Fang- und Zuchtgenehmigung untere Naturschutzbehörde

  • Liebe Actiasgemeinschaft,


    in den vergangenen Diskussionen ging es unter anderem auch um die naturschutzrechtliche Genehmigung Schmetterlinge der Natur zu entnehmen, zu züchten und die entsprechenden Genehmigungen. In den 80er Jahren hatte ich schon einmal eine Fanggenehmigung des Rheinkreises Neuss erhalten. Damals bekam ich den Umweltschutzpreis der Stadt Neuss für die Erforschung der heimischen Schmetterlinge.


    Aus gegebenem Anlass habe ich nunmehr (Februar 2022) wieder eine Fang- und Zuchtgenehmigung beantragt.


    Mit heutigem Telefonat wird diese verweigert, da die Stadt Neuss kein Interesse an einer wissenschaftlichen Arbeit von mir über heimische Schmetterlinge hat.


    Somit wird verhindert, dass ich z.B. bei seltenen Arten eine Schutzstellung eines Bereichs beantragen kann. Wenn ich also behaupte eine seltene Tierart würde durch ein Baugebiet beeinträchtigt, darf ich den Beweis hierfür nicht liefern, da ich gegen das BNatschG verstoße.


    Ist das Absicht?


    Bitte Eure Erfahrungen


    Gruß


    Dirk

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  • Hi,

    Ja das ist Absicht.

    Leider haben schon viele schlechte Erfahrungen gemacht.


    Ich selbst habe ein ähnliches Beispiel.

    Bei uns gibts eine rellativ gute Mantis religiosa Population welche, im Prinzip endemisch, auf der Anlage eines großem Industriebetriebs unterwegs sind.

    Die Firma hatt kein Problem das ich mit dem Vorkommen arbeite und stellen mir sogar Ressourcen zur Habitatoptimierung zur Verfügung. Inklusive Zugangskarte usw.

    Aber, so unsre (inoffizielle) Abmachung, sollte ich auf dem Gelände anfangen Funde zu melden kann ich mich "schleichen".


    Ist das gleiche mit alten landschaftsprägenden Bäumen, die stören den Landwirten null und werden auch geschätzt, aber sobald das Gerede von einem Naturdenkmal auch nur zu hören ist muss der gefällt werden.


    Leider ist der Naturschutz oft sehr negativ behaftet.


    Glg Simon

    • Offizieller Beitrag

    Das ist definitiv ein verbreitetes Problem. Eigentlich fasst es dieser Text, kürzlich in einer Infozeitschrift des Landesnaturschutzverbands Baden-Württemberg verfasst, ganz gut zusammen.

    Forschung und damit effektiver Naturschutz scheint von den Behörden oft aktiv behindert zu werden. Obwohl das auch sehr vom Wohlwollen der Sachbearbeiter abhängt und nicht komplett verallgemeinerbar ist. Ich bekomme aber doch den Eindruck, dass man verbreitet versucht zu kaschieren, dass man absolut nichts für den Naturschutz tut, indem man verhindert, dass das irgendjemand rausfinden und dann öffentlich machen könnte. Wenn niemand in die NSGs darf, kann auch keiner merken wie man sich dort an keine Pflegepläne hält oder eben gerade nichts zum Schutz bestimmter Arten tut. Das widerspricht meines Erachtens (als nicht-Jurist) direkt dem Naturschutzgesetz, was für Forschungszwecke explizit Ausnahmen erlaubt. Aber die Interpretationen sind da wohl nicht immer die selben. Als Privatperson bekommt man oft suggeriert, dass Genehmigungen nicht an Privatpersonen vergeben werden (obwohl das nirgendwo im Gesetz ausgeschlossen wird). Meine Erfahrung ist aber, dass auch Institutionen große Schwierigkeiten mit den Behörden haben (wir reden von ernstzunehmenden Institutionen).


    Ich finde das einen großen Missstand, auf den man eigentlich mal aufmerksam machen müsste. Der Normalbürger bekommt schließlich jeden Tag suggeriert, dass man sich für den Naturschutz beide Beine ausreißt.


    Grüße Dennis

  • Hallo Dennis,


    es wundert mich halt nur noch. Die Stadt Neuss will in 3 Jahren die Landesgartenschau durchführen. Zwar hat man geschrieben, dass es keine Blümchenausstellung werden soll, aber das wird es, wenn nicht der Naturschutzgedanke dabei ist.


