht sind winzige Falter. Ist zwar nicht nützlich, aber kleine Tiere sind niedlicher.

    Ebenfalls würde mich interessieren, ob sie bedeutend mehr Nahrung zu sich nahmen oder ob man es kaum bemerkt hat. Ebenfalls Generationen 2022 würde mich auch interessieren.


    Finde ich jedenfalls ein super Thema :thumbs_up: .


    Mit freundlichen Grüßen

    Finn Küchenmeister

  • Wissenschaft heißt: Nachweisen, dass ein "Man-wusste-es-irgendwie-schon-immer" auch tatsächlich existiert, auf Fakten beruht und falsifizierbar (hier verifizierbar) ist. Insofern ist das eine sehr schöne Studie. Ich selbst bedaure die Ergebnisse, denn ich züchte gerade S. pyri von recht kleinen Elterntieren weiter. Das werden keine Mega-Saturniden. Ich habe trotzdem Freude daran, und Größe ist ja nicht alles :smiling_face:

    Viele Grüße von Martin

    • Offizieller Beitrag

    Bei fast allen Nutztieren/-pflanzen wurde/wird so vorgegangen.

    Meine Rede...

    In Zukunft werden wir nicht nur große, schöne Exemplare für unsere Sammlungen brauchen,

    sondern wir werden auch immer mehr Insekten essen.

    Warum wir große Exemplare für Sammlungen brauchen erschließt sich mir nicht. Für Vergleichssammlungen ist das sogar kontraproduktiv, weil die Größe kein wichtiges, aber doch ein Merkmal ist, welches dadurch verfälscht wird. Das ist für mich ein Ziel für Leute die Schmetterlinge wie Briefmarken sammeln.


    Was das Essen angeht: Dann guten Appetit beim Ligusterschwärmer :thumbs_up: .


    Grüße Dennis

  • Man kann viele Sachen essen, auch giftige und ungeniesbare. Vieles muß auf- bzw. richtig zubereitet werden.

    Aber das führt dann sicher wieder zu "Schwachsinnsdiskussionen" und ich finde das Thema zu schade dafür.

    Man kann alles essen, ob man es ueberlebt ist eine andere Sache :grinning_squinting_face: .

    Man kann soweit ich weiss auch Gifte wegzuechten. Ob Zygaenidae natuerlich so produktiv fuer Nahrung ist mag ich bezweifeln.


    Hier geht es aber um Groesse und nicht allgemeine Genetik.

    Da muss ich Manfred und den anderen auch beipflichten. Es waere zu schade wenn dieses Thema "versaut" wird. Wenn also wer noch andere Versuche zu veroeffentlichen hat, waere das sehr interessant.


    Mit freundlichen Gruessen

    Finn Kuechenmeister

    • Offizieller Beitrag

    Und es ging auch nicht um's Essen. Wenn man das Thema nicht versauen will sollte man nicht damit anfangen in dem man vom Thema abweicht.

    Wissenschaft heißt: Nachweisen, dass ein "Man-wusste-es-irgendwie-schon-immer" auch tatsächlich existiert, auf Fakten beruht und falsifizierbar (hier verifizierbar) ist

    Da stimme ich dir vollkommen zu und deswegen sagte ich auch ist es ein gelungenes Experiment. Ich habe lediglich meine Verwunderung darüber zum Ausdruck gebracht, dass sich darüber begeistert wird, als hätte man irgendwas rausgefunden was nie zu erwarten gewesen wäre und spekuliert was passiert wenn man dasselbe mit anderen Arten macht oder wie Finn sagt ob man die auch kleiner züvhten kann... was soll denn passieren? Man hat das in großem Maßstab mit Fischen getestet indem man alles überfischt und Netze nutzt. Seitdem werden die Fische kleiner. Man hat Elefanten mit langen Stoßzähnen gejagt, seitdem werden die Stoßzähne kürzer. Wenn ich auf große oder kleine Falter selektiere werden die natürlich größer oder kleiner.