    Aber vielleicht haben die Angst vor einer Umweltverträglichkeitsstudie aus meiner Feder. Ich überlege das richtig publik zu machen. Schließlich kann die Stadt eine wissenschaftliche Arbeit nicht wegen eigenem vorgeschobenen Desinteresse untersagen.


    Gruß Dirk

  • Dass man relativ aktiv am wissenschaftlichen Arbeiten gehindert wird, ist glaub ich recht ersichtlich.

    Man muss aber doch auch gucken, wie man das Ganze formuliert.

    Dass man keine Genehmigung für Zucht und Fang erhält ist irgendwo auch noch navollziehbar (alles ungeschütze fällt da eh wieder raus, sofern vernünftiger Grund).

    Man braucht immer den vernünftigen Grund, mit dem sollte man argumentieren.

    Also gezielte Genehmigung fürs Leuchten oder Ködern u.ä. Man kann auch kurzzeitiges Fangen beantragen, um die Tiere zu bestimmen. Das ist in NRW in der Regel einfach und unkompliziert erreichbar.

    Meine Genehmigung sieht z.B. vor, dass ich geschützte Arten kurzzeitig entnehmen darf um die Bestimmung durchzuführen. Auch darf jedes Gebiet betreten werden (NSG, Wiesen usw.)

  • Und als kleiner Nachtrag zu deinem letzten Absatz:


    Natürlich darfst du auf geschützte Arten hinweisen, das geht ja auch mittels Belegbild via Kamera und ähnlichem 😉


    Jeder Wald darf frei betreten werden, jegliche Waldwege und soweit ich weiß auch alle uneingezäunten Brachflächen.

    Und alles was du da findest kannst du auch ohne Bedenken dokumentieren und/oder melden!

  • Hallo Brimstone,


    auf diese Weise habe ich ja die Fang-. und Zuchtgenehmigung mit Nebenbestimmungen beantragt. Also Erlaubnis zum Lichtfang und zur Zucht, sollte ein Weibchen dann Eier ablegen. Auch die Mitnahme von Raupen war beantragt, sofern diese z.B. durch Mäharbeiten im Lebensraum bedroht wäre.


    Bei uns soll ein Baugebiet entstehen, dagegen habe ich ja nichts. Dennoch habe ich im letzten Jahr 24 Exemplare von

    Callimorpha quadripunctaria

    am Licht gehabt.


    Das will nur keiner wissen.


    MfG


    Dirk

    • Offizieller Beitrag

    Man braucht immer den vernünftigen Grund, mit dem sollte man argumentieren.

    Forschung und Naturschutzarbeit ist der vernünftigste Grund der mir einfällt. Gibt es noch vernünftigere Gründe? Trotzdem beißt man damit bei vielen Behörden auf Granit. Das Problem an dem "vernünftigen Grund" ist, dass die Behörde entscheidet was denn ein vernünftiger Grund ist. Offenbar ist für viele Bäume fällen und Wiesen mähen ein vernünftigerer Grund.

    Dass man keine Genehmigung für Zucht und Fang erhält ist irgendwo auch noch navollziehbar

    Tut mir leid, aber das wird für mich zunehmend weniger nachvollziehbar. Klar, ich bin natürlich auch absolut dagegen, wenn jemand aus Profitgier seltene Arten entnimmt, züchtet und dann verkauft. Ich finde auch, man sollte gefährdete Arten (man beachte die Diskrepanz zwischen gefährdeten und tatsächlich geschützten Arten) nicht entnehmen, wenn das nicht notwendig ist und einem übergeordenten Zweck dient. Ich denke andererseits, dass selbst wenn soetwas flächendeckend passieren würde (was ich für unwahrscheinlich halte), das immernoch weniger schlimm wäre als die Habitatzerstörung. Das rollt doch das Problem von der falschen Seite auf, wenn man am meisten darauf bedacht ist, das kleinste Problem zu verhindern und damit Lösungen für die größten Probleme behindert. Ich glaube die wenigsten die sich die Mühe machen Genehmigungen zu beantragen haben keinen besseren Grund als " ich will schöne Tiere haben" oder tun das um ein illegales Schmetterlingskartell aufzumachen.


    Grüße Dennis

  • Die örtliche und oft auch die überörtliche PRESSE, Rundfunk, TV .... sind an "Naturschutzthemen" meist sehr

    interessiert.

    Alles was mal veröffentlicht ist,läßt sich schwer dementieren.

    Habe damit fast nur gute Erfahrungen gemacht.

    Nicht WIR sind die MÖRDER, wir sind die SCHÜTZER.

    Und dann kommt wie immer mein Lieblingssatz: -man kan nur schützen, was man kennt-

    Wo sitzt derjenige,der unser Wissen hat - oder warum haben die zuständigen Behörden oft zu wenig Fachwissen.

    Wer nicht trommelt, der wird auch nicht ge(er)hört.

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  • Ich finde die Idee von Manfred gar nicht schlecht!

    Niemand kommt gegen die Medien an. Nicht mal die Behörde. Behaupte ich mal so.

    Man siehe was die BILD mit Leuten macht, welche nicht in ihr "Bild" passen. Und eine Zeitung ist schnell kontaktiert. Da kann man es publik machen! Finde ich sensationell :irrelachen:.

    Es wird mal Zeit das was gemacht wird!


    Mit freundlichen Grüßen

    Finn Küchenmeister

    • Offizieller Beitrag

    Man müsste halt einen Text verfassen und ein paar (oder auch viele) angesehene Wissenschaftler aus dem Gebiet zusammenbekommen und zusätzlich so viele Leute wie möglich die in dem Feld tätig sind (auch hobbymäßig) unterschreiben lassen. Das dann in eine größere Zeitung bekommen. Das würde sicher gut einschlagen. Aber wie bekommt man das halt zustande...

    Ich erinnere mich noch an den Brief an den Bundestag wegen diesem Gesetz was dann sowieso irgendwie in der Versenkung verschwunden ist. Da war der Aktionismus hier auch eher verhalten.

  • Hallo zusammen, ich lese, dass mein Beitrag zu wirklich emotionalen Reaktionen führt. Da ich seit 30 Jahren Mitglied der rheinisch-westfälischen Lepidopterologen bin, habe ich zunächst den Vorstand eingeschaltet.

    Dennoch werde ich zunächst das heutige Telefonat mit der zuständigen Behörde schriftlich fixieren. Da ich keine schriftliche Ablehnung habe, also keinen Verwaltungsakt kann die Behörde die Versagung letztlich leugnen. Nur wer schreibt der bleibt. Danach kommt dann die Presse. Schließlich hat die Bildzeitung vor fast 28 Jahren einen Artikel über meine Schmetterlingszucht auf der Titelseite gebracht.

    Dirk

  • Hallo erstmal,


    also Leute ich lese mit Erstaunen immer wieder von den Schwierigkeiten mit den Naturschutzbehörden hier.

    Immer die gleichen Vorschläge und Ideen, um diesen gerecht zu werden.


    Aber nur mal eine Überlegung:

    Hat eigentlich schon mal jemand daran gedacht, den deutschen Landwirtschaftsminister direkt anzuschreiben, ihn zu einem Diskussionsabend in einen entomologischen Verein einzuladen und ihm die Problematik und unsere Arbeit direkt zu erklären?

    Da ich Cem Özdemir kenne, kann ich mir sehr gut vorstellen, dass er - sofern zeitlich möglich - dafür offen ist. Hier wäre natürlich auch dringend notwendig, einen Zusammenhang zwischen seinem Job und der Entomologie zu schaffen, was ja nicht so schwierig sein dürfte, um eine gemeinsame Interessensbasis zu schaffen.

    Also ganz dem Motto getreu: Warum sollte ich zum Hansl gehen, wenn es auch den Hans gibt? Und ein Versuch kostet ja nix.


    https://www.oezdemir.de/


    LG

    Rainer

  • Schon seltsam.... Hier oben im Nordosten sind Genehmigungen kein Thema, eher gibt es noch den Roten Teppich dazu.

    Liegt allerdings wohl auch daran das ich im ganzen Südostviertel von MV ziemlich alleine bin.

    Da freuen sich die Ämter sogar wenn mal jemand nachschaut was überhaupt in den NSG los ist... Insofern ziemlich gute Verhältnisse... Allerdings kennt man mittlerweile fast alle Förster/Jäger/Ranger und die wissen mittlerweile was man da macht:

    Bin daher in 33 Jahren BRD noch nie kontrolliert worden, egal wo immer ich mich auch aufgehalten habe...


    Kann es sein das die eigentlich sturen Fischköppe doch Einiges lockerer sehen?

    • Offizieller Beitrag

    Kann es sein das die eigentlich sturen Fischköppe doch Einiges lockerer sehen?