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  • Für mich persönlich war der Feldversuch ob man das Größenwachstum einer Insektenart anhand von Selektion beeinflussen kann ein spannendes Experiment mit offenem Ausgang.

    Meines Wissens kenne ich auch keine Publikation wo so etwas in dieser Form schon mal veröffentlicht wurde.


    Es gab schon mal einen ähnlichen Beitrag in der EZ vom 16.03.1981, wo der Entomologe Heimo Harbich einen Zusammenhang zwischen der Temperatur und dem durchschnittlichen Massenzuwachs von Raupen bei Acherontia atropos in einem Feldversuch nachweisen konnte.


    Da Insekten Tracheenatmer sind und deren Größenwachstum evolutionsbedingt maßgeblich von der Sauerstoffkonzentration in der Luft abhängt, konnte man nicht unbedingt daraus schliessen, dass durch Selektion der weitergegebenen Gene ein ähnlicher Effekt erzielt werden kann wie z.B. bei den den Säugetieren.


    https://www.wissenschaft.de/as…nen-innovationsschub-aus/


    Spannend ist für mich jetzt noch die Frage wo der Sättigungsgrad in diesem Feldversuch erreicht werden wird, d.h. ab welcher Generation es zu keinem signifikanten Massenzuwachs mehr kommt.

  • Das Experiment hätte auch anders ausgehen können. Es hätte schon sein können, dass die genetischen Einflüsse auf die Größe der Tiere zu vernachlässigen sind, dass das also eher eine Modifikation darstellt. Sicherlich spielt die Verfügbarkeit des Futters die überragende Rolle bei der Frage, wie groß ein Tier letztlich wird, aber das Experiment hat gezeigt, dass eben auch genetische Faktoren mit entscheiden. Deshalb Thumbs up!

    • Offizieller Beitrag

    Da Insekten Tracheenatmer sind und deren Größenwachstum evolutionsbedingt maßgeblich von der Sauerstoffkonzentration in der Luft abhängt, konnte man nicht unbedingt daraus schliessen, dass durch Selektion der weitergegebenen Gene ein ähnlicher Effekt erzielt werden kann wie z.B. bei den den Säugetieren.

    Das ist tatsächlich ein guter Punkt, allerdings kann man davon ausgehen, dass dieses Größenlimit bei der überwiegenden Mehrzahl der Arten nicht erreicht wird. Schließlich gibt es weit größere Arten. Die verfügbaren Energieressourcen sind da sicher eher ein limitierender Faktor. Aber es ist sicher richtig, dass es einen limitierenden Faktor geben könnte der der künstlichen Sekektion entgegen wirkt und eine Deckelung bewirkt. Was dazu passt:

    Das Experiment hätte auch anders ausgehen können. Es hätte schon sein können, dass die genetischen Einflüsse auf die Größe der Tiere zu vernachlässigen sind, dass das also eher eine Modifikation darstellt

    Hätte sein können, ist aber eher unwahrscheinlich, da unter guten Zuchtbedingungen diese Limitationen in der Regel aufgehoben werden. Wenn man davon ausgeht, dass hier Effekte wie Futterqualität, Menge etc. eine Rolle spielen, wäre das auch eher schlecht für die Ergebnisse, denn dann müsste man bei der Stichprobengröße davon ausgehen, dass zufällig bessere Bedingungen diesen Unterschied hervorgerufen haben könnten.


    Grüße Dennis

  • Ich weiß aber nicht was man darauf kommentieren soll außer "gut gelungen".