    Ich hab es ja an anderer Stelle schon des öfteren getan und möchte mich hier ungern nochmal wiederholen - aber ich könnte ebenfalls eine Menge wirklich positiver Beispiele aus unterschiedlichsten Landkreisen und Bundesländern aufzählen. Bei all meinen Anträgen habe ich bisher nie eine Ablehnung erhalten. Ein pauschale Verurteilen der Behörden bzw. Gesetze ist somit definitv nicht angebracht. Die gesetzliche Grundlage für Ausnahmen liegt vor - Gespräche mit den höchsten Stellen sind demnach wohl eher nicht zielführend. Eher liegt es schlichtweg im Einzelfall an bestimmten Bundesländern (wobei mir hier nur ein "schwarzes Schaf" bekannt ist) oder schlicht ungeeignete Behördenmitarbeiter.

    Natürlich kommt es, wie Brimstone schon schrieb, immer auch auf die Begründung an. Das bloße Interesse an der Zucht reicht eben nur in den wenigsten Fällen aus.


    LG,

    Toni

  • Moin zusammen !


    Wie ich finde, hat Toni das Thema in wenigen Sätzen (wieder mal) treffend zusammengefasst. Sicherlich gibt es diesbezüglich Situationen, in denen man über Entscheidungen nur den Kopf schütteln kann, aber es gibt nicht nur die "bösen" Beamten ...

    Sicherlich ist es nicht verkehrt, sich bei den entsprechenden Behörden schon mal "einen Namen zu machen", z.B. als Mitwirkender beim Tagfalter-Monitoring (Näheres siehe dort).


    Und um auch mal ein positives Beispiel für Naturschutzarbeit zu zeigen: gestern Abend lief im NDR ein sehr interessanter Beitrag über die Renaturierung von Mooren und Heide in der Dünenlandschaft bei Cuxhaven (NDR-Mediathek, Die Nordreportage - Naturschutz mit der Kettensäge, 27.04.2022, 18:15)


    LG,

    Hans

  • ...Renaturisierung bedeutet in der Regel das sofortige Ersäufen aller bodenbewohnenden Insekten, ein großer Teil folgt später weil eine so schnelle Anpassung an die veränderten Bedingunge für sie unmöglich ist.

    Vermeidbar nur bei ganz langsamer, überr Jahre erfolgender Vernässung. Da das aber Zusdatzkosten bedeutet - na ja , kann sich jeder selbst ausrechnen...

    Oft genug erlebt um zu wissen das renaturisierte Moore fortan entomologisch uninteressant sind.

    • Offizieller Beitrag

    Ich hatte ja explizit darauf hingewiesen, dass das nicht verallgemeinerbar ist. Trotzdem: Nur weil es Positivbeispiele gibt, kann man damit die Probleme nicht unter den Tisch kehren. In den Bundesländern (Mehrzahl) in denen ich Erfahrungen hab scheint das systematisch zu sein und behindert die Arbeit von Leuten, die versuchen Naturschutzarbeit und Forschung zu leisten. Es nützt einem dabei nichts, wenn die Rechtsgrundlage gegeben ist, aber von Behördenseite ignoriert wird. Es sei denn man möchte gerne einen Rechtsstreit mit einer Behörde anfangen. Und wie schon gesagt rede ich nicht von Anträgen die einer nachvollziehbaren Grundlage entbehren und von dahergelaufenen Privatleuten gestellt werden. Ich kenne Leute die in der Oberen Naturschutzbehörde arbeiten, die ihre eigene Behörde scherzhaft als Naturschutzverhinderungsbehörde bezeichnen. Ich glaube das sagt alles. Das hat schon einige Implikationen die sogar schneller Konsequenzen für Schutzbemühungen haben als der schleichende Rückgang der Artenkenntnis.


    Grüße Dennis

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  • Moin, ihr scheint euch mit dem Thema ja recht gut auszukennen deswegen stelle ich hier einfach mal ne Frage die Vielleicht nicht direkt zu Thema passt.

    Ich habe mich auf der Roten Liste und Artenverzeichnisse zu meinem Bundesland BW umgesehene zu den Schmetterlingen da ich bei mir in der Gegend Schmetterlinge Fangen, Bestimmen, Züchten und auch wieder freilassen will. Wie oder wo kann ich jetzt aber genau sehen welche Arten nicht mehr gefangen werden dürfen also ab welchem Gefährdungsgrad und wo oder bessergesagt wie kann man so eine Fangerlaubniss bekommen um auch zutritt zu eher Geschützten Flächen/Biotopen zu bekommen. Als Hintergrund zu mir, ich bin BUND Mitglied Biologie Student.

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