    Die Antwort darauf solltest du jetzt haben. Es war der Sinn meiner bewusst sehr naiv gestellten Frage, dieses Thema nochmal aufzugreifen und somit eine Diskussion auszulösen. Und das hat ja trotz deiner etwas gelangweilt-klugscheißerischen Anmoderation („was soll schon passieren, ist doch eh klar, also warum hier groß diskutieren“) gut funktioniert :winking_face:


    Selbstverständlich ist mir klar, dass das auch mit anderen Arten klappen würde, mich hat das Ausmaß sehr beeindruckt und daher würde mich das Ausmaß bei sowieso schon größeren Arten ebenso interessieren.

  • denn ich züchte gerade S. pyri von recht kleinen Elterntieren weiter. Das werden keine Mega-Saturniden. Ich habe trotzdem Freude daran, und Größe ist ja nicht alles :smiling_face:

    Viele Grüße von Martin

    Bei der Zucht kommt es in erster Linie darauf an wie die Zuchtbedingungen sind. Unter Freilandbedingungen ergebe meistens normal große Falter. Hier hängt es aber auch vom Wetter ab.

    Bei der Zimmerzucht bei meistens gleichen Temperaturen geht es meistens schneller und man erzielt auch größere Falter. Manche Arten bilden dann auch eine zweite Generation die kleinere Falter ergibt. Die Nachkommen dieser Generation ergeben nach der Überwinterung der Raupen/Puppen wieder normal große Falter. Wenn die Elterntiere recht kleine Tiere sind heißt das nicht daß auch die Nachkommen klein sind. Entscheidend sind immer die Zuchtbedingungen wie Temperatur, Tag/Nachtabsenkung, Futterqualität und ganz wichtig die Hygiene. Kleine Falter sind manchmal auch

    Hungerformen. Einheitliche Normen bei der Zucht gibt es nicht da auch von Art zu Art das Wachstum verschieden ist.


    Werner

    • Offizieller Beitrag

    Dann bin ich ja beruhigt, dass meine gelangweilt-klugscheißerische Anmoderation deine Erwartungen erfüllt hat. Ich finde es bedenklich, dass jede Darlegung von Fakten heute schon als Klugscheißen gilt, aber das ist wohl das was man als Postfaktische-Gesellschaft bezeichnet. Wenn hier irgendjemand ist, der dieses Ergebnis aus irgendwelchen Gründen nicht erwartet hätte, möge er elaborieren. Natürlich hätte einfach nichts passieren können. Das wäre aber dann eher auf nicht ausreichendes Experimentaldesign zurückzuführen. Sie hätten auch kleiner werden können, das wäre dann auf schlechtes Experimentaldesign zurückzuführen. Was man nach allen Regeln der Biologie erwarten würde wäre, dass sie größer werden. Im übrigen würde man das allein durch die Zuchtbedingungen erwarten. Insofern ist es durch das Experiment keinesfalls bewiesen, dass man hier genetische Effekte sieht. Auch wenn das sein könnte oder zumindest teilweise.


    Grüße Dennis

  • servus


    Mir gefällt der Beitrag auch sehr gut. Allerdings gäb es noch zwei Daten die das ganze vervollständigen und zusätzliche Substanz geben würden.

    Einmal eine Abbildung der gespannten Falter, bzw die Flügelspannweite, und einmal das Trockengewicht der Falter.

    Darauf kommt es nämlich an wenn man Insekten als Nahrungsquelle nutzen möchte. Sonst sind sie nur vergleichbar mit den klassischen Wassertomaten aus Holland.

    Beste Grüße

  • warum? Man kann doch auch Raupen essen- Als0o vielleicht nicht notwendigerweise dieser Art, aber grundsätzlich. Als Schmetterlingszüchter wissen wir, dass Raupen wahnsinnig schnell wachsen. Ihr Gewicht nimmt rapide zu, der Nettoertrag aus eingesetztem Futter und daraus entstandenem Protein ist viel höher als vergleichsweise bei Kühen oder Schweinen. Deshalb würden sich Insekten als Proteinlieferanten sehr gut eignen. Man müsste das Ganze halt etwas schmackhafter gestalten :smiling_face:

